Roli Blocks Test

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Mit ihrem Multitouch-Controller „Seaboard“ hat die englische Firma Roli bereits ein hochinnovatives Tastenkonzept vorgestellt, das die mechanischen Ausdrucksmöglichkeiten beim Spielen von Plug-ins erweitert. Nun bringen die Briten ein neues System, das auf den vielversprechenden Namen „Blocks“ hört. Tatsächlich beschreibt der Terminus „Blocks“ das Designprinzip der derzeit drei erhältlichen Module schon sehr gut. Denn sowohl das „Lightpad“ als auch die Module „Loop“ und „Live“ sind umlaufend mit Magneten und Steckkontakten bestückt, sodass sie sich in beliebiger Anordnung zusammenstecken lassen. Wir haben das Dreigestirn einem Test unterzogen.

Details

Die Modularität der Blocks ist in vielerlei Hinsicht konsequent umgesetzt: So laden beispielsweise alle Module, wenn eines von ihnen am Strom hängt und reichen auch ihre Controller-Daten zum nächsten Block durch. Ja, selbst ein Umstecken im laufenden Betrieb ist problemlos möglich.
Als primäre Anspielstation sehen Roli ihre iOS-App „Noise“ vor. Eine einfache und intuitive Musiksoftware, die den Fokus auf den spielerischen Umgang mit den Blocks legt. Fortgeschrittene Anwender haben über die separate Software „Dashboard“ die Möglichkeit, das Verhalten und die gesendeten MIDI-Daten ihrer Blocks bis ins Detail zu konfigurieren und so jede MIDI-fähige Software anzusteuern.

Modulares Controller-System: Roli Blocks.
Modulares Controller-System: Roli Blocks.

Auspacken

Roli stellten uns für diesen Test direkt alle drei Blocks zur Verfügung, die in modern-minimalistisch gestalteten Pappschachteln zusammen mit je einer Kurzanleitung verpackt sind. Dem Lightpad liegt zusätzlich noch ein USB-Kabel (Standard A auf Typ C) bei. Ebenfalls im Testsetup enthalten war ein praktisches Case („Snapcase“), in das sich das Lightpad und zwei kleine Blocks einklappen lassen.

Fotostrecke: 4 Bilder Der Verpackungsaufdruck ist gleich mit dem Inhalt.

Erster Eindruck

Der erste Kontakt ist durchweg positiv, denn die kleinen Bausteine fühlen sich ebenso handschmeichelnd wie robust an. Besonders die Oberfläche des Lightpad vermittelt mit seiner nicht zu weichen, aber dennoch leicht nachgebenden Touch-Fläche ein angenehmes haptisches Gefühl. Die Taster der beiden kleineren Blocks fühlen sich ebenfalls griffig an, haben allerdings einen sehr tiefen, etwas undefinierten Schaltpunkt, sodass man hier automatisch mit relativ viel Kraft in die Tasten greift.
Ebenso schön wie praktisch: Das magnetische Verbindungssystem. Es macht einfach Spaß, wenn die Blocks wie von Geisterhand aneinanderhaften und noch besser, dass sie dabei auch direkt noch den elektrischen Kontakt zum andockenden Modul herstellen. Auch gut gelöst ist die Rutschsicherheit, da die Unterseite von einem Gummistreifen bedeckt wird, der alle Blocks sicher an ihrem Platz hält.

Fotostrecke: 2 Bilder Gut zu erkennen: Der seitliche Modus- und Connect-Taster

Praxis

Noise

Die iOS-App versteht sich als intuitive Einsteiger-Software, die es Anfängern – auch ohne Notenkenntnisse – ermöglichen soll, musikalische Ideen umzusetzen. Als Arbeitsumgebung braucht sie mindestens iOS 9.3 und iPhone 5s, respektive iPad Air aufwärts. Neben einigen Untermenüs bewegt man sich innerhalb von Noise vornehmlich in zwei Ansichten: Dem Projektfenster mit einem Raster aus drei Quadraten á vier Zeilen und Spalten und der Einzelansicht eines dieser Quadrate, das wiederrum aus vier mal vier Pads besteht.
Die vier vertikalen Zeilen in der Projektansicht entsprechen im Grunde vier Spuren, die ab Werk bereits einer bestimmten Logik folgen: Die obere Zeile ist immer dem Thema Drums gewidmet, die folgenden drei können frei mit Sounds aus der Library belegt werden. Apropos Library: Roli statten ihr App zwar mit einem Grundstock an 30 Sounds und vier Drumsets aus, wer mehr Auswahl möchte, muss allerdings über die In-App-Kaufoption nachladen.
Positiv ist zu erwähnen, dass die von Roli bereitgestellten Soundsets alle kostenlos sind. Eine Besonderheit der Sounds und ihrer Spielbarkeit im Verbund mit dem Lightpad ist, dass sie fast durchgängig über “Zusatzfunktionen” verfügen. Das heißt, es passieren durchaus komplexe Klangepisoden, wenn man Funktionen wie Aftertouch oder das “Ziehen” von gehaltenen Noten zum Einsatz bringt: Bei Synthesizer-Sounds können das Filterbewegungen sein, bei Drum- Sounds Note-Repeat-Folgen, die eine Komplexität erreichen, die allein mit der Maus schwer zu programmieren wäre.
Beeindruckend ist auch, dass fast alle polyphonen Sounds Multibend-fähig sind – man kann also mit den Fingern in unterschiedliche Richtungen gleiten und so ebenso lebendige, wie ungewöhnliche Bendings erzielen. Will sagen: Der Entwicklungsaufwand, der hinter jedem einzelnen Patch steckt, liegt sicherlich höher, als bei vielen anderen Softwaresynthesizern. Die Komplexität der Klangerzeugung macht sich leider auch im Leistungshunger bemerkbar. Sprich: Mein iPad Air strich bei drei belegten Spuren die Segel und begann Aussetzer zu produzieren. Das iPad der dritten Generation verweigerte den Dienst mit “Noise” ganz.

Fotostrecke: 6 Bilder Lightpad und iPad im optischen Gleichklang.
Audio Samples
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Noise – Strings and Horns Noise – Crystal Mallet Bow Noise – Extreme Loop Synth Noise – Hip Hop Drums

Ebenfalls hakelig: Das Konnektivieren der Blocks via Bluetooth. Am zuverlässigsten klappte das auf Anhieb mit dem Lightpad. Bei Loop- und Live-Block brauchte es dagegen mehrere Anläufe. Hat die App die Blocks erkannt, bleibt die Verbindung allerdings stabil, auch wenn man die Module im laufenden Betrieb in anderer Anordnung zusammensteckt. Und wo wir schon bei den “kleinen” Blocks sind: Ihr praktischer Mehrwert im Zusammenspiel mit Noise mochte sich mir nicht wirklich erschließen. Am ehesten vielleicht noch im Fall des Live-Blocks, denn das ferngesteuerte Abrufen der Skalen-, Akkord- und Arpeggiator-Funktionen macht beim Einspielen durchaus Sinn. Ob es allerdings zwingend einen Herz-Taster für das Speichern von Sound-Favoriten braucht, wage ich zu bezweifeln. Auch der links platzierte Modus-Wechsel-Taster ist weitgehend redundant, da sich selbiger auch an der Seite des Lightpad findet. Überhaupt ist Redundanz ein Thema – auch und gerade, wenn dann noch der Loop-Block ins Spiel kommt. Denn hier ist der Modus-Taster dann zum dritten Mal platziert, zusammen mit dem ebenfalls im Live-Block bereits vorhandenen Volume-Taster. Dass dann aber auch noch ein Tutorial-Button anwesend ist, der bewirkt, dass ein Sound kurz automatisch angespielt wird, was man problemlos selber erledigen kann, halte ich für reine Platzverschwendung.

Fotostrecke: 2 Bilder Wenn das Lightpad auf einen Bluetooth-Partner wartet, signalisiert es das optisch durch eine blaue Wellenanimation.

Nutzung als MIDI-Controller

Kommen wir zum Einsatz der Blocks als MIDI-Controller. Roli liefern zum Entwickeln von Mappings eine eigenständige Software namens “Dashboard”, die auf PC und Mac läuft. Hier lassen sich alle Blocks in einer Skriptsprache umfassend programmieren. Wem das zu aufwändig ist, der kann auf eine der mitgelieferten Vorlagen zurückgreifen. Darunter finden sich gebräuchliche Standards wie YX-Pad, Fader-Matrix (vier Kanäle) oder Drum-Pad (4×4), aber auch Skurriles wie etwa ein Pong- oder Space-Invaders-Spiel. Schön an Dashboard: Sobald man ein Mapping im Browser anklickt, wird es sofort auf das Lightpad übertragen, so dass man sich direkt am Gerät ein Bild von der visuellen Gestaltung machen kann.

Fotostrecke: 3 Bilder „Dashboard“ ist die zentrale Anlaufstelle für das individuelle Mapping.

Hat man sich für ein Mapping entschieden, gilt es nur noch, das entsprechend seiner Funktion in der Software der Wahl anzulernen. Das funktioniert erwartungsgemäß unproblematisch – der praktische Nutzwert ist im Einzelfall natürlich unterschiedlich. Fader bieten andere Controller in größerer Anzahl und besserer Haptik. Das Trommeln auf dem Lightpad macht dagegen durchaus Spaß und bietet Dank eines leichten “Bounce” der Oberfläche durchaus ein gutes Spielgefühl.
Besonders gefallen hat mir das XY-Pad zur Effektsteuerung in Native Instruments Traktor. Denn wenn man zur Peaktime sein Lightpad hochreißt und mit dramatischem Fingerstreich eine Filterfahrt manövriert, macht das schon mächtig was her – zugegeben: Nur dann, wenn man auf solche Show-Effekte steht. Einen echten Mehrwert der Module Loop und Live konnte ich im Zusammenspiel mit anderer Software außer Noise nicht wirklich erkennen, denn durch die Beschriftung der Taster geben sie im Grunde die Funktion bereits vor, was in anderen Programmen eher für Verwirrung sorgt.

Fazit

Das Konzept der Blocks ist gut und mechanisch wie optisch machen die kleinen Bausteine ohne Frage Lust darauf, mit ihnen zu arbeiten. Noch nicht so ausgereift wirkt dagegen die hauseigene Noise-App, sie versucht den Spagat zwischen Einsteigerfreundlichkeit und brauchbaren Ergebnissen und erfüllt am Ende nichts davon richtig gut. Das ist schade, denn im Detail hat sie durchaus beachtliche und innovative Ansätze. So ist das Modulieren und Ziehen von Noten mit dem Lightpad wirklich außergewöhnlich und auch das Modulieren und Morphen von Beats kenne ich in dieser Form von keinem anderen Gerät. In der Summe gehen die erzielbaren Ergebnisse allerdings nicht über den Status einer Skizze hinaus und zur Weiterverwendung bedarf es dann doch einer ausgewachsenen DAW. Entsprechend sind der Loop- und Live-Block die verzichtbarsten Komponenten. Ganz anders das Lightpad, das auch im Kontext anderer MIDI-fähiger Software gut zum Einsatz kommen kann. Die denkbaren Möglichkeiten reichen hier von der Effektsteuerung in der DAW und der DJ-Software bis hin zur Fingerdrumming-Performance. Insofern ist die Gesamtnote als rechnerischer Mittelwert zu verstehen: Das Lightpad würde von mir auch 4,5 Sterne bekommen, die anderen Blocks allerdings nur zwei.

PRO
  • gute Haptik (Lightpad)
  • universeller MIDI-Controller (Lightpad)
  • umstecken im laufenden Betrieb möglich
  • außergewöhnlich Sound- und Modulationsmöglichkeiten (mit „Noise“)
CONTRA
  • Noise-App rudimentär und noch sehr buggy
  • Loop- und Live-Block primär auf die Bedienung von „Noise“ ausgerichtet
  • viele Tasten redundant
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