PRS Gary Grainger 4 String Bass Test

Praxis

Mir gefällt das Spielgefühl auf dem „PRS Gary Grainger 4“ auf Anhieb sehr gut. Wenn ich es mit einem Wort ausdrücken müsste, dann würde ich den Begriff „filigran“ wählen. Wenn man gewohnt ist, einen „Prügel“ zu spielen, dessen Hals sich eher nach Baumstamm anfühlt, dann wird einem das Spielgefühl hier zu Beginn eventuell sogar etwas zu weich erscheinen. Man könnte versucht sein zu denken, die vom Hersteller verwendete Saitenstärke wäre verantwortlich, doch die ist mit der Abstufung 043, 063, 085, 107 sogar noch etwas stärker als Standard Stärke (zB. 45, 60, 80, 105). Die Saitenlage ist nicht einmal extrem flach und doch spielt sich der Bass wie Butter. Der Hals wirkt sehr schmal in der Hand, was das filigrane Spielgefühl weiter fördert.

"Filigran" beschreibt das Spielgefühl sehr gut.
“Filigran” beschreibt das Spielgefühl sehr gut.

Auch wenn er sich extrem geschmeidig anfühlt, macht ihn seine Konstruktion und Materialauswahl extrem solide. Mit dem ersten Eindruck würde ich ihn deshalb in puncto Spieltechnik und musikalischer Heimat bei filigraneren Spieltechniken ansiedeln. Martialische Plektrumattacken sind nicht sein Ding, dezentere Verwendung des Picks aber durchaus.
Hören wir zunächst einmal in drei Soundbeispiele hinein, die mit EQ Stellung „neutral“ die drei Tonabnehmermöglichkeiten demonstrieren. 

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Fingerspiel, beide Tonabnehmer zusammen Fingerspiel, Halstonabnehmer Fingerspiel, Stegtonabnehmer

Finger- und Slapsound sind sehr klar und ausgewogen, wobei die Soundästhetik klar in Richtung HiFi geht, aber mit eigenem Charakter. Diese HiFi-Eigenschaft erhält der „PRS Gary Grainger 4“ durch die klar abgestuften Frequenzbänder mit deutlich durchschimmernden, krispen Höhen, die man zwar durch Zurückdrehen des entsprechenden EQ-Reglers entschärfen kann, die aber dennoch immer im Sound durchschimmern. Bässe und Mitten sind deutlich getrennt und beeinflussen sich im Regelbereich kaum. Der Bass klingt extrem definiert. Wenn es ein Soundbarometer mit zwei Skaleneinheiten „vintage“ und „modern“ gäbe, würde es zu 90% in Richtung „modern“ ausschlagen. 

Generell sehr crisp im Sound, doch der EQ greift bei Bedarf sehr gut.
Generell sehr crisp im Sound, doch der EQ greift bei Bedarf sehr gut.

In diesem Beispiel hören wir am Anfang den Fingersound in einer Ballade, später kommen ein paar Dead Notes hinzu. Hier hört man, wie schön und ausgewogen die perkussive Qualität der Dead Notes im Verhältnis zu den klingenden Noten wirkt. In der zweiten Hälfte des Beispiels geht der Bass direkt in eine Slapfigur über, ohne dass die Klangregelung verändert wird. Beachtlich, wie ausgewogen der Slapbass zur vorher mit den Fingern gespielten Figur klingt. Über das gesamte Griffbrett behält er eine sehr ausgewogene Dynamik.

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Finger und Slap

Weiter stellen wir den Bass mit einer akkordreichen Figur auf die Probe, die am schnellsten Probleme mit Dead Spots, Unausgewogenheit und Lautstärkeunterschieden zwischen den einzelnen Saiten offenbart. Bei allen aufgelisteten Punkten erkenne ich keine Probleme. Zudem ist der Bass werkseitig absolut bundrein eingestellt bis hinauf in die obersten Lagen, was eher Seltenheitswert besitzt.100 Punkte!

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Akkorde

Mit dem Stegtonabnehmer alleine und etwas geboosteten Mitten lässt sich ein sehr durchdringender Sound erzeugen, mit deutlich „Jaco“-eskem Soundprofil (gemeint ist der Soundcharakter des Bassisten Jaco Pastorius)

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Stegtonabnehmer mit Mittenboost

Verwendet man dagegen ausschließlich den Halstonabnehmer in Verbindung mit einem Plektrum, ergibt sich wieder ein vollkommen anderes Klangbild. Trotz komplett zugedrehtem Höhenregler behält der Sound volle Transparenz.

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Halstonabnehmer mit Plektrum und Höhencut

Natürlich lädt der Sound mit beiden Tonabnehmern auch dazu ein, perkussive Techniken einzusetzen. In diesem Fall eine Open-String Slapbassfigur.

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Beide Tonabnehmer, Slap mit Open-Strings

Nun könnte man denken, der krispe Sound wäre ein reines Erzeugnis der Elektronik, so wie z.B. bei MusicMan StingRay Bässen. Aber diese Vermutung stellt sich schnell als Irrtum heraus, sobald man den Bass rein passiv betreibt. In diesem Fall wird die Elektronik durch das Herausziehen eines oder beider Push/Pull-Volumenpotis auf Bypass gesetzt. Der Bass behält durchweg seinen Soundcharakter, auch im passiven Modus. Mich hätte man glücklich gemacht, würde in diesem Fall noch eine passive Tonblende zur Verfügung stehen. Dann nämlich könnte man das Barometer im Soundarsenal des „PRS Gary Grainger 4“ durchaus in Richtung Vintage bewegen – so aber bleibt es beim allzeit modernen Charakter.

In der Praxis haben aktive Bässe, die sich zur Not auch ohne Batterie passiv betreiben lassen, etwas extrem  Beruhigendes. Auch bei mir konnte eine solche Funktion schon die eine oder andere Paniksituation verhindern. Der passive Sound des „PRS Gary Grainger 4“ ist allerdings alles andere als nur eine Notlösung. Ich finde ihn so gut, dass sich in meinen Augen der Bass auch ohne Weiteres permanent passiv betreiben und der Rest, falls nötig, am Verstärker regeln ließe. Da beide Tonabnehmer per Push/Pull Poti aktiv oder passiv schaltbar sind, ist zu beachten, dass sich beide Modi nicht kombinieren lassen. Sobald man einen der beiden Volumen-Potis zieht, ist der Bass passiv geschaltet und nur der „gezogene“ Pickup klingt, der andere ist automatisch stummgeschaltet, es sein denn, beide Potis sind oben.
Im folgenden Passivsound-Beispiel hören wir auf dem rechten Kanal Akkorde auf dem passiv betriebenen Stegtonabnehmer und auf dem linken Kanal einen auf dem passiven Halstonabnehmer gespielten Walking Bass:

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Steg- und Halstonabnehmer, jeweils getrennt, passiv

Zuletzt lässt sich der „PRS Gary Grainger 4“ auch mit beiden gleichzeitig betriebenen Tonabnehmer passiv sehr gut slappen:

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Beide Tonabnehmer zusammen, Slap
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Profilbild von givemeajackson

givemeajackson sagt:

#1 - 02.10.2014 um 22:40 Uhr

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da will ich auch als gitarrist zugreifen. wunderschön, toller sound, leider halt mit
- durchaus gerechtfertigtem - prs-preisschild.

Profilbild von BlackSun

BlackSun sagt:

#2 - 06.10.2014 um 18:49 Uhr

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Schicker Test! Gut geschrieben, bis auf ein (extremes) Detail: 7x das Wort "extrem" in einem Test, zu einem extrem teuren Bass, zu verwenden ist für mich, extrem zu viel.Um eine entsprechende Hilfestellung zu liefern für die Zukunft: Mögliche Synonyme für das Wort "extrem" mit der Bedeutung außergewöhnlich: auffällig, ausgefallen, ausgeprägt, außerordentlich, bedingungslos, exaltiert, extravagant, äußerst, extremistisch, frappant, hochgradig, in höchstem Maße, krass, maßlos, usw.
Quelle: http://synonyme.woxikon.de/...

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Basserwisser sagt:

#3 - 06.10.2014 um 21:06 Uhr

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Ich finde ja eher, dass das Wort Bass extrem häufig vorkommt ... ;-)

Profilbild von zappzerapp

zappzerapp sagt:

#4 - 27.10.2014 um 01:08 Uhr

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Die "Swing"-Petitesse finde ich überaus scharmant!

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