Pioneer DJ hatte sich mit dem Toraiz SP16 Sampler und dem Toraiz AS-1 schon weit aus der DJ-Booth herausgelehnt und leistungsstarke Produktionsmaschinen gebaut, die durchaus andere Wege gingen, als die etablierte Sequenzer-Konkurrenz, aber immer auch auf das Zusammenspiel mit dem DJ-Equipment der Firma bedacht waren. Nun legen die Japaner nach und den Toraiz SQUID vor, einen Multisequenzer ohne eigene Klangerzeuger und ohne weitere Einbindung ins Pioneer DJ-Biotop. Ja, selbst der Name „Pioneer“ fehlt auf dem Gerät, so als wäre nun „Toraiz“ der alleinige Markenname für die Studioequipment-Sektion.
Der Pioneer DJ Toraiz SQUID ist ein potenter Multitrack Hardware Sequenzer, der ideal mit Eurorack, Synthesizern und DJ-Equipment zusammenarbeitet.
Der SQUID (englisch für Kalmar) hat aber auch tatsächlich das Zeug dazu, zu einem Standardwerkzeug im Hardware-Sequenzer-Bereich zu werden, soviel darf schon verraten werden.
Details
Vorweg: Der Toraiz SQUID enthält selbst keine Tonerzeugung: Er ist ein reiner 16-Track-Hardwaresequenzer, an den Klangerzeuger aller Art angeschlossen werden. Dazu hat das kompakte pultförmig angeschrägte Gerät sämtliche notwendigen Anschlüsse an Bord, um von Prä-MIDI-Geräten der 1970er Jahre bis hin zu Laptop Plug-Ins jedwede Synthesizer anzusteuern oder Drum-Maschinen zu synchronisieren.
Mit dem SQUID hat Pioneer DJ aka Toraiz einen sehr potenten Hardwaresequenzer vorgestellt.
Auspacken
Im bunten Karton finden wir neben dem SQUID nur noch eine Schnellstartanleitung und ein 5V-Netzteil, dass ganz international eine Stromzufuhr von 100 bis 240 Volt akzeptiert. Der SQUID kann auch USB-powered betrieben werden, die einzige Einschränkung ist, dass die Buttons und das Display dann weniger hell leuchten. Dabei ist das Gerät so robust, dass das Netzteil abgezogen und auch wieder angesteckt werden kann, wenn der SQUID am Laptop hängt, ohne das es Probleme gibt.
Der ca. 37,5 x 72 x 24 cm große und 1,9 kg leichte Hardwaresequenzer wirkt auf den bisher bekannten Photos größer, als er dann tatsächlich erscheint, wenn er erst mal auf dem Tisch liegt. Wahrscheinlich, weil aufgrund der dominant wirkenden 4 x 4-Padmatrix gleich Assoziationen an Größenverhältnisse á la Akai MPC und NI Maschine aufkommen. Der SQUID ist also ein erfreulich kompakter Kalmar*. (*Kalmar: Deutsche Übersetzung für den namensgebenden maritimen Zehnkopffüßler, der als Grillspeise in Japan große Beliebtheit genießt)
Der Toraiz SQUID macht auf Anhieb einen sehr gut verarbeiteten Eindruck. Die mattschwarze, griffig-gummierte Oberfläche des soliden Plastikgehäuses fühlt sich sanft und wertig an, aber auch Staub, Schmutz und Fingerabdrücke haften gut darauf. Neun Endlosregler dienen zum Erstellen und Manipulieren von Sequenzen, ein weiterer Endlosregler mit Push-Funktion steuert die in den beiden OLEDs dargestellten Menü-Punkte.
1/4 Der SQUID ist die neueste Kreation von Pioneer DJ, aber nun komplett unter Toraiz-Flagge.
2/4 „Power To Create“ kündigt Toraiz ganz selbstbewusst schon beim Auspacken an.
3/4 Ein Blick auf die Styroporhülle, unter der der SQUID noch schlummert.
4/4 Lieferumfang: SQUID, international einsetzbares Netzteil, Schnellstartanleitung – that’s it!
Aufbau
Grob gesagt besteht der SQUID aus drei Sektionen: Oben die Ebene für Transport und Logistik, rechts die Produktionsstätten für die Sequenzen und links die Kreativabteilung zum Verändern der Sequenzen während einer Performance. Es gibt erfreulich wenige Doppelfunktionen, die über die Shift-Taste ganz oben links aufzurufen wären, das Meiste befindet sich im direkten Zugriff: Start/Stop/Record und ein Tap-Button.
Kehrseite dieses einfachen Zugangs sind die 65 Sub-Menüs, durch die sich User per Endlosregler scrollen muss, um globale Einstellungen zu tätigen. Das reicht von den Projektsettings (Laden, Speichern, Löschen, etc.) über gerätespezifische Einstellungen (Display, Pads, CV/Gate, Sync, Clock, MIDI), über Einstellungen für den Randomizer, bis hin zu den „Etcetera Settings“ wie Systeminfo (Version 1.1.1), die Auskunft über den verbleibenden Speicherplatz, der bis zu 128 Projekte und 1.600 möglichen Patterns gibt, und das mögliche Abschalten des automatischen Abschaltens.
Ja, der SQUID schaltet sich nach vier Stunden Nichtnutzung automatisch ab, und erfüllt damit aktuellste EU-Richtlinien, verliert dann aber auch alle bis dahin programmierten Projektdaten. Diese Funktionen habe ich sofort deaktiviert. Eine Auto-Save-Funktion habe ich übrigens nicht entdeckt, gelegentliches Zwischenspeichern ist also durchaus empfehlenswert. So nervig das Scrollen durch so viele Menüpunkte auch sein kann, allzu oft sind solche Settings nicht notwendig und so sind zumindest alle Einstellungen an einem zentralen Ort zu finden, und müssen nicht lange gesucht werden.
Die beiden OLED-Screens sind zwar mit jeweils 3,6 x 1,5 Zentimetern ziemlich klein, allerdings aus jedem Winkel gut ablesbar und gestochen scharf, sodass ganz rechts auch die Nummern des aktuell angewählten Tracks, Patterns und dessen Triggerbelegung zumindest für Menschen mit Adleraugen einwandfrei dargestellt werden.
1/5 Rundgang: der Toraiz SQUID ist flach und pultförmig. (Fotos: Christine Mangels)
2/5 Die leicht angeschrägte Pultform ist von der Seite gut sichtbar. (Fotos: Christine Mangels)
3/5 Hinten gibt es Anschlüsse satt! (Fotos: Christine Mangels)
4/5 Von rechts laden fünf Endlosdrehregler zum Einstellen von Notenhöhe, Notenlänge, Anschlagsdynamik und weiteren Sequenzerfunktionen ein. (Fotos: Christine Mangels)
5/5 Die robusten Gummifüße saugen sich förmlich am Tisch fest. (Fotos: Christine Mangels)
Anschlüsse
In den Settings werden auch diverse Optionen für die einzelnen Anschlüsse geschaltet. Und die Rückseite des SQUID ist voll davon. Hier findet man zwei DIN Sync-Anschlüsse zum Synchronisieren von Geräten wie Roland TB-303/TR-606/TR-808. DIN Sync 2 kann hier als Eingang oder zweiter Ausgang dienen. Pro Ausgang kann eine Sync-Rate von 24 oder 48 angewählt werden. Daneben finden sich Ein-und-Ausgang für Clock-Signale, z. B. von einem Modularsystem. Für Eingang wie Ausgang ist die Polarität und ein Einstellwert von 1ppqn, 2ppqn, 4ppqn, 24ppqn oder 48ppqn schaltbar.
Weiter auf der Rückseite gibt es noch zweimal CV- und Gate-Ausgänge, die im Global Menü auf folgende Spannungen konfiguriert werden können: V/Oct -5V, V/Oct 10V, V/Oct 5V, V/Oct 2V, V/Oct 1V und Hz/V 8V. Der passende Wert für meinen Roland SH-101. Diese Einstellung, V/Oct 5V, war bereits in den Grundsettings vorgegeben. Die nächsten rückwärtigen Anschlüsse sind das übliche MIDI-Trio in DIN-Größe, es sind also keine fummeligen Adapter notwendig, danke dafür. Der Thru-Port kann als zweiter Ausgang definiert werden.
Abgerundet wird die Rückseite durch den 5V-Stromanschluss und einen USB-B-Port zum Verbinden mit einem Computer. Dann taucht der SQUID als MIDI-Device in die Voreinstellungen der DAW ein und kann ziemlich tief in den Workflow der DAW eingebunden werden.
Was mir im Detail gut gefällt: Die einzelnen Anschlüsse sind auch auf der Oberseite in dezenter Schrift vermerkt, sodass das Stecken der Kabel auch ohne Blick auf die Rückseite möglich ist. Gerade bei Sessions, in denen des Öfteren mal umgekabelt wird, ist es eine enorme Erleichterung, wenn man nicht ständig das Gerät drehen muss, um die Anschlüsse auf der Rückseite zu identifizieren.
1/2 Das MIDI-Trio ist dankenswerterweise ohne zusätzliche Adapter nutzbar.
2/2 DIN Sync, Clock und zwei mal CV/Gate, ausreichend für ein mittelgroßes modulares Setup.
Sequenzer
Zentraler Blickfang des Sequenzers sind die 4 x 4 schwarz-gummierten anschlagdynamischen Pads mit RGB-Außenumrandung. Durch die verschiedenen Farbcodes hat der Anwender nach kurzer Einarbeitung sofort den jeweiligen Modus im Blick, z. B. rot für Scale, orange für Trigger, violett für gebundene Noten, oder Transpose.
Auch die Größe von zwei mal zwei Zentimetern scheint gut gewählt. Links davon werden die einzelnen Pad-Modi über eine Reihe senkrecht angeordneter Buttons mit hintergrundbeleuchteter Schrift und gutem Druckpunkt angewählt: Track-Anwahl, Track-Stummschaltung, Pattern-Anwahl, Scale, Transpose, Trigger, Tie und Active.
Die fünf Endlosregler (ohne Pushfunktion) am rechten Rand dienen zum Einstellen von Tonhöhe, Tonlänge und Anschlagdynamik. „Count“ ist wie ein Offset für die folgenden Noten: Hiermit kann eine Note bis zu vier Mal wiederholt werden, sodass alle folgenden Noten entsprechend später abgespielt werden. Noch interessanter fand ich „Divide“: Hier können bis zu vier Trigger auf einer Sechzehntelnote angespielt werden, was je nach angeschlossenem Klangerzeuger zu interessanten Flams oder Stottereffekten führt.
Wird der SQUID per Shift und Trigger in den CC-Modus versetzt, senden die fünf Regler Control Change-Daten und können so zum Kontrollieren von Hard-und-Softwaresynths verwendet werden. Die CCs können übrigens im Sequenzer aufgezeichnet werden. Direkt rechts neben den Pads dienen drei weitere Buttons zur Interpolation, womit automatisch Parameter zwischen vorher definierten Start-und-Endpunkten in der Sequenz erzeugt werden.
Damit die Sequenz durch irrwitzige Count-Einstellungen nicht komplett aus dem Ruder läuft, kann mit dem „Fixed Length“-Button eine feste Patternlänge definiert werden, bei der das Pattern auf der ‚eins‘ wieder mit dem ersten Event startet. Unter den 16 Pads finden sich schließlich in der Harmonizer-Sektion noch sechs programmierbare Chord-Memory-Buttons.
2/4 Alles so schön bunt hier: die Farbcodes auf dem SQUID sind hilfreich, aber nicht so grell, wie bei anderen Geräten.
3/4 Kompakt und gut: Die SQUID-Pads haben mit zweimal zwei Zentimetern eine sehr angenehme Größe.
4/4 Im Trigger-Modus werden die gesetzten Steps (orange erleuchtet) auch im rechten OLED dargestellt. Nicht gesetzte Steps bleiben dunkel (orange gedimmed).
Kontrollmöglichkeiten
Ausgefuchste Programmierfunktionen stehen jedem Sequenzer gut zu Gesicht, aber was, wenn die Noten programmiert sind? Die hohe Kunst fängt erst dann an, wenn man nicht nur mit den Parametern der angeschlossenen Klangerzeuger jammen kann, sondern mit den Sequenzen selbst. Und hier bietet der Toraiz SQUID sehr viele innovative Möglichkeiten.
Somit finden wir, von links oben nach rechts folgende Funktionen:
2/3 Willkommen auf der Spielwiese: Hier werden die programmierten Sequenzen nondestruktiv geschraubt.
3/3 Groove Bend und Rhythmic Control sind zwei weitere Performance-Spezialitäten des SQUID.
Wie man mit Sequenzen jammt, erfahrt ihr im Praxis-Teil.
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Praxis
Organisation
Bei jedem der 16 Tracks lässt sich in jedem der maximal 128 Projekte individuell ein Ausgang definieren, man muss sich also nicht – wie bei manch anderem Sequenzer – im Voraus entscheiden, welche Tracks global welchen Ausgang befüttern. Auch eine weitere wichtige Organisationsfrage möchte ich gleich klären: Pro Track stehen bis zu 64 Pattern zur Verfügung. Andere Sequenzer bieten eine Anzahl von Pattern und dort dann beispielsweise 16 Tracks, die dann zumeist einer Klangquelle fest zugeordnet sind. Der SQUID ist hingegen trackorientiert organisiert. Wer nur eine einzige Vier-Viertel-Bassdrum in seinem gesamten Projekt benötigt, programmiert eben nur dieses eintaktige Pattern auf dem entsprechenden Track und nutzt nur das.
Für abwechslungsreiche HiHat-Varianten werden entsprechend viele Patterns auf dem HiHat-Track erzeugt, entweder stets neu per Step-Writing programmiert, in Echtzeit eingespielt, oder als Kopien eines bereits eingespielten Patterns editiert. Solch ein Pattern kann dann bis zu 64 Steps (vier Takte) haben. Diese relativ kurze Patternlänge könnte für manche Anwender bereits eine Einschränkung darstellen. Findige Füchse aber probieren diesen Workaround: Damit komplexe Patternkombinationen auf Knopfdruck aufgerufen werden können, gibt es die sogenannten Pattern-Sets, sechzehn Kombinationen aus den Pattern von bis zu sechzehn Tracks, die ‚on-the-fly‘ stets neu zusammengestellt werden können. Diese entsprechen in etwa den „Scenes“ in Ableton Live, nur ohne die Notwendigkeit, pro Scene auch einen entsprechenden Clip in jedem zu spielenden Track zu platzieren.
Nach kurzer Eingewöhnung empfand ich dieses Konzept als sehr stimmig: Es bietet sämtliche Freiheiten beim Live-Jam und eine sichere Struktur bei Live-Performances, wo Patternwechsel auf dem Punkt sitzen müssen. Aber Achtung: Einen Song-Mode, oder wenigstens eine Pattern-Chain-Liste, gibt es nicht.
1/2 Der Toraiz SQUID ist ein sehr fähiger Hardware-Sequenzer.
2/2 Rückseitig können zwei MIDI-Chains, zwei DIN-Sync-Maschinen, ein Clock-Sender oder-Empfänger und ein Computer angeschlossen werden.
Sequenzerfunktionen
Die Sequenzfunktionen sind wohl die flexibelsten, die ich je unter den Fingern hatte. Die Pioneer-Ingenieure haben fast alle Standards abgedeckt und dann viele Spezialitäten dazugepackt, die wir bisher nur aus nerdigen Boutique-Boxen und Eurorack-Taktgebern kennen. Zunächst: Sowohl mit den sechzehn Pads als auch mit einem angeschlossenen MIDI-Keyboard lassen sich monophone und maximal achtstimmig polyphone Sequenzen einspielen und im Nachhinein weitgehend verbiegen. 23 Skalen können als Einspielhilfen gewählt und auch nachträglich verändert werden. Auch Step-Sequenzing ist natürlich möglich. Und MIDI-Pattern lassen sich auch vom Computer importieren.
Sehr schön bewährt sich die Tie-Funktion bei 303-mäßigen Sequenzen, die einen Slide ähnlich wie bei der 303 erzeugt. Für angeschlossene CV/Gate-Instrumente steht per Shift + Tie auch ein spezieller „CV Slide“ zur Verfügung. Natürlich können alle Aktionen bei laufendem Sequenzer durchgeführt, auch das Abspeichern des Projekts, was auch notwendig ist, da es keine Autosave-Funktion gibt. Pitch, Notenlänge, Velocity, Count (die Anzahl der Steps pro Pad) und Divide (die Anzahl der ausgelösten Trigger pro Pad) werden mit den fünf Endlosreglern rechts neben der Pad-Matrix eingestellt. Diese dienen auch zum Verändern der Tonhöhe der gesamten Sequenz. Der Tranpose-Button links der Pad-Matrix sorgt nur für eine momentäreTransponierung. Ist eine bestimmte Skale angewählt, erzeugen unter Umständen zwei nebeneinanderliegende Pads die gleiche Transponierung.
Als besonders intuitiv empfand ich das Suchen und Kopieren der passenden Note im Trigger oder Scale-Menü, um diese dann im Triggermenü per Paste intuitiv einzufügen. Sozusagen wie Drag-und-Drop am Laptop. Natürlich lassen sich Noten auch per angeschlossenem MIDI-Keyboard einspielen. Ist eine bestimmte Skale angewählt, werden auch vom MIDI-Keyboard nur die passenden Noten angespielt.
Der Sequenzer bietet Einspielmöglichkeiten für interessante, kalkulierte, wie überraschende Sequenzen mit verschiedenen Strategien.
Time Warp
Hat man beim freien Spielen plötzlich eine Bassline oder Melodie gespielt, muss man sie nicht extra wiederholen, um sie aufzunehmen. SQUID hat sich bis zu 16 Takte seit dem letzten Start gemerkt. „Time Warp“ ist wie ein Clipboard, dass sich die letzten gespielten Ereignisse merkt und Takt für Takt als weiß umrandete Snapshots auf den sechzehn Pads zur Verfügung stellt. Drückt man dann eine der Tasten, werden die entsprechenden Ereignisse abgespielt.
Wie viele Takte „zurückgeholt“ werden sollen, kann ebenfalls sehr intuitiv festgelegt werden. Die gewünschte Phrase wird dann sehr einfach einem Pattern zugeordnet und steht damit sofort zur Verfügung. Das ist ein richtiges Killerfeature, im Kompositionsprozess wie auch im Live-Jam, weil sogar der Sequenzer dafür nicht gestoppt werden muss.
Nichts geht verloren: Ähnlich wie Ableton Live’s Capture holt Time Warp bis zu 16 Ereignisse zurück, die nicht aufgenommen wurden.
Undo
Das ist eigentlich das Gegenteil von Time Warp: Fehler können wieder rückgängig gemacht werden. SQUID zeigt sogar die letzten Aktionen an, sodass man per Undo nicht alles komplett macht, sondern nur z. B. ganz gezielt, die drittletzte Aktion. Ich hätte das gern für mein Leben. Oder zumindest für Ableton Live.
Mit dem Undo-Feature lassen sich die letzten 16 Bearbeitungsschritte selektiv rückgängig machen.
Melodic Control
Hier werden bis zu 23 Skalen angewählt. Das geht bei laufender Sequenz, man muss sich also nicht vorher für eine Skale entscheiden und pro Pattern ist eine eigene Skale möglich. Sehr schön, um verschiedenste Variationen einer Bassline oder Hookline durchzutesten.
Audiobeispiele
So klingt Melodic Control am Beispiel einer kleinen Melodie aus dem Roland SH-101.
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Melodic Control
Speed Modulation
Hier gilt es zu experimentieren: Sechs verschiedene Modulationen (Dreieck 1 und 2, Sinus, Kosinus, Sägezahn und Rechteck) stehen zur Modulation des rhythmischen Gefüges bereit. Modulationslänge und-tiefe werden per Drehregler hinzugefügt. Bei Triangle 2 und Cosine passiert bei zwei Schritten Modulationslänge gar nichts, dann wird es wild. Bis zu 64 Schritte sind möglich. Die Square-Modulation bringt die musikalischsten Ergebnisse und klingt bei zwei Schritten Modulationslänge fast besser als der Shuffle-Swing der Groove Control.
Audiobeispiele
Die Modulationstiefe wird bei allen Beispielen erst positiv (nach rechts) und dann negativ (nach links) gedreht. Anschließend wir die Modulationslänge langsam erhöht, solange sinnvolle Ergebnisse dabei entstehen. Als Sound dient ein SQUID-Arpeggio, gespielt von einem perkussiven kurzen Rechteck aus dem Roland SH-101.
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Triangle 1Triangle 2SineCosineSawSquare
Groove Control
Mit dem „Swing“-Endlosregler wird die Shuffle-Intensität eingestellt. Dies bezieht sich allerdings – wie auch bei allen anderen Tools – nur auf den jeweils angewählten Track. Effektiver ist der Groove Bend, eine Art Joystick zum bremsen oder beschleunigen des Grooves. Groove Control funktioniert übrigens nur pro Track, zudem ist der Groove Bend im Gegensatz zum Swingfaktor „momentary“, muss also in Echtzeit gezogen – und aufgenommen werden.
Für Freunde des vertrackten Grooves: Der SQUID kann Transpose, Speed Control, Groove Bend und Rhythmic Control (kommt gleich noch) im Pattern aufnehmen. Und bei Nichtgefallen die einzelnen Parameterblöcke separat löschen. Auch solche Spezialitäten wie Shuffle über DIN-Sync-out senden, wie sie der leider mittlerweile nicht mehr hergestellte Roland SBX-1 bietet, wären für Pioneer eine Überlegung wert.
Der Groove Bender ist eine Art Joystick, mit dem der Rhythmus verzögert oder beschleunigt werden kann. Die Aktion lässt sich aufnehmen. (Foto: Christine Mangels)
Audiobeispiel
Am Beispiel eines kleinen Snare-Grooves wird der Swing-Faktor langsam auf 100% und wieder zurück auf 0% gedreht. Danach ein paar Groove Bend-Aktionen.
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Groove Control mit Swing und Groove Bend Aktion
Running Direction
Wer sagt denn, das eine Sequenz stets stur geradeaus laufen muss? Beim Toraiz SQUID geht das in verschiedenste Richtungen und auf die kommt man wahrscheinlich auch erst, wenn das Grid aus einer 4 x 4-Matrx im Gegensatz zu einer Reihe aus 16 Schritten besteht. Im normalen Modus startet die Sequenz auf dem ersten Pad oben links, arbeitet die oberste Reihe ab, dann die zweite, endet beim 16. Pad unten rechts, und dreht die gleiche Runde dann gleich noch mal.
Soweit, so bekannt. Beim zweiten Modus (Pfeil nach unten) läuft die Abspielrichtung senkrecht, also erst die Reihe ganz links, dann die nächste Reihe und so weiter. Beim dritten Modus in Schlangenlinien, beim vierten von oben links im Uhrzeigersinn ins Zentrum, beim fünften gegen den Uhrzeigersinn und beim letzten immer abwechselnd Pad 1 und 3 und 2 und 4 und 5 und 7, und so weiter. Was eben auf einer 4 x 4-Matrix Sinn macht.
Eigentlich fehlt nur noch „das Haus vom Nikolaus“ als Richtungspattern (da reichen dann auch zwei mal drei Pads aus). Zu allem Überfluss können alle Abspielrichtungen auch rückwärts geschaltet, oder auf den Kopf gestellt werden. Dadurch bietet jede Sequenz bis zu 24 Abspielvarianten – und unzählige Inspirationen. Jedes Pattern „merkt“ sich übrigens seinen Abspielmodus, es besteht also keine Notwendigkeit, diesen festzuschreiben. Und weil die Sequenzlauflichter bei jedem Muster entsprechend über die Matrix tanzen, könnt Ihr das per Bewegtbild am besten nachvollziehen.
Im Video programmiere ich aus einer simplen Bassdrum/HiHat-Kombi ein grooviges Shuffle-Element und dann im Handumdrehen eine bouncende 303-mäßige Step-Sequenz. Diese wird dann im weiteren Verlauf des Videos noch mit den Nachbearbeitungstools des SQUID gehörig durch die Mangel gedreht.
Auch mit am Start: Eine Roland TR-8S als Soundquelle, ein Roland CMU-810 via CV/Gate, ein Twisted Electrons AY3 für den lustigen 8-Bit Game-Effekt-Sound und ein Radikal Technologies Delta CEP A für die deepen polyphonen Akkorde. Beim Programmieren des SQUID ist Fantasie und Ausprobieren gefragt. Aus den simpelsten Sequenzen können komplexe Groove-Monster entstehen. Wenn es nicht sofort klappt, lassen sich dank der simplen Undo-Funktion uncoole Bearbeitungsschritte sofort wieder schmerzlos entfernen: Try and error, ohne Error!
Pioneer Toraiz Squid Sound Demo (no talking)
Step-Programmierung und nondestruktive Sequenzmodulation mit dem Toraiz SQUID
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Speed Control ist ein simples halbieren oder verdoppeln der Abspielgeschwindigkeit der Sequenz. Da taumelt die Sequenz in Zeitlupe oder rast im Pogoschritt aus dem Zeitmaß heraus. Leider rastet sie nicht immer automatisch exakt auf dem richtigen Downbeat ein. Auch hiefür hat Toraiz eine Lösung, die da heißt: „Fixed Length“. Der kleine unscheinbare Button unten rechts startet nicht nur eine taumelnde Sequenz wieder korrekt ein, wir können in den Settings sogar definieren, ob das nach vier Beats (ein Takt) oder 16 Beats passieren soll, ja selbst Viertel-Zwischenschritte sind möglich wie 0,25 Beats, 0,5 Beats, 0,75 Beats. Sehr cool.
Mit der Taste „Gate Hold“ lässt sich die Triggerausgabe unterbrechen, um z. B. einen längeren Ton oder Akkord einfach mal stehen zu lassen oder intuitiv eine Pause in eine Sequenz zu platzieren. Denn auch die Speed Control-Aktionen lassen sich aufnehmen.Und noch ein kleines weiteres Schmankerl bietet die Speed Control: Per Shift dienen die Buttons für Half-und-Doublespeed als „Nudge-Controls“, was nichts Anderes bedeutet, als das man die Geschwindigkeit des SQUID kurzzeitig bremsen, oder beschleunigen kann, um ihn manuell an ein DJ-Set anzupassen.
Speed Control spielt das Pattern Groove halb oder doppelt so schnell oder stanzt per „Gate Hold“ Löcher hinein. (Foto: Christine Mangels)
Audiobeispiele
Downbeat on the ‘One’: Mit Fixed Length fängt man durch Count offset wild gewordene Snares wieder ein. Die Fixed Length wird von 4 Beats auf zwischenzeitlich 0,25 Beats reduziert und die Snare per Pitchregler zum Clap transponiert.
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Count Offset und Fixed Length bei einer Snare.Speed Control kann aufgenommen werden, um das Pattern organischer oder konfuser zu gestalten.
Rhythmic Control
Das ist prinzipiell ein Stotter-Effekt für kurze Trigger-Loops von ¼, 1/8, 1/16, 1/32, auch triolisch oder punktiert. Kann auch gehalten werden. Auch die Aktionen dieser Sektion lassen sich aufzeichnen und separat wieder löschen. Klasse zum Jammen und Ideen sammeln. Und ein kleiner Ersatz dafür, dass die ebenfalls etwas versteckt vorhandene Note Repeat-Funktion nicht aufgenommen werden kann.
Beim SQUID lassen sich die untersten oder obersten Pads – je nach Gusto – als Note Repeat-Buttons einsetzen (1/8, 1/16, 1/32). Der grüne Button ganz rechts dient dazu, die Note Repeats triolisch zu spielen. Leider können diese Note Repeats nicht im Pattern aufgenommen werden, sie sind reine Performance-Funktionen. Das ist schade, denn das Einspielen von HiHats per Beat Repeat ist ein Klassiker für Nutzer von Akai MPC oder NI Maschine.
Mit Rhythmic Control sind Stottereffekte und stoische Wiederholungen möglich. (Foto: Christine Mangels)
Der Toraiz SQUID glänzt also mit einer Fülle an non-destruktiven Möglichkeiten zur Manipulation der aufgenommenen Sequenzen. Diese bleiben auch bei den abenteuerlichsten rhythmischen Verbiegungen im Original erhalten. Und wenn man sich dann wünscht, das eine oder andere besonders schöne Ergebnisse fest in das Pattern hineinzuschreiben, dann fällt einem wieder ein, dass dies ja gar nicht notwendig ist.
All diese Möglichkeiten stehen ja nicht lediglich pro Gerät oder pro Track, sondern alle auf einmal für jedes einzelne Pattern (also theoretisch 1.024-mal in jedem der 128 Projekte!) zur Verfügung. Das finde ich schlichtweg „mind-blowing“. Und sollte man ein programmiertes Pattern bis zur Unkenntlichkeit verschrauben, lässt sich per „Delete Mode“ sehr schnell wieder der Ausgangszustand herstellen. Schrauben ohne Risiko!
Der Delete Mode gestattet das selektive Löschen kompletter Patternverbiegefunktionen wie Groove Bend, Rhythmic Control, Speed Control und Transpose. (Foto: Christine Mangels)
Audiobeispiel
Eine Snare und eine HiHat-Figur werden mit den Tools der Rhythm-Section moduliert und das Ergebnis im Pattern aufgezeichnet und dann wieder gelöscht.
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Speed Modulation, Groove Bend und Rhythmic Control bei einer 1/16tel SnareRhythmic Control und Groove Bend bei einer HiHat
Melodic Control
Diese Sektion ist nicht dem Groove, sondern der Melodie verpflichtet. Hier wählt man dynamisch die Skalen aus – auch gern nachträglich – und hier sitzt der Arpeggiator. Eigentlich muss man sagen: Die vielen Arpeggiatoren, denn jeder Track hat einen und jeder kann pro Pattern ein oder ausgestellt, und in den Settings unabhängig von den anderen eingestellt werden. Da ist es auch nicht schlimm, dass es nur die Muster Up, Down und Up/Down und keine Hold-Funktion gibt. Man nimmt das Arpeggio einfach im Pattern auf und kann es dann noch viel feiner abschmecken.
Melodic Control bietet viele Möglichkeiten zur Gestaltung der Melodiestimme. (Foto: Christine Mangels)
Harmonizer
Der Harmonizer ist eine Art „Super-Chord-Memory“, die ähnlich aufgebaut ist wie die Chord-Memory-Funktion z. B. des Roland Alpha Juno-1 aus den 1980er Jahren: Akkord anspielen oder einen Preset-Akkord auswählen, mit dem Harmonizer festhalten und dann nach Belieben über die Tastatur spielen. Nur hier eben gleich sechsmal und beliebig untereinander kombinierbar.
Sehr stark und ein echtes Highlight des Toraiz SQUID, zumal die Trigger selbst nicht verloren gehen. Ist man mit dem Akkord nicht zufrieden, kann der Akkord neu festgelegt werden und wird dann von den bereits eingespielten Triggernoten gespielt. Das ist sowieso eine der herausragenden Eigenschaften des SQUID: Fast alle Funktionen sind non-destruktiv.
Der Harmonizer ist eine ganz starke Waffe zum Spielen von vordefinierten Akkorden. (Foto: Christine Mangels)
Chords
Eine weitere Akkord-Funktion wird per Shift und Scale erreicht. Die Pads leuchten nun violett und 16 verschiedene, teilweise fünf-bis-sechsstimmige Akkordpresets sind über die Pads verteilt. Die Chord-Sets haben blumige Namen wie „Dawn“, „Moody“, „Dusk“, „Spark“ oder „Farewell“, und man findet beim Herumspielen schnell Akkordfolgen, die toll zusammenpassen.
Dazu braucht es natürlich angeschlossene polyphone Klangerzeuger und so habe ich im SQUID einfach mit ein paar Akkorden das Arturia Piano V angespielt. Ich gebe gern zu, dass ich solche Akkordchanges ohne maschinelle Hilfe nur nach ausgiebigen Üben hinbekommen würde. Puristen werden über solche Presets sicher die Nase rümpfen, aber ich bin mir sicher, dass die SQUID-Chords für viele Producer eine Art Geheimwaffe werden.
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Mal schnell ein paar Akkordwechsel erzeugt, dank der Presetchords des Toraiz SQUID
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Chord Presets
Patternsets
Die Patternsets sind in etwa Snapshots für Pattern-Konstellationen. Weil der SQUID nicht patternbasiert mit bis zu 16 Tracks arbeitet, sondern trackbasiert mit bis zu 64 Pattern, kann man schon mal durcheinanderkommen. Die 16 Patternsets dienen dazu, komplexe Patternkombinationen umzuschalten, also z. B. Bassdrum auf Track 1, Pattern 1 mit dem Clap auf Track 2, Pattern 2 und dem Synth auf Track 9, Pattern 58.
Produzenten von Dance-Music müssen also nicht ständig die 4/4-BD-Basis über alle Pattern durchkopieren, sondern exakt einmal programmieren und können dieses eine Pattern dann in allen Patternsets nutzen und trotzdem mit einem Switch von einem komplexen Pattern zum nächsten schalten. Das geht beim Jammen, quasi aus dem Handgelenk und ist richtig cool. Das würde ich mir z. B. auch für die Sessionview in Ableton wünschen.
Die Patternsets geben bei längerem Druck auf die jeweilige Taste Informationen über ihren Inhalt preis. (Foto: Christine Mangels)
Random
Zufallsalgorithmen waren schon immer gute Inspirationshelfer im Falle völliger Ideenlosigkeit. Beim SQUID kann Random auf Tonhöhen, Notenlängen, Anschlagsdynamik und CC-Daten übertragen werden, auch, ob ein Step „Active“ ist oder nicht, können wir dem Zufall überlassen. Wer es etwas strukturierter mag, gibt dem SQUID in den zehn Randomizer-Settings klarere Anweisungen, oder versucht es mit Interpolation.
Interpolation
Auch beim SQUID spielt der kalkulierte Zufall eine große Rolle: Ein Start-, Mittel und –Endpunkt werden definiert und dann erzeugt SQUID kontinuierliche Datenverläufe zwischen diesen drei Noten, wie z. B. Tonhöhen, Notenlänge, Anschlagsdynamik und sogar CC-Daten. So perlen z. B. die Noten vom tiefen C zum mittleren C und dann noch etwas weiter, wie im folgenden Audiobeispiel. Dann wird eine andere Skale angelegt und per Randomizer, Abspielrichtung und Active aus der Sequenz – einer simplen Note auf 16 Steps – eine kleine groovige Bassline gebaut.
Trigger Probability
Auch diese Funktion ist nicht global, sondern kann pro Track aktiviert werden. Es ist die Wahrscheinlichkeit, wann die nächste Note des Patterns getriggert wird, von 0% (gar nicht) bis 100% (immer) und das kann ebenfalls pro Pattern definiert werden und SQUID merkt sich das.
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Die Zufallsfunktionen garantieren enorme Flexibilität im Verändern von vorgegebenen MIDI-Noten.
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Zufallsfunktionen des Toraiz SQUID
Zusammenspiel mit der DAW
Der Toraiz SQUID ist aber nicht zwangsläufig nur ein Gerät zur Kontrolle eines Hardware-Maschinenparks. Auch nur im Zusammenspiel mit der DAW ist der ‚Kalmar‘ ganz wunderbar zu verwenden. Mit dem Computer als Master-Clock dient der SQUID zum Generieren von Sequenzen, Spielen komplexer Akkorde, und alles kann sofort in der DAW aufgenommen und weiterverarbeitet werden.
Auch praktisch: Selbst wenn der SQUID als MIDI-Clock-Slave konfiguriert ist, lässt er sich noch eigenständig starten und stoppen, sodass man Sequenzen auf dem SQUID auch mal schnell ohne den Zusammenhang mit der DAW hören oder programmieren kann.
Der Toraiz SQUID lässt sich sehr tight in eine DAW einbinden. (Bilder: Christine Mangels)
SQUID Manager
Der SQUID Manager ist eine kostenlose Applikation für macOS (ab 10.12 Sierra) oder PC zum Senden und Empfangen von Projekt- und Patterndaten zwischen SQUID und dem Computer. Selbst MIDI-Files kann man direkt zum SQUID senden. Und wenn ich direkt sage, dann meine ich: Bei laufendem Sequenzer und sofort beginnt SQUID das Pattern zu spielen. Ich habe einige Pattern vom ABL Bassline-Plugin als MIDI-Files exportiert und in den SQUID geladen, um damit eine SH-101 anzusteuern.
Audiobeispiel
SH-101 spielt über CV/Gate eine vom ABL-Bassline-Plug-in exportierte Basslinie.
1/2 Der SQUID Manager für Mac OS 10.12 und PC dient nicht nur als Backup-Möglichkeit für Projekte. (Foto: Christine Mangels)
2/2 Per Manager-Software kann der SQUID MIDI-Files empfangen und sofort abspielen, bei laufendem Sequenzer. (Foto: Christine Mangels)
Weitere Features
Wer sich an den oft all zu grellen RGB-Pads und Buttons bei den anderen kunterbunten aktuellen Sequenzern und Samplern stört, wird den SQUID für sein Brightness-Settings-Menü (Global 2) lieben: Sowohl das Display, als auch die Buttons und die Pads lassen sich individuell heller oder dunkler schalten. Sogar die Helligkeit der gedimmten Pads lässt sich einstellen. Oder einfach nur per USB-Power nutzen: Auch dann sind alle Lichter schön gedimmt. Das sich Steps per Copy/Paste kopieren lassen, hatte ich ja schon erwähnt. Das gleiche gilt übrigens auch für Pattern wie Pattern-Sets und das – Achtung, Achtung! – auch projektübergreifend. Die Super-Bassline vom Projekt 1 kann also auch in andere Projekte eingefügt werden. Natürlich muss dazu ein neues Projekt geladen werden, aber SQUID behält die Copy-Information im Speicher. Genial!
Und hier noch ein kleiner SQUID-Hack, falls die schwelgenden Synth-Pads dann doch mal 16 Takte lang sein sollen: Wenn für jeden Step der vier möglichen Takte eines Patterns „Count 4“ eingestellt ist, erhöht sich die Anzahl der Steps auf 256. Jeder Pattern-Step entspricht dann einem Viertel, was für Drumgrooves nicht funktioniert, aber für die vier SEM V-Akkorde (gespielt vom SQUID Akkord-Preset mit dem schönen Namen „Blessing“) dann aber doch. Alternativ kann man aber auch einfach den „Pattern-Speed“ auf „x0.25“ stellen und das Pattern wird ebenfalls in 16 Takten abgespielt, während die übrigen Patterns im normalen Tempo weiterlaufen. Und wenn User diese beiden Methoden kombiniert, ist das Pattern ergo 64 Takte lang. Also 1.024 Steps.
1/2 Ausgetrickst: Mit Count 4 auf jedem Step der vier möglichen Patterntakte werden aus 64 Steps plötzlich 256 Steps pro Pattern. Notenlänge knapp unter 16 Beats. Für den extra langen Fade wurde „Gate Hold“ gedrückt. (Foto: Christine Mangels)
2/2 SQUID-Mathematik: Pattern-Speed = x 0.25 = vier mal so langes Pattern. (Foto: Christine Mangels)
Audiobeispiele
Pattern mit einer Länge von 16 bis zu 64 Takten sind mit dem Toraiz SQUID mit etwas Trickserei ebenfalls machbar.
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16 Takt-Pattern mit dem Toraiz SQUID64 Takt-Pattern mit dem Toraiz SQUID
Alternativen
Ein sehr beliebter Hardware-Sequenzer muss wohl derzeit der Arturia BeatStep Pro sein. Nicht nur wäjhrend der Superbooth sah man ihn an vielen Ausstellerständen, auch modulare Liveacts nehmen die flache Flunder gerne mit auf die Bühne, dank den beiden CV/Gate- und acht Triggerausgängen. Mit Letzteren kann der SQUID nicht dienen. Demgegenüber bietet er 16 statt drei Spuren und fortschrittlichste Sequenz-Techniken, die man sonst nur aus der Modularwelt kennt. Akai Force und Synthstrom Audible Deluge bieten ebenfalls starke Sequenzer-Features und können zwei CV/Gate-Synths bedienen, haben allerdings keinen DIN-Sync-Ausgang und keine dermaßen tighte Computereinbindung wie der SQUID.
Angenehm ist auch, dass man für die Nutzung des SQUID keinerlei Adapter mitführen muss, um für alle Einsatzszenarien gewappnet zu sein: Er kann per USB-Power mit Strom versorgt werden, wenn mal das Netzteil vergessen wurde und die MIDI-Buchsen liegen im altbekannten DIN-Format vor. Die Sequenzer aus dem Hause Elektron verfügen auch über viele schöne Tricks, aber bieten bei weitem nicht die Anschlussvielfalt des SQUID. Der Toraiz SP-16 Sampler aus gleichem Hause ist für das Arbeiten mit Audio optimiert, die Sequenzing-Features sind ziemlich schwach.
Mit dem SQUID stellt Pioneer dem TSP-16 eine äußerst potente Schaltzentrale für alles was MIDI ist zur Seite. Allerdings vermisse ich bei dieser Kombination immer noch die Möglichkeit, multi-gesamplete Sounds zu spielen. In den Neunziger Jahren hätte man einen Hardware-Sampler angesteuert, aber diese Gattung ist mittlerweile so gut wie ausgestorben. Bleibt dann doch nur wieder der Laptop als Klangquelle für Multisample-Sounds. Es ist bemerkenswert, dass in Zeiten omnipotenter DAWs ein Hardware-Sequenzer wie der SQUID mit Kreativ-Features überzeugt, die durch ihre Haptik so viel intuitiver und zugänglicher sind, als eine Software-Lösung.
Wer sollte sich den Toraiz SQUID einmal genauer ansehen?
Grundsätzlich kann man als Sequenzer-Liebhaber von den Features des SQUID nur begeistert sein. Hier haben die Entwickler von Pioneer sehr gut nachgedacht, das Beste aus den bekannten Konzepten von Standalone bis Eurorack zusammengebracht und eine sehr intuitive und kompakte Wunderkiste vorgestellt.
Zur Generierung von Sequenzen beim freien Jammen oder auch beim Kreativprozess im Studio, kenne ich kein zugänglicheres und kompletteres Gerät, auch gerade im Zusammenspiel mit einer DAW. Nicht prädestiniert ist es hingegen für komplexere Livesets, bei denen Programm-Changes auf den Punkt sitzen müssen, da pro Track/Project nur jeweils ein Programm-Change programmierbar ist, und das Umschalten von einem Project zum nächsten eine kleine Weile dauert.
Wer einen Bühnen-Sequenzer sucht, der eine komplette Live-Performance weitgehend vorgeplant abliefert, ist wahrscheinlich mit einer Akai MPC oder Force besser aufgehoben. Wer aber maximalen Zugriff auf die einzelnen Sequenzen sucht, kommt am SQUID eigentlich nicht vorbei. Das ist schade für all die kleinen Kreativ-Sequenzer, wie z. B. Make Noise Rene oder den Intellijel Metropolis, denn hier kommt ein Konkurrent, der deren Tricks draufhat, … und, noch so viel mehr.
1/2 Der Toraiz SQUID kann Synths wie den Radikal Technologies Delta CEP A sowohl über MIDI als auch über CV/Gate anspielen. (Foto: Christine Mangels)
2/2 Create NEW: Los geht’s, seid kreativ! (Foto: Christine Mangels)
Statement Florian Meindl
Der Wahl-Berliner Techno-Produzent Florian Meindl nutzt den Toraiz SQUID schon seit geraumer Zeit in seinem Studio, als kreativen Ideengeber, als Bindeglied für alle Hardware und Software und quasi auch als „Masterkeyboard“. „Pioneer hatte mich vor über einem Jahr zwecks Ideen für einen Sequenzer kontaktiert. Ich habe einige Punkte eingebracht, die ich aus der Modularsynthwelt kenne, wie zum Beispiel die programmierte Sequenz von innen nach außen zu spielen, etc. und ich habe meinen Wunsch nach CV und Gate geäußert. Der fertige Sequenzer hat mich dann überrascht, weil er noch viel mehr kann, als ich mir erhofft hatte. Man kann z. B. Gate Längen von kurz nach lang und umgekehrt modulieren, den Sequenzer nicht nur reverse laufen lassen, sondern eben kreisförmig von innen nach außen – sogar von langsam zu schnell innerhalb eines Patterns ist möglich! Ein starkes Feature ist auch das Speichern von Lieblings-Akkorden auf sechs Buttons, das erinnert mich an das ‚Omnichord‘, mit dem man Akkordfolgen testen konnte. Der SQUID ist jetzt jedenfalls mein Hauptsequenzer für das ganze Studio, man kann alles Mögliche damit ansteuern und es ist alles tight!“
Florian Meindl in seinem Studio. Rechts sieht man sein neues „Masterkeyboard“, den Toraiz SQUID. (Foto: Simon Nieborak @delayedpressuremusic, mit freundlicher Genehmigung von Florian Meindl)
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Fazit
Der Pioneer DJ Toraiz SQUID macht wirklich viel Spaß, ist sehr intuitiv zugänglich und steckt voller tieferer Optionen. Man kann sofort damit loslegen und entdeckt stets neue Funktionen, Tricks oder Kombinationen. Und selbst, wenn etwas nicht vorgesehen ist, kann man oft einen kreativen Workaround finden (wie z. B. die Vervierfachung der maximalen Patternlänge). Der SQUID regt an zur Kreativität, Improvisation und Komposition, bleibt dabei aber stets produktiv und ergebnisorientiert. Die Vielzahl der Strategien zur Sequenzerstellung ist inspirierend, und die Fülle der non-destruktiven Bearbeitungsmöglichkeiten ist verblüffend.
Hat man sich erst einmal daran gewöhnt, dass es kaum Grenzen gibt, spielt man auch schon mit den verschiedensten Kombinationen herum, die beim Erfinden groovender Basslines und unerhörter Hooks Gold wert sein können. Oder zumindest die knapp 600 €, die der SQUID im Laden kosten soll. Wenn da nicht die Einschränkung auf 64 Steps pro Pattern, der fehlende Song-Mode und die fehlenden globalen Anwendungen für Swing und Groove Bend wären, es müsste die Bestnote geben. So gibt es mit Hoffnung auf kommende Firmware-Updates satte 4 ½ Sterne und eine glasklare Kaufempfehlung!
PRO
MIDI-Schaltzentrale für alle Klangerzeuger mit USB, MIDI, CV/Gate und DIN-sync.
Sehr flexibler Sequenzer
Innovative non-destruktive Funktionen zum Verändern der Sequenzen
Time Warp Funktion
Undo
Chord Memory
Chord-Presets
Supereinfacher MIDI-Pattern Import vom Computer
Nudge-Function
CONTRA
Kein Song Mode oder Pattern-Chaining
Nur 64 Steps pro Pattern
Nur ein Programchange pro Track/Project
Keine globale Funktion für Swing und andere rhythmische Manipulationen
Der Pioneer DJ Toraiz SQUID ist ein potenter Multitrack Hardware Sequenzer, der ideal mit Eurorack, Synthesizern und DJ-Equipment zusammenarbeitet.
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