Numark PT-01 Touring Test

Numark stellt mit dem PT-01 Touring einen mobilen, akkubetriebenen Kofferplattenspieler vor, der mit integriertem Phono-Preamp und USB-Audiointerface für computergestützte Vinyl-Aufnahmen die mobilen Plattenliebhaber für sich gewinnen will. Der Preis, den man für derartiges Erwachsenenspielzeug aktuell berappen muss, hält sich mit einer unverbindlichen Preisempfehlung von rund 95 Euro noch in akzeptablen Niederpreisgefilden auf. Doch was kann man dafür erwarten?

00-Numark-PT-01-Touring-Teaser-Intro


Im Netz las ich diverse User-Meinungen, die ich aber gar nicht teilen konnte, da die Kritiken eindeutig zu hoch angesetzte Erwartungen zur Grundlage hatten. Ich glaube, dass man als Endkunde realistischerweise für diesen Preis ein Gerät erwarten darf und sollte, das einwandfrei funktioniert, eine akzeptable Akkuleistung liefert und bei häufigem Gebrauch trotzdem die Garantiezeit übersteht. Nicht viel mehr, aber auch nicht weniger.
Features wie ein integrierter Phono-Preamp oder ein USB-Audiointerface sind angesichts des Preises reine Hersteller-Präsente, die ähnlich wie ein Kugelschreiber oder Logo-Aufkleber zu bewerten sind. Zwar sorgen sie für eine verlängerte Feature-Liste, aber klanglich können diese Bauteile gewiss nicht mit aktuellen Soundchips mithalten. So wurden jene Elemente in diesem Artikel freilich getestet, doch deren Soundqualität hatte letztlich keine Auswirkungen auf die Gesamtbewertung.

Details

Der PT-01 Touring kommt in einer Umverpackung, die unwesentlich größer ist als er selbst. Einmal „entkleidet“, entpuppt sich der Lieferumfang für mein Dafürhalten hinsichtlich des Verwendungszwecks als durchaus vollständig. Neben dem im Koffer fest installierten Plattenspieler liefert der Hersteller noch einen Single-Puck und eine etwa acht Zoll große Slipmat aus, die aus einem beständigen festen Filz gefertigt ist. Darüber hinaus haben noch ein qualitativ gutes USB-Kabel samt Entstördrossel sowie ein 5 Volt USB-Netzteil Typ „Wandwarze“ den Weg ins Touring-Paket gefunden. Ansonsten findet man bloß eine sechssprachige Schnellstartanleitung und die obligatorischen Garantiebedingungen im Numarkschen Köfferchen.

Fotostrecke: 2 Bilder Der PT-01 Touring, so wie man ihn vom Händler bekommt.

Der 34 cm breite, 25 cm tiefe und 11 cm hohe Koffer bringt 2,7 kg auf die Waage und verfügt über einen konventionellen Plastikgriff und einen ebenso handelsüblichen Schnappverschluss, jedoch ohne Schloss, aber wofür auch? Auf der Rückseite beherbergt die aus Sperrholz gefertigte und furnierte untere Kofferschale einen Stereo-Line-Ausgang in Form eines Cinch-Buchsenduos und die Computerschnittstelle, die als USB Typ B ausgeführt wurde. Geistesgegenwärtig stecke ich die „Wandwarze“ in die Tischsteckdosenleiste und verbinde Netzteil und Koffer mit Hilfe des steifen, aber mutmaßlich gut isolierten USB-Kabels, um den Ladevorgang des integrierten Lithium-Ionen-Akkus in Gang zu setzen, was von einer roten LED unterhalb des Volume-Reglers dankend quittiert wird. Nach einer Dreiviertelstunde scheint der Akku bereits „satt“ zu sein, was die zuvor erwähnte LED wiederum signalisiert, die plötzlich und unverhofft mal eben einfach so erlischt. Stattdessen leuchtet eine darüber befindliche LED nun grün. Der Kollege scheint bereit. Fein.

Fotostrecke: 4 Bilder Der Verschluss ist ein handelsüblicher einfacher Schnappverschluss.

Das Lager des Platters ist auf einer Kunststoffplatte arretiert, die wiederum federnd auf der Geräteoberfläche aufliegt. Ob es sich um einen echten Federmechanismus handelt oder die schwingende Aufhängung durch mehrere elastische, weil dünne Plastiklaschen erledigt wird, bleibt offen. Es könnten natürlich auch drei sehr weiche Kautschukfüße verwendet worden sein.
Der mitgelieferte MM-Tonabnehmer ist ein CR-800-10 mit einer sphärisch geschliffenen Nadel, die aus Keramik gefertigt wurde. Das Komplettsystem beheimatet einen Nadelträger aus Kunststoff und wird wie ein Nadeleinschub von vorne unten mit seinen vier Kontakten auf den nicht austauschbaren Systemträger fest gesteckt. Aufgrund des Nadelschliffs und der Materialbeschaffenheit von Nadel und Nadelträger ist ein leicht nasaler und mittenbetonter Sound, eine hörbar eingeschränkte Bandbreite und eine mäßige Hochtonauflösung zu erwarten. Wie lange die Nadel halten mag, wird die Zeit zeigen, aber 900 Betriebsstunden wie bei den prominenten DJ-Tonabnehmern von Ortofon, Stanton oder Shure sind gewiss nicht zu erwarten, was aber absolut verkraftbar ist, da das Ersatzsystem (übrigens genau das Gleiche, was auch mitgeliefert wird) im Internet für € 9,90 nachbestellt werden kann.
Als mögliche Abspielgeschwindigkeiten stehen per dreistufigem Schiebeschalter die Standards 33, 45 und 78 Umdrehungen pro Minute zur Verfügung. Die Halbautomatik kann abgeschaltet werden, was grundsätzlich zu begrüßen ist. Eine Abschaltautomatik ist natürlich eine praktische Angelegenheit, solange sie anständig funktioniert.
Ein einfacher und zierlich wirkender Lift ist beim Aufsetzen der Nadel behilflich und der Tonarm kann an seiner Stütze fest arretiert werden. Der überaus griffige Lautstärkeregler schaltet im Übrigen die Maschine per Rechtsdrehung ein. Oberhalb des Volume-Reglers ist eine kleine Klinkenbuchse untergekommen, die zum Einbinden externer Abspielgeräte wie zum Beispiel MP3-Player, iPods und Smartphones dient.
Unterhalb der LEDs findet sich auf der sperrhölzernen Oberfläche noch eine weitere 3,5-Millimeter-Klinkenbuchse, die den Anschluss eines Kopfhörers ermöglicht. Daran mangelt es mir ja nun wahrlich nicht und es ist sogar einer in Griffweite (ein Sennheiser HD-25), sodass dessen Stecker dank meiner aktiven Mithilfe umgehend den Weg zum Kopfhörerausgang findet. Als der Standard-DJ-Ohrwärmer nun im Koffer steckt, verstummen die beiden frontal eingelassen Breitbandlautsprecher und das Volume-Poti reguliert nun artig meine Kopfhörerlautstärke. Na also.

Fotostrecke: 4 Bilder Als mögliche Geschwindigkeiten stehen 33, 45 und 78 U/min zur Verfügung.

Praxis

Abtastung und Verschleiß

Die Tonarmhöhe kann in dieser Preisklasse freilich nicht verändert werden. Das Auflagegewicht ist ebenfalls fest, was den Einsatz anderer Tonabnehmer schon kategorisch ausschließt. Um herauszufinden, wie hoch der Auflagedruck nun tatsächlich ist, habe ich meine elektronische Waage bemüht, deren Messbereich aber nur bis 5 Gramm reicht – Display: full! Anschließend habe ich eine Pesola-Waage herausgekramt, die bis 30 Gramm ausgelegt ist, und habe mit ihrer Hilfe 6,5 Gramm Auflagegewicht gemessen. Das ist natürlich eine hohe Hausnummer, die man nicht ignorieren kann. Persönliche Vinylschätze sollten also besser zuhause bleiben und auf dem heimischen Material-schonenden Plattenspieler gehört werden und nur da. Brandneue Scheiben sowie kostbare Raritäten haben aufgrund des potentiell hohen Verschleißes auf dem Platter des Touring also nichts verloren, darüber sollte man sich schon im Klaren sein. 6,5 Gramm Auflage können bereits nach wenigen Abspielvorgängen hörbare Beschädigungen verursachen, da die Nadel aufgrund ihres sphärischen Schliffs und der Kraft, die auf sie wirkt, zum leichten „Fräsen“ neigt. Von möglichen Fehlwinkeln bei der Abtastung und deren Folgen für die Rille wollen wir jetzt gar nicht sprechen.

Hier gut zuerkennen: Der Platter ist auf einem abgekoppelten Kunststoffträger fixiert, der leicht gefedert ist und somit die direkte Übertragung von Körperschall vom Chassis auf den Platter ein wenig bedämpft.
Hier gut zuerkennen: Der Platter ist auf einem abgekoppelten Kunststoffträger fixiert, der leicht gefedert ist und somit die direkte Übertragung von Körperschall vom Chassis auf den Platter ein wenig bedämpft.

Der Klang

…der integrierten Speaker erweist sich als leicht resonant in den unteren Mitten und ohne jegliche Transparenz und Tiefe. Manch ein Radiowecker klingt durchaus besser – also meiner jedenfalls! Mit dem Kopfhörerausgang hingegen ist man da schon besser dran. Mein Sennheiser HD-25 lässt sich damit problemlos besaften, mein Koss Porta Pro ebenfalls. Es wird beim Hören mit dem Headphone aber auch schnell klar, dass es dem Grundsignal bereits oben und unten herum fehlt. Der Sound ist bedeckt, mittenbetont und wenig räumlich.
Der PT-01 Touring verfügt über diverse Schnittstellen zur Außenwelt und erweist sich mit diesen grundsätzlich als sehr flexibel. Neben den integrierten Lautsprechern und dem Kopfhörerverstärker liegt das Signal am rückseitigen Line-Out wie auch am USB-Port an. Klanglich ist das natürlich kein Feuerwerk, was aber, wie eingangs erwähnt, angesichts des Preises in Ordnung geht. Der Klang des Line-Out ist mit dem des Kopfhörerausgangs vergleichbar. Kommt die Numarksche USB-Übertragung hinzu, wird es insgesamt schon ein bisschen unterirdisch.
Die anschließenden Audiobeispiele belegen die klanglichen Unterschiede der Aufnahmen des Line-Outs und der USB-Übertragung, die ich mit einem PC und Soundforge Pro 11 durchgeführt habe. Zum Vergleich mit einem anderen Plattenspieler-Setup habe ich noch einen Vestax PDX 2300 MKII Pro mit einem Shure M44G Tonabnehmer verwendet. Die Entzerrung nach RIAA übernahm hierbei dann ein Röhren-Preamp, ein Dynavox TPR-2, die AD-Wandlung eine RME HDSPe AIO Soundkarte und die Aufzeichnung wieder der eben genannte PC mit SFP11.

Audio Samples
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PT-01 Touring Line Out. PT-01 Touring USB Out. Referenz-Setup

Passable Akkuleistung

Die Akkuleistung würde ich als passabel einstufen. Nach dem ersten Ladevorgang reichte der Akku für etwas mehr als drei Stunden, bis die Lautsprecher anfingen, hörbar mehr zu verzerren. Der Motor hatte auch eine LP-Seite später keinen akzeptablen Gleichlauf mehr zu bieten. Es ist zu erwarten, dass der Akku mit den nächsten Ladevorgängen noch ein kleines bisschen mehr zulegen wird, sodass die seitens des Numarkschen Marketings versprochenen vier Stunden keine Augenwischerei, sondern durchaus realistisch sind.

Wer kann’s brauchen?

Letztlich ist Numarks PT-01 Touring der ideale Begleiter für Vinylfreaks, die sich oft auf Plattenbörsen tummeln. Mal eben in eine Platte reinhören, ist hiermit überhaupt kein Problem. Hinzu kommt, dass der Touring hierfür auch einen ausreichend lauten Kopfhörerausgang bietet, so dass man mit einem gut abschirmenden Kopfhörer (auf Plattenbörsen geht es ja sehr laut zu) den Zustand der Rille sehr gut beurteilen kann, ohne jemand anderen damit auf den Wecker zu fallen. Selten bis gar nicht stellen die fliegenden Händler hierfür nämlich einen Turntable bereit.
Darüber hinaus kann der Numarksche Touring Plattenspieler für private Zwecke herhalten. Dabei denke ich vor allem an die musikalische Begleitung eines romantischen Picknicks oder an die Sprengung eines Kindergeburtstages mit einem spannenden Hörspiel oder auch gern genommen: Die drei Fragezeichen!!!

Und ja, natürlich, der Koffer lässt sich mit aufgelegtem Vinyl nicht verschließen!
Und ja, natürlich, der Koffer lässt sich mit aufgelegtem Vinyl nicht verschließen!

Fazit

Numarks PT-01 Touring ist ein gut durchdachter, mobiler Plattenspieler im Mini-Kofferformat, der mit integrierten Breitbandlautsprechern und einem Kopfhörerausgang den Vinylsharks ein guter Begleiter auf Plattenbörsen sein wird. Zwar klingen die Lautsprecher eher mäßig, doch die Akkuleistung ist mit etwa 3,5 bis 4 Stunden absolut passabel, weswegen er sich auch für manchen privaten Zweck gut eignet. Einziger echter Wermutstropfen ist in meinen Augen das relativ hohe Auflagegewicht, das im Zusammenspiel mit der sphärischen Keramiknadel zu einem höheren Verschleiß der Tonträger führt. Der Phonovorverstärker (Line-Out) und der eingebaute AD-Wandler, der sich für das USB-Signal verantwortlich zeigt, sind von eher mäßiger Klangqualität, was aber angesichts des niedrigen Preises für mein Dafürhalten in Ordnung geht. Für € 95 (UVP) erhält man einen wirklich mobilen Vinyl-Player samt stabilen Transport-Case, der an jedwedem Ort dieser Welt für 3 bis 4 Stunden Vinyl-Konsum sorgen kann und das ohne Steckdosenstrom oder zusätzliche Boxen – das ist doch was oder etwa nicht?

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • Gut durchdachtes Gesamtkonzept
  • Echte Mobilität
  • Flexible Anbindungsoptionen
  • Integrierte Breitbandlautsprecher und Kopfhörerausgang
  • Passable Akkuleistung
Contra
  • Generelle Soundqualität
  • Festes relativ hohes Auflagegewicht
Artikelbild
Numark PT-01 Touring Test
Für 69,00€ bei
Numarks Touring Turntable PT-01
Numarks Touring Turntable PT-01
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