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Novation Dicer Test

Spezielle MIDI-Controller für Serato Scratch Live sind wie die Perle in der Auster. Schwer zu finden. Novation hat sich dieses Themas angenommen und präsentiert die Dicer. Nach Denons HC1000S (Test hier) ist dies die zweite dedizierte Kontrolleinheit für das neuseeländische DVS-System. Zwar kommt der kompakte Brite gänzlich ohne Drehregler und offeriert insgesamt deutlich weniger Schaltflächen. Dafür kostet er aber auch nur knapp die Hälfte, nämlich 99 Euro. Er platziert sich am liebsten dort, wo er mitten im Geschehen ist, und zwar direkt am Tellerrand.  Anschließen, Scratch-Live starten und sofort mit einem musikalischen Feuerwerk loslegen. Das ist seine Devise. Mal sehen, ob uns dies gelingt.

Dicer_CDJ_close_RED
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Details

Zitat Wikipedia: Dicer (wörtlich etwa „Würfelschneider“, von engl.: to dice: „in Würfel schneiden“) ist eine Helikase, die doppelsträngige RNA und miRNA in kurze, doppelsträngige Fragmente schneidet, die als siRNAs bezeichnet werden. Diese Fragmente sind etwa 20 bis 25 Nukleotide lang und spielen bei dem Mechanismus der RNA-Interferenz die zentrale Rolle.

Ob diese Definition bei der Entwicklung des neuesten Controllersprosses aus dem Hause Novation Pate stand, kann ich nicht mit Gewissheit sagen. Betrachtet man allerdings die vorkonfigurierten Funktionen für Serato und Traktor, liegt ein Vergleich gar nicht so weit auseinander. Mit dem Dicer kann der DJ einen Song nämlich in einzelne Fragmente unterteilen, die zwar nicht gerade 20 Nukleotide lang sind, sondern vielmehr von individuellen Abständen der Cue-Punkte zueinander oder einzelner Loop-Längen geprägt sind.

Ausgepackt und aufgestellt
Die stylishen Dreiecke werden paarweise in einer ebenso schicken kleinen Verpackung geliefert. Neben den Kontrolleinheiten befinden sich auch noch die nötigen Verbindungskabel sowie ein Datenblatt, der MK2 Arretierungsring und DJ Putty im Lieferumfang. DJ Putty ist allerdings kein geschrumpfter holografischer Plattendreher in Bonsaigröße, der einem die Handhabung der Triggertriangeln erklärt, sondern eine Haftunterlage, die dabei hilft, das Set jenseits der MK2-Löcher sattelfest aufzustellen. Hi-dee-ho!

Jeder der kleinen Juggle-Units wiegt gerade mal 72 Gramm und hat Seitenlängen von etwa 9 Zentimetern bei einer Höhe von 15 Millimetern. Das sind sehr transportfreudige Abmessungen. Der gediegenen Reise in einer Jackentasche oder einer adäquaten Gigbag steht also nichts im Weg. Je nach vorhandenem Equipment am Zielort sollte diese aber nicht zu klein ausfallen, denn schließlich sollen auch Laptop, Interface, Kopfhörer, Nadelbürste und Systeme gut verstaut sein. Und natürlich will auch das Kontroll-Vinyl bruchsicher untergebracht werden. Die kompakte Sandwich-Form sorgt weiterhin dafür, dass das Objekt nicht nur wie sonst üblich bei MIDI-Controllern neben oder vor dem Plattenspieler aufgestellt werden kann, sondern es passt auch direkt auf viele handelsübliche Turntables oder CD-Player. Wer schon einmal in beengten Clubkellern oder Kiezbars unterwegs war, weiß dies zu schätzen. Wie schon erwähnt, gibt es an der Unterseite eine Arretierung in Form eines Gummirings. Damit kann der Würfler äußerst rutschsicher in den Singlepuckhalter am MK2 befestigt werden. Beim Aufbau zeigten sich, man soll es kaum glauben, einige kleinere lokale Problemchen. Im Studio sind die Technics vertikal auf einem Glourious-DJ-Pult aufgebaut. Auf 10-Uhr ist ein Laptop-Stand in 45 Grad Drehung angebracht. Der Tonarm befindet sich also auf in nördlicher Position in der Horizontalen, der Puckhalter unten links an jedem Plattenspieler. Eine für mich effiziente Anordnung, die auch im Zusammenspiel mit den Dicern funktioniert. Mein Kollege Dave benutzt das gleiche Equipment, hat aber die Teller waagerecht aufgestellt. Am rechten Plattenspieler käme er daher nicht an die Kontrolleinheit, da der Laptop-Ständer zu weit überhängt. Dann müsste er wohl umbauen. Wir haben es einmal nachgestellt. Am Vestax PDX2300 stellte sich die Stelle, an der der Powerschalter verbaut ist, als geeignete Position heraus. Hier sollte sicherheitshalber eine zusätzliche Haftknete eingesetzt werden, um auch in hektischen Situationen einen rutschfesten Betrieb zu gewährleisten.

Wer die Prüflinge direkt auf dem CD-Player einsetzen will, sollte sich vergewissern, ob nicht einige Tasten, wie etwa Pitchbend, durch die Effektdreiecke überdeckt werden. Daher lohnt es sich, im Vorfeld eine Schablone aus einem einfachen DINA4 Blatt anzufertigen oder einfach mit dem Zollstock auf die Auflagefläche der Wahl loszugehen. Es ist ferner ebenso möglich, die Geräte rechts und links neben dem Notebook-Touchpad aufzubauen, in diesem Fall wäre vielleicht eine spiegelsymmetrische Konstruktion von Vorteil. Auch wenn das Laptop grundsätzlich eine Ablage-Alternative darstellt, ist es eventuell für sein Gehäuse nicht unbedingt dauerhaft zuträglich, wenn der DJ „wie wild auf den Dicern rumhämmert“. Auch am Plattenteller kann dieses Verhalten schon mal zu ungewollten Sprüngen führen. Je nach eigenem Mix-Gebären ist die Standortwahl also nicht zu vernachlässigen. Es kommt wohl auch ein wenig auf die Intention und das musikalische Genre des Deejays an. Bei dieser Konstruktion sollte sich aber immer ein Plätzchen finden lassen. Prima. Direkt auf dem Turntable legen Cuejuggler halt etwas mehr Feingefühl an den Tag.

Novation_Dicer_am_Macbook_aufgebockt
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Praxis

Einsatz mit Serato Scratch Live
Nun wird der erste Dicer per Micro-USB1.1-Anschluss mit dem Computer verbunden. Der Zweite bezieht Daten und Strom per Mini-Klinken-Kabel, das wiederum in den Ersten zurückzuführen ist. Im Serato-Setup lenkt dann Controller eins das linke Softwaredeck, Nummer zwei steuert das Rechte. Bei der Installation tauchen keine Unannehmlichkeiten auf, sieht man einmal davon ab, dass zum Betrieb der Probanden Scratch Live in der Versionsnummer 2.1 benötigt wird. Die lässt sich kostenlos von der Hersteller-Website laden, bindet die Dicer automatisch ein und überschreibt, wenn nicht zuvor die bestehende Fassung umbenannt wurde, vorbehaltlos eben diese.  

Novation_Dicer_Backpanel

Kreativsandwich
Beim ersten Aufruf schalten die Geräte in den Hotcue-Betriebsmodus. Die fünf großen, runden Trigger leuchten rot auf, falls bereits Markierungen vorhanden sind. Sie steuern so jedes Mal, wenn eine der Tasten niedergedrückt wird, die entsprechende Songposition an. Buttons, die noch frei sind und daher nicht illuminieren, werden durch einen simplen Stupser belegt. Soll ein Cue-Punkt gelöscht werden, genügt es, die dazugehörige Page-Taste zusammen mit dem Würfelknopf zu drücken.

Novation_Dicer_Rot

Die drei kleineren Funktionstasten schalten durch ebenso viele unterschiedliche MIDI-Layer, die jeweils einen anderen Kanal aufrufen. Dicer-One funkt auf 11, 12 und 13 (Cue/Roll/Auto), Dicer-Two sendet über 14, 15 und 16. Jede einzelne Seite ist farbcodiert. Einerseits erkennt man so auf Anhieb, welcher Modus aktiv ist, andererseits erhält man dadurch auch in dunklen Clubs eine ausreichende Grundbeleuchtung von Gerät und Soft-Touch-Tasten. MIDI-Page-2 (grün) steuert Loop-Rolls, die im Gegensatz zu normalen Loops nach Beendigung des Loop-Manövers an Echtzeitposition weiterspielen. Das klingt nicht nur interessant, sondern sorgt auch dafür, dass die Loops im Mix mit einem zweiten synchronen Track im Takt bleiben. Die werkseitig festgelegten Loop-Längen sind in diesem Fall 1/16, 1/8, 1/4, 1/2 und 1 Beat. Leider kann der Anwender diese Voreinstellungen nicht ändern. Falls er andere Schleifenintervalle definieren will, muss er dazu einen von zwei freien Shift-Layern nutzen. Orangenes Licht kennzeichnet die dritte Befehlsebene. Sie steht für Autoloops in den Größen 1, 2, 4, 8 oder 16 Takten. In der Praxis finden Taktversätze bei DJ-Programmen während des Upscalings erst bei Loop-Größen kleiner ½ Beat statt. Das spricht für die voreingestellten Werte. Um mit den Autoloops zu arbeiten, benötigt die Software einen BPM-Wert. Dazu müssen die Musikstücke bei nicht angeschlossenem Audio-Interface softwareseitig analysiert werden. Die Geschwindigkeit selbst kann auch während der Laufzeit per Mausklick in der grafischen Benutzeroberfläche „eingeTAPpt“ (ohne Autoloop-Funktion) und der Knopf zur manuellen Tempoermittlung  bequem auf den Controller verlagert werden.

Audio Samples
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Loop mit SSL 2.1

Weitere interessante Anpassungen ergeben sich durch die optionale Doppelbelegung der Triggertasten im grünen und gelben Layer. Um die Würfel mit eigenen Befehlen auszurüsten, wird zunächst der MIDI-Modus in Scratch Live aktiviert. In unserem Beispiel sollen ein paar Vocals des Serato Sampleplayers über den dritten Ausgang des SL3-Interface auf einen externen Pioneer DJM-Mixer ausgegeben werden. Die gelbe Ebene erhält hierfür einen angepassten Befehlssatz. Die grüne Oberfläche soll zusätzlich eine mauslose Navigation durch die Musikbibliothek ermöglichen, etwa Tabbing, Playlist Up and Down, Load DeckA und Load DeckB. In beiden Fällen wechselt der DJ einfach mit den Tasten 2 und 3 in den entsprechenden MIDI-Layer, wählt das gewünschte Feature aus und betätigt Würfeltaste und Modus-Taste gleichzeitig. Sehr praktisch, denn dann ist der Griff zum Notebook nur noch in Ausnahmefällen nötig.

Serato_MIDI_Modus

Jeder Dicer stellt zwei mal fünf frei konfigurierbare Befehle zur Verfügung. Dazu kommen 20 vordefinierte Funktionen pro Einheit (Loops, Rolls, Cues, Delete). Die kleinen Taster messen rund acht Millimeter, die Größeren haben einen praxistauglichen Durchmesser von etwa 20 Millimetern und lösen vollflächig aus, was besonders in hektischen Situationen sehr vorteilhaft ist. Die akustische Umsetzung geschieht gefühlt verzögerungsfrei. Da kommt Freude auf. Seit Einführung des SL3 oder des Rane68 können Scratch Live-Nutzer auch mit mehr als zwei Softwaredecks agieren. Laut Herstellerangaben ist es jedoch aktuell nicht möglich, ein zweites Paar Dicer für die Decks drei und vier anzuschließen.

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Juggling mit Serato

Einsatz mit Traktor
Novation stellt auf seiner Website ebenfalls eine Konfigurationsdatei für Traktor und Scratch Pro bereit. Das ist sehr erfreulich. Wir schauen uns nun einmal die Funktionsweise etwas genauer an. Mit dem Mapping kann der DJ wichtige Funktionen der beliebten Berliner Software direkt über die Dicer Tasten steuern. Zum Download stehen zwei unterschiedliche Mappings für Traktor Pro/Duo und Scratch Pro bereit. Kommt die Timecode-Version zum Einsatz, steuert der rote Modus Hotcues. Genau wie beim Serato Setup lassen sich einmal gesetzte Markierungen mit einer Zwei-Tasten-Kombination löschen und danach im Handumdrehen neu anlegen. Gerade was Cue-Juggling angeht, nutzen Traktoristen den Vorteil quantisierter Benutzereingaben, fünf Hotcues sind dann aber eher sparsam.  Der grüne Modus hingegen übernimmt die Loop-Abteilung mit den Befehlen Loop On/Off, Half und Double Size sowie Move zum Verschieben des gesamten Audiozyklus. Vordefinierte Autoloops sind nicht programmiert, lassen sich aber auf den ungenutzten zweiten Layer selbst anlegen. Orange lenkt die Effektbataillone. Die FX 1-3 (im Chained Mode) werden auf Tastendruck eingeschaltet, dazu steuern zwei Schaltflächen den Dry/Wet Anteil. Hier verwende ich persönlich lieber Drehregler und sehe den Dicer nicht als FX-Schleuder. Wer die Belegung rekonfigurieren möchte, kann dies dank MIDI-Learn aber jederzeit dem eigenen Gusto entsprechend anpassen, etwa Browse-Funktionen für die Musikbibliothek inklusive Playlist-Shortcuts und Deckloading mappen, ähnlich wie es beim Mapping für Traktor Pro der Fall ist. Allerdings ist der TSP-User mit dem Selection-Track und der Flip-Load-Option über das Steuervinyl, was das mauslose Agieren angeht, schon gut ausgestattet. Unterm Strich kann ich Novation hier eine gelungene Umsetzung bescheinigen.

Cues am Deck und am Mixer. Ein schlagkräftiges Kombinat für TSP-User
Cues am Deck und am Mixer. Ein schlagkräftiges Kombinat für TSP-User
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Loops in Traktor FX mit Traktor Cuejumping mit Traktor

Das Traktor-Pro/Duo Konfigurationsfile verzichtet auf umfangreiche Hotcue-Steuerung und bindet stattdessen Playlisten, Autosynchronisation und Nudging an. Ehrlich gesagt war meine Skepsis hier zu Beginn ziemlich groß. Traktor Scratch mit Steuervinyl ist eine Sache, TS-Pro und ein Controller mit Knöpfen, Buttons und Schiebern wie Vestax VCI-100, TR-1 Faderfox oder NI Kontrol X1 eine andere. Mit dem Dicer allein am externen Mischpult ist man hinsichtlich des direkten Zugriffs auf Traktor Featureus und somit auch beim Workflow natürlich ein wenig eingeschränkter, als bei einer Fullsize-Konsole. Doch nach kleineren persönlichen Anpassungen waren durchaus interessante Ergebnisse am DJM-600 zu erzielen. Auch zu einem Controller, der wegen seiner kleinen Taster nicht wirklich juggletauglich ist, ist der Dicer eine kompetente Bereicherung.

Blick über den Softwarerand
Wer statt der erwähnten Mixprogramme eine andere Lösung einsetzt, sollte wissen: Auf der Hersteller-Website gibt es reichhaltiges Dokumentationsmaterial zum Dicer. So etwa der Programmers-Guide, der Aufschluss über MIDI-Noten und Control Change Befehle gibt. Besonders beim Mapping der LEDs, etwa in Traktor Pro, sind diese Informationen von Vorteil. Bei Software, die statt einer Lernfunktion einen Editor verwendet, sind MIDI-Tabellen noch wichtiger. Zudem wird der geneigte Programmierer über erweiterte Features unterrichtet. Zum Beispiel kann er die Zeit festlegen, wie lange eine Taste betätigt werden muss, um den Shiftmodus dauerhaft zu aktivieren (Shift-Lock). Oder er bekommt die Codes für sämtliche Licht-Abstufungen an die Hand. (red / red-orange / orange / orange-amber / amber / yellow / yellow-green / green).

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Der Wertungswürfel ist gefallen. Novations Dicer sind gerade für SSL-User eine willkommene Bereicherung im noch immer spärlich besiedelten MIDI-Controller-Feld. Und das nicht nur, weil sie anwenderfreundlich Out-of-the-Box laufen, ohne dass irgendeine Art von Konfiguration nötig wäre. Die USB-Würfler steuern effizient Seratos Cuepunkte, Loops und Rolls, je nach Modus in unterschiedlicher Farbgebung und hell genug für dunkle Clubs. Ferner verfügt jede Einheit über zwei freie Befehls-Layer, etwa für den Sampler oder die Navigation. Die Performance ist klasse, die Verarbeitung gut. Userspezifische Remappings auf allen Layern, wie etwa für die Loop-Längen fehlen mir jedoch im Falle von Scratch-Live. Der Anwender kann die kompakten Kreativecken direkt auf vielen Turntables, Notebooks oder CDJs positionieren oder dank Gummiring einfach in den Puckhalter des MK2 Plattenspielers stecken. Ganz nah dran am Geschehen. Dann sollte er aber nicht zu grobmotorisch auf die Dicer einhämmern, damit die Nadel nicht springt. Dank Standard-MIDI rennt das Teil auch in Verbindung mit Traktor Scratch und Konsorten nicht minder effektiv und ist zudem auch schwachbrüstigeren Controllern ein guter Kampfgefährte. Der Spaßfaktor ist hoch und die imaginären Fragezeichen der verwunderten Audience kontaktfördernd. 99 Euro ruft Novation dafür auf. Ich finde, das sind die Dicer wirklich wert.

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • Große Triggerbuttons
  • Gute Performance
  • Mehrere MIDI-Pages
  • Plug and Play-Konzept unter SSL
  • Keine Treiberinstallation bei Mac und PC
  • Standard MIDI-kompatibel
  • Umfangreiche Dokumentation
Contra
  • Kein Remapping der Loop-Längen in SSL
Artikelbild
Novation Dicer Test
Für 78,00€ bei

Herstellerlink: Novation

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