M-Audio BX8 Carbon Test

Praxis

Auch auf die Gefahr der Wiederholung: Monitore (gerade dieser Größenordnung) gehören auf Boxenständer und nicht etwa auf den Schreibtisch, das Bücherregal oder das Bühnenpodest. Während man die Schwingungen auf diese Unterlagen noch ganz gut mit Isopads unterbinden kann, ist dem Problem des Druckstaus der oberen Bass-Frequenzen und unteren Mitten weitaus schwieriger beizukommen. Zwar gibt es zuweilen Desktop-Filter, die eben dieses Phänomen kompensieren sollen. Doch dies ist nur eine Bekämpfung des Symptoms und obendrein meist hinsichtlich des Ergebnisses ein fader Kompromiss. Die Problembeseitigung hingegen ist nicht schwer, kostet ein paar Euronen mehr, aber man wird mit einem Klang belohnt, der sich frei entfalten kann. Also: „Kauft euch Boxenständer!“  
So verfrachtete ich also unser Test-Pärchen auf eben solche Untergestelle, sodass sich das obligatorische, gleichschenklige Dreieck mit mir ergab. Dies tat ich in drei unterschiedlichen Räumen sowie an unterschiedlichen Positionen innerhalb eines Raumes. Auch wurden verschiedene Hörabstände, also quasi „Dreiecks-Größen“, ausprobiert. Um den korrekten Abhörwinkel zu ermitteln, soll die Betriebsleuchte zwischen Bass und Hochtöner als Hilfe dienen. In dem Moment, an dem das Licht an der Abhörposition am hellsten ist, soll der richtige Winkel vorliegen, wenn man die Box zu sich dreht… Nun, ich muss sagen, so wirklich eindeutig heller als ein paar Grad daneben, fand ich den Unterschied jetzt nicht. Trotzdem möchte ich dieses kleine Lämpchen, was so aber auch schon bei der BX8D2 verbaut wurde, sehr lobend erwähnen. Erstens bietet es eine perfekte Orientierung, was die Aufstellhöhe in Bezug zur Ohrhöhe anbelangt. Zweitens leuchtet die LED in wirklich sehr dezentem Blau, was ich gerade bei nächtlichen Sessions als sehr angenehm empfinde.  
Nun sollten die ersten Töne die Schallwandler verlassen, wozu die Monitore mit meinem RME Multiface verbunden wurden. Dazwischen der phantastische, passive Monitor-Controller Monicon von Palmer, der symmetrisch arbeitet. Zunächst einmal wurde die Bassabsenkung deaktiviert und die Amps halb aufgedreht, was schon mal so ein bisschen eine Pi-Mal-Daumen-Geschichte ist. Ein kleiner weißer Strich am unteren Ende der Potikappe wäre da eindeutiger gewesen als der runde Punkt, der sich oben auf dieser befindet. Man muss schon gerade und in Augenhöhe vor diesem Regler stehen, damit die Markierung einigermaßen hilfreich ist. Das mag jetzt etwas kleinlich erscheinen, es wäre aber auch für den Hersteller eine Kleinigkeit sein Produkt diesbezüglich zu verbessern. Schließlich sprechen wir hier von der zweiten Überarbeitung – und dies ist doch eigentlich eine Kinderkrankheit.

Ein wohl typischer Blickwinkel beim Einstellen der Lautstärke. Doch der weiße Punkt hilft da nur wenig.
Ein wohl typischer Blickwinkel beim Einstellen der Lautstärke. Doch der weiße Punkt hilft da nur wenig.

Frequenzgang

Nun 230 Volt auf die Stromleiste und ohne Einschaltknacks erfüllen nach ungefähr einer Sekunde äußerst klare, detailreiche Klänge den Raum. Knackige Bässe mit ordentlich Tiefgang und seidenweiche, wenn auch nicht die dezentesten Höhen finden den Weg in mein Gehör. Beeindruckt haben mich aber vor allem die Mitten, die mindestens ebenso präsent sind. Diese Präsenz entsteht hier nicht etwa durch Pegelüberhöhung, sondern das Vermögen, dynamischen und tonalen Veränderungen in der Musik wirklich präzise folgen zu können. Pegelmäßig spielen die BX8 Carbon schon sehr ausgeglichen in den jeweiligen Frequenzbereichen. Der Übergang vom Tief-Mitteltöner zum Hochtöner ist nicht als solcher wahrnehmbar. M-Audio verspricht einen linearen Frequenzgang, was mir auch mein Analyzer in allen Aufstellszenarien weitestgehend bestätigt. Ausnehmen davon muss man allerdings den Bass bei 70 Hertz, wo sich eine ungefähr vier Dezibel starke Erhöhung zeigt. Sie fällt aber relativ schmalbandig aus, sodass sich nach oben hin etwa bei 100 Hertz und nach unten hin ungefähr bei 50 Hertz wieder Pegel-Egalität einstellt. Unter 40 Hertz geht es im Übrigen bei jedweder Aufstellung steil bergab, auch wenn man tiefe Frequenzen stark boostet. Das spricht dafür, dass das verbaute Infraschall-Filter schon hier ansetzt. Eine gute Wahl, um die Endstufen und Lautsprecher nicht unnötig zu belasten. Dass hier keine vollständig lineare Übertragung verwirklicht wurde, liegt zum einen daran, dass es ohne großen Aufwand bei einem Bassreflex-Gehäuse kaum möglich ist, einen Peak zu vermeiden. Zudem lebt das Prinzip auch von der Resonanz und ich nehme an, dass man das Attribut „bassstark”, für das die D2 bekannt waren, wohl auch nicht vollständig aufgeben wollte. Hier spielt wohl auch der Geschmack der Kunden eine große Rolle. In einem unproblematischen Raum gelingt es mit einem Terzband-EQ recht einfach, einen glatten Frequenzgang von 40 Hertz bis 20 Kilohertz zu erzielen, der dann aber auch den meisten schätzungsweise nicht sooo viel Spaß bereitet.

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Lautstärke und Dynamik

Die BX8 Carbon ist schnell. Gerade in den Mitten führt dies zu großer Präzision. Diese Impulsfestigkeit kann der Monitor im Bereich der Bässe aber nicht bieten, was wahrscheinlich nicht dem Speaker alleine zuzuschreiben ist. Deutlich wird dies vor allem, wenn man die Lautstärke erhöht oder komplexe Bass-Signale zuführt. Legt man beispielsweise einen durchgehenden Bass-Ton über eine zuvor recht präzise abgebildete schnelle Bassdrum-Figur, so lässt auch die Präzision der Kick ein wenig nach. Dieser Effekt ist zunächst einmal lautstärkeunabhängig und auch nicht ganz untypisch. Er verstärkt sich jedoch, wenn man sich nahe am Limit der Endstufen bewegt und das kann bei unkomprimierten Signalen schneller der Fall sein, als man glaubt. Die Leistung der Hochtonendstufe scheint gut bemessen zu sein. Im Bass hingegen könnten ein paar mehr Reserven jedenfalls nicht schaden, was nicht heißt, dass die Carbons „laut“ nicht können. Mit bassigem Elektro habe ich in einem Meter Abstand 104,8 dBA gemessen (Paar), mit Rosa Rauschen kam ich immerhin noch auf 100 dBA. In zwei Metern waren es 101,4 dBA (Musik) und 98 dBA (Rauschen). Manch einer würde vielleicht größere Zahlen erwarten, doch es war deutlich lauter als man es je zum Mischen braucht. Erfreulich jedenfalls, dass die Chassis keinerlei Resonanzen erzeugt haben. Auch Strömungsgeräusche, selbst hinter den Monitoren, waren kein Thema. Es dürften sich aber wohl so einige Rechtecksignale am Ausgang der Bassendstufe dazu gesellt haben. Immerhin, kaputt ging trotz längerem, lautstarkem Betrieb nichts. Aber ordentlich heiß wurde es auf den Rückseiten, sodass ich mir ein bisschen Sorgen machte, doch abgeschaltet haben sich die Verstärker nicht. Die sonst tonal gute Ausgewogenheit ist bei dieser Lautstärke dann auch dahin, da die Bässe zu stark komprimiert werden und die Mitten ein bisschen zu schreien anfangen. Dynamik beurteilen kann man bei diesen Pegeln ohnehin nicht mehr gut, da das menschliche Gehör nach kürzester Zeit selbst am stärksten komprimiert. Bis circa 95 dBA klingt´s jedenfalls nicht gepresst und die Ausgewogenheit ist auch gegeben. Bei stark mittigem Audiomaterial kann´s auch schon mal etwas früher ein bisschen unangenehm werden. Also vielleicht nicht unbedingt die erste Wahl für unsere Fledermaus, doch sonst eine ganz passable Leistung. Um die zu erreichen, standen die rückseitigen Pegelsteller übrigens auf drei (!) Uhr und das +8 dBu-Signal (@ 0 dBFS) vom Interface wurde durch den Monicom um zehn bis fünf Dezibel abgesenkt. Das vollständige Aufdrehen an den BX8 kann man sich also bei Verwendung des nominalen Studiopegels sparen. Es schränkt nur den nutzbaren Regelweg am Steuergerät unnötig ein.  
Nicht verschweigen möchte ich an dieser Stelle, dass die Testprobanden auch gerade leise oder sogar sehr leise viele Hörfreuden bereiten. Dies führt uns leider auch unweigerlich zur größten Schwäche dieses Abhörsystems. Die Dinger rauschen – und das nicht zu knapp. Sogar ein leichtes Eigenbrummen geben sie von sich, selbst wenn kein Eingang belegt ist und unabhängig von der Stellung des Volume-Reglers. Das nervt in musikalischen Ruhepausen, und bei leisem Editing ist es nicht immer völlig überdeckt. Dieses Problem hatten die alten BX8 auch, und bei der neuen M3-Serie sieht es nicht besser aus. Meine Monkey Banana 5 rauschen auch deutlich mehr als zum Beispiel meine 30 Jahre alte Yamaha-Endstufe (P2200). Bei den Carbons ist es aber noch mal gefühlt doppelt so laut. Da hilft eigentlich nur, den Hörabstand zu vergrößern.

Schallverteilung, Raum-Darstellung & Aufstellung

Wie bereits erwähnt, experimentierte ich mit unterschiedlichen Platzierungen im Raum, was sich durchaus lohnen kann. Ein Verrücken um einige Zentimeter können da erstaunlich viel ausmachen und was gut aussieht, muss noch lange nicht gut klingen. So gefiel mir auch eine Aufstellung frei im Raum mit einer Dreieckskantenlänge von 1,7 Metern am besten. Eine gedachte Linie von linker zur rechten Box verlief dabei nicht parallel zu irgendeiner Wand. Hier gilt es, wie gesagt, auch mal Unkonventionelles auszuprobieren, wenn man den Platz hat. Ab einer Entfernung von circa 1,5 Metern ist das Grundrauschen nicht mehr störend wahrnehmbar und der virtuellen Bühne ist dieser Abstand auch sehr zuträglich. Gemessen am Preis wird diese bei den BX8 ohnehin überdurchschnittlich gut dargestellt. Platzierungen in der Horizontalen und auch in der Tiefe lassen sich im Mix recht gut realisieren. Die Phantom-Mitte sitzt bombenfest. Das Waveguide scheint gute Arbeit zu leisten, da alles sehr homogen klingt, auch wenn man mal nicht hundertprozentig in der Mitte sitzt. Der große Sweet-Spot kann also durchaus bestätigt werden.  
Bleibt noch, die Funktion „Acoustic Space Control” zu durchleuchten. Es ist nicht zwingend vorgegeben, diese Bassabsenkung nur bei der Verwendung nahe einer Wand einzusetzen. Gerade bei Bassmusik habe ich sie auch das eine oder andere Mal aktiviert, selbst bei freistehender Platzierung im Raum. Andererseits kann es auch bei wandnaher Aufstellung in der „flat”-Stellung ordentlich klingen. Hier sollte man ausprobieren, was der Raum (oder der Nachbar) verträgt, beziehungsweise was einem mehr zusagt. Typischerweise werden bei dieser von M-Audio nicht als „optimal“ bezeichneten Platzierung insbesondere die tiefen Frequenzen verstärkt. Genau hier setzt aber das Filter an und ist mit seinen beiden Optionen von minus zwei und minus vier Dezibel sehr praxistauglich. Mit ihm kann man jedoch weder den prinzipbedingten Bass-Peak absenken, noch den anfangs angesprochenen Desktop-Druckstau beseitigen. Seine Hauptwirkung sitzt deutlich tiefer. Dem Tiefbass-Boost, der sich bei wandnaher Aufstellung ergibt, wirkt das Filter gut entgegen. M-Audio rät jedoch, einen Minimalabstand von 7,5 Zentimetern nicht zu unterschreiten, damit das Rohr „frei atmen” kann.  

Für wen…

…könnte jetzt also dieses System in Frage kommen? Prinzipiell harmoniert es mit jeglicher Art von Musik, sofern man den offenen Grundklang mag. Freunde von eher dunkleren Klangfärbungen oder der typischen HiFi-Abstimmung kommen bei den Carbons wohl weniger auf ihre Kosten. Wer viel mit sehr leiser Musik oder häufig mit Bassmusik bei sehr lauten Pegeln arbeitet, muss sich mit den erwähnten Einschränkungen beim Rauschverhalten und dem Leistungsdefizit im Bassbereich arrangieren können. Letzten Endes ist es auch häufig eine Preisfrage, für welches Monitorsystem man sich entscheidet. Die MX8 Carbon ist pro Stück im Schnitt rund einhundert Euro günstiger als die Konkurrenz von KRK, Yamaha, Tannoy oder Mackie. Alleine schon durch die Preisgestaltung (die Straßenpreise sind noch um einiges günstiger) sehe ich auch das neue Modell in erster Linie im Homerecording-Sektor.

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