Wir schreiben das Jahr 1980. Die britische Heavy-Metal-Band Iron Maiden veröffentlicht ihr selbstbetiteltes Debüt und kann sofort erste Erfolge verzeichnen. Der vierte Track des Albums heißt „Phantom of the Opera“ und ist bis heute ein Fan-Favorit, der häufig live gespielt wird. Mit einer Spielzeit von über sieben Minuten und häufigen Takt- und Tempowechseln stellt der Song eine Herausforderung am Schlagzeug dar.

Clive Ronald Burr, Iron Maiden’s erster Schlagzeuger, meistert all diese Wechsel mit einer hörbaren Leichtigkeit. Sein Spiel ist deutlich schnörkelloser und simpler als das von Nicko McBrain, welcher zwei Jahre später zur Band stoßen sollte. Burr hält sich mit Fills sehr zurück und spielt die Toms deutlich seltener als Nicko. Was Nicko und Burr verbindet, ist der präzise, kräftige Sound. Burrs Schlagzeug klingt eher trocken und punchy – gerade die Snare setzt sich sehr gut durch.
Phantom of the Opera: Die Grooves
Der Song startet mit einem ikonischen Gitarren-Intro. Gitarren und Bass spielen die Strophenmelodie unisono und starten dann in einen viertaktigen Lauf, bestehend aus 8tel-Triolen. Nach einem Vorschlag auf der „4“ geht es dann in den ersten Groove.
Burr spielt hier einen straighten 12/8tel-Groove mit durchstampfender Bassdrum. Die Hände spielt Burr abwechselnd in durchgehenden 8tel-Triolen, mit der rechten Hand auf dem Ride und der linken Hand auf der Snare. Die Backbeats auf der Snare spielt er sehr kräftig, während die Ghostnotes (hier mit anderen Notenköpfen dargestellt) nur bei genauerem Hinhören auffallen.

Im Laufe des Intros spielt die Band immer wieder Akzente in Viertelnoten. Burr spielt die Akzente mit Becken und Bassdrum und füllt die Pausen dazwischen mit Achtelnoten auf der Snare.

Nach diesem Intro-Part geht die Band in die erste Strophe, wo das Gitarrenriff aus dem Intro wieder aufgegriffen wird. Hier pausiert Burr immer zwei Takte und lässt dem Gesang von Paul Di’Anno und dem Riff Platz, bevor er wieder mit dem 12/8tel-Groove einsteigt. Auch die 4tel-Akzente werden hier wiederholt, bevor es bei 2:05 einen ersten Taktwechsel gibt.
Die Band wechselt in einen 4/4-Takt, ohne das Tempo zu ändern. Burr spielt jetzt einen flotten Realtime-Groove mit 16tel-Hi-Hat. Zusätzlich öffnet er die Hi-Hat immer wieder kurz und setzt damit kleine Akzente.


Viele fließende Taktwechsel bei gleichbleibendem Tempo
Bei 2:47 gibt es wieder einen Taktwechsel – die Band spielt die letzten zwei 4tel-Akzente etwas breiter/langsamer und geht dann in einen fließenden 6/8-Takt über. Burr spielt jetzt einen Halftime-Groove mit Ghostnotes auf der Snare (wieder mit anderen Notenköpfen dargestellt). Wichtig ist hier auch, dass die 16tel-Noten „geschwungen“gespielt werden, wie es z.B. aus dem Jazz und Blues bekannt ist. Allerdings spielt Burr in Fill-Ins binäre (gerade) 16tel-Noten, wie in der Notierung im letzten Takt zu sehen ist.

Nach einem kurzem Break bei 3:18 starten Bass und Gitarren wieder in einen Unisono-Lauf im 12/8tel-Takt. Burr steigt mit durchgehenden Achtelnoten auf der Snare ein. Nach einem Fill über die Toms geht es in einen straighten Realtime-Groove, in dem Burr die Akzente der Gitarren immer wieder mit Crashbecken betont.

Ab 4:07 wechselt Burr wieder in den 12/8tel-Groove mit den durchgehenden 8tel-Noten zwischen Ride und Snare, den wir schon vom Anfang des Songs kennen. Bei 4:35 gibt es dann den nächsten Taktwechsel – die Band geht wieder fließend in einen 4/4tel-Takt über. Wieder spielt Burr einen Realtime-Groove mit 16tel-Doppelschlägen auf der Bassdrum. Und er benutzt wieder kurze Hi-Hat-Lifts, um bestimmte Snareschläge zu akzentuieren. Ich habe den Click bei diesem Beispiel einmal komplett angelassen, damit ihr den Temposprung besser nachvollziehen könnt.

Nach einem längeren Gitarrensolo wechselt die Band bei 6:19 erneut in den schnellen 12/8tel-Groove, den wir aus dem Intro kennen. Nach über sieben Minuten und unzähligen Taktwechseln endet der Song schließlich.
Burr schafft es hier, fließend zwischen unterschiedlichen Feels und Taktarten zu wechseln. Dabei spielt er schörkellos und songdienlich und legt ein solides Fundament für die Band. Ich wünsche euch viel Spaß beim Nachspielen dieses Metal-Klassikers!