Höfner Verythin CT Longscale Bass Test

Praxis

Die deutsche Traditionsfirma gibt in den Spezifikationen für ihren neuen Zögling ein durchschnittliches Gewicht von 2,9 kg an. Mein Testbass macht sich auf der Waage allerdings mit ungleich schwereren 3,6 kg bemerkbar und scheint damit deutlich über dem Durchschnitt zu liegen. Für einen viersaitigen Bass ist das allerdings noch immer ein sehr angenehmes Gewicht, wie ich finde, der neue Verythin ist schließlich ein ausgewachsener Longscale-Bass.
In Sachen Ergonomie unterscheidet sich der halbakustische Verythin deutlich von einem normalen Solidbody-Bass, denn der Korpus ist wirklich sehr groß und es gibt keine Shapings, die dem Spielkomfort (zum Beispiel am Auflagepunkt des rechten Unterarms) zuträglich sein könnten. Am Gurt hängend macht sich darüber hinaus eine leichte Kopflastigkeit bemerkbar, weil sich der vordere Gurtpin relativ weit rechts befindet. Er sitzt konstruktionsbedingt am Halsfuß auf Höhe des 15. Bundes und nicht – wie den meisten E-Bässen – am oberen Korpushorn auf Höhe des 12. Bundes. Das Handling des Verythin-Modells ist dementsprechend für Bassisten, die ansonsten nur Solidbody-Bässe spielen, sicherlich durchaus gewöhnungsbedürftig.

Ist diese Lackierung nicht wirklich gelungen? Wunderschönes “Dark Cherry Sunburst”!

Sobald man sich aber mit den Dimensionen des Basses arrangiert hat und die ersten Töne spielt, tritt der Spaßfaktor in den Vordergrund. Und das liegt vor allem an den herrlichen Sounds, die der flache Halbresonz-Bass liefern kann. Wer denkt, dass ein Vintage- inspirierter Bass nur kraftlose und undefinierte Basssounds auf der Pfanne hat, liegt nämlich komplett falsch! Das rein passiv ausgelegte Instrument klingt tatsächlich ungeheuer voll und macht ordentlich Druck. Die lange 34-Zoll-Mensur sorgt für einen gut definierten und straffen Ton mit viel Durchsetzungskraft – fast wie bei einen Solidbody-Instrument!
Höfner stattet den Longscale-Verythin übrigens ab Werk mit Roundwound-Saiten aus, die natürlich ihren Teil zum überraschend drahtigen Sound des Basses beitragen. Auch die Flexibilität kommt dank der Ausstattung mit zwei kräftigen Humbuckern und den beiden Tonblenden nicht zu kurz. Wenn man nur den Hals-Tonabnehmer aufdreht, antwortet der Verythin mit einem mächtigen Tiefbassound, der sehr luftig und akustisch klingt. Mit zugedrehter Tonblende treten die Bässe noch weiter in den Vordergrund und der Verythin befördert mich in Subbass-mäßige Reggae- und Dub-Gefilde. Die Blende arbeitet lobenswerterweise sehr effektiv und ist gut dosierbar, ganz zugedreht verliert der Sound allerdings seine Konturen und der Bass neigt – je nach Raumsituation – leicht zum Dröhnen.

Dieser Höfner bietet eine schöne Vintage-Optik mit gelegentlichen Ausflügen in die Moderne!

Der Stegtonabnehmer klingt im Solobetrieb aufgrund seiner Position erwartungsgemäß viel aggressiver als der Halstonabnehmer. Kräftigere Mitten sorgen für deutlich mehr Durchsetzungskraft und Transparenz, und mit der gut zupackenden Tonblende können auch hier die Höhen gezielt geregelt werden, um verschiedene Klangfarben aus dem Pickup zu kitzeln. Klasse finde ich, dass der Stegtonabnehmer auch alleine einen Fundament starken Begleitsound liefern kann, weil er in relativer großer Distanz zum Steg installiert wurde.
Den solidesten Sound entwickelt der neue Verythin aber, wenn man alle Regler voll aufdreht und beide Tonabnehmer mit offener Tonblende fährt. Der Halbresonanz-Höfner klingt dann fast wie ein normaler Solidbody-Bass mit zwei Tonabnehmern, lediglich der mächtige Tiefbassbereich wird etwas offener und luftiger übertragen als bei einem herkömmlichen E-Bass. Wer mit dem Verythin einen Röhrenamp oder Effektgeräte füttern will, muss sich übrigens keine Sorgen machen, dass der Ausgangspegel des passiven Basses dafür zu schwach sein könnte – die Höfner-Humbucker liefern ein sehr kräftiges Signal.
Nun aber viel Spaß mit den Audiobeispielen!

Audio Samples
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Beide Pickups: Tonblenden offen Beide Pickups: Tonblenden zu Stegpickup: Tonblende offen Halspickup: Tonblende 70% Beide Pickups: Pick-Style
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