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Guild M-20 Test

Die Guild M-20 war die erste Gitarre, die 1967 das Band der damals neuen Fabrik in Westerly, RI (Rode Island) verließ. Guild ließ sich damals vom “Chocolate-Design” der Martin 0-15 inspirieren, einer Vollmahagonigitarre aus den 40er Jahren. Unter dem Spitznamen “Nick Drake Guitar” erlangte die M-20 in den 70er Jahren eine gewisse Berühmtheit, da der Songwriter dem Modell auf dem Kult-Album Bryter Layter (1971) eine Plattform gab. Guild stellte die Produktion der M-20 aber schon bald wieder ein.

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Knapp 50 Jahre nach der Markteinführung entdeckt der Traditionshersteller unter der Leitung des renommierten Luthiers Ren Ferguson seine Liebe zum alten Schätzchen wieder. Seit 2014 werden die Instrumente im sonnigen Kalifornien handgefertigt, wo die Firma ihre Produktionsstätte nach dem aktuellen Stand der Technik eingerichtet hat.

Details

Korpus

Die Korpusform der M-20 erinnert mit einer Breite von 35,0 cm (25,7 cm) am Unterbug (Oberbug) und einer Länge von 45,5 cm an eine “Concert”, eine Korpusgröße, die beim Konkurrenten Martin auch als Size 0 bezeichnet wird. Wenn man einmal davon absieht, dass unsere Probandin mit Stahlsaiten bespannt wird, dann gibt es noch andere gewaltige Unterschiede zwischen einer sogenannten Concert- und einer klassischen Konzertgitarre, die üblicherweise nach der sogenannten Torres-Norm konstruiert und mit Nylonsaiten bespannt wird. Der Luftraum im Inneren des Korpus der M-20 ist vergleichsweise klein, da die Zargen mit einer Tiefe von 8,2 cm am Hals bzw. 10,4 cm am Knopf nicht sehr tief ausgeschnitten sind. Eine so ausgeprägte Profilverjüngung, die vor allem bei seitlicher Betrachtung der Zarge deutlich wird, kennt die klassische Konzertgitarre ebenfalls nicht. Auch die kurze Mensur von 62,8 cm trägt eher zu einem zierlichen Erscheinungsbild bei. Size 0 entspricht – salopp gesagt – einer Konfektionsgröße 30 in der Bekleidungsbranche. Mit diesen klein geratenen Vertretern der Spezies Gitarre wurden früher in den Parlors der eleganten viktorianischen Häuser die Gäste unterhalten (franz. parler). Unter diesen Umständen konnte auch der Begriff Parlor-Gitarre im Wortsinn “salonfähig” werden.

Fotostrecke: 5 Bilder Nicht nur Zargen und Boden der Guild M-20 sind aus Mahagoni…

Unsere Probandin wurde natürlich von Kopf bis Fuß auf alt getrimmt. Ein Paradoxon bildet die Tatsache, dass ausschließlich Gitarren, deren Boden und Zargen aus Mahagoni gefertigt werden, potentiell das “Privileg” erhalten, mit einer Decke aus Mahagoni bestückt zu werden. Obwohl Mahagoni zur Gruppe der Harthölzer gehört, erfüllt es viele Bedingungen, die ein anspruchsvoller Luthier an ein Deckenholz stellt.

Die Mahagonidecke der M-20 besteht aus zwei gleich großen Teilstücken, die sich zu einem symmetrischen Gesamtbild mit rotbraunen Strukturen zusammenfügen. Üblicherweise werden die engeren Jahresringe zur Mitte hin verleimt. Boden und Zargen, ebenfalls aus Mahagoni, üben weniger Einfluss auf den Gesamtklang aus als die Decke, da die Schwingungen bei der üblichen Haltung des Instrumentes auch durch den Körper des Musikers gedämpft werden. Der gesamte Body ist jedenfalls perfekt transparent und seidenmatt versiegelt, sodass die Maserungen durchschimmern.
Auf Schmuckwerk kann unsere Kandidatin jedenfalls getrost verzichten, denn das ausgewählte hochwertige Holz beeindruckt auch ohne und unsere Testkandidatin setzt sich auch ohne Herringbone-Zierstreifen und Korpus-Binding bestens in Szene. Am Ende bleibt ihr nur eine schlichte hölzerne Schalllochverzierung.

Fotostrecke: 5 Bilder Zwei gleich große Teilstücke mit rotbraunen Strukturen wurden für die Decke verarbeitet.

Auf dem hellbraunen, klassischen Rechtecksaitenhalter sind sechs elfenbeinfarbene Kunststoffpins platziert. Das Material des Stegs entspricht üblicherweise dem des Griffbretts, und so kommt auch hier Indischer Palisander zum Einsatz. Die Stegeinlage aus echtem Knochen liegt schräg (Kompensation: 3,8 mm), aber ohne Spiel in der Ausfräsung – Knochen zeigt übrigens in der Regel auch nach Jahren kaum Gebrauchsspuren in Form von Rillen oder Kerben. Ein nierenförmiges Pickguard aus Schildpatt schützt die dünne Decke beim Strumming mit dem Plektrum vor unschönen Kratzern.

Fotostrecke: 4 Bilder Der Steg ist aus indischem Palisander gefertigt…

Auch im Innenraum der M-20 kommt Mahagoni “massiv” zum Einsatz. Ein leichter Halsblock ist mit der Decke, dem Boden und den Zargen verleimt. Unter der Decke sind wie üblich zwei Streben platziert, die sich am Schallloch überkreuzen (X-Bracing). Der fragile Schalllochbereich ist an den beiden Seiten mit ausgehöhlten Verstrebungen verstärkt. Wer seine M-20 mit einem magnetischen Schalllochtonabnehmer oder Schalllochmikrofon verstärken möchte, sollte rechtzeitig prüfen, ob sich die Klemmen auch problemlos montieren lassen.
Zur Vergrößerung der Aufleimstellen ist rundum am Boden- und Deckenrand eine Verstärkung aus keilförmig gesägtem Holz eingesetzt. Vier kräftige Querstreben am Boden sorgen dafür, dass sich die Bodenhälften nicht voneinander ablösen. Einen zusätzlichen Bodenmittelstreifen benötigt die M-20 deshalb nicht. Man kann im Inneren, soweit das Auge reicht, keine Mängel entdecken.

Fotostrecke: 2 Bilder Ein Blick durch´s Schallloch in das Innere zeigt saubere Gitarrenbaukunst…

Hals und Halsfuß

Der Hals einer Stahlsaitengitarre muss eine hohe Zugspannung (bis 85,6 kp) kompensieren. Das ausgewählte Material sollte deshalb verwindungssteif, aber auch leicht genug sein, damit die Gitarre nicht kopflastig reagiert. Mahagoni erfüllt alle Kriterien ohne Wenn und Aber. Der Hals der neuen M-20 erhält mit dem eingelegten Stahlstab noch mehr Festigkeit, wobei ein Ende fest im Halsansatz sitzt, das andere mit einer Stellschraube an der Kopfplatte unter einer schwarzen Abdeckung abschließt. Dort kann die Halskrümmung mit einem Inbus graduell justiert werden. Der flache Halsfuß wurde am Hals angesetzt, beide Komponenten unterscheiden sich farblich und strukturell.

Fotostrecke: 2 Bilder Der Hals mit dem flachen Halsfuß…

Griffbrett

Fingerschweiß und Reibung können dem Griffbrett sehr zusetzen. Deshalb sollte es aus sehr dichtem und hartem Material bestehen und Palisander ist für diesen Zweck bekanntermaßen nicht die schlechteste Option. Auf dem nicht eingebundenen Griffbrett unserer Probandin wurden 20 Bünde mit halbrunden Kronen platziert, sauber abgerichtet und poliert. Sechs Punkteinlagen auf dem Griffbrett (auch im dritten Bund) und entsprechende kleine Punkte auf der Sichtkante geben dem Griffbrett Struktur und somit dem Spieler Sicherheit, z.B. beim Lagenwechsel. Ein breiterer Kunststoffsattel von 4,44 cm geht natürlich auch mit einem größeren Halsumfang in diesem Bereich von 11,8 cm einher. Mit einem Kreisausschnitt von 12″ = 30,48 cm ist das Griffbrett vergleichsweise stark gewölbt. Allerdings nicht so stark wie es bei Griffbrettern von E-Gitarren der Fall ist. Die gewölbte Oberfläche der Stegeinlage entspricht im übrigen der Wölbung des Griffbretts.

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Kopfplatte

Die altbekannte, ansprechend gestylte Kopfplatte ist eine Augenweide. Sie wurde am Hals angesetzt, wie die Strukturunterschiede belegen. Auf der Oberseite der hauchdünnen schwarzen Verblendung ist das historische Firmenlogo aus Perlmutt eingelegt, die Unterseite hält links und rechts jeweils drei offene vernickelte Mechaniken mit kleinen Kunststoff-Stimmflügeln bereit. Mit offenen Mechaniken waren früher alle Stahlsaitengitarren mit geschlossener Kopfplatte ausgerüstet, die vor 1950 hergestellt wurden. Die offenen Mechaniken müssen nicht schlechter sein als geschlossene, sollten jedoch gelegentlich von Schmutz befreit und regelmäßig gefettet werden. 20 Umdrehungen des Flügels entsprechen einer Umdrehung auf der Winkelachse – eine Saitenkurbel sollte bei jedem Gitarristen zur Basisausstattung gehören, ansonsten kann das Drehen zur Herausforderung werden. In der Regel arbeiten Mechaniken mit einer Übersetzung im Verhältnis 16:1. Andererseits können die Saiten mit einer höheren Übersetzung genauer gestimmt werden. Meiner Ansicht nach passen die kleinen Kunststoff-Stimmflügel nicht so recht zum edlen Erscheinungsbild.

Fotostrecke: 3 Bilder Auf der Oberseite der gestylten Kopfplatte prangt das Logo aus Perlmutt.

Besonderheiten

Guild liefert die M-20 mit einem passenden Hartschalenkoffer. Ein zusätzliches Schmankerl ist der integrierte Humipod, ein kreisrunder Luftbefeuchter, der sich im Deckel des Koffers befindet. Dort sorgt ein wassergetränkter Schwamm laut Hersteller für die ideale Luftfeuchtigkeit im geschlossenen Behältnis.

Fotostrecke: 3 Bilder Ein passender Hartschalenkoffer von Guild ist im Lieferumfang enthalten.
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Praxis

Klang und Spielpraxis

a) Handling
Klar, dass der zierliche Body viel weniger Gewicht (hier 1520 Gramm) in die Waagschale wirft als der einer ausgewachsenen Dreadnought (über 2000 Gramm). Mit flachen Zargen schmiegt der Resonanzkörper sich fast schon wie eine E-Gitarre an den Körper an. Die M-20 kann deshalb auch komfortabel im Stehen gespielt werden. Einen zweiten Gurtpin sollte man aber noch am Halsfuß anbringen lassen.
Der Hals mit C-Profil liegt jedenfalls angenehm in der Greifhand. Die kürzere Mensur fordert von einer kleinen Greifhand weniger Spreizen und Dehnen und trägt darüber hinaus zu einer verminderten Saitenspannung bei. Deshalb können auch große Barrégriffe im ersten Bund mit Leichtigkeit gespielt werden. Der Hals selbst ist mit seiner vergleichsweise sanften Halskrümmung korrekt eingestellt. Drückt man die dicke E-Saite im ersten und zwanzigsten Bund gleichzeitig hinunter, bleibt gerade noch ein kleiner Luftraum (0,1 mm) zwischen der Oberseite der Bundkrone und der Unterseite der E-Saite. Auf ganzer Länge gibt es keine Dead Notes und Schnarrgeräusche hört man ebenfalls nicht. Dennoch: Die Saitenlage ist passabel, aber nicht ganz optimal, weil die Steigung vom Sattel bis zum Steg etwas zu hoch ist und damit auch der Abstand der Saiten zum Griffbrett. Hier könnte der Hersteller noch etwas nacharbeiten.
Sämtliche Flattop-Gitarren von Guild werden mit einem flachen Halsfuß produziert, so auch die M-20. Letzterer ermöglicht auch den Zugriff in den oberen Lagen. Solo-Flitzer sollten sich dennoch vornehm mit artistischen Einlagen zurücknehmen. Die dicken Saiten – in unserem Fall beschichtete .012 – .053 Phosphor Bronze – regen den Gitarrenkorpus ohnehin besser an und machen im Endeffekt den Sound erst richtig fett. Die M-20 (ohne Cutaway) kokettiert deshalb vornehmlich mit dem Picker bzw. Strummer.

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b) Klang
Die M-20 produziert einen warmen Naturton mit kräftigen Mitten. Trockene Bässe bilden ein solides Fundament. Im oberen Frequenzbereich klingt unsere Kandidatin rund und sachlich, ohne zu glänzen. Die etwas steifere Mahagonidecke könnte etwas mehr Hub, also Lautstärke entwickeln, kommt aber auf unterschiedlichen Dynamikstufen authentisch rüber. Einzeltöne präsentieren sich mit einem ausgedehnten Sustain.
Der Klang der M-20 bildet ein tragfähiges Fundament für Gesang und Chöre und erlaubt dem Künstler, sich bedenkenlos auch auf ein höheres musikalisches Niveau zu begeben. Im Studio sollte man auch bei der elektrifizierten M-20E ein Mikro einsetzen, denn der Naturton besitzt genügend Substanz.
Die folgenden Aufnahmen erfolgten mit zwei Neumann TLM 103, der Abstand zum Schallloch betrug ca. 1,50 bis 1,75 Meter in einer Höhe von ca. 1,50 – 1,60 m. Die Aufnahmen wurden im Bass (low cut filter) entrumpelt, ansonsten nicht bearbeitet. Die Spuren wurden beim Strumming (Beispiel 4) mit einem Time Adjuster entkoppelt.

c) Hörbeispiele

Audio Samples
0:00
Picking Mix 1 Picking Mix 2 mit zwei Gitarren Plektrum Strumming Bass-Line
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Fazit

Die M-20 von Guild bringt den “Geist” der goldenen Ära der Akustikgitarre zurück und stellt ohne überflüssiges Schmuckwerk ein ansehnliches Erscheinungsbild im Chocolate-Design der 40er Jahre dar. Mit einem zarten, aber soliden Natursound macht die M-20 auch vor einem Studiomikrofon eine sehr gute Figur, auch bei Solospielstücken. Musiker, die die Abmessungen einer E-Gitarre gewohnt sind, müssen nicht “fremdeln”, wenn sie sich der zierlichen M-20 annehmen. Ein leichter, gepolsterter Hartschalenkoffer mit integriertem Luftbefeuchter gehört zum Lieferumfang. Gegen Aufpreis gibt es die M-20 auch im Vintage Sunburst-Look. Die M-20E ist außerdem mit einem Transducer und einem Preamp von LR Baggs ausgestattet.

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • ansprechender Natursound
  • komfortables Handling
  • gute dynamische Ansprache
Contra
  • Preis
  • verhaltene Lautstärke
  • kein Instrument für reine Linien-Spieler
Artikelbild
Guild M-20 Test
Für 1.699,00€ bei
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Technische Spezifikationen
  • Hersteller: Guild
  • Modell: M-20
  • Bauform: Concert oder Size 0 (parlor guitar)
  • Herkunftsland: USA (handmade)
  • Unterbug: 35,0 cm
  • Oberbug: 25,7 cm
  • Korpuslänge: 45,5 cm
  • Zargentiefe am Halsblock: 8,2 cm
  • Zargentiefe am Tailblock: 10,4 cm
  • Profilverjüngung der Zarge: 2,2 cm
  • Farbe: Natur seidenmatt
  • Decke: Mahagoni
  • Schallloch (Durchmesser): 9,3 cm
  • Rosette: Holz
  • Saitenhalter: Palisander (ivory pins)
  • Stegeinlage: Knochen
  • Boden und Zargen: Mahagoni
  • Bracing (Decke): „X“
  • Bracing (Boden): Leiter mit 4 Balken
  • Hals, Kopfplatte und Halsfuß: Mahagoni (flacher Halsfuß)
  • Halsumfang (am Sattel): 11,8 cm
  • Griffbrett: Palisander
  • Griffbrett Radius: 30,48 cm (12“)
  • Bünde: 20
  • Mensur: 62,8 cm (24,75“)
  • Sattelbreite: 4,44 cm (1,74“)
  • Sattel: Knochen
  • Breite im 10. Bund: 5,2 cm
  • Halsfuß: flach
  • Headstock: Verblendung
  • Mechaniken: offen verchromt mit Kunststoff Stimmflügeln (20:1 ratio)
  • Gewicht: 1520 Gramm
  • Werksbespannung: Phosphor Bronze beschichtet .012 – .053
  • Koffer: im Lieferumfang, integrierter Luftbefeuchter
  • Preis: 1755,00 Euro UVP
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Die kompakte Korpusform nennt sich "Concert" und erinnert an eine Martin Size 0.

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