Golden Age Project PRE-73 DLX & EQ-73 Test

Praxis

Es bleibt dem Anwender überlassen, ob man die kleinen roten Kästchen einfach auf der Arbeitsfläche stapeln möchte, oder ob man sie nebeneinander mittels eines optional erhältlichen Rahmens ins 19“-Rack schraubt. Die Hardware fühlt sich nicht nur in Relation zum günstigen Preis ziemlich wertig an, zudem hat Golden Age an viele nützliche Details gedacht, wie beispielsweise die gelbe Status-LED für den Insert-Weg am PRE-73 DLX. Nur ein einziges Detail erscheint etwas unlogisch: Die EQ-Bänder werden jeweils ausgeschaltet, wenn deren Schalter in der gedrückten Position ist. Zu erwarten wäre eigentlich das Gegenteil gewesen. Aber nun ja, ein großer Kritikpunkt ist das nicht.

Die Module können gestapelt oder in einen 1HE/19“-Rahmen eingebaut werden.
Die Module können gestapelt oder in einen 1HE/19“-Rahmen eingebaut werden.

Die gegenüber der MKII-Version erweiterten Funktionen erfüllen in der Praxis zwei Ziele: Zum einen erhöhen sie ganz schlicht für sich gesehen den Nutzwert des Golden-Age-Preamps in deutlichem Maße. Und zum anderen bringen sie das Teil auch ein Stückchen näher an das Neve-Original heran. Hier sollte aber weiterhin Klarheit herrschen: Zwar orientiert sich der PRE-73 DLX in Konzept und Schaltungsaufbau recht deutlich am Neve-Vorbild (und es lässt sich auch eine gewisse Ähnlichkeit des Grundsounds feststellen) aber letztlich machen doch eine ganz Reihe Details, die der GAP nicht erfüllt, den Unterschied aus zwischen einem „an Neve orientierten“ und einem „Neve zum verwechseln ähnlich klingenden“ Vorverstärker. Es wäre tatsächlich einmal ein interessantes Projekt, die Übertrager und Spulen gegen die Original-Bauteile von Carnhill zu tauschen, denn ich habe den Verdacht, dass das einen ganz gewaltigen Schritt in Richtung Neve-Sound bedeuten würde. Denn das sogenannte „Eisen“ der Übertrager und Spulen ist generell ein wahrer Quell der Klangfarben, bei Neve trifft dies in besonderem Maße zu. Vermutlich würde solch ein Eingriff auch das Sättigungsverhalten positiv beeinflussen. Das Pad hinter dem Ausgangsübertrager ist schon ein guter Schritt, und auf passenden Signalen lassen sich die Sättigungseffekte vorteilhaft nutzen. Allerdings ist die Kennlinie doch anders als beim Original, denn beim Golden Age setzen die Verzerrungen abrupter und auch etwas kratziger ein, das lässt sich beim 1073 feiner dosieren. Wie gesagt: Auf den Platinen des PRE-73 DLX und EQ-73 ist alles vorbereitet, und es reizt mich sehr, das „Eisen“ zu tauschen, um das Optimum aus den Golden-Age-Geräten herauszuholen.

Audio Samples
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Moog Moog mit Sättigung der DLX-Ausgangsstufe Gitarre Rhodes

Der Klang der EQ-Einheit reiht sich nahtlos in dieses Bild ein. Der Grundcharakter der Filter ist schon da, wo er hin soll, aber auch hier vermisse ich in letzter Konsequenz diese buttrig-sämig-reibeligen Qualitäten eines originalen 1073. Der Unterschied zeigt sich beispielsweise auch darin, dass der EQ-73 trotz der auf dem Papier sehr ordentlichen maximalen Anhebungen von bis zu 18 dB relativ sanft eingreift. Ein „echter“ Neve packt viel kräftiger zu, da haben schon kleinste Potidrehungen große Auswirkungen. Trotzdem bleibt der EQ-73 ein gut klingender, effektiver und recht vielseitiger Analog-EQ, dem man wahrscheinlich Unrecht tut, wenn man ihn permanent mit dem großen Vorbild vergleicht. Denn selbst Geräte mit dem zehnfachen Kaufpreis kommen nicht notwendigerweise exakt an den Klassiker aus der Feder von Rupert Neve heran.

Audio Samples
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Moog Original Moog Boost bei 100 Hz Moog Boost bei 100 Hz und 1,6 kHz Rhodes Original Rhodes Boost bei 1 kHz Rhodes mit Sättigung und Boost bei 1 kHz Gitarre Original Gitarre Boost bei 16 kHz
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