Eventide Princeton Digital Reverb 2016 Test

Die Zahl im Produktnamen des Eventide Princeton Digital Reverb 2016 ist nicht zufällig gewählt: Im Jahre 1982 stellte die Firma Eventide mit dem SP2016 eines der ersten digitalen Multieffektgeräte vor – in einer Zeit, in der man der Musikwelt noch häufig erklären musste, was „digital“ überhaupt bedeutet.

Auf der Bekanntheitsskala stand der SP2016 (SP steht übrigens für „Sound Processor“) immer im Schatten der Lexicon-Hallgeräte. Aber in diesem Schattendasein fand er seine ureigene Klangnische, denn nach und nach kristallisierte sich heraus, dass die SP2016-Anwender besonders gerne drei Algorithmen nutzen: den Stereo-Room, den Mono-Room und die Density-Plate. Immer wieder wurde hervorgehoben, wie einfach sich Signale, die mit diesen Algorithmen verhallt wurden, in den Mix integrieren lassen – und sind wir mal ehrlich: Was kann man von einem Hallgerät mehr erwarten, als dass es einem die ohnehin schwierige Arbeit der künstlichen „Ver-Räumlichung“ leichter macht?
Dann gingen die Jahre ins Land und irgendwann zum Jahrtausendwechsel musste sich der Entwickler der SP2016-Algorithmen, Tony Agnello, gedacht haben: Wäre doch schön, wenn man diese Reverb-Algorithmen auf den Stand den neuen Millenniums bringen könnte! Agnello, ehemals Eventide-Mitarbeiter (wo er unter anderem die Software der ersten Harmonizer entwickelt hat) gründet dazu gleich eine Firma: Princeton Digital. Und das erste Produkt dieser Firma wurde in Zusammenarbeit mit Eventide das Reverb 2016 – ein Hallgerät, das sich genau dieser drei legendären SP2016-Algorithmen annimmt. Die Reduktion auf lediglich drei Hallprogramme ist dabei Teil des Konzepts und basiert auf zwei – nach kurzem Nachdenken recht einleuchtenden – Annahmen. Annahme Nummer eins: Der Effekt, den man fast zu hundert Prozent in jedem Mix verwendet, ist der Reverb-Effekt und zwar vornehmlich zur Simulation von Räumlichkeit. Daraus folgt Annahme Nummer zwei: Wenn wir diesen Effekt schon so exklusiv nutzen, ist der Bedarf nach einem Hardware-Gerät, das diesen Effekt ebenso exklusiv bedient, sicherlich gegeben.

Details

Ausgepackt und angeschaut

Dem ersten, noch ausgeschalteten Anschein nach ist das Reverb 2016 ein klassisches, schlichtes 19“-Gerät: schwarzes Metallgehäuse, schwarze Drehknöpfe, weiße Beschriftung. Aber nach dem Einschalten begrüßt uns der Testkandidat während des knapp sieben Sekunden dauernden Bootvorgangs mit äußerst hellen „all lights on“ und die Frontplatte zeigt sich in all ihrer modernen LED-Pracht. Blickfang sind dabei die roten LED-Ringe um die sieben Drehregler. Erfrischend: Hier wurde mal ein Stück Hardware nach dem Vorbild von Plug-Ins designt und nicht umgekehrt. Die LED-Ringe sehen nicht nur richtig cool aus, sie geben uns einen schnellen optischen Rückschluss über die Reglerposition. Wer es genauer wissen möchte, der kann sich den aktuellen Wert über einen kurzen Druck auf den Drehknopf im Display anzeigen lassen. Alle Drehknöpfe bis auf die beiden (analogen) Ein- und Ausgangsregler sind nämlich digitale Encoder mit Push-Funktion: Einmal gedrückt wird wie eben erwähnt der nummerische Wert angezeigt. Dreht man im gedrückt gehaltenen Zustand, sind große Werte-Sprünge, also schnelle Änderungen möglich. Nach dem Loslassen kann man dann mit dem Feintuning weitermachen.

Die Position der LED-Ringe lässt sich schnell erfassen – und die Dinger sehen echt cool aus.

Auf der linken Seite der Front finden wir alles, was mit den Ein- und Ausgangspegeln zu tun hat: Das wären zum einen die beiden Potentiometer zum Einpegeln von analogen Signalen und zum Einstellen der analogen Ausgangslautstärke. Damit man beim Einpegeln nicht im Blindflug arbeitet, gibt es eine fünfstufige LED-Kette, die das Eingangssignal von -40 dB bis zum internen „over“ anzeigt. Das Reverb 2016 akzeptiert analoge und digitale Eingangssignale, dazu findet man auf der Rückseite die entsprechenden Buchsen. Auf analoger Seite sind das zwei XLR-Buchsen und zwei 6,35 mm Klinkenbuchsen. Letztere sind ebenfalls symmetrisch ausgeführt. Falls das Umfeld kein ausreichend starkes +4dBu-Signal hergibt, kann die Eingangsempfindlichkeit mit einem Druckschalter an die berühmten -10 dBV („Consumer“) abgepasst werden. Die gleiche Kombi aus XLR-Buchsen und Klinkenbuchsen finden wir ein paar Zentimeter die Rückseite runter bei den Ausgängen, auch hier sind alle Anschlüsse wieder symmetrisch ausgeführt.

Alle Ausgänge sind symmetrisch ausgeführt, der Input-Level kann zwischen +4 dB und -10 dB umgeschaltet werden.

Neben den Ausgangsbuchsenn befindet sich die S/PDIF-Schnittstelle für die digitale Einbindung ins Studio. Das Reverb 2016 akzeptiert auf diesem Weg Sample-Raten von 44,1 bis 48 kHz und ist somit nicht mehr ganz auf der Höhe der Zeit. Mit einem Druckschalter über der LED-Kette aktiviert man die digitalen Ein- und Ausgänge. Wird mit dem, über der LED-Kette angebrachten Drucktaster die digitale Schnittstelle aktiviert, haben die analogen Potis natürlich Feierabend. Über dem Input-Regler gibt es noch eine kleine LED, die anzeigt, ob der ausgewählte Algorithmus stereotauglich ist oder nur ein Mono-Signal als Ausgangsmaterial zulässt. Das wird später interessant, wenn es um die einzelnen Algorithmen und ihre Besonderheiten geht.
In der weiteren Riege der Drucktaster findet sich ein mit „Kill“ beschrifteter Schalter: Das ist eine Art Solo-Schalter für die Hallfahne. Diese Funktion kann mit einem Fußschalter gesteuert werden, eine entsprechende Buchse befindet sich auf der Rückseite.

Der letzte der drei Druckschalter ist der Bypass-Schalter. Dessen Funktion ist zwar selbsterklärend, weist aber dennoch eine kleine Besonderheit auf: Man kann in den Systemeinstellungen zwischen einer analogen und einer digitalen Bypass-Variante umschalten. Hierzu im Praxisteil gleich mehr.
In Reihe der Bedienelemente folgen nach der Eingangssektion die sieben Dreh-Encoder, mit denen sich die verschiedenen Parameter der Reverb-Algorithmen einstellen lassen. Wie viele der sieben Parameter justiert werden könne, das unterscheidet sich von Algorithmus zu Algorithmus, bei Parametern die nicht geändert werden können bleibt der LED-Ring dunkel.

Fotostrecke: 2 Bilder Die linke Seite gehört der Eingangssektion des Reverb 2016…

Die Parameter

Die Regler für die Hall-Parameter heißen „Mix“, „Predelay“, „Decay (RT60)“, „Position“ und „Diffusion“. Dann folgt eine EQ-Sektion für Bässe und Höhen, mit der (im geringen Maße) die Hallfahne bearbeitet werden kann. Der Low-EQ ist ein Kuhschwanzfilter mit einem maximalen Boost von +4 dB und einer maximalen Dämpfung von -8 dB. Die Arbeitsfrequenz lässt sich zwischen 50 und 500 Hertz in 50-Hertz-Schritten einstellen. Der High-EQ ist ein High-Cut-Filter, die Höhen können zwischen 1kHz und 8 kHz um maximal 8 dB abgesenkt werden, die Schrittbreite liegt hier bei 500 Hertz.

Die EQ-Sektion mit Shelving-EQ für den Bass und High-Cut-Filter für die Höhen und rechts der Taster zum Auswählen der drei Algorithmen.

Nach den Encodern folgen die Bedienelemente für die Auswahl des Algorithmus. Das Reverb 2016 hat wie gesagt derer nur drei: Stereo-Room, Room, Plate. Allerdings einmal in der historischen Ausführung von 1982 und einmal in einer aufgepeppten „New“-Version. Die neuen Versionen unterscheiden sich vor allem durch die erweiterten Bearbeitungsmöglichkeiten der Algorithmen mit allen Parametern. Während sich zum Beispiel bei der „alten“ Plate lediglich Pre-Delay und Decay-Zeit ändern lassen, stehet einem bei der „New Plate“ die komplette Riege an Effektparametern zur Verfügung, inklusive EQ.

Fotostrecke: 2 Bilder Mix, Pre-Delay, Decay, Position, und Diffusion: Die fünf Parameter für das schnelle Reverb-Glück.

MIDI-Schnittstelle

Zur Datensicherung und zur Fernsteuerung finden wir eine MIDI-Schnittstelle mit einer In- und einer Out-Buchse. Über diese Schnittstelle lassen sich alle Parameter des Reverb 2016 über „MIDI Continuous Controller“ (kurz: MIDI CC) fernsteuern. Im Praxisteil gibt es ein Video, in dem ich an einem Gitarrensignal die Arbeitsweise der Parameter des Hallgeräts demonstriere. Die Werte-Änderungen in diesem Video sind via CC-Daten aus Pro-Tools heraus automatisiert. Steckt das Hallgerät in einem Rack und kann nicht vom Abhörplatz aus bedient werden, kann man mit einen normalen MIDI-Controller das Gerät auf diesem Weg fernsteuern. Über einen MIDI Dump-Befehl können über diese Schnittstelle auch die gespeicherten Presets auf den Rechner übertragen werden und natürlich auch wieder ans Reverb 2016 geschickt werden. Einem Total Recall steht also nichts im Wege.

Fotostrecke: 3 Bilder Die absolut hochwertige und saubere Verarbeitung zeigt sich auch im Innern.

Systemeinstellungen

Hier lassen sich ein paar grundlegende Einstellungen für das Gerät vornehmen, unter anderem kann der eben erwähnte MIDI-Dump aus dem Systemmenü heraus gestartet werden. Außerdem kann man Information über die Firmware-Version abrufen und die beiden verschiedenen Bypass-Varianten einstellen. Die Bedienungsanleitung schweigt sich hier zwar aus, aber der erste Menüeintrag in den Systemeinstellungen bezieht sich auf das Eingangssignal, dass der Reverb 2016-DSP verarbeitet. Der Mono-Room- und der Plate-Algorithmus können nur ein Mono-Eingangssignal verarbeiten, der Stereo-Room allerdings akzeptiert auch ein Stereo-Signal. Deshalb ist es sinnvoll, das Hallgerät auch über zwei Kanäle zu beschicken, dazu muss im Systemmenü eingestellt werden, dass beide Kanäle als Eingangssignal verarbeitet werden. Steht das Routing auf „Kanal 1“ („in1“ im Display), dann arbeitet auch der Stereo-Room nur mit einem Monosignal! Alle Stereo-Algorithmen sind aber „True Stereo“, erzeugen also für die linke und rechte Seite ein eigenständiges Hallsignal. Deshalb am besten die Eingänge auf „bth“ für „both“, also beide Eingänge umstellen.

Fotostrecke: 2 Bilder Das Display zeigt nach einem Tastendruck das eingestellte Routing. Es blinken abwechselnd kryptische Zeichen, die den angewählten Input zeigen: „in1“ steht für den linken Eingang, das Reverb 2016 kann in diesem Zustand nur Mono-Signale verarbeiten.

Presets

Die Werks-Presets teilen sich in zwei Gruppen auf: Preset eins bis 60 sind „100% wet“-Presets, die Nummer 61 bis 89 sind Varianten mit unterschiedlichen Mix-Werten. Die Plätze 90 bis 99 sind leer und können mit eigenen Einstellungen belegt werden, allerdings können all 99 Werks-Presets überschrieben werden. Sprich: dem Anwender stehen alle 99 Speicherplätze für eigene Kreationen zur Verfügung. Wie schon erwähnt, kann man via MIDI-Dump die Presets extern speichern und wieder auf das Gerät übertragen. Heutzutage würde man das vermutlich über eine USB-Schnittstelle mit entsprechender Software (oder einer App) oder einem Speicherkarten-Slot eleganter lösen.

Praxis

Die Einbindung des Eventide Princeton 2016 ins Setup

Spätestens beim Einbinden von Outboard-Equipment ins digitale Setup ist Vorsicht geboten, da ja alle analogen Ein- und Ausgänge durch die AD/DA-Wandlung mit einer gewissen Latenz behaftet sind – zwar nur wenige Millisekunden, aber die reichen aus für allerlei Kammfilter-Effekte der unschönen Art. Im Fall des (digitalen) Reverb 2016 kommt noch einen Geräte-Latenz von 1,5 Millisekunden hinzu. Die gute Nachricht kennen wir: Alle modernen DAW-System erlauben es uns, diese Latenzen zu kompensieren. Der einzige Punkt, an dem es beim Testgerät Probleme geben könnte, ist der Bypass-Schalter, wenn das Hallgerät mit den analogen Ein- und Ausgängen betrieben wird. Hier kommen die in den Details erwähnten Bypass-Varianten ins Spiel: In der ersten Variante werden die Signale bei aktiviertem Bypass über Relays direkt wieder auf die Ausgänge geschaltet. Das ist der klassische analoge Weg, mit dementsprechend nicht vorhandener Latenz zur Nutzung in einem analogen Umfeld. Wenn man das Hallgerät direkt über das Audio-Interface eingebunden hat und die Delay-Kompensation die 1,5 ms Arbeitslatenz des Reverb 2016 erwartet, kommt in diesem Modus das Bypass-Signal aber zu früh zurück. In diesem Fall kann der Bypass auf einen DSP-Modus umgeschaltet werden, dann wird das Signal um die 1,5 ms verzögert ausgegeben und alles passt wieder. Das passiert über das Systemmenü und ist nicht wirklich dokumentiert: Man muss sich das leider selbst zusammenreimen.

Das Evenrtide-Reverb wärend der Testphase

Sparsame Anleitung

Es ist schon lustig: Das Reverb 2016 gibt es auch als Plug-In und dieses kommt mit einer zehn Seiten langen Anleitung. Die Bedienungsanleitung für die Hardware-Version besteht hingegen aus zwei DINA4-Zetteln! Tatsächlich braucht man für die tägliche Hall-Arbeit auch nicht mehr Info, denn die Bedienung ist denkbar einfach: Für jeden Parameter gibt es einen Drehknopf und auch wenn man im ersten Moment nicht so genau weiß, was zum Beispiel der „Diffusion“-Knopf nun macht, kann man ja daran drehen und zuhören. Überhaupt macht es einfach Spaß, mit den Knöpfen zu spielen. Die Presets benötigt man nur als Anschauungsmaterial zu Anfang, später wählt man den gewünschten Algorithmus aus und dreht an Knöpfen bis das Gehörte gefällt. Die Systemeinstellungen sind kaum bis gar nicht dokumentiert, immerhin gibt es vom Hersteller zwei zusätzliche Din A4-Seiten mit FAQs, die man sich durchlesen sollte.

Die Parameter

Was der Mix-Regler macht ist klar, denke ich. Bei mir stand er fast immer auf 100%, weil ich das Reverb 2016 während des Tests eigentlich immer als Send-Effekt betrieben habe. Mit dem zweiten Regler stellt man das Pre-Delay, zwischen Null und 999 Millisekunden ein. Mit dem dritten Regler „Decay (RT60)“ stellt man die Nachhallzeit ein. „RT60“ steht für „Reverberation Time 60“ und definiert die Zeitspanne, in welcher der Schalldruck in einem Raum um 60 dB abfällt.
Der nächste Regler hört auf den Namen „Position“ und bedarf ein wenig mehr Erklärung. Mit diesem Regler werden die „Early Reflections“, also die ersten Raumreflektionen gleich auf mehrere Weise bearbeitet. Neben einem Pre-Delay (nicht zu verwechseln mit dem eigenen Parameter „Pre-Delay“ drei Knöpfe weiter vorne) wird auch die Lautstärke, der Frequenzgang und die Dichte der Reflektionen bearbeitet, mit dem Ziel, die imaginäre Distanz des Signals zum Hörer zu simulieren. Der Regler arbeitet ziemlich effektiv und ist das Highlight des Reverb 2016, weil er sehr praxisnah einen gängigen Wunsch im Mix-Prozess erfüllt: Ein Signal weiter hinten oder weiter vorne im Klanggefüge platzieren. Ich kann mir vorstellen, dass dieser Regler für den eingangs erwähnten Eindruck „Signale lassen sich mit dem Reverb 2016 sehr gut im Mix integrieren“ verantwortlich ist. Vorsicht geboten ist allerdings bei der gleichzeitigen Nutzung des Pre-Delays und des Position-Reglers, den je nach Einstellung kollidieren die verschiedenen Pre-Delay-Zeiten und führen zu einem Delay-Chaos.
Ebenfalls praxisnah ist die Tatsache, dass sich Änderungen an den Reglern immer sehr direkt in Klangänderungen auswirken. Wäre das Reverb 2016 ein Auto, würde man sagen: „Es hängt am Gas“, hier hängt das Reverb am Drehregler. Einzig der Diffusion-Regler macht hier eine kleine Ausnahme, aber auch dieser Regler erzeugt hörbare Unterschiede in der Hallfahne. Man könnte jetzt meinen, die Änderungen der Hallparameter sind nur im groben Stil möglich, aber tatsächlich kommt mit dem Reverb 206 einfach nur sehr schnell zu sehr schön klingenden Ergebnissen!

Der Klang

Der Sound des Reverb 2016 entstammt einem Jahrzehnt, in dem digitalen Hallgeräte neu waren und dementsprechend ausufernd benutzt wurden. Momentan ist ja eher der Faltungshall das große Ding, mit seinen digitalen Abbildungen echter Räumlichkeiten. Anders ausgedrückt: Der Sound der künstlichen Verhallung unterliegt Trends. Und der momentane Trend spielt nicht unserem Testgerät nicht unbedingt in die Karten. Der Grundsound des Reverb 2016 ist für das momentane „Hall-Empfinden“ zu hell, was den Hersteller möglicherweise animiert hat, die „new“-Algorithemn mit einem High-Cut-Filter zu versehen. Ich muss zugeben, den haben ich aber kaum genutzt, tatsächlich habe ich sowieso in jedem Rückweg eines Hall-Erzeugers einen EQ für die volle Klangkontrolle eingeschleift, egal ob das ein Hardware-Gerät oder PlugIn ist.

Klangbeispiele

Ich habe verschiedenste Signal mit dem Reverb 2016 bearbeitet, angefangen mit einem Vocal-Schnipsel, aufgenommen mit der Jazzsängerin Sylvia Bialas (die Recording-Kette war: Brauner VM1 über Soundskulptor MP73-Preamp und JLM LA500 Kompressor ins RME Fireface 400).

Audio Samples
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Vocals, dry Vocals, Stereo Room Vocals, Room Vocals, Plate Vocals, New Stereo-Room Vocals; New Room Vocals, New Plate

Das Ergebnis ist ok, hat mich jetzt aber nicht vom Hocker geworfen. Durch die ohnehin schon helle Aufnahme bekommen die Hallfahnen des Reverb 2016 einen zum Teil schon metallenen Klang. Ein Effekt, der im Zusammenhang vieler Spuren nicht mehr so deutlich zu Tage tritt, aber es zeigt den Grundcharakter des Eventides. Mit einem EQ, und auch mit dem High-Cut am Gerät ist das allerdings leicht in den Griff zu bekommen.
Dann habe ich mich an (ungemixten) Echt-Drums versucht. Hier kann man hören, wie der Position-Regler arbeitet und wie man mit dem Pre-Delay einen Echoeffekt erzeugen kann. Bei diesen Signalen spielt der Eventide Reverb 2016 zum ersten Mal so richtig groß auf, die kurzen Signale regen die Algorithmen zu schönen, komplexen und vor allem dreidimensionalen Hallfahnen an. Außerdem zeigt das Beispiel mit dem Pre-Delay, dass man das Reverb 2016 trotz seiner lediglich drei Algorithmen durchaus als „Effektgerät“ verwenden kann. Ich fange an begeistert zu sein…

Audio Samples
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Echt-Drums, dry Echt-Drums, Stereo Room Echt-Drums, Room Echt-Drums, Plate Echt-Drums, Room, Position Front Echt-Drums, Room, Position Rear Echt-Drums, Room + Predelay

Dann wurde ein Drum-Loop in die Mangel genommen. Eigentlich wollte ich nur demonstrieren, wie die einzelnen Algorithmen klingen, aber das Drehen an den Regler hat so Spaß gemacht, dass schnell etwas „kreativere“ Beispiele dabei rausgekommen sind.

Audio Samples
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Drum Loop, dry Drum Loop, New Plate Drum Loop, New Plate + Predelay Drum Loop, New Stereo Room, kurzes Predelay

An einem einzelnen Snare-Schlag könnt ihr euch ein Bild über die verschiedenen Klänge der Algorithmen machen. Die letzten beiden Beispiele zeigen den Einsatz des High-Cut-Filters auf der Hallfahne.

Audio Samples
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Snare Solo, dry Snare Solo, Stereo Room Snare Solo, Stereo Room, 4 sec Decay Snare Solo, Mono Room Snare Solo, Plate Snare Solo, New Room, kein High-Cut Snare Solo, New Room, High Cut -8dB@ 4 kHz

Mit einem Flöten-Schnipsel und einem Synth-Arpeggio habe ich weiter gemacht. Vor allem beim Synth-Sound zeigt der Eventide Reverb 2016 wieder, dass er auch zu Effekt-Sounds in der Lage ist, die mit „künstlicher Verhallung“ wenig zu tun haben.

Audio Samples
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Flöte, dry Flöte, Plate, Decay 2 sec Flöte, New Room, Predelay (264 ms), 4 sec Decay, Position Rear Flöte, Plate, 2 sec Decay, High-Cut -8dB@ 4 kHz Synth-Arpeggio, dry Synth-Arpeggio, Plate Synth-Arpeggio, Room + Predelay

Dass man das Hallgerät über MIDI fernsteuern kann und diese Automationsdaten natürlich auch aufgenommen werden können, das zeigt das folgende Video. Bearbeitet wird eine gepickte Western-Gitarre, gespielt vom bonedo-Kollegen Haiko Hainz.

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Ist solche Hardware noch zeitgemäß?

Eigentlich sollte ein modernes DAW-System mit seiner massiven CPU-Power doch in der Lage sein, einen vernünftig klingenden Hall zu berechnen! Warum also sollte man sich also ein Reverb 2016 ins Rack schrauben, wenn das Plug-In nur einen Bruchteil kostet? Hardware versus PlugIn – das ist Debatte, die aufs heftigste geführt und meistens von verfestigten Meinungen geprägt ist. Kurz gegoogelt und ich verspreche: Hundert gelesene Bildschirmseiten später ist man genauso schlau wie vorher.
Auf der anderen Seite: Immer noch werben Firmen damit, dass ihre Plug-Ins das Hardware-Gerät X oder Y aufs genaueste emulieren! Das gilt auch für digitale Hardware-Effekte wie den Lexicon 224 Hall. Ist das nur Werbung, oder ist doch was dran am viel beschworenen Sound der alten 19“-Veteranen? Ich habe mir für den Test eine Demo-Version des Eventide Stereo Room PlugIn heruntergeladen, ein Plug-In, das auf dem selben Algorithmus basieren soll wie der Stereo-Room des Reverb 2016. Hört Euch die beiden Audio-Beispiele ab, es ist jeweils nur die Hallfahne mit 100% „wet“-Einstellung. Trotz ähnlichem Grundklang dürfte das Urteil recht eindeutig ausfallen, aber dieses zu fällen überlasse ich Euch…

Audio Samples
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Hallfahne Reverb 2016 Hallfahne Stereo Room Plug-In

Kritikpunkte

Alle Kritikpunkte, die mir zum Reverb 2016 in den Sinn kommen, hängen mehr oder weniger mit der Aktualität des Gerätes zusammen, vor allem der AD/DA-Wandler ist mir seinen maximalen 48 kHz Sampling-Frequenz einfach nicht mehr up-to-date. So sehe ich die Ausführung der Digital-Schnittstelle als koaxiale S/PDIF-Variante kritisch. Wer sich das Reverb 2016 ins Rack schraubt, wird vermutlich in einem professionellem Umfeld arbeiten und vermutlich weiteres analoges und digitales Outboard-Equipment besitzen. Für die Einbindung des Reverb 2016 in ein Umfeld ist die S/PDIF-Schnittstelle nur die absolute Mindestanforderung. Zumindest Word-Clock-Buchsen zum externen „Clocken“ (und Weiterreichung der Clock) wäre für ein Hybrid-Studio sehr wichtig. Auf der anderen Seite: Wer mit Sampling-Frequenzen jenseits der 48 kHz arbeitet, muss das Hallgerät sowieso analog einbinden, dann ist das auch schon wieder egal…
Nichts zu meckern habe ich am Sound! Das Eventide Princeton Reverb 2006 wäre nicht meine erste Wahl bei Stimmen, aber bei jeder Art von Instrument macht es Spaß. Der Position-Regler ist extrem hilfreich, um Signale sehr schnell im Mix zu platzieren. Überhaupt geht die Arbeit mit dem Reverb 2016 zügig vonstatten, ohne dass man dabei auf feinfühliges Justieren der Parameter verzichten muss. Die Regler arbeiten einfach „musikalisch“, es ist schwierig einen „schlecht“ klingen Hall hinzudrehen.
Neben der Studio-Anwendung kann ich mir den Reverb 2016 als Hallerzeuger in einem Live-Rack sehr gut vorstellen, vor allem für Drums und Percussion, da er hier den Vorteil seiner intuitiven und schnellen Bedienbarkeit voll ausspielen kann.

Fazit

Das Eventide Reverb 2016 ist kein Allrounder, eher ein „One-Trick Pony“. Würde ich mein erstes Hallgerät erwerben, würde ich vermutlich zu einem flexibleren Produkt greifen. Das Schöne an diesem Hallgerät ist aber, dass es eine bestimmte Aufgabe – die Erzeugung künstlicher Räumlichkeit – auf extrem gute Art und Weise erfüllt. Die Reduktion auf die drei Algorithmen empfinde ich dabei als Vorteil, weil man von vorne herein keine Gefahr läuft, sich zu verzetteln. Der Preis lässt einen natürlich schlucken – aber Spezialwerkzeug war noch nie billig.

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • einfache, intuitive Bedienung
  • „zupackende“ Regler, die dennoch „musikalisch“ arbeiten
  • dreidimensionaler Hallsound
Contra
  • digitale Schnittstelle nur als S/PDIF mit 24 Bit und max. 48 kHz
Artikelbild
Eventide Princeton Digital Reverb 2016 Test
Für 2.599,00€ bei
analoge Eingänge/ Ausgänge: 2x XLR symmetrisch, 2x TRS symmetrisch
  • digitale Schnittstelle: S/PDIF, coaxial, Chinch-Buchsen
  • weitere Anschlüsse: MIDI-In/ Out, Fußschalter für „Kill“-Funktion
  • Frequenzgang: 20 Hz – 16 kHz
  • Sample Rate intern: 40 kHz
  • Sample Rate Wandlung: 44,1 kHz, 48 kHz
  • Bit-Tiefe: 24 Bit AD und DA
  • Verarbeitungslatenz: 1,5 Millisekunden
  • THD: unter 0,006% über gesamtes Frequenzspektrum
  • Eingangs-Impedanz: bei +4 dB: 50 kOhm; bei -10 dB: 100 kOhm
  • Ausgangs-Impedanz: 125 Ohm
  • Max. Ausgangspegel: + 24 dBm
  • Stromversorgung: 90 – 240 VAC, 50 – 60 Hz, 40 Watt
  • Tiefe: 20,32 cm; Breite 48,26 cm (19“), Höhe 4,44 cm (1 HE)
  • Preis: € 2973,81 (UVP)
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