MXL 606 Test

“MXL 606” ist die Bezeichnung dieses Test-Items. Das preiswerteste Kleinmembran-Kondensatormikrofon aus der Produktpalette des Herstellers MXL trägt mit der Zahlenkombination 606 ein für Musiker und Tontechniker vertrautes Kürzel, denn Roland zum Beispiel nannte eine seiner legendären Rhythmusmaschinen TR-606 Drumatix. Ob es irgendeine Verbindung gibt, ist zweifelhaft und die Namensgebung für unser MXL 606 wohl nur zufällig ähnlich (umal unser Kandiat noch weit davon entfernt ist, als Legende in die Musikinstrumentengeschichte einzugehen). Mit 85 Euro Listenpreis ist er aktuell selbst in der Budgetklasse noch als “Mitnehmerchen” vom Krabbeltisch einstufbar.

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Doch selbst 150 Euro können zu viel Geld für ein Stereopärchen sein, wenn es die grundlegenden Bedürfnisse nicht zu erfüllen weiß. Ein Großmembranmikrofon des Herstellers namens V6 schlug sich im Test bei bonedo ganz ordentlich, das Bändchen R77 hat den Tester zumindest nicht komplett enttäuscht. Da ist es naheliegend, dass wir wissen wollen, wie sich die Kleinmembraner 606 und 603 des amerikanischen Unternehmens so behaupten. 

Details

Einen Sonderweg beim Produktdesign geht MXL nicht, zumindest nicht beim Kleinmembraner 606. Dieser ist wie die meisten KM-Kondenser ein Tubus, der einen gerade so großen Durchmesser besitzt, dass der Fuß eine männliche XLR-Buchse aufnehmen kann, nämlich 23 mm. Eine kleine Madenschraube darüber ermöglicht die Demontage und den Blick auf den Impedanzwandler und die Anschlüsse, und im Fall des Falles natürlich die Reparatur. Auf dem mit 110 mm Länge recht stummeligen Korpus finden übereinander zwei Schalter Platz. Ein Hochpassfilter, das bei einer Grenzfrequenz von 150 Hz greift und mit 6 dB/oct recht sanft zuwerke geht, und ein zuschaltbares 20dB-Pad, das in hochpegliger Umgebung dabei hilft, Verzerrungen zu vermeiden. Der dann höchste Schalldruckpegel liegt mit 157 dB SPL ausreichend hoch, um sich mit dem Mikrofon im Nahfeld einer Schallquelle zu bewegen. Bleibt die Vordämpfung ausgeschaltet, hat man aufgrund des Proximity-Effekts sicherlich ausreichend oder sogar zu viel Bass zur Verfügung. Bei dem wahrscheinlich für das grafische Frequenzgang-Diagramm verwendeten üblichen Messabstand von einem Meter liegt der Frequenzverlauf bei 20 Hz noch annähernd bei 0 dB. Die Grafik ist natürlich für 606er-Mikros gemittelt, aber nicht “schöngeebnet”. So wird deutlich, dass es leichte Dellen bei 500 und 2000 Hz gibt sowie, wie bei preiswerten Kleinmembran-Kondensern nun mal üblich, eine Überhöhung zwischen 3 und ca. 12 kHz. 20 kHz liegen hingegen laut Frequenzgang schon bei gut -3 dB. Der Eigengeräuschpegel hält sich mit 17 dB(A) im erträglichen Rahmen, die Empfindlichkeit von 14 mV/Pa ist weder im positiven noch negativen Sinne besonders bemerkenswert.

Fotostrecke: 5 Bilder Nierenkapsel des MXL 606

Die Kapsel ist abschraubbar, was auch bei nicht-modularen Systemen eine Möglichkeit zur Befestigung und zur möglicherweise zukünftigen Erweiterbarkeit bietet. Sowohl das Anschlussgewinde als auch der federgelagerte Mittenkontakt, der Kontaktstift an der Kapsel, ja sogar die gesamte Kapsel ist manch anderen aus fernöstlicher Fertigung nicht unähnlich. Vor potenziell beschädigend wirkenden machanischen Einflüssen ist sie an der Frontseite durch einen großen Grill geschützt, dahinter setzt die Kleinmembran Druckunterschiede der Luft in Bewegungen um. Ein rückwärtiges Laufzeitglied sorgt für die verbreitete und universelle Richtcharakteristik Niere. Gewandelt wird die Bewegung des dünnen Häutchens nach dem Kondensatorprinzip, in dieser Preisklasse wird es sich um Elektret-Technik handeln.
Den MXL-Stumpen erweckt man zum Leben, indem er mit 48 Volt Speisespannung vom Preamp versorgt wird. Mit 150 Ohm Abschlussimpedanz lässt sich das Mikrofon also an alle moderneren Vorverstärker anschließen, die Phantomspeisung ausgeben.

Praxis

Ich liebe kleine Mikrofone. Mit Stümmelchen wie dem MXL 606 wird man kaum Probleme bei der Mikrofonierung bekommen, auch ein ORTF lässt sich recht gemütlich einrichten. Die Verarbeitung der Kondensatormikros ist ordentlich, die Schalter lassen sich gut bedienen, der Schaltweg ist weit genug, der Widerstand nicht zu gering und nicht zu hoch, außerdem wackelt nichts.

MXL 606 im Aufnahmeraum vor der endgültigen Ausrichtung zu unserem standardisierten XY
MXL 606 im Aufnahmeraum vor der endgültigen Ausrichtung zu unserem standardisierten XY

Zum Klang der Mikrofone werde ich allerdings keine Jubelreden halten. Der erste Eindruck ist, dass die MXL recht drahtig klingen. Dies liegt in der ersten Linie an der nicht allzu übertriebenen Anwesenheit von absoluten Höhen, aber – und das ist eher eine Besonderheit bei dieser Mikrofongattung – auch von unteren Mitten. Tatsächlich: Dort wirken die 606 recht schwach, was für ein etwas unausgewogenes Frequenzbild sorgt. Auffällig ist dies etwas außerhalb der frontalen Einsprache, denn die Nierencharakteristik ist nicht sonderlich konstant. Für die Aufnahme von Akustikgitarren, beim Einsatz als Drum-Overhead und ähnlichen Anwendungen gilt aber immer, dass diese Eigenschaften in manchen Fällen sogar dem späteren Mix zuträglich sein können. Wenn Signale allerdings sehr natürlich klingen sollen, etwa bei Chören oder fragilen Streichern, ist das nicht so.

Audio Samples
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MXL 606 Referenz Schoeps CMC-64

Die Tiefbässe sind für einen Druckgradientenempfänger im weitesten Sinne ausgeprägt genug, am anderen Ende der Frequenzskala begegnen mir bei Hören die üblichen Probleme sehr preiswerter Nieren-Kleinmembran-Kondensatormikrofone, die ich ja schon angemerkt hatte. Zur oberen Hörgrenze hin übertragen die beiden 606er eher schwach. Das ist jedoch ein Umstand, der sich nur mit einem konstruktiven Aufwand beheben lässt, der in dieser Preiskategorie schlichtweg nicht machbar ist. Beim kleinen MXL fällt aber zudem auf, dass es ab den oberen Mitten recht derb und grobschlächtig zu Werke geht. Die aufzunehmenden Signale bekommen eine Art Körnigkeit, wirken rau und britzelig. Da passt es fast schon ins Bild, dass es auch in Sachen Dynamik keine Meisterleistungen zu vollbringen in der Lage ist.

Liest man meinen bisherigen Text, hört sich das alles ja richtig schlimm an. Es gibt da allerdings noch einen wesentlichen Gegenspieler: den Preis! Der Listenpreis für zwei MXL 606 liegt mit 170 Flöten im nicht nur “erschwinglichen”, sondern im absolut günstigen Bereich. Natürlich muss man eine gewisse klangliche Rustikalität in Kauf nehmen, erhält aber dafür ein Pärchen, das mit Hochpassfilter und Pad ausgestattet ist und sogar in kleinen Köfferchen wohnt. Über beide Schaltfunktionen gibt es nichts Negatives zu berichten, das Filter arbeitet glatt, mit Pad ist die Übersteuerungsfestigkeit ordentlich hoch. Noch etwas Positives kann vermerkt werden: Obwohl nicht als Pärchen ausgeliefert, waren sich beide 606 klanglich sehr ähnlich.

Fazit

MXL will mit dem 606 für weit weniger als 100 Euro ein Kleinmembran-Kondensatormikrofon mit einem hohen Nutzen anbieten. Ausstattungsseitig ist das gelungen, klanglich teilt sich das 606 die Probleme mit eigentlich allen anderen Mikros dieser Preiskategorie. Natürlich kann man mit ihm arbeiten. Overheads, Akustikgitarren oder andere Signale sind vielleicht etwas unpräzise und nicht so detailliert und ausgewogen wie mit deutlich teureren Mikrofonen aufgenommen, doch sollte man die Kirche im Dorf lassen. Um technisch hochwertigere Mikrofone ausreizen zu können, ist immer auch eine weitere ordentliche Kette notwendig. Das sind dann nicht nur Mic Pre und Wandler/Interface, sondern auch Kabel, Raum, Instrumente, nicht zuletzt auch musikalische und tontechnische Kenntnisse, Erfahrungen und Beurteilungsvermögen – wozu wiederum eine gute Abhörsituation notwendig ist. Die Erkenntnis ist: Man erhält mit dem MXL 606 einen Kleinmembraner, der für Einsteiger vollkommen geeignet ist und auf dem Konto keine Kraterlandschaft hinterlässt.

Pro
  • Pad und Hochpassfilter
  • kompakt
Contra
  • Dynamik
  • Frequenzgang
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Spezifikationen
  • Empfängerprinzip: Druckgradientenempfänger
  • Richtcharakteristik: Niere
  • Wandlerprinzip: Kondensator
  • Betriebsspannung: 48V Phantomspeisung
  • Frequenzgang: 30 Hz – 20 kHz
  • Übertragungsfaktor: 14 mV/Pa
  • THD+N: 17 dB(A-bewertet)
  • maximaler Schalldruckpegel: 137 dB SPL (0,5 % THD)
  • Hochpassfilter: 150 Hz (6 dB/oct)
  • Vordämpfung: 20 dB
  • Preis (Stück): € 85,-(UVP)
Unser Fazit:
3 / 5
Pro
  • Pad und Hochpassfilter
  • kompakt
Contra
  • Dynamik
  • Frequenzgang
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MXL 606 Test
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