Musik selber vermarkten – Teil 1

Konstante Release-Frequenzen waren schon lange bevor Spotify-CEO Daniel Ek auf die Vorteile solcher Strategien hinwies, weit verbreitet. Von der Problematik und dem zweifelhaften Ton des genannten Statements mal abgesehen, sind regelmäßige und häufige Releases in Form von Singles und Videos zwar kein Patentrezept für schnellen Erfolg, aber schon länger für viele Acts the way to go.

(Teaserfoto: Foto von Hörtinger)
(Teaserfoto: Foto von Hörtinger)


Auch ich habe mit meiner Band KAAK diese Release-Strategie umgesetzt und möchte euch von meinen Erfahrungen berichten. Dabei soll es aber nicht nur um den Nutzen einer konstanteren dieser Releasefrequenz gehen – denn der ist wahrscheinlich den meisten mittlerweile bekannt. Ich will vor allem von den Fehlern erzählen, die ich in unserer ersten intensiven Release-Phase gemacht habe, um euch vielleicht den ein- oder anderen Fehltritt zu ersparen.
12 Monate, 12 Singles, 12 Videos – das war unsere Zielsetzung. Es begann im Oktober 2019 mit unserer ersten Videosingle. Darauf folgten dann in ungefähr monatlichen Abständen elf weitere Singles mit je einem Musikvideo. Für die insgesamt zwölf Singles haben wir sowohl szenische Videos als auch Performance-Musikvideos und Live-Sessions aufgenommen. Alle Songs wurden über das Online-Label RecordJet vertrieben und sind auf allen gängigen Streaming-Plattformen gelandet.
Wir sind eine vierköpfige, deutschsprachige Alternative Rock/Post Hardcore Band, in der ich als Initiator, treibende Kraft, kreativer Kopf und Hauptorganisator fungiere. HIER kommt ihr zu all unseren Kanälen, wenn Ihr euch selber mal anschauen möchtet, was wir im letzten Jahr so alles verbrochen haben. Außerdem kommt ihr dort zu zwei Podcast-Interviews, in denen Ich über unseren Release-Marathon, die Konzeptionierung der Musikvideos und meine DIY-Promo-Erfahrungen spreche.

Inhalte
  1. Wir sind als mehr oder weniger neues Pro…
  2. 1. (Online-)Promotion lohnt sich
  3. 3. Don’t follow/unfollow
  4. 4. Was zählt, ist die Musik
  5. 5. Lieblose Social Media Ads sind verbranntes Geld
  6. 6. Kreativität schlägt Geld
  7. 7. Mehr Musikvideos bedeuten nicht gleich mehr Reichweite
  8. 8. Klare und realistische Ziele setzen
  9. 9. Gute Planung erspart unnötigen Stress
  10. 10. Personalunion ist möglich, aber schwierig
  11. Fazit

Wir sind als mehr oder weniger neues Projekt gestartet und haben außer bei Instagram und Facebook mit null Followern gestartet, da wir uns mit Beginn der Release-Phase erst umbenannt und angefangen haben, deutschsprachige Musik zu veröffentlichen (vorher hießen wir Boy Adam und waren eine englischsprachige Rockband). Dieses Release-Jahr war also unser Neueinstieg in die Szene. Was uns diese Aktion rein zahlentechnisch gebracht hat, habe ich euch im Folgenden aufgelistet (Stand Januar 2021):
Ergebnisse in Zahlen:

PlattformVorherNachherZuwachs
Instagram – Follower4001250 Follower850
Facebook – Follower250550 Follower300
YouTube – Abonnenten0160 Abonnenten160

Ich habe dieses Projekt ohne jegliche Marketing-Erfahrung begonnen und konnte mir im Laufe der Zeit ein bisschen Wissen und ein paar lehrreiche Erfahrungen aneignen. Ich bin nach wie vor kein Marketing-Profi, sondern einfach ein Typ, der ein paar Dinge richtig und ein paar andere Dinge so richtig falsch gemacht hat. Auch deshalb sind die oben angegeben Zahlen zwar gut, aber eben auch nicht der Beginn der Weltherrschaft. Trotzdem hoffe ich euch damit weiterhelfen zu können – also, auf in den Kampf!

1. (Online-)Promotion lohnt sich

Viele Musiker haben zu Beginn ihrer Karriere das Mindset, man müssen eben einfach gute Musik machen, und der Rest wird schon irgendwie. Spoiler: So läuft es leider in 99 % der Fälle nicht. Man muss sich sichtbar machen, um Aufmerksamkeit zu bekommen. Mit jedem neuen Release auf dieser Welt wird es schwieriger, sich als Newcomer tatsächlich Gehör zu verschaffen. Der Musikmarkt ist gedrängt wie noch nie und der einzige Weg, sich aus eigener Kraft zu etablieren, ist irgendeine Form von „Werbung“. Die Abneigung gegen peinliche Selbstinszenierung, Social Media im Generellen oder dem rationalen Kalkül einer Werbeaktion, die im so starken Kontrast zur urtümlichen Leidenschaft für die Musik steht, lässt viele schaudern.
Genau so habe ich auch lange gedacht und wenn ich ehrlich bin, spielte da eine große Portion Unsicherheit eine Rolle. Ich hatte Angst, mich zu blamieren, kein Talent für Selbstinszenierung und wollte mich nicht anbiedern. Irgendwann hat es mich jedoch so stark frustriert, dass meine Band nicht die gewünschten Erfolge verbucht, sodass ich letztendlich anfing, mich mit dem Thema Marketing zu befassen.
Wie man an den oben aufgeführten Zahlen sehen kann, haben wir eine ganz anständige Zahl an Followern und Hörern generieren können. Auf Spotify, wo uns vorher kaum jemand verfolgte, hören jetzt immerhin 500 Menschen im Monat unsere Musik – zwischenzeitlich waren es bis zu 1700.

2. Social-Media-Arbeit lebt nicht nur von Quantität

Diese Erkenntnis wirkt zwar vielleicht naheliegend, ist aber dennoch unfassbar wichtig! Wer sich mit dem Algorithmus von Instagram auseinandersetzt, weiß, dass der Instagram-Algorithmus sehr wohlwollend auf alle Nutzer reagiert, die täglich oder öfter sowohl in ihrem Feed als auch in ihre Story posten und weitere Features wie Reels benutzen. Instagram spielt die Postings dieser User an mehr Leute aus, unter anderem auch an solche, die einem noch nicht folgen und so auf einen aufmerksam werden könnten.
Diesen Umstand wollten wir uns zunutze machen und haben über einen sehr langen Zeitraum jeden Tag ein bis zwei Bilder gepostet. Problem Nummer 1: Wir sind keine Models, daher auch Problem Nummer 2: Die Inhalte fehlten. Und Problem Nummer 3: Performance- und Behind-The-Scenes-Fotos verlieren schnell ihren Reiz! Es gab logischerweise regelmäßige Ankündigungen zu den Releases, hin und wieder ein bisschen Humor, aber abgesehen davon nicht genügend Inhalte in den Postingtexten, um der hohen Postingfrequenz einen Mehrwert für unsere Follower zu verleihen. Die Konsequenz waren immer weniger Interaktionen, also weniger Likes und Kommentare. Dies wiederum interpretierte der Instagram-Algorithmus so, dass der veröffentlichte Content nicht besonders wertvoll für die User ist und spielt die jeweiligen Beiträge deshalb an weniger Konten aus – unsere Postings wurden so streckenweise nur in sehr wenigen Feeds angezeigt. Somit kehrt sich die Wirkung der Maßnahme um: Obwohl man versucht, mehr Präsenz zu erreichen, indem man viel postet, verliert man letztendlich an Reichweite.
Regelmäßige Postings sind natürlich trotzdem wichtig und sinnvoll, man muss dabei aber abwägen, wie man seine Postings genau gestaltet, ausbalanciert und vor allem mit Mehrwert für seine Follower füllt. Dann bleibt man präsent, zugänglich, relevant und der Algorithmus ist nicht mehr dein Gegner, sondern dein Freund.

3. Don’t follow/unfollow

Nicht selten versuchen Instagram-User auf sich aufmerksam zu machen, indem sie zahlreichen Konten folgen, ein paar Postings liken und ihnen dann wieder „entfolgen“. Aber auch das merkt der Instagram-Algorithmus, denn dieser ist wie gesagt darauf programmiert, seinen Usern den bestmöglichen, interessantesten und authentischsten Content zu bringen – und dazu gehören definitiv keine Accounts, die über Fake-Interaktion versuchen, ihre Zahlen aufzuhübschen!
Wir haben diese Strategie trotzdem verfolgt und wurden prompt mit einer enorm schlechten Reichweite bestraft, die sich nur sehr langsam wieder erholt hat. Abgesehen davon sind die meisten Follower, die man so generiert, reine Karteileichen, die einem auf blauen Dunst zurückfolgen, sich kaum für eure Inhalte interessieren und auch nicht mit euren Beiträgen interagieren – und höchstwahrscheinlich auch nicht zu Fans eurer Musik werden. Also lasst das besser und beobachtet das organische Wachstum eures Accounts anhand echter Followerzahlen.
Jeder potenzielle Geschäftspartner wie Labels, Booker/innen und Manager/innen schauen nicht nur auf die reine Zahl der Follower/innen, sondern wie es um das Verhältnis zwischen Follower/innen und Interaktionen steht. Als wir uns mit der beschriebenen Methode 1000 Follower/innen erarbeitet hatten, haben dennoch im Schnitt gerade mal 5 % unserer Follower mit unseren Postings interagiert, sie also geliked, kommentiert, gespeichert oder geteilt – und das spricht natürlich Bände darüber, wie stark beziehungsweise nicht so stark die emotionale Bindung unsere Follower/innen zu uns und unserer Musik ist.

Foto von Hörtinger
Foto von Hörtinger

4. Was zählt, ist die Musik

Man sollte bei aller Strategie um die Promotion niemals vergessen, worum es eigentlich geht: die Musik. Mir ist das besonders klar geworden, als, gemessen an der Mühe die ich mir mit Playlist-Promotion, Pressearbeit und Werbeanzeigen gab, vollkommen unproportionale Unterschiede in den Streaming- und Klickzahlen auftraten. Oder anders formuliert: Viel Werbung bedeutet nicht immer viele Streams oder Klicks, denn der wichtigste Faktor für den Erfolg eines Releases ist und bleibt die Qualität und Originalität des Songs. Und die besseren Songs haben auch bei uns die meisten Streams kassiert.
Klingt alles erstmal völlig klar und logisch, aber bei 30 Wochenstunden Promoarbeit verliert man eben auch mal so etwas aus den Augen, denn Marketing lebt gerade heutzutage und vor allem auf Social Media von Einsatz und Ausdauer. Aber letztendlich ist das, was nach der Promophase bleibt, immer nur die veröffentlichte Musik. Also nehmt euch bei allen Bemühungen um die Promotion auch immer und vor allem VOR DEM RELEASE die Zeit, gründlich an eurer Musik zu arbeiten.

5. Lieblose Social Media Ads sind verbranntes Geld

Wir kennen ihn alle: den „Bewerben“-Button neben unserem Facebook- oder Instagram-Post. Der ist vor allem für Facebook super, die sich an diesem Button eine goldene Nase verdienen, ohne dass er den gewünschten Effekt für den User erzielt. Um wirklich effektive Werbeanzeigen zu schalten, sollte man sich intensiv mit dem Werbeanzeigen-Manager von Facebook auseinandersetzen.
Es gibt Unmengen von Content darüber, wie man als Musiker/in Ads schalten kann oder sollte. Es lohnt sich, sich darüber zu informieren, damit man die richtige Strategie anwenden kann. Ansonsten werden eure ersten Ads wahrscheinlich ins Leere gehen. Mit guter Recherche, Kreativität und etwas Erfahrung kann man aber wirksame Ads schalten, die euch dabei helfen können, eure Reichweite zu vergrößern.
Ihr solltet hierbei jedoch unbedingt darauf achten, aus welchen Quellen ihr eure Informationen bezieht. Viele YouTube-Tutorials erklären zwar, wie man mit dem AdManager Kleidung oder andere Produkte bewirbt und können einem beim Grundverständnis der Thematik helfen, aber sind nur begrenzt auf die Musikwerbung anwendbar. Sucht nach Tutorials, die sich konkret auf Musik beziehen und vor allem solche, die ihre eigenen Erfolge zeigen, nachweisen und transparent erklären können. Denn wenn man schon Ads schaltet, dann müssen sie sinn- und wirkungsvoll gestaltet sein, damit sie nicht eure Zeit, euer Geld und eure Motivation verschwenden.

6. Kreativität schlägt Geld

Vom Songwriting über die Tonaufnahme bis hin zu Konzeptionierung von Musikvideos und Pressearbeit – all diese Dinge kosten natürlich Geld und sind sinnvolle Investitionen in jede Musikkarriere, aber sie ersetzen niemals die gute Idee, die dahintersteht. Teure Social Media Ads können einen guten, emotionalen Content oder den direkten Kontakt mit Fans nicht ersetzen. Engineer und Produzent*in können noch so gut sein – wenn ihr euren Song nicht selbst mit viel Liebe und Hingabe kreiert habt, kann die Technik ihn nicht zum Strahlen bringen. Das beste Videoproduktionsteam der Welt spuckt nur dann ein grandioses Musikvideo aus, wenn eine ausdrucksstarke visuelle Vision dahintersteht.
Beispiel Nummer 1: Wir haben zwei Session-Videos mit einem iPhone11 gedreht, sind total zufrieden damit und haben eine Menge Geld gespart. Funktioniert hat es vor allem deswegen, weil wir eine klare Look-Referenz hatten, viel Mühe in die Beleuchtung und das Setting gesteckt haben und wir sowieso gar keine allzu perfekt geschwenkten 4k-Bilder haben wollten. Unserer Art von Musik standen die etwas rougheren Bilder sogar ganz gut.

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Beispiel Nummer 2: Ich habe irgendwann angefangen, mein über zweieinhalb Jahre geführtes Videologbuch über die Produktion der Musik und der Musikvideos und die damit einhergehenden Schwierigkeiten und den Stress stückweise als retrospektive VLOGs auf IGTV zu veröffentlichen. Ergebnis: Mehr Interaktionen, emotionale Bindung und Interesse für unsere Releases, als ich vorher mit teuren Ads erreichen konnte. Warum? Weil es unserer gesamten Aktion eine persönliche Ebene, einen emotionalen Kontext und eine Geschichte gegeben hat und vor allem diejenigen unserer Follower interessierte, die diese Aktion von Anfang an begleitet und verfolgt haben.
Erst wenn die richtigen Ideen entwickelt sind, kann das dafür verwendete Geld auch seine Wirkung wirklich entfalten. Und je besser die Idee, desto weniger Geld braucht es auch, um sie aufzupolieren.

7. Mehr Musikvideos bedeuten nicht gleich mehr Reichweite

Musikvideos sind wichtig für Künstler als Werbemaßnahmen und Imagebildung. Für einige Musiker/innen ist der visuelle künstlerische Ausdruck als Teil eines Gesamtkunstwerks nicht weniger wichtig als die Musik – und diese Ebene will ich keinem guten Musikvideo absprechen, vor allem nicht bei inhaltlich-konzeptionellen Releases. Aber let’s be real here: Den meisten von uns geht es zumindest auch darum, mehr Aufmerksamkeit zu erzielen, als wenn man „nur“ seine Musik releast, aber gute Videos kosten in vielen Fällen eine Menge Geld.
Wir haben in unserem Fall gemerkt, dass zu viele Musikvideos – entgegen unserer Hoffnung – immer weniger Aufmerksamkeit erzeugt haben. Auch wenn unsere ausgefalleneren Musikvideos grundsätzlich bessere Klickzahlen erzielen konnten, ging der rein zahlenmäßige Trend in der Gesamtübersicht jedoch stetig abwärts. Wenn man sich nun vor Augen führt, dass wir einen relativ hohen fünfstelligen Betrag zur Produktion der 12 Videos benötigt haben, muss man leider zugeben, dass, ganz nüchtern betrachtet, der rein rechnerische Mehrwert einer solchen Vielzahl von Videos zumindest zweifelhaft ist.
Das Marketingargument „12 Monate, 12 Singles, 12 Videos“ hat uns allerdings die ein oder andere Tür geöffnet, Aufmerksamkeit und Anerkennung beschert – daher würde es in diesem konkreten Fall natürlich keinen Sinn machen, einfach die absoluten Klickzahlen mit dem insgesamt ausgegebenen Geld gegenzurechnen. Dazu kommt der Lernfaktor, die Erfahrung, die kreative Erfüllung und noch einige andere Lektionen auf persönlicher Ebene, die ich absolut nicht missen möchte und die mich nachhaltig geprägt haben.
Dennoch lässt sich, denke ich, sagen, dass weniger und dafür besser produzierte Videos, veröffentlicht über kredibile Medienpartner per Exklusivpremiere, kombiniert mit einer gut durchdachten Content-Strategie und schlau gestalteten Werbeanzeigen unter Umständen eine wirkungsvollere Maßnahme zur Imagebildung und Reichweitensteigerung sein können, als wenn man dasselbe Geld ausschließlich zur Produktion einer größeren Anzahl von Videos ausgibt.

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8. Klare und realistische Ziele setzen

Je konkreter ihr eure Ziele formuliert und durchdenkt, desto wahrscheinlicher ist es, dass ihr sie auch erreicht. Auch wenn ich zum Beispiel einige konkrete Ziele vor Augen hatte – 1000 Follower, 1000 Streams pro Song und 1000 Views pro Video – habe ich vor lauter Ambitionen schnell die Übersicht verloren, wollte schnell zum nächsten Ziel, habe mir immer wieder neue Ziele formuliert und darum gekämpft, die Übersicht zu behalten und auch kleinere Erfolge zu genießen.
So stolz ich auf die erreichte Arbeit bin, so klar ist mir auch, dass die Fokussierung auf ein paar weniger Ziele und die Entwicklung von gezielten und realistisch umsetzbaren Strategien zur Erreichung dieser Ziele mit Sicherheit bessere Ergebnisse und mehr Zufriedenheit meinerseits gebracht hätte, als sich noch mehr Themen wie zum Beispiel Blog-Promotion und Social Media Ads aufzuladen.
Letztendlich habe ich vieles ein bisschen und dafür weniger richtig gemacht. Die effektivere Lösung ist es, besser vorbereitet zu sein, indem man ein Thema nach dem anderen angeht und seine Ziele sowie den Weg dahin gut plant. Um es mit Arnold Schwarzeneggers Worten zu sagen: „If you don’t tell your navigational device where you want to end up, how will it be able to lead you there?“

9. Gute Planung erspart unnötigen Stress

Auch mit glasklar formulierten Zielen kann man auf die Nase fallen, wenn man deren Umsetzung nicht richtig plant. Zeit, Geld, Nerven und Kontakte sind begrenzt belastbare Ressourcen, für deren Aufrechterhaltung und optimale Nutzung sich eine gute Planung lohnt.
Stellt euch folgende Fragen:
Was ist mein Ziel? Wie erreiche ich es? Was sind die nötigen Zwischenschritte und wie kann ich sie umsetzen? Was kostet das, wen brauche ich dafür und gegebenenfalls auch: Was kostet derjenige? Wie viel Zeit muss ich dafür einplanen? Gibt es einzuhaltende Vorläufe oder Deadlines? Welche Probleme könnten auftreten und wie bereite ich mich darauf vor?
Wenn ihr euch diese Fragen im Vorfeld stellt und beantwortet, wird euer Projekt mit Sicherheit stressfreier und befriedigender ablaufen.
Dies hat sich in unserem Fall vor allem beim Dreh der Videos gezeigt, die trotz wochenlanger Planung eine Zerreißprobe für alle Beteiligten waren. Wir haben unsere Musikvideos an Wochenendblöcken gedreht. Im ersten Drehblock waren es ganze vier Musikvideos an zwei Tagen. Das war wirklich nur deshalb möglich, weil wir die Blöcke minutiös durchgeplant und alle Rollen und Aufgaben glasklar verteilt hatten.
Häufig hilft es, vom Ziel aus „zurückrechnen“ und so zu überlegen, wie genau das klappen kann und ob es realistisch ist. Ein Beispiel:
Ziel: Im nächsten Jahr will ich 50 Gigs spielen.
Aufwand: Bei einer einigermaßen realistischen Erfolgsquote von einem erfolgreichen Booking bei 10 Erstkontakten müsste ich circa 500 Menschen kontaktieren, das wären ungefähr 42 Erstkontakte pro Monat, plus zwei bis drei Runden nachhaken pro Adresse. Das ergibt knapp 130 E-Mails pro Monat, also fünf pro Tag plus die nötige Recherche im Vorfeld.
Evaluation: Kann ich das leisten?
Ja? Cool, dann machen! Nein? Auch cool! Dann aber:
Anpassung: Wie viel kann ich denn leisten? Zum Beispiel: 2-3 E-Mails pro Tag.
Realistischeres Ziel: Mit welchem Ergebnis kann ich dann rechnen? Halb so viele E-Mails = halb so viele Gigs, also 25 Gigs im Jahr.
Evaluation: Bin ich damit zufrieden?
Ja? Cool, machen. Nein? Auch cool! Nächste Frage:
Anpassung: Kann ich die Arbeit an jemand anderen abgeben oder kann mir jemand zuarbeiten indem er/sie zum Beispiel die Recherche übernimmt?
… und so weiter und so fort.
Für meine eigene Arbeit, vor allem die Promotion, bin ich jedoch nicht so strategisch und gut sortiert vorgegangen. Mein Ziel war, so viel Reichweite wie möglich zu generieren. Ich habe mir also selbst zum Ziel erklärt, jeden für unsere Musik relevanten Blog, jedes Magazin und jede Playlist zu kontaktieren, die ich finden kann – no excuses. Diese Zielsetzung entpuppte sich jedoch als Hamsterrad, denn es gibt immer noch einen Blog, eine Playlist oder ein Webzine mehr, das man kontaktieren könnte. Nach ungefähr einem halben Jahr hat mir die Erschöpfung jedoch eine Pause aufgezwungen, durch die ich meinen Workload und meine Selbstorganisation reflektieren und optimieren konnte – und von da an lief es deutlich besser.
Ab zwei Wochen vor Release wurden eine Woche lang jeden Tag mindestens zwei, maximal fünf Blogs kontaktiert, die noch nicht über uns berichtet hatten. Genau eine Woche vor Release habe ich all die Blogs bemustert, die schon mal über uns berichtet hatten. Am Release-Tag habe ich zehn Spotify-Playlists kontaktiert, in der darauffolgenden Woche zwei weitere pro Tag. So war der entstandene Workload realistischer, übersichtlicher, leichter zu bewältigen und am wichtigsten: die Ergebnisse wurden ebenfalls immer besser!

10. Personalunion ist möglich, aber schwierig

In der ganzen Zeit hatte ich einen Freund, Manager und Motivator an meiner Seite, ohne den es weder die Idee zum Release-Marathon noch die nötige Struktur und Motivation zur Umsetzung gegeben hätte. Das hat mir enorm viel Arbeit abgenommen, doch war selbst die übrige Arbeit noch eine krasse Herausforderung für mich.
Die größten Learnings auf diesem Weg hatte ich meist immer dann, wenn ich mir einen guten Rat geholt habe, zum Beispiel durch Beratungsgespräche mit erfahrenen Leuten aus dem Musikgeschäft und von guten Freunden und Kollegen.
Die große Schwierigkeit bei so einer Form von Personalunion besteht letztendlich darin, sich fortlaufend zu motivieren, zu organisieren und auch zu reflektieren. All diese Dinge habe ich erst im Zuge der Aktion gelernt. Das hat es mir letztendlich ermöglicht, bis zum Ende durchzuhalten.

Fazit

12 Monate, 12 Singles, 12 Videos – das klingt nicht nur anstrengend, das ist es auch. So einen Release-Marathon anzugehen, bedarf einer guten Planung und vor allem jeder Menge Motivation. Es war aber schlussendlich sehr lohnenswert und hat uns dabei geholfen, sichtbar zu werden und Aufmerksamkeit zu bekommen. Ich würde es trotz der Arbeit und bisweilen stressigen Phasen zwar nicht genau so noch einmal machen, aber durch diesen riesigen Schritt aus meiner Komfortzone habe Ich so wahnsinnig viel gelernt, dass Ich behaupten kann, dass sich jeder Cent, jede Minute Arbeit und all der Stress absolut gelohnt haben!
Es ist zwar anstrengend und eine Menge unbezahlter, aufreibender Arbeit, die man bereit sein muss zu erledigen, wenn man sich selbst zur DIY-Release-Maschine erklärt und auf diesem Wege damit loslegt, seine Musikkarriere in Gang zu bringen. Aber der Schritt raus aus der Komfortzone und hinein in die Öffentlichkeit ist wichtig und lohnt sich allemal!
Also los geht’s: Ziele setzen, Pläne machen und raus aus dem Proberaum! Was soll schon passieren? Im schlimmsten Fall geht etwas schief oder es klappt nicht alles so, wie man will – was ihr daraus zieht, sind aber immer Erfahrungen, die euch helfen, es besser zu machen. Kaum jemand setzt sich das erste Mal an ein Instrument und spielt beim ersten Versuch ein komplexes Musikstück fehlerfrei durch. Am Ball zu bleiben, lohnt sich.
Wenn man es wirklich will, dann kann man auch in seine Musikkarriere Zeit, Geld und die notwendige Mühe investieren, die es braucht, um sich zum Beispiel mit dem Thema Marketing  auseinanderzusetzen und sich endlich mal sichtbar machen für die Welt – und unsere Version davon war es eben, einen Release-Marathon zu laufen.
Und zum Schluss, once more with feeling:
1. Promotion lohnt sich
2. Qualität > Quantität
3. Follow / Unfollow lohnt sich nicht
4. Was am Ende zählt, ist die Musik
5. Schlechte Ads verbrennen Geld
6. Kreativität > Geld
7. Viele Musikvideos ≠ Viel Reichweite
8. Klare Ziele helfen
9. Gute Planung lohnt sich
10. Ein guter Rat ist Gold wert

Noch Fragen? Anregungen? Anmerkungen? Andere Meinungen? Eigene Erfahrungen? Ab damit in die Kommentare, ich bin gespannt!

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