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Marshall JVM 215C Test

Nach wie vor erfreuen sich die Amps der JVM-Serie des britischen Traditionsherstellers ungeteilter Beliebtheit. Kein Wunder also, dass neben zwei Topteilen mittlerweile auch drei Combo-Versionen angeboten werden. Den größeren Bruder hatten wir erst kürzlich im Test, heute ist der kleinste im Bunde an der Reihe. Dabei wird der aufmerksame Leser feststellen, dass es sich bei ihm tatsächlich um genau den Amp handelt, den Joe Satriani bei unserem bonedo-Feature benutzt hat!

Für alle, die mittlerweile nicht mehr so ganz durch die Bezeichnungen steigen: Der JVM 215C hat, wie bereits erwähnt, mit dem JVM 210C und dem JVM 205C noch zwei Brüder, die sich in ihrer Leistung unterscheiden. Ersterer kommt mit 100, letzterer mit 50 Watt, und beide mit zwei Speakern, einem Vintage 30 und einem Heritage. Der zu testende Amp kann mit 50 Watt Leistung aufwarten, aber lediglich einem Celestion G12 B Speaker.

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Details

Rein optisch betrachtet handelt es sich natürlich um einen waschechten Marshall, mit allem, was dazugehört. Das goldfarbene Bedienfeld darf da ebenso wenig fehlen wie der weiße Marshall-Schriftzug auf der Frontbespannung. Insgesamt ist der Kleine gut verarbeitet und macht einen roadtauglichen Eindruck. Auf der Oberseite ist ein Tragegriff verbaut, mit dessen Hilfe sich die immerhin 26,5 kg noch recht komfortabel transportieren lassen, und vier Gummifüße garantieren einen sicheren Stand.

Das Bedienfeld:
Ganz links wird die Gitarre mit dem Verstärker verbunden. Es folgen zwei Taster für Overdrive- und Clean-/Crunch-Mode. Der Clou der JVM-Serie besteht darin, dass jeder Kanal drei Modes beinhaltet. Jeder Mode steht für einen anderen Grundsound. So ist es möglich, mit zwei Kanälen sechs grundverschiedene Sounds abzurufen, die per Mode-Taster nacheinander aufgerufen werden, was natürlich auch mit dem mitgelieferten Vierfach-Fußschalter möglich ist.

Jeder der beiden Kanäle ist identisch aufgebaut und beherbergt jeweils einen Regler für Gain, Treble, Middle, Bass und Volumen. Rechts daneben befindet sich die Reverb-Sektion mit einem eigenen Poti für jeden Kanal. In unserem Fall handelt es sich um einen digitalen Hall, der sich sowohl von Hand als auch über das Floorboard ein- und ausschalten lässt. Kommen wir zu einem für Marshall untypischen Regler mit der Bezeichnung Resonance, der in die Endstufencharakteristik eingreift. Je weiter er aufgedreht wird, desto mehr Fundament bekommt der Sound. So lässt er sich je nach Lautstärke an die Umgebung anpassen, bei geringeren Lautstärken zum Beispiel satt und voll, oder bei Bedarf auch umgekehrt. Das erhöht die Flexibilität des ohnehin schon gut bestückten Combos.
Es folgen der obligatorische Presence-Regler sowie zwei Master Volumen-Potis, die sich ebenfalls per Hand oder Fuß aktivieren lassen. Rechnet man die Möglichkeit mit ein, dass sich jeder Modus auch noch boosten lässt, erhält man so Zugriff auf 12 unterschiedliche Settings. Mit einem FX Loop-Taster wird der Effektweg ein- oder ausgeschaltet und mit dem MIDI Programmschalter der Fußschalter programmiert.
Insgesamt ist das Bedienfeld sehr aufgeräumt und erschließt sich quasi von selbst, so wie man es in der Regel von Marshall kennt.

Die Rückseite:
Die Rückseite bietet Altbekanntes: Fünf Lautsprecherbuchsen (1x 16, 1x 4, 1x 8, 2x 8, 2x 16 Ohm) lassen nahezu jede Boxen-Kombination zu. Der Pegel des Effekteinschleifweges kann mithilfe eines Druckschalters von -10dB auf +4dB umgestellt und der Effektanteil mit einem Poti angepasst werden. Dazu kommt ein Poweramp-Insert/Serial-Loop. Diese lässt sich mit einem Schalter aktivieren und ist nichts anderes als ein serieller Effekteinschleifweg. Im Gegensatz zu seinem Kollegen links daneben lassen sich hier nur Effektgeräte mit Line-Pegel anschließen. Dazu wird auch dringend geraten, da sich sonst der Sound massiv verschlechtert, weil das gesamte Signal durch das Effektgerät geht.
Also links in die FX Loop Pedale und rechts die Studioteile einstöpseln. Ein XLR-Line Out darf natürlich auch nicht fehlen.

Der Fußschalter wird mit einem ganz normalen Klinkenkabel angeschlossen, es ist keine Spezial- oder Multicore-Ausführung notwendig. Dank der MIDI-In/-Out Buchsen lässt sich auch MIDI-Equipment einbinden. Alle Verstärker der JVM-Serie besitzen keine Halbleiter im Signalweg, was der Dynamik sehr zugutekommt. Alle Pegel werden komplett in Röhrentechnik verarbeitet und sämtliche Schaltvorgänge werden durch Relais gesteuert. Wie genau sich das alles anfühlt und vor allem, wie es klingt, hört ihr am besten selbst.

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Praxis

Der mitgelieferte Vierfach-Fußschalter macht einen unverwüstlichen Eindruck und bietet zwei Betriebsarten: Im Switch Store Mode lässt sich jeder einzelne der vier Fußtaster so konfigurieren, dass er die Funktionen eines beliebigen Frontplattenschalters übernimmt. Im Preset Store Modus kann jeder Fußtaster so konfiguriert werden, dass er den momentanen Ampstatus speichert. Damit kann sich der Musiker seinen Fußschalter an die eigenen Bedürfnisse anpassen.

Genug der Worte, die Röhren glühen bereits und das SM57 hat Platz vor dem Lautsprecher genommen.

Wie immer gehts mit den Cleansounds los und die Einstellung des EQs ist für alle Kanäle in der Mittelstellung. Dasselbe gilt natürlich auch für die Gainregler. Die drei Modi jedes Kanals werden analog zur LED-Anzeige Green, Orange und Red genannt. Im Green Mode des Clean/Crunch Kanals wird der Volumenregler aus dem Signal genommen, um ein möglichst unverfälschtes Signal zu erhalten, ganz in der Tradition klassischer Röhrenamps, die ihren eigentlichen Sound aus der Endstufe beziehen. Das ist der einzige Modus, bei dem dies übrigens der Fall ist.

Audio Samples
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CH 1 Green Tele Hals

Für das Audio-File habe ich eine Telecaster in der Halsposition verwendet.

Die Akkorde klingen voll und sind nicht so superclean, was ich durchaus reizvoll finde. Es klingt typisch nach Marshall, eine gewisse Rauheit lässt sich nicht leugnen.

Ich schalte jetzt in die Stegposition.

Audio Samples
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CH 1 Green Tele Steg

Natürlich ändert sich schlagartig das Klangbild und die Tele zeigt Zähne. Durch die Klangcharakteristik des Combos bekommt diese Spielweise die Portion Schmutz, die sie benötigt. Die Attacks werden sehr schön herausgearbeitet, jedoch habe ich das Gefühl, als ob ein Compressor ganz leicht seine Hände über das Klanggeschehen gelegt hat, was natürlich nicht der Fall ist, denn wir wollen ja hören, wie der Amp unverfälscht klingt.

Der Orange-Mode ist angelehnt an die Vorstufendesigns der klassischen Marshall JTM 45 und des 1959 Plexi. Und das klingt mit der Tele in der Halsposition so:

Audio Samples
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CH 1 Orange Tele Hals

Augenblicklich wird der Sound rauer und heraus kommt ein wundervoll satter Crunchsound. Breitbeinig macht der kleine Combo auf sich aufmerksam und macht klar, warum Marshall vorne draufsteht. Die Mitten treten etwas mehr in den Vordergrund und der Sound wird kompakter, ohne seine Luftigkeit zu verlieren.
Toll!

Mal hören, ob sich die Les Paul ähnlich wohlfühlt.

Audio Samples
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CH 1 Orange Les Paul Steg

Jawoll, das tut sie. Bauartbedingt klingt eine Paula nun mal fetter und etwas komprimierter und das ist auch gut so! Der JVM arbeitet den klassischen Rocksound hervorragend heraus und wandelt das Signal sehr dynamisch um. Der Celestion G12B zeigt hier zu Recht, warum er lange Zeit der Speaker in Marshall Cabinets war und deshalb auf unzähligen Platten zu hören ist. Die Art und Weise, wie der Speaker Obertöne herausarbeitet, ist absolut stilprägend.

Im Red Modus lehnt sich der Combo an den JCM800 Modell “2203“ an.
Ohne übertreiben zu wollen, kann man behaupten, dass der JCM 800 der Rockamp schlechthin war/ist und auf Scheiben von Guns´n´Roses über Slyer und allen denkbaren Schattierung dazwischen vertreten ist. Mal hören, ob der JVM wirklich herankommt.

Audio Samples
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CH 1 Red Les Paul Steg

Ich würde sagen, das ist schon ziemlich nah dran! Natürlich bietet eine 1×12“ Box nicht das Fundament und die Luftigkeit einer 4×12“ Box, aber der Grundsound ist ganz klar an den Klassiker angelehnt. Wer es braucht, kann problemlos eine größere Box anschließen. Übrigens, kennt eigentlich noch jemand dieses Riff?

So, jetzt schultere ich die Düsenberg Starplayer und füttere den Combo mit ein paar Rock ‘n’ Roll Riffs. Ich muss sagen, das macht wirklich Spaß. Wie gesagt, es handelt sich hier ja um einen Combo und dementsprechend wird der Sound etwas nasaler, aber ich finde, das hat durchaus seinen Reiz und gefällt mir ausgesprochen gut!

Kommen wir zum zweiten Kanal.

Im Overdrive-Kanal bildet ein getunter JCM 800 die Grundlage des Green Modus, der die Grundcharakteristik des Red Channels im ersten Kanal hat, jedoch mehr Zerrintensivität besitzt.

Audio Samples
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CH 2 Green PRS Steg

Für das Soundfile habe ich eine PRS Starla verwendet. In der Tat ist die Grundcharakteristik wie die des ersten Kanals im Red Mode, nur mit einer Extraportion mehr Gain. Das Höhenbild wird etwas präsenter und durch die größere Zerre fließen die Töne mehr zusammen, perfekt für dreckige Blues- oder auch Rockriffs, bei denen auch soliert wird.

Audio Samples
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CH 2 Green Duesenberg Steg

In Verbindung mit der Düsenberg wird deutlich, wie feinfühlig der JVM 215C auf unterschiedliche Gitarren reagiert. Die Charakteristik verändert sich merklich und die Düse mutiert zum Riffmonster.

Ich schalte jetzt einmal das Reverb ein und greife wieder zur PRS.

Audio Samples
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CH 2 Green PRS Mid Reverb

In diesem Fall habe ich den Hall bewusst weiter aufgedreht, um den Effekt deutlicher herauszuarbeiten.

Sehr feinfühlig legt er sich um die Töne und verdichtet sie. Das Reverb klingt ausgesprochen gut und plastisch, ich habe in keiner Sekunde das Gefühl, dass es sich hier um eine digitale Variante handelt.

Der Orange Mode basiert auf dem Green Mode, jedoch wird eine Vorstufenröhre zugeschaltet und sorgt damit für einen gehörigen Gainschub.

Für die Soundfiles habe ich eine Les Paul verwendet, einmal mit dem Hals- und einmal mit dem Steg-PU.

Audio Samples
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CH 2 Orange Les Paul Steg CH 2 Orange Les Paul Hals

In der Stegposition erzeugt der Amp den typischen Marshall Heavy-Sound, sehr formbar, leugnet aber zu keinem Zeitpunkt seine Herkunft. Der Klang bleibt trotz hoher Zerrintensität straff und quittiert jeden Anschlag mit einem fetten Schmatzen. Durch seine 50 Watt mischt sich hier auch die Endstufe ins Geschehen ein und trägt ihren Teil zum Sound bei. Gerade im Bassbereich ist das bei den Achteln sehr schön herauszuhören. Die Töne “federn“ zwischen den Anschlägen und erzeugen so eine Wuchtigkeit, die für diese Spielweise unabdingbar ist.

Interessant wird es mit dem Hals Pickup. In der Regel tendieren Amps mit hohem Zerrgrad in dieser Einstellung zum Matschen. Das Gegenteil ist hier der Fall! Jeder Ton ist wunderbar herauszuhören, gerade die Anschläge machen eine Menge Obertöne frei, die den Attacks ihre Durchsetzungskraft verleihen.

Als Letztes hören wir den Red Mode. In diesem Mode werden im Grunde aktuelle Marshall-Sounds mit großem Gain-Potenzial generiert.
Hier muss man schon wirklich aufpassen, da selbst Gitarren, die sonst feedbackresistent sind, gehörig ins Pfeifen kommen. Ich empfehle aus diesem Grund, den Amp auf dem Boden stehen zu lassen, ist eh gesünder 🙂

Audio Samples
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CH 2 Red Les Paul Steg

Hier habe ich eine Les Paul mit dem Steg-Pickup verwendet.

Die Zerrintensität ist schon unglaublich. Hier bleibt kein Auge trocken, Shredder fühlen sich hier genau so wohl wie gestandene Rocker, kein Wunder, dass Joe Satriani sich für diese Amp-Serie entschieden hat. Auch hier ist das Klangbild typisch Marshall, sprich, jede Menge Mitten, viele Obertöne und der klassische britische Sound, den EL34 Endstufenröhren erzeugen.

Im letzten Beispiel kommt eine Strat mit Jeff Beck Humbucker zum Einsatz.

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CH 2 Red Modern Strat Steg

Der Sound wird im Gegensatz zur Paula schlanker und spritziger. Wie gesagt, an der Einstellung habe ich nichts verändert. Jeder Ton ist selbst bei schnelleren Pickings sehr akzentuiert herauszuhören, auch hier verwischen die Töne nicht oder werden von irgendwelchen Frequenzen überschattet.

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Der JVM 215C ist uneingeschränkt zu empfehlen. Seine geringen Abmessungen und die enorme Flexibilität machen ihn zu einem echten Allrounder auf der Bühne und im Studio, denn der Combo klingt hervorragend, leise wie laut – und 50 Röhrenwatt sind eine ziemliche Ansage! Meine Begeisterung für den Combo ist riesig, da er viele klassische Marshall-Sounds anbietet und durch die Flexibilität im Grunde überall einzusetzen ist, wo die “Farbe“ Marshall gefragt ist. Die Bedienung ist intuitiv und durch die flexible Programmierung des Fußboards ist es sehr einfach, sich den Amp auf seine Bedürfnisse einzustellen. Das Preis Leistungsverhältnis ist sehr gut.

Unser Fazit:
5 / 5
Pro
  • Sound
  • Bedienung
  • Flexibilität
  • Verarbeitung
  • Preis
Contra
Artikelbild
Marshall JVM 215C Test
Für 1.569,00€ bei
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Facts
  • Hersteller: Marshall
  • Bezeichnung: JVM 215 C
  • Bauart: Vollröhren Combo Verstärker
  • Kanäle: 2 , insgesamt 6 verschiedene Sounds sofort abrufbar
  • Röhrenbestückung: 5x ECC83, 2x EL34
  • Lautsprecher: Celestion G12B
  • Maße: 605 x 510 x 265 mm (BxHxT)
  • Gewicht: 26,5 kg
  • Einschleifweg: Seriell
  • Zubehör: Fußpedal
  • Preis: 1.360,- EUR (UVP)
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