Audio-Technica AT2031 Test

Das Audio-Technica AT2031 im bonedo-Test: Es gibt unter den Audiowerkzeugen solche, die schrill und extravagant sind, aber eben auch solche, die pflichtbewußt, kreuzbrav und unauffällig ihrem Werk nachgehen. Zu letzteren Gerätschaften zählen zweifelsohne Mikrofone von Audio-Technica, die sich mit ihrem schwarzen Design in einer Aufnahmesituation geradezu wegducken – zumindest äußerlich. Doch wer in die Ausstattungslisten verschiedener Studios schaut, wird sehr wahrscheinlich das eine oder andere Mikrofon von AT dort entdecken, denn die Großmembran- und Kleinmembran-Kondensatormikrofone des japanischen Herstellers sind für ihre positiven Klangeigenschaften bekannt.

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Das Audio-Technica AT4051b etwa wird für seinen sehr hochwertigen Sound und seinen durchaus moderaten Preis geschätzt und rund um den Globus gerne verwendet. Wenn euch aber gut 1000 Euro für ein Pärchen nicht so moderat erscheinen, dann kommt ja vielleicht auch das hier getestete AT2031 infrage. Mit 177 Euro Listenpreis pro Stück ist es deutlich günstiger, sieht dem Geschwisterchen aber zum Verwechseln ähnlich! Im Rahmen unseres Kleinmembranmikrofon-Testmarathons hatten wir die Gelegenheit, die beiden im Vergleich zu hören – allerdings muss sich das AT2031 auch alleine vor der bonedo-Testkommission behaupten und darf keine großen Brüder zur Unterstützung rufen.

Details

Wenn der Begriff “Eyecatcher” sich in einer Ecke des Raumes tummelt, dann ist das schwarze Audio-Technica AT2031 garantiert in der diagonal gegenüberliegenden zu finden. Das ist überhaupt nicht böse gemeint, denn das 134 Gramm leichte und 143 Millimeter lange Kleinmembran-Mikrofon gibt sich angenehm undesignt und unauffällig. Allerdings ist da natürlich der sternförmige Grill über der Membran, den wir jedoch in keiner Weise kreativ überschwänglichen Designern, sondern Ingenieuren zu verdanken haben, die damit die akustischen Verhältnisse beeinflussen. Wenige Millimeter dahinter befindet sich die Membran, die zuammen mit der Backplate den Kondensator bildet, dessen Kapazitätsveränderungen das Audiosignal erzeugen. Die zum Betrieb notwendige Kapselvorspannung wird nicht aus der (dennoch zum Betrieb des AT2031 notwendigen) 48V-Phantomspeisung generiert, sondern liegt permanent vor. Möglich ist das durch die Verwendung eines Elektret-Polymers als Material für die Backplate. Keine Angst, heutzutage ist nicht mehr zu befürchten, dass die Kapselspannung im Laufe der Zeit so stark abnehmen könnte, dass sich das klanglich negativ bemerkbar machen würde.

Fotostrecke: 5 Bilder Typischer Grill der AT-Kleinmembraner

Das Luftvolumen hinter der Membran ist nicht geschlossen, sondern über Schallumwege erreichbar. Die Dämpfung des Signals nimmt von der frontalen Einsprechung bis zur Rückseite kontinuierlich ab – die so entstandende Richtungsempfindlichkeit kennt man als Richtcharakteristik Niere. Natürlich muss Schall daher auch seitlich und rückseitig an die Kapsel gelangen, was durch die vier mit feiner Gaze verschlossenen Schlitze geschieht. Das Nichtvorhandensein einer umlaufenden Fuge unterhalb dieser Öffnungen macht deutlich, dass das Audio-Technica AT2031 kein Wechselkapselmikrofon ist. Bis zum Fuß, in dem wie bei eigentlich allen Kleinmembranern die dreipolige, männliche XLR-Buchse eingelassen ist, findet man keine weiteren Merkmale. Doch, halt! Ein kleiner Schalter ist vorhanden, mit dem sich bei Bedarf das Hochpassfilter aktivieren lässt. Dessen Grenzfrequenz erscheint auf den ersten Blick mit 150 Hz recht hoch angesetzt, doch relativiert dies die Entspanntheit, mit der es zu Werke geht: Durch die Steilheit erster Ordnung beträgt die Abnahme des Pegels nur 6 Dezibel pro Oktave (also Frequenzhalbierung). Die deutlichste Dämpfung erfährt das Signal also dort, wo AT die untere Übertragungsfrequenz angibt, bei 20 Hz. Laut Frequenzdiagramm kommt das bei deaktiviertem Filter auch tatsächlich hin. Unterhalb von 200 Hz ist aber generell eine sanfte Absenkung zu erkennen, bei 80 Hz sogar ein deutlicher Dip. Dadurch wird das Mikrofon wahrscheinlich etwas höhenlastiger wirken, außer, man mikrofoniert näher an der Schallquelle. Der Frequenzgang gilt nur für Abstände von 30 Zentimetern und mehr, denn darunter bekäme man es mit dem Nahbesprechungseffekt zu tun, der bekanntlich für eine Bassanhebung sorgt. Allerdings ist dieser Effekt bei Kleinmembranern und bei den meisten damit aufgenommenen Schallquellen eher unerwünscht. Oberhalb von 2 kHz beginnt ein stetiger Anstieg im Graphen, der nur unterbrochen wird durch einen kleinen Dip bei etwa 7 kHz und in einem deutlichen Boost von ca. 8 dB bei 12 kHz gipfelt. Bei der von Audio-Technica angegebenen Grenze von 20 kHz durchquert die Linie wieder die 0 dB, die bei 1 kHz immer als Ausgang für Messungen genommen wird.

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Ordentlich empfindlich zeigt sich unser Kandidat mit 19,9 mV/Pa, das Rauschen scheint moderat (17 dB SPL), die Pegelfestigkeit sehr hoch. 141 dB SPL werden hier angegeben, jedoch für 1% THD, nicht für 0,5%. Aber das ist immer noch vollkommen in Ordnung. Die Impedanz des Mikrofons liegt bei 85 Ohm, also eher im unteren Bereich. Allerdings sind die Eingangsimpedanzen heutiger Mikrofon-Vorverstärker meist weit über einem Kilo-Ohm (also wie “vorgeschrieben” mindestens fünfmal so hoch), sodass eine zu geringe Höhenwiedergabe recht unwahrscheinlich scheint.

Praxis

Das Kleinmembran-Mikrofon Audio-Technica AT2031 muss zeigen, ob die äußeren familiären Erscheinungsmerkmale sich im Klangcharakter fortsetzen; die gehobene Verwandtschaft macht ihren Job gut, soviel darf vorgreifend schon verraten werden. Und tatsächlich, klanglich hat das AT2031 den typischen Stallgeruch von Audio-Technica. Doch immer langsam mit den jungen Pferden: Wie zu erwarten, klingt das Mikrofon recht höhenreich. Was zunächst positiv anmutet, hat auch einen Nachteil, den ich im vorliegenden Fall als “Fundamentarmut” beschreiben will. Liegt der Grundtonbereich eines Instrumens unter 200 Hz – und das ist häufig der Fall – wirkt das Audiosignal schnell etwas unkomplett und lässt es dadurch an Natürlichkeit vermissen. Im direkten Vergleich wird man das AT vielleicht sogar deutlich teureren Mikrofonen vorziehen wollen, doch nach einigem Gebrauch (oder Hören) sollte klar geworden sein, dass man dem bekannten Phänomen auf den Leim gegangen ist, brilliantere, präsentere, vor allem aber natürlich einfach “lautere” Signale besser zu finden. Nun gut, es gibt da ja noch die technische Errungenschaft namens Equalizer, doch sollte es nicht das Ziel sein, diesen standardmäßig mitverwenden zu müssen.

Fotostrecke: 4 Bilder Audio-Technica AT2031 im Praxistest

Das Hochpassfilter dient beim AT2031 ganz klar nur der Kompensation des Nahbesprechungseffektes, denn mit der Tiefensperre entfernt man sich noch weiter von der Ausgewogenheit. Ein weiteres Manko kann ich ausmachen, und wer schon einige Testberichte über Kleinmembraner dieser Preisklasse gelesen hat oder über einige Erfahrung im Umgang mit ihnen verfügt, wird es vorausahnen. Es ist das Air Band, das trotz der recht starken Ausrichtung des Mikrofons auf die Höhen wieder einmal unterrepräsentiert ist. Dies geschieht natürlich auch durch den benachbarten Boost bei 12k.

Audio Samples
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Audio-Technica AT2031 Referenz Schoeps CMC-64

Im Gesamtbild klingt das Audio-Technica wie im Präsenzbereich mit einem EQ bearbeitet. Mir wäre das AT2031 daher für viele Anwendungen etwas zu beißend und käme – eine Auswahl an höherwertigen Mikrofonen vorausgesetzt – nur dort zum Einsatz, wo ich mir sicher sein kann, eben diesen Bereich schon mit dem Mikrofon klar herausarbeiten zu wollen. Und das wäre eher selten. Allerdings kann ich das schwarze Stäbchen auch in Schutz nehmen. Man kann eine wirklich ordentliche Auflösung feststellen, die die Benutzung eines EQs zum Anheben und natürlich auch zum Absenken nicht zur Qual machen. Wirklich auffälliges Verschmieren und Verkleben kann nicht festgestellt werden, auch Impulse werden vernünftig übertragen. Ebenfalls angenehm: Zu einem süßen Pärchen zusammengestellt, schlagen sich die beiden gut und bewirken ein wirklich gut dargestelltes Stereobild. Um den Kreis zu schließen und wieder zu Äußerlichkeiten zurückzugelangen: Beide AT2031 aus dem Test waren wirklich sehr gut verarbeitet.

Fazit

Man merkt dem Audio-Technica AT2031 die Familienzugehörigkeit deutlich an, und damit ist insbesondere das teurere AT4051B gemeint, und das nicht nur optisch, sondern auch klanglich. Allerdings ist das AT2031 weit weniger fein und lässt es ein wenig an Bassfundament und an den absoluten Höhen fehlen, trotz oder gerade wegen deutlicher, streckenweise sehr forciert klingender Prominenz der Höhen insgesamt – ganz, ganz oben fehlt dann doch etwas. Zugute halten kann man ihm, dass es trotz des äußerst geringen Preises eine vernünftige Auflösung liefert und sehr gut verarbeitet ist. Hier zeigt sich auch bei Audio-Technica die allgemeingültige Logik, dass mehr Klangqualität eben auch mehr Geld kostet, siehe AT4051B. Ausnahmen von dieser Regel sind selten zu finden. Wer aber für ein Stereopärchen nur gut 300 Euro zur Verfügung hat und einen eher höhenlastigen Sound sucht, für den ist das AT2031 eine der besten Optionen, die der Markt momentan hergibt.

Pro
  • gute Auflösung
  • preiswert
  • tadellos verarbeitet
Contra
  • Höhen-Boost etwas stark und künstlich klingend
Die Audio-Technica AT2031 klingen ordentlich für ihren Preis.
Die Audio-Technica AT2031 klingen ordentlich für ihren Preis.
Spezifikationen
  • Empfängerprinzip: Druckgradientenempfänger
  • Richtcharakteristik: Niere
  • Wandlerprinzip: Kondensator
  • Betriebsspannung: 48V Phantomspeisung
  • Frequenzgang: 20 Hz – 20 kHz
  • Übertragungsfaktor: 19,9 mV/Pa
  • THD+N: 12 dB(A-bewertet)
  • maximaler Schalldruckpegel: 141 dB SPL (1% THD)
  • Hochpassfilter: 150 Hz (6 dB/oct)
  • Preis (Stück): € 177,-(UVP)
Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • gute Auflösung
  • preiswert
  • tadellos verarbeitet
Contra
  • Höhen-Boost etwas stark und künstlich klingend
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Audio-Technica AT2031 Test
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Profilbild von Chris

Chris sagt:

#1 - 18.12.2015 um 09:37 Uhr

0

Hey Nick,wo finde ich nochmal das File vom AT2031 zu Download? Wir hatten doch festgestellt, daß das FIle im ZIP Ordner das des At4051b ist...Danke dirLGChris

    Profilbild von Nick (Redaktion Recording)

    Nick (Redaktion Recording) sagt:

    #1.1 - 21.12.2015 um 06:59 Uhr

    1

    Hallo Chris,unter http://www.bonedo.de/artike... findest Du das entsprechende File inAlle KM Nieren 44 1 k Hz 16 Bit (169 MB)Beste Grüße,
    Nick

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