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Pioneer DJM-600 Test

DJs, die regelmäßig in Clubs auflegen, werden dem DJM-600 von Pioneer ziemlich häufig begegnen. Schließlich wird der 600er seit nunmehr über 10 Jahren hergestellt, ohne dass von ihm eine überarbeitete Version herauskam. Stattdessen konzentrierte sich Pioneer auf die Platzierung neuer Geräte am Markt, wie etwa dem DJM-700/800/909 und dem DJM-1000. Trotzdem hat der Hersteller die unverbindliche Preisempfehlung des 600ers nie heruntergesetzt. Das Teil steht nach wie vor mit einem Listenpreis von € 1.069 bei Pioneer auf der Homepage. Grund genug für uns zu hinterfragen, ob das Pult einer aktuellen Preis-/Leistungsprüfung standhält.

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GEHÄUSE & CO
Wie seine Brüder kommt auch der Pioneer-Bolide als Tabletop-Mixer daher und ist vierkanalig ausgeführt. Der Einbau in ein 19″-Rack ist von Pioneer nicht vorgesehen worden. Mit seinen Standardmaßen von 320 x 107 x 372 (B x H x T in mm) lässt er sich optimal zwischen zwei Technics-Turntables platzieren und schafft somit eine einheitliche Arbeitshöhe. Das Gehäuse ist komplett aus Metall gefertigt und macht einen soliden Eindruck. Der Netzanschluss des 600ers ist ein fester, zweipoliger Netzstecker, also kein Kaltgeräteanschluss. Somit existiert keine Masseanbindung des Gerätes trotz Verwendung eines Metallgehäuses, was meiner Meinung nach nicht nur nicht mehr zeitgemäß ist, sondern definitiv zu Entladungen führen kann, die dann am DJ abfallen.
Darüber hinaus kann der Mixer so nicht als zentraler Knotenpunkt einer sternförmigen Masseführung dienen, was bei DJ-Setups mit Laptop und Effektgeräten sehr wichtig sein kann.

CHANNEL-FEATURES
Der DJM-600 ist mit vier vollständigen Kanalzügen und einem separaten Mikrofon-Kanal ausgestattet, die den Anschluss von drei Plattenspielern, fünf Line-Quellen und einem Mikrofon (oder zwei Turntables, fünf Line-Quellen und zwei Mikrofonen) zulassen. Die Kanäle 1-4 verfügen über einen 3-Band-EQ (Hi, Mid & Low) und eine Aufholverstärkung  sowie einem Eingangswahlschalter, welcher als Kippschalter ausgeführt wurde. Die EQ-Bänder ermöglichen einen Cut/Boost von –26dB/+12dB und erlauben somit einen großen klanglichen Einfluss auf die Signalquellen. Das Hochton-Band setzt bei 13kHz an, das Mitten-Band bei 1kHz und das Tiefen-Band bei 70Hz. Sowohl Grenzfrequenzen als auch der Regelbereich von Cut/Boost entsprechen heutigen Standards, wobei ich mir wünschen würde, dass der Regelbereich für einen maximalen Boost von 6-8dB genutzt würde, da man so durch einen größeren Regelweg mit viel mehr Gefühl arbeiten kann, was insbesondere bei hohen Lautstärken sehr wichtig werden kann, wenn man die Ohren seiner Zuhörer nicht unnötig strapazieren möchte.

Der 3-Band EQ des Mikrofon-Kanals arbeitet mit einem maximalen Arbeitsbereich von +/-12dB und findet seine 3dB-Punkte bei 10kHz (Hi), 1kHz (Mid) und 100Hz (Low), was für die Nutzung eines Mikrofons auch praktikabler ist.
Alle Kanäle stellen zweifarbige Mono-Peakmeter bereit, welche mit 15 LED-Segmenten sehr exakt über die Pegelverhältnisse informieren. Nur der Mikrofonkanal verfügt über kein Metering. Ein Stereo-Peakmeter stellt die Verhältnisse des Master-Kanals dar. Der Abgriff des Master-Meters liegt hinter dem Master-Fader, die Abgriffe für die Kanäle wurden hingegen pre Fader und post EQ  gesetzt, was absolut der Norm entspricht und völlig praxistauglich ausfällt. Ebenso verhält es sich mit den Abgriffen für den Kopfhörer (Cue).
Sowohl die vier Channel- als auch der Master-Fader stellen einen physikalischen Regelbereich von 45mm zur Verfügung, um ein Signal ein- oder auszublenden. Die Fader sind leichtgängig und verrichten ihren Job angemessen und gut. Es handelt sich dabei weder um ALPS-, noch um optische, aber immerhin um austauschbare Fader, eine ältere Standardausführung, die weder wegen besonderer Qualität berühmt, noch als große Schwachstelle berüchtigt ist.

CROSSFADER
Der Crossfader verfügt ebenfalls über einen 45mm langen Regelbereich und ist von oben leicht austauschbar, was die scratchende DJ-Fraktion sehr begrüßt, da bin ich mir sicher. Die Charakteristik des Crossfaders ist nicht stufenlos regelbar. Ein dreistufiger Schalter entscheidet über die Eigenheiten der Crossfader-Kurve. Hier stehen eine lineare, eine logarithmische und eine harte Einstellung zur Verfügung.

Das Routing auf den Crossfader verfolgt ein anderes Konzept als bei aktuell hergestellten Mixern. Es gibt nämlich kein Ziel-Routing, welches von den Kanälen ausgeht, sondern ein Quell-Routing, das zwar sehr übersichtlich, aber dafür ein wenig unflexibel ist. Für jede Seite des Crossfaders stellt das DJM-600 einen mehrstufigen Eingangswahlschalter bereit, mit dessen Hilfe die Kanäle 1-4 und der Sampler anwählbar sind. In der Praxis bedeutet das Übersichtlichkeit, da man mit einem Blick erkennen kann, welcher Kanal (oder Sampler) über den Crossfader läuft und welche Kanalzüge direkt auf der Stereo-Summe auflaufen. Es bedeutet aber auch, dass niemals zwei oder mehr Signale mit dem Crossfader ein- bzw. ausgeblendet werden können, was dieses Prinzip ein wenig unflexibel erscheinen lässt. Wer also ein großer Freund der Übersichtlichkeit ist, liegt hier goldrichtig. DJs, die flexible Verwendungszwecke bevorzugen, sollten sich da allerdings nach einem anderen Mixer umsehen.

Für die Kanäle 1 und 2 hat Pioneer eine Faderstart-Option integriert. Mit dem Anschluss eines Pioneer-CD-Players über die rückseitigen Anschlüsse ist der Start der Wiedergabe eines CD-Players über Fader-Start möglich. Hierzu wird die Funktion mit den zweistufigen Schaltern für Kanal 1 oder 2, welche über dem Crossfader untergebracht wurden, aktiviert. Der CD-Player muss für diese Funktion auf dem abgespeicherten Cue-Punkt oder im Autocue-Modus und gleichzeitig auf Pause stehen.
Auf gleiche Weise lässt sich der Wiedergabestart des Samplers mit dem Crossfader triggern.

MONITOR- UND EFFEKTSEKTION
Die Kopfhörer-Sektion bietet neben einem Mix-Regler, der zwischen Cue- und Master-Bus stufenlos überblendet, noch eine Mono Split-Schaltung, welche bei Aktivierung das Cue-Signal auf die linke und das Mastersignal auf die rechte Seite des Kopfhörerausgangs routet. An Bedroom-DJs wurde also auch gedacht. Wobei die Funktion im Club auch nützlich sein kann, wenn die Monitoranlage ausfällt oder gar nicht vorhanden ist.
Der Kopfhörer-Ausgang klingt sehr satt und verfügt über genügend Leistung, um im Club zu bestehen, soviel steht fest. Einen EQ für den Kopfhörerausgang oder den Monitor würde ich mir wünschen, doch das ist vielleicht dann doch etwas viel verlangt!?
Die Effekt-Sektion hat es in sich. Sie zeigt sich als besonders vielseitig. Zum einen bietet sie einen zweikanaligen BPM-Counter, zum anderen eine Multieffekt-Einheit mit Modulationen und Delay- sowie Pitch- und Transition-Effekten.  Darüber hinaus hat der DJM-600 einen einfachen Sampler mitbekommen, mit dem sich zwar rudimentär, aber ganz gut arbeiten lässt. Mit dem Channel Select-Schalter wählt man das Ziel des Effektgerätes. Hier können die Kanäle 1-4, das Mikrofon, beide Seiten des Crossfaders oder der Master-Kanal angewählt werden. Zwei Parameter-Regler beeinflussen die Effekte. Der Time-Regler, ein Endlos-Controller, ist für die Zeitparameter der Effekte zuständig, der Level/Depth-Regler entscheidet über die Intensität des Effektes, also über das Mischungsverhältnis zwischen Original-Signal und Effektanteil. Der On/Off Tap-Taster schaltet den Effekt ein bzw. aus. Im Sample-Modus startet er die Aufnahme oder die Wiedergabe.
Sowohl das Effektgerät wie auch der Sampler arbeiten Beat-orientiert, was bedeutet, dass man vor der Nutzung immer erst die laufende Geschwindigkeit des aktuellen Stückes über den BPM-Taster unterhalb der Anzeige ermittelt und anschließend über die Beat () Step-Taster die gewünschte Sample- oder Effekt-Länge einstellt. Das kann dann über den Time-Controller feinjustiert werden. Man gelangt so sehr effektiv und schnell zum Ziel, was einem DJ sehr entgegenkommt. Man hat ja auch noch andere Dinge zu tun.

ANSCHLÜSSE
Sämtliche Kanal-Inputs sind als Cinch-Buchsen ausgeführt. Für den Anschluss der Masseleitungen der Turntables stellt der DJM-600 leider nur eine Feststellschraube zur Verfügung. Bei zwei Plattenspielern hat man teilweise schon Probleme, aber drei ist meiner Meinung nach eine echte Zumutung. Hier würde eine zweite Feststellschraube gut tun. Master-Out liegt unsymmetrisch als Cinch und symmetrisch als XLR vor. Zum Einschleifen eines externen Effektgerätes stellt das Pult unsymmetrische 6,3mm Mono-Klinken bereit. Darüber hinaus ist der Mixer mit einem Recording Out als Cinchbuchsen-Paar ausgestattet.
Des Weiteren können zwei Mikrofone angeschlossen werden. Das Hauptmikrofon, welches über einen separaten Kanalzug mit Talkover-Funktion ausstaffiert ist, wird auf der Pultoberfläche über eine XLR-Buchse in das Pult geführt. Ein zweites Mikrofon-Signal kann über eine rückseitige symmetrische Klinkenbuchse (6,3mm ) in den Mixer geleitet werden, welches dann in Kanal 4 anwählbar ist. Keiner der Mikrofoneingänge ist mit Phantomspeisung ausgestattet, so dass nur dynamische Mikros zum Einsatz kommen können.
Der Monitorausgang ist unsymmetrisch und liegt an zwei Cinch-Buchsen an, was meiner Meinung nach nicht mehr geht. Hier gehört ein symmetrischer Ausgang mittlerweile zur Pflicht und nicht zur Kür, schon gar nicht in dieser Preisklasse.

Zum Standardprogramm bei Pioneer gehören zwei Control-Buchsen für Kanal 1 und 2 in Form zweier 3,5mm Stereo-Klinken zum Anschluss zweier CD-Player von Pioneer. Über diese Verbindung wird das Faderstart-Signal vom Mixer an die CD-Laufwerke gesendet – ein, wie ich finde, sehr cooles Feature, welches leider aber nahezu ausschließlich in der Pioneer-Family blieb und sich nicht bei allen Herstellern als Standard durchsetzen konnte. Vielleicht sollte sich Pioneer auch mal langsam Gedanken über die Art der Steckverbindung machen. Natürlich wurde die Entscheidung, die 3,5mm Klinkenbuchse als Steckverbindung zu nutzen, schon vor vielen Jahren gefällt, doch ein Upgrade auf den 6,3mm Klinken-Anschluss wäre sicherlich wegen der besseren Kontaktsicherheit, Zugfestigkeit und der längeren Haltbarkeit eine nachhaltige Verbesserung und im Hinblick auf die Preise der Pioneer-Produkte auch sicherlich adäquat.

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PRAXIS UND SOUND
Praktisch ist er schon, der DJM-600…und Spaß macht er auch – soviel steht fest! Es können genügend Quellen angeschlossen und übersichtlich verwaltet werden. Die Tatsache, dass jeder Kanal über ein eigenes Meter verfügt, ist Gold wert. Die EQs verrichten ihren Job ordentlich, wenn man nicht allzu großen Einfluss nehmen will. Insbesondere der Bass-Regler ist hinsichtlich des Boost auffällig und verzerrt gern bei Verstärkungen, die über ca. 8dB hinausgehen. Im Regelbereich des Cuts sind die Klangeigenschaften der EQ-Bänder, gut und es gibt keine negativen Auffälligkeiten.

Hinsichtlich der Übersteuerungsfestigkeit muss man sagen, dass zwar genügend Headroom da ist, doch bei einer Übersteuerung des Ausgangs von ca. 15dB schleichen sich einige Rechteckschwingungen ein, die meiner Meinung nach nicht sein sollten. Dies ist insbesondere bei großen Lautstärken über PA-Anlagen nicht tauglich, da die Hochtöner schnell Schaden nehmen können. Man sollte also bei der Beschallung zusehen, dass man weder Kanal- noch Master-Bus deutlich und langanhaltend übersteuert, sondern eher im Anzeigebereich bleibt und Pegeländerungen über die Master Attenuation-Schraube regelt. Solange das auf diese Art und Weise geregelt wird, wird man auch mit dem Beschallungsergebnis zufrieden sein.

Audio Samples
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EQ High EQ Mid EQ Low Übersteuerungsfestigkeit

Das Effektgerät ist besonders vielseitig. Die meisten Effekte klingen sehr amtlich, wobei mir Delay, Echo, Filter und Flanger besonders gut gefallen. Der Transition-Effekt klingt nur dann richtig gut, wenn der gemessene BPM-Wert exakt ermittelt wurde, was aber nicht immer möglich ist, wenn es eben nicht genau 126 BPM sind, sondern 126,5 BPM, da so nicht hundertprozentig genau gecuttet wird und der Attack des nächsten Beats angeschnitten wird. Die Echtzeit-Tonhöhenkorrektur sollte man besser nicht oder nur mit 1-3% nutzen, diese produziert bei +/- 8% schon ziemlich viele Artefakte und unbeabsichtigte Flanging-Effekte.

Audio Samples
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Delay Echo Filter Flanger Reverb Transition Pitch +8 Pitch -8
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FAZIT
Der DJM-600 von Pioneer ist im Großen und Ganzen ein amtlicher Mixer, mit dem sich nach wie vor gut arbeiten lässt. Einige Features und Eigenschaften sind nicht mehr ganz zeitgemäß.
Doch wenn man die Feinheiten beachtet, lässt sich mit dem Pult mehr als zufriedenstellend arbeiten. Der Preis ist mir persönlich mittlerweile zu hoch angesetzt. Für diesen Preis sollte man ein wenig mehr verlangen können – z.B. einen symmetrischen Monitor-Ausgang, eine zweite Feststellschraube für Massekabel sowie einen Kaltgeräteanschluss.
Doch das Arbeiten mit dem DJM-600 macht Spaß und bleibt übersichtlich – auch zu fortgeschrittener Stunde. Die Highlights sind sicherlich die separaten Channel-Meter, die gut klingende Effekt-Sektion sowie die Sampler-Einheit, die jeder nahezu intuitiv bedienen kann.
Der Klang des Mixers ist (mit Einschränkungen) ebenfalls gut. Wer nicht zuviel im Bass-Bereich boostet und nicht den Anzeigebereich des Master-Kanals verlässt, kann sich an einem knackigen und neutralen Sound erfreuen.

Unser Fazit:
3 / 5
Pro
  • Sehr übersichtliches Bedienkonzept
  • Separate Peakmeter für die Kanäle
  • Handling der Samplingeinheit
  • Soundqualität der Effekte
  • Professioneller Einschleifweg
Contra
  • Faderstart über 3,5mm Klinkenbuchse
  • Nur ein Masseanschluss
  • Monitorausgang nur über Cinch
  • Keine Masse trotz Metallgehäuse
  • Zu hoher Preis
Artikelbild
Pioneer DJM-600 Test
Für 798,00€ bei
TECHNISCHE DATEN
  • DJ-Mixer mit vier Kanälen
  • zweifarbige Meter in jedem Kanal mit 15 LED-Segmenten
  • 3 Anschlüsse für Plattenspieler
  • 5 Anschlüsse für Line-Quellen
  • 2 Mikrofon-Anschlüsse über 6,3mm Klinke und XLR
  • Faderstart für 2 CD-Player und Sampler
  • Effekt-Send und -Return über unsymmetrische 6,3mm Klinke
  • Master Output über XLR und Cinch
  • Monitorausgang nur über Cinch
  • Recording Out über Cinch
  • Master Balance Regler
  • Master Stereo/Mono Switch
  • Stufenlos regelbare Pegelanpassung des Master Out
  • austauschbarer Crossfader 45 mm Quellrouting
  • 45mm Kanalfader
  • Effektsektion mit Delay, Reverb, Pan, Transition, Filter, Flanger & Pitch
  • Zeitparameter und Intensität der Effekte stufenlos regelbar
  • Auto-BPM-Counter
  • Beat Sampler-Sektion
  • Mic EQ Range +/-12 dB (10kHz@Hi, 1kHz@Mid & 100Hz@Low)
  • Channel EQ Range –24/+12dB (13kHz@Hi, 1kHz@Mid & 70Hz@Low)
  • Mono/Splitschaltung für die Kopfhörersektion
  • Maße: 320 x 107 x 372 (B x H x T in mm)
  • Gewicht: 6,6 kg
  • Maximale Leistungsaufnahme: 36 Watt
  • S/N Ratio Line: 87 dB
  • S/N Ratio Phono: 77 dB
  • S/N Ratio Mic: 69 dB
  • Preis: € 1069,00
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