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IGS Tubecore Mastering Edition Test

Einen Mangel an Stereo-Röhrenkompressoren gibt es nicht, zu vielfältig ist das Angebot quer durch alle Preisklassen

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. Dennoch kann sich IGS Tubecore Mastering Edition in diesem dichten Feld behaupten – der Tubecore ist schließlich ein Mastering-Spezialist und steckt voll von Überraschungen.
Dabei kommt das 3HE-Gerät erst einmal recht konventionell daher: Schwarze Frontplatte, Vintage-Anmutung, große Knöpfe, das alles macht einen edlen und unaufdringlichen, fast klassischen Eindruck. Dieser Look steht einem Vollröhren-Kompressor auch anno 2017 gut zu Gesicht. Es erstaunt nicht, dass der visuelle Aufbau des Gerätes ein wenig an den ehrwürdigen Fairchild erinnert, ist dieser doch die graue Eminenz am Röhrenkompressorhimmel. Aber mitnichten wollen wir den Tubecore als Klon bezeichnen, dazu ist er viel zu eigenständig konzipiert.

Details

Flexibles Gainstaging

Natürlich steht bei einem Gerät wie dem IGS Tubecore der Sound an sich im Vordergrund, sonst müsste man diesen Hardware-Aufwand heute nicht mehr treiben. Aber IGS haben die klanggestaltenden Schaltungen in ein Gerätekonzept verpackt, das mit ausgesprochen großer Flexibilität glänzen kann. Dies fängt bereits mit dem Gainstaging an, welches je nach Zählweise durch drei bis vier Bedienelemente pro Kanal definiert wird. Sämtliche derselben sind übrigens als (Dreh-)Schalter ausgeführt, was Nebengeräusche minimiert und den Recall erleichtert. Zunächst setzt man das Input Gain in 1dB-Schritten zwischen 1 und 24 dB, anschließend wird die Kompressionsschwelle in sechs Schritten zwischen -12 und 0 dB ausgewählt. Schließlich kann man noch den Ausgangspegel in 24 Halb-dB-Schritten zwischen -12 und 0 dB einstellen. Beim vierten Gain-Bedienlement handelt es sich um eine Wet-/Dry-Überblendung, abermals in 24 Schritten. Damit bleibt gewährleistet, dass der Kompressor wirklich an jedweden halbwegs sinnvollen Signalpegel angepasst werden kann, außerdem bietet der Tubecore auch ausreichend Spielraum, um die internen Röhrenstufen mehr oder weniger stark zu kitzeln.  

Fotostrecke: 3 Bilder Der Tubecore bietet Dual-Mono- und M/S-Kompression.

Kein Link

Die Attack- und Release-Parameter bieten jeweils sechs unterschiedliche Zeitkonstanten. Die Ansprechzeit kann zwischen 0,1 und 30 ms eingestellt werden, die Rückstellzeit zwischen 0,1 und 4 s. Dies sind äußerst musikalische Bereiche, die nicht nur Punch und Druck beim Mastering ermöglichen sollten, sondern auch aggressivere Verdichtungen auf Einzelspuren in greifbare Nähe rücken lassen. Weiterhin bietet der IGS-Comp ein Sidechain-Filter, das sich in beiden Kanälen separat aktivieren lässt, und zwar bei 60 oder bei 120 Hz. Für die Audiobearbeitung verfügt der Tubecore dabei über zwei Betriebsmodi – er kann als Dual-Mono-Prozessor arbeiten (eine Link-Funktion hat er nicht) und auch M/S-Kompression liefern. Der Wahlschalter hat vier Positionen, wobei die beiden äußeren den Hardwire-Bypass aktivieren. Dies ist schlau, weil man so aus jedem Betriebsmodus direkt in den Bypass schalten kann, was A/B-Vergleiche enorm erleichtert. Apropos: Die nicht vorhandene Link-Funktion lege ich dem Gerät nicht als Mangel aus. Zum einen erlaubt die Ausstattung mit Drehschaltern ein präzises und schnelles Matching beider Kanäle, zum anderen setzt man beim Mastering generell gerne ungelinkte Kompressoren ein, da zwei verkoppelte Kanäle gerne dazu führen, dass sich das Stereobild einengt.

Highend-Wandwarze

Ansonsten befinden sich auf der Frontplatte noch zwei beleuchtete VU-Meter, die ausschließlich die Pegelreduktion anzeigen, sowie der Standby-Schalter und eine große rote Betriebsleuchte im 50er-Jahre-Design. Von der Seite gesehen hat das 3HE-Gehäuse einen fast quadratischen Querschnitt, es ist also nicht besonders tief. Dies ist auch deshalb möglich, weil das proprietäre Netzteil ausgelagert wurde. Hierbei handelt es sich quasi um eine „Highend-Wandwarze“ aus eigener Fertigung. Der Vorteil einer solchen Lösung ist: Potenziell einstreuungsgefährliche Netzspannung bleibt weit entfernt von den Audioschaltungen.  

Fotostrecke: 5 Bilder Auch weil das Netzteil außerhalb der 19“-Einheit liegt, kann das Gerät ungewöhnlich schlank gefertigt werden.

Klangcharakteränderung durch Röhrentausch

Schon äußerlich macht die Hardware einen hervorragenden Eindruck. Mechanisch solide gebaut, mit großen, griffigen Bedienelementen versehen macht es Spaß, das Gerät zu bedienen. Die XLR-Audioanschlüsse befinden sich auf der Rückseite, und dort findet sich auch die wohl größte Überraschung beim Tubecore. Die Röhren sind direkt von außen zugänglich, was an sich noch keineswegs außergewöhnlich ist, aber es sind neben der Standard-Bestückung noch zwei Extra-Röhrensockel vorgesehen. Zwei der vier russischen 6N1P-WE-Doppeltrioden verbleiben stets an Ort und Stelle, die beiden anderen können vom Anwender selbst getauscht werden, und zwar wahlweise gehen 6386 (die Fairchild-Röhre), 6BC8 (wie beim Universal Audio 176) oder 5670. Damit kann der Tubecore vier Grundcharaktere von tight und transparent bis hin zu sehr stark gefärbter, dunkelwarmer Klangbearbeitung bereitstellen, wobei die Kalibrierung vom Anwender selbst durchgeführt werden kann – gewissermaßen ist der IGS vier Geräte in einem. Auch besispielsweise der Retro Sta-Level kann alternativ mit 6BJ6 oder 6386 bestückt werden, aber so umfangreich und flexibel ausgeführt wie beim Tubecore ist mir dieses Konzept noch nicht untergekommen.  

Fotostrecke: 8 Bilder Der englische Hersteller Sowter zählt zum besten, was der Markt hergibt.

Absolut hochwertige Bauteile

Auch auf Bauteilebene hat der polnische Hersteller nicht gegeizt. So werden unter anderem Metallfilmwiderstände mit 1% Toleranz sowie hochwertige WIMA-Kondensatoren verbaut, Schalter stammen vom Qualitätsanbieter ELMA. Bei den Röhren handelt es sich um NOS-Typen, die Audio-Übertrager wurden von Carnhill (Eingang) und Sowter (Ausgang) geliefert. Kurzum: Es gibt noch eine Liga „esoterischer“ Bauteile oberhalb der Komponenten des Tubecore, aber was hier unter der Haube steckt ist durch und durch solidester Highend-Standard, hier wurde nirgendwo gespart, das sind durchweg leckerste Zutaten. Bestimmte Schaltfunktionen wie etwa der Sidechain-Lowcut werden zudem über Relais ausgeführt. Zusammengefasst kann die Hardware des Tubecore also auf ganzer Breite überzeugen. Das Gerät ist solide, es sieht gut und durchaus eigenständig aus, und bei den Komponenten hat man durchweg auf hochwertigste Ausstattung Wert gelegt.

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Praxis

Macht Lust auf mehr

Man findet wirklich sehr schnell Zugang zum IGS Tubecore Mastering Edition. Die Frontplatte erklärt sich von selbst, die Bedienelemente sind übersichtlich angeordnet und schön groß, sie folgen den Einstellungen mit dem typischen satten Klicken der ELMA-Schalter. Kurzum: Der IGS lädt zum Experimentieren ein, und er macht auf Anhieb Lust auf mehr – bei einem so emotionalen Geschäft wie der Musik ist das ganz bestimmt kein Nachteil!

Fotostrecke: 3 Bilder IGS hat mit dem Tubecore ein hervorragendes Werkzeug erschaffen

Nicht nur Mastering

Bestimmte Eigenschaften prädestinieren den Tubecore für Mastering-Anwendungen, aber man täte dem Gerät Unrecht, würde man es nur auf diesen Einsatzzweck beschränken. Die maximal mögliche Pegelreduktion von 20 dB ist kein Spitzenwert, für Summen- und Subgruppenverdichtung wird man in den allermeisten Fällen aber nur einen Bruchteil dieses Wertes benötigen. Manchmal reicht es ja schon, das Material ganz leicht mit dem Kompressor zu „küssen“. Problematisch ist dieser Wert auch nach allgemeinen Gesichtspunkten keineswegs, und aus dem Mastering-Blickwinkel erst recht nicht. Das maximale Gain fällt allerdings mit 35 dB recht satt aus. Man könnte also, ähnlich wie beispielsweise beim LA-2A, auf die Idee kommen, den Tubecore als Micpreamp zu missbrauchen, solange man keine Phantomspeisung benötigt oder diese sich anderweitig besorgen kann. Die Zeitkonstanten überstreichen sinnvolle Wertebereiche – die Arbeit mit dem Tubecore flutscht, und das von Anfang an!

Audio Samples
0:00
Summe Original Summe Attack 30 ms, Release 300 ms, 100% wet Summe Attack 30 ms, Release 300 ms, 100% wet, SC-Filter 120 Hz Vocals original Vocals Attack 0,1 ms, Release 100 ms, 100% wet Vocals Attack 0,1 ms, Release 100 ms, 50% wet Vocals Attack 0,3 ms, Release 300 ms, 50% wet

Der Tubecore bläst eher auf statt plattzubügeln

Klanglich untermauert der IGS die Erwartungen die er auf Basis seiner Hardware-Ausstattung schürt, voll und ganz. Schon bei geringer Pegelreduktion und bei Standard-Röhrenausstattung wird das Klangbild spürbar verdichtet, ohne dass es sich nach „Kompression“ im negativen Sinne anfühlt. Der Tubecore bügelt nicht platt, sondern er bläst auf, um es prägnant zu fomulieren. Die Röhrenstufen und Übertrager sorgen für ein ausgesprochen samtiges Timbre, welches gerade Balladen sehr schön schmeicheln kann; eine wirklich wunderschöne Klangfarbe, fett und sämig und reichhaltig, ohne aber zu dick aufzutragen. Insbesondere gilt es hervorzuheben, dass der Bassbereich voluminöser und vollmundiger wird, das gesamte Fundament des Klangbildes wird größer, ohne dass das Ergebnis an Konturen verliert – und das auch schon, bevor das Sidechain-Filter überhaupt aktiviert wird. Dies ist eine Qualität, die man nicht hoch genug schätzen kann, verschlanken doch die allermeisten Kompressoren den Bassbereich eher. Der IGS hingegen sorgt für eine mollige Wärme, die auch ausgesprochen beruhigend auf eher zickiges Material wirken kann. Allerdings tut er dies so kultiviert, dass der Sound dabei keineswegs matt, schlaff und zurückhaltend wird, das Signal behält stets eine Physis und Präsenz, die sich behaupten kann.

Die Kompression selbst lässt sich innerhalb sinnvoll gewählter Grenzen justieren, wobei sich gerade die schnelleren Einstellungen auch auf Gruppen und Einzelsignalen bewähren. Wie das Klangbeispiel zeigt, kann der Tubecore beispielsweise eine BG-Vocal-Gruppe wuchtiger und „blockiger“ machen, so dass sie sich dichter im Mix durchsetzt und man trotzdem an Headroom gewinnt – speziell die Attack kann bei Bedarf auch so schnell gewählt werden, dass man das Gerät auch als Lautmacher einsetzen kann. Auf bassigen oder gar Summensignalen sollte man hier jedoch vorsichtig sein, aber das gilt für jeden anderen Kompressor auch…

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Fazit

Auch wenn man richtig danach sucht, ein echter Kritikpunkt will sich am IGS Tubecore Mastering Compressor nicht finden lassen. Hardware top, Verarbeitung top, Parameterauswahl und Einstellbereiche top, Klangergebnisse top – was bleibt noch zu sagen? Ach ja: Die Möglichkeit, insgesamt vier unterschiedliche Röhrentypen zur Kompression heranzuziehen ist ein Feature, das ich in dieser umfangreichen Form noch nirgendwo sonst gesehen habe. Ein echtes Sahnehäubchen, und das noch oben drauf auf die anderen Qualitäten des Tubecore. Bleibt noch der Blick auf den Kaufpreis. Wer jetzt gefürchtet hat, dass irgendeine stellare Summe aufgerufen wird bei derlei Ausstattung, der darf umgehend beruhigt werden. Knapp 2700 Euro brutto sind für ein Gerät mit diesen Eigenschaften sehr kundenfreundlich bemessen und als eher günstig einzustufen. Die volle Punktzahl erscheint also unausweichlich, und wir vergeben sie hier mit besonderer Freude!

Unser Fazit:
5 / 5
Pro
  • Klangeigenschaften
  • Flexibilität
  • Vollröhrensignalweg
  • Röhrentypen können vom Anwender getauscht werden
  • hervorragende Verarbeitung
  • hochwertige Bauteile
Contra
  • keins
Artikelbild
IGS Tubecore Mastering Edition Test
Für 2.899,00€ bei
IGS_Tubecore_Mastering_21
Features und Spezifikationen
  • Vollröhrenkompresssor nach dem Vari-Mu-Prinzip
  • Ein-/Ausgangsübertrager
  • Drehschalter für alle Bedienelemente
  • Sidechain-Filter
  • Röhrentypen können vom Anwender getauscht werden
  • Dual-Mono oder M/S-Betrieb
  • Standby-Modus
  • PREIS: € 2963,– (UVP)
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Profilbild von Lukas Ojutdi

Lukas Ojutdi sagt:

#1 - 08.02.2017 um 07:20 Uhr

0

Schöner Artikel und der Kompressor ist schon so gut wie im Warenkorb :D
Lediglich ein Satz zur Wärmeentwicklung wär noch ganz nett.

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