Trinnov Audio ST2 Pro Test

Man kann es nicht oft genug sagen: Raumakustik findet im Raum statt. Konkret: Bevor man an irgendwelchen EQs herumdreht, sollte die bestmögliche Aufstellung der Boxen gefunden und die Raumakustik optimiert werden. Und das heißt Absorber, Absorber, Absorber, denn nervigen Nachhall lässt auch der teuerste EQ nicht verschwinden!

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Sind diese Schritte getan, kann man sich der Optimierung, der Entzerrung, dem Feinschliff widmen. Das wäre optimal. Manchmal hat man für das Optimum aber keine Zeit, nicht genügend Geld oder schlichtweg nicht die räumlichen Möglichkeiten. Man denke beispielsweise an PA-Systeme im Stadion oder an globale Produktionen mit vielen Sprechern und ständig wechselnden Städten, Studios und akustischen Gegebenheiten – und das unter Zeitdruck. Ein automatisches Optimieren muss her! Gestatten: Trinnov ST2 Pro.

Details

Französische Geschichte

Trinnov Audio ging aus dem renommierten Pariser IRCAM-Institut hervor und wurde von Arnaud Laborie, Sébastien Montoya und Rémy Bruno gegründet. Die haben sich der dreidimensionalen Akustikanalyse und -wiedergabe verschrieben haben, welche auch im Trinnov ST2 Pro zum Einsatz kommt. 2002 gab es sogar den Innovationspreis des französischen Forschungsministeriums, woraufhin nicht wenige Kinos auf ihr Know-how zum Thema Raum- und Lautsprecheroptimierung zurückgriffen. Kurzum: Die Jungs wissen wirklich, was sie tun.

Fotostrecke: 2 Bilder Optisch schlicht gehalten, …

What it is

Trinnov selbst nennt den ST2 Pro einen Optimizer und das ist er natürlich auch: Ein Gerät zu Optimierung und Korrektur des Raumklanges. Ein EQ also, der den durch schlechte Raumakustik bedingten suboptimalen Übertragungsverlauf eures Lautsprecheraufbaus,  geradebiegen soll – und zwar in Amplitude und Phase beziehungsweise Gruppenlaufzeit! Hinzu kommen weitere manuelle Optionen, „State of the art“-FIR-Filter und ein 31-Band-Graphik-EQ. 
Darüberhinaus ist der ST2 Pro auch Analyzer, Routing-Matrix, DRC/Submixer, Monitor-Controller und auch ein Crossover für bis zu vier Pfade im Falle des ST2 Pro und sogar 64 Kanäle im Falle der großen MADI-Option. Und ein AD/DA-Wandler ist der ST2 Pro so gesehen natürlich auch.
Auf Grund des modularen Aufbaus und den vielen Zusatzoptionen sind reichlich Konfigurationen möglich, ich werde mich aber auf den vorliegenden Kandidaten ST2 Pro beschränken. Dieser ist zunächst mal ein Wandler mit zwei AES I/Os, sprich zweimal Stereo rein und raus, und vier analogen Ein- und -Ausgängen (alles XLR), hinzu kommt ein Wordclock I/O.

Der ST2 in der "Pro" Konfiguration mit vier analogen und zwei digitalen AES/EBU I/Os sowie Wordclock und GPIO-Slot,
Der ST2 in der “Pro” Konfiguration mit vier analogen und zwei digitalen AES/EBU I/Os sowie Wordclock und GPIO-Slot,

Das macht in der Summe acht Eingänge und acht Ausgänge, die Trinnov theoretisch auch alle verarbeiten könnte – bis zu 32 Kanäle sind je nach Hardware möglich. Die Standard-ST2-Pro-Lizenz sieht das Processing von nur maximal vier Kanälen gleichzeitig vor, was aber nicht heißt, dass die anderen I/Os nicht dennoch zum Umschalten für verschiedene Abhörzwecke zu gebrauchen wären. Die für das Processing erforderlichen Impulsantworten werden grundsätzlich mit 48 kHz erstellt, dennoch kann der Prozessor mit bis zu 192 kHz arbeiten.
Hinzu kommt die optionale SmartMeter-Lizenz, TimeCode Aware und Loudness Meter, womit sämtliche Audioinformationen via Timeline, Meter, Statistics, Overview sowie auch Surround- und Vectorscopes aufgerufen und True Peak-, RMS-, PPM- und QPPM-Werte ausgelesen werden können. Diese sind aber nicht Bestandteil des Test. Bemerkenswert finde ich aber die TimeCode-Aware-Funktion, die Pegelüberschreitungen mit dem entsprechenden Zeitstempel versieht, sodass diese zielgerichtet korrigiert werden können. 

Es kann nur einen geben – Hardwarefakten

Es gibt von Trinnov viele verschieden Prozessoren und Lizenzmodelle, bei allen handelt es sich aber um modifizierte Computer-„Standardware”. Im vorliegenden Fall des ST2 Pro heißt das: 19 Zoll, 2 HE, 40,5 cm tief, 11 kg schwer und eine durchaus hässliche Folienfront im 80er-Jahre-Design – so wie Studioleute das gern haben, mich eingeschlossen.

Nicht zu leugnen: Hier steckt ein PC drin.
Nicht zu leugnen: Hier steckt ein PC drin.

Es geht aber auch anders und teurer, beispielsweise ohne Rackohren und mit schicker Alufront. Das nennt sich dann ST2-HiFi – wär hätte das gedacht – bietet ein etwas anderes Setting an Audioanschlüssen und auch ein schickeres und simpleres GUI. Wer in die Advanced Settings abtaucht, findet aber auch dort alle Einstellmöglichkeiten unseres Testkandidaten.
Was identisch ist: Der Computer-Part inklusive LAN-, PS-2-, USB3-, RGB- und HDMI-Anschluss. Der sinnvollste Weg der Bedienung dürfte via VNC (Virtuell Network Client, beispielsweise VNC-View) sein, wobei sich der Trinnov dann wie ein Plugin unter Windows und macOS nutzen lässt. 
VNC funktioniert auch über ein iPad oder Ähnliches, was dank Touchbedienung natürlich noch komfortabler ist. Apropos Betriebssystem: Der Trinnov benutzt ein Linux-Betriebssystem, was die geringen Durchlauf- und auch Bootzeiten erklärt. Die Optik der GUI ist keinesfalls stylisch und man sieht ihr leider wirklich an, dass die Schöpfer Wissenschaftler sind.

Fotostrecke: 2 Bilder Die Monitor-Controller Ansicht via VNC-View auf dem iPhone.

Die Möglichkeit, einen dedizierten Touchscreen oder eigene Hardware-Bedienelemente anzuschließen, besteht natürlich auch. Für letzteres ist eine 8-In/4-Out-GPIO-Option via D-Sub 25 vorgesehen, Allzweckkontakte zur freien Programmierung sozusagen. Ich habe den ST2 für meinen Test mit einer normalen USB-Maus bedient und mir den Bildschirminhalt via HDMI und Picture-in-Picture-Funktion meines Screens ins Studio geholt sowie die Lautstärke mit einem Griffin PowerMate geregelt.

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