Telefunken M82 Test

Wer ein Bassdrum-Mikrofon kaufen möchte, hat die Wahl zwischen etlichen Modellen, viele davon sind bewährte Klassiker, wie zum Beispiel das Shure Beta52A, das EV RE20 oder das AKG D112

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Je nach Geschick und Erfahrung kommt man mit fast allen Optionen zu brauchbaren Bassdrumsounds. Einige Modelle klingen tendenziell natürlich, andere wiederum betonen den Attack stärker oder besitzen eine starke Mittenabsenkung. Die Entscheidung für ein Modell hat also in erster Linie damit zu tun, auf welche Weise und wie stark das Mikrofon schon bei der Aufnahme ins klangliche Geschehen eingreifen soll. Unser Testkandidat, das Telefunken M82, möchte hingegen die eierlegende Wollmilchsau sein und dem User alle Optionen offen halten. Mit einem grundsätzlich neutralen Grundsound, kombiniert mit zwei EQ-Schaltern zur Anpassung an verschiedene Bassdrums und Geschmäcker, soll es der Konkurrenz klar überlegen sein. Sagt zumindest Telefunken.
Obwohl auch andere Mikrofonhersteller diese Optionen anbieten – beispielsweise AKG mit seinem D12VR – hat das M82 nur wenig Konkurrenz. Der Grund dafür dürfte sein, dass eine am Mikrofon schaltbare Klangveränderung nicht automatisch zu besseren Endergebnissen führt. Im Gegenteil, wer schon bei der Aufnahme bestimmte Frequenzen begrenzt, bekommt diese im Mix unter Umständen nur schwer zurück, wenn sich die gewählte Einstellung beim Abhören als Irrtum erweist. Hinzu kommt der Umstand, dass die legendärsten Aufnahmen nun einmal mit recht einfachem Equipment entstanden sind und viele Tonleute ihren Wunschsound lieber mit Positionierung, Stimmung und Nachbearbeitung erreichen. Davon abgesehen ist ein gutes Bassdrum-Mikrofon nun einmal ein gutes Bassdrum-Mikrofon und Optionen sind schließlich immer eine tolle Sache. Wie gut das (ziemlich kostenintensive) M82 tatsächlich ist, lest ihr im Folgenden.

Details

Das Telefunken M82 erinnert formal an einen alten Bekannten

„Nanu, die Form kommt mir doch bekannt vor?“, denke ich beim Auspacken des Testkandidaten. Kein Wunder, denn wer sich das Telefunken M82 in silber und mit etwas verlängertem Korpus vorstellt, landet unweigerlich beim berühmten Neumann/Telefunken U47/U48, seines Zeichens eines der legendärsten Mikrofone überhaupt und neben seinen Qualitäten bei Gesangsaufnahmen besonders als Kick-Out-Mikrofon immer noch hoch geschätzt. Optisch hat Telefunken hier also schon den Nagel auf den Kopf getroffen, denn Bezüge zu Berühmtheiten der Audiotechnik helfen bekanntlich, den Kaufreflex auszulösen. Mit knapp 450 Gramm liegt das Mikrofon schwer, aber nicht zu schwer in der Hand und wirkt insgesamt sehr hochwertig verarbeitet. Auch bei der Ausstattung hat Telefunken nicht geknausert, denn während ein Halter samt EU-Gewindeverkleinerung, eine Tasche und eine Anleitung durchaus gängiger Standard sind, kann man das vom Fünf-Meter-XLR-Kabel in guter Qualität nicht behaupten. Hier ist also buchstäblich Plug and Play angesagt.

Fotostrecke: 4 Bilder Erhaben: das aufgenietete Telefunken-Logo.

Der Clou sind die beiden EQ-Switches

Obwohl die optische Erscheinung ein Side-Adress-Mikrofon vermuten lässt, handelt es sich beim M82 um ein Modell mit Einsprechrichtung auf der Vorderseite. Alles andere wäre bei einem spezialisierten Bassdrum-Mikrofon auch wenig sinnvoll. Um jede Fehlbedienung auszuschließen, hat Telefunken die Worte „End Adress“ samt Pfeil beidseitig auf den Mikrofonkorb gedruckt. Unter diesem arbeitet eine 3,5 Zentimeter durchmessende Tauchspulenmembran, welche den recht weiten Frequenzbereich von 25 bis 18.000 Hertz übertragen und Schalldruck von bis zu 146 dB verarbeiten kann. Mit einer niedrigen Empfindlichkeit von 1,85 mV/Pa ist der Einsatz auf Nahmikrofonierungen ausgelegt. Zwei Schalter mit der Aufschrift „Kick EQ“ und „High Boost“ sollen für maximale Vielseitigkeit sorgen, neben dem Einsatzgebiet Bassdrum wird das M82 nämlich auch als Sprechermikrofon beworben. Im Gegensatz zur aktiven EQ-Elektronik des AKG D12VR handelt es sich beim M82 um passive Schaltungen, der High Boost veranlasst also kein Anheben der hohen Frequenzen, sondern vielmehr ein Absenken der Frequenzen unterhalb von etwa 2.000 Hertz. „Kick EQ“ hingegen nimmt der Bassdrum die mittigen Resonanzen im Bereich von 350 Hertz, diese EQ-Kurve wird aufgrund ihrer Form auch als Badewanne oder Smiley bezeichnet. 

Praxis

Bei der Handhabung gibt sich der Testkandidat unkompliziert

Bei der Positionierung und auch bei seinen Ansprüchen an das verwendete Mikrofonstativ gibt sich das Telefunken M82 recht genügsam. Seine Form und sein Gewicht gestalten sich handlingfreundlich, die stabile Halterung ist auch beim „Einfädeln“ in kleine Resonanzfelllöcher nicht unnötig im Weg. Beide EQ-Schalter fühlen sich hochwertig an und rasten weich aber konkret ein, ihre Beschriftungen sind auch bei mäßigen Lichtverhältnissen noch gut erkennbar. An zwei Schallquellen habe ich das M82 getestet. Schallquelle Nummer eins stellt meine 83er-Yamaha-Recording-Standard-Bassdrum mit dünnem Birkenkessel und den Maßen 24 x 14 Zoll dar. Als Schlagfell kommt ein Aquarian Force I (vergleichbar mit Remo Powerstroke 3), als Reso ein Remo Renaissance mit kleinem, am Rand platzierten Vier-Zoll-Loch. Ich spiele die Trommel offen, zusätzliche Dämpfung kommt nicht zum Einsatz. In natura klingt die Bassdrum groß und mächtig, gleichzeitig aber auch kontrolliert. Ein Vorteil des ungedämpften Setups für den Test von Mikrofonen ist das Vorhandensein des gesamten Frequenzbandes der Bassdrum. Auch die Wirkungsweise des M82-Mitten-Cuts kann gut nachvollzogen werden. Als Referenzen kommen ein Electro-Voice ND868 und ein Sontronics DM1-B, ein für den Bassdrum-Einsatz konzipiertes Großmembran-Kondensator-Mikrofon, zum Einsatz. Beide Modelle würde ich der eher natürlich klingenden Fraktion der Bassdrum-Mikrofone zurechnen. Als gute Position zur Beurteilung der klanglichen Eigenschaften hat sich der Platz im Resonanzloch bewährt, die Mikrofone zeigen gerade in die Bassdrum hinein. 

Fotostrecke: 4 Bilder „Kick EQ“ sorgt für die klassische Mittenabsenkung…

Das M82 kann beides: neutral und „vorgeschneidert“

Mit den EQ-Schaltern in Off-Position liefert das M82 einen kräftigen Sound, der weder die Bässe noch die Höhen besonders betont. Hier bringt das ND868 mehr Kick und klingt mit seinem mittenreduzierten Frequenzgang modern und kompakt, während das Sontronics luftiger und offener klingt. Ist ein eher altmodischer, mittiger Sound das Ziel, würde ich vermutlich zum Telefunken greifen. Die Neutraleinstellung hat natürlich auch dann Vorteile, wenn man sich die Klangbearbeitung – samt aller Optionen – für den späteren Mix aufheben möchte. Mit eingeschaltetem „Kick EQ“ verliert der Ton die Mittenanteile, wird straff und modern, der Sound erinnert mich ein bisschen an eine etwas natürlichere Version des Shure Beta52A. Nimmt man nun den „High EQ“ hinzu, bekommt das Signal zusätzlichen „Schmatz“ und Aggressivität. Ist nur der „High EQ“ aktiviert, wird der Sound hingegen etwas dünn, hier hatte man bei Telefunken wohl eher den Broadcast-Einsatz im Auge, für den das M82 ebenfalls beworben wird. Ich habe euch dazu natürlich ein paar Soundfiles aufgenommen, jeweils solo und dann im Set mit der Kit-Mikrofonierung. Für die Neutralstellung habe ich noch ein Subkick-Mikrofon (das Solomon LoFreQ) hinzugenommen. Dies entspricht der gängigen Technik, den Tiefbassbereich mithilfe eines invertierten Lautsprechers einzufangen.
Bassdrum:

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Telefunken M82 neutral solo Telefunken M82 neutral Kit Telefunken M82 neutral mit Solomon Subkick Sontronics DM-1B solo Sontronics DM-1B Kit Sontronics DM-1B mit Solomon Subkick Electro-Voice EV868 solo Electro-Voice EV868 Kit Electro-Voice EV868 mit Solomon Subkick Telefunken M82 Mid Cut solo Telefunken M82 Mid Cut Kit Telefunken M82 High Boost solo Telefunken M82 High Boost Kit Telefunken M82 Full EQ solo Telefunken M82 Full EQ Kit

Auch am großen Floortom erweisen sich die EQ-Schalter als Vorteil

Da sich viele Bassdrum-Mikrofone auch als Schallwandler für große Toms empfehlen, lag es nahe, unser M82 auch in dieser Anwendung auszuprobieren. Also habe ich mein großes Yamaha-Recording-Floortom in 18 x16 Zoll aufgebaut, welches zu beeindruckender Tiefbassentwicklung fähig ist und welches mir mit normalen dynamischen Kleinmembranern oft nicht so gut gefällt, zumindest nicht ohne kräftigen, nachträglichen EQ-Einsatz. Ein Favorit für diesen Spezialauftrag ist daher wiederum mein EV ND868, welches der Trommel ihre Fülle und Autorität auch ohne großes Herumschrauben erhält. Was die Positionierung angeht, hat es mit seiner sehr kompakten Bauweise zweifellos Vorteile gegenüber dem klobigeren M82. Klanglich gefällt mir das M82 aber sogar etwas besser, wozu die EQ-Schaltungen ihren Teil beitragen. Während der Mitten-Cut das oft störende „Gebrodel“ wegnimmt, addiert der „High Boost“ eine Räumlichkeit, welche die Trommel luftiger und präsenter klingen lässt. So hört sich das in der Praxis an. 
Floortom:

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Fazit

Das Telefunken M82 entpuppt sich im Test als vielseitiges Bassdrum-Mikrofon, welches durch seine schaltbaren EQ-Kurven insgesamt vier verschiedene Sounds bietet. Gegenüber den bekannten – deutlich günstigeren – Bassdrum-Mikrofonklassikern bietet es den großen Vorteil, einen relativ neutralen Grundsound zu besitzen, welcher im Mix entsprechend vielseitiger geformt werden kann. Die Betätigung der Schalter bringt das Mikrofon dann schrittweise in moderne, mittenreduzierte und aggressivere Gefilde, wie sie beispielsweise ein Shure Beta52A oder ein Audix D6 „aus dem Karton heraus“ liefern. Auch am Floortom macht das M82 eine ausgesprochen gute Figur. Insgesamt ist unser Testkandidat für all jene Soundfreunde eine empfehlenswerte Investition, die unterschiedliche Schallquellen und Musikstile aufnehmen und sich nicht zwischen neutral und „vorgeschneidert“ entscheiden wollen, sondern mehr Flexibilität suchen. Zusammen mit dem AKG D12VR steht das Telefunken M82 relativ konkurrenzlos da, ein Check ist also empfehlenswert. 

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • relativ neutraler, druckvoller Grundsound
  • erweiterte Klangoptionen dank schaltbarer EQ-Kurven
  • gute Resultate auch an großen Toms
  • sehr gute Ausstattung
Contra
  • für die reine Bassdrum-Anwendung relativ hoher Preis
Artikelbild
Telefunken M82 Test
Für 499,00€ bei
Telefunken_M82_Dynamic_Bassdrum_Mic_9
Features und Spezifikationen
  • Hersteller: Telefunken
  • Bezeichnung: M82
  • Wandlerprinzip: dynamisch
  • Richtcharakteristik: Niere
  • Impedanz: 250 Ohm
  • Frequenzgang: 25–18.000 Hz
  • Finish: mattschwarz lackiert
  • Ausgang: XLR
  • Besonderheiten: zwei EQ-Schalter für unterschiedliche Frequenzkurven
  • Abmessungen: 15,5 x 6,3 cm (L x B)
  • Gewicht: 435 g
  • Zubehör: Kunststofftasche, Halter, 5m-XLR-Kabel, Anleitung
  • Herkunftsland: zusammengebaut in den USA
  • Preis: € 479,– (Straßenpreis am 21.9.2017)
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Profilbild von Klaus Joter

Klaus Joter sagt:

#1 - 20.10.2017 um 04:58 Uhr

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Der Test ist nicht vollständig und wird diesem hervorragenden Mikrofon nicht gerecht. Telefunken beschreibt das M82 selbst als Kickdrum- und Podcast-Mikro. Dementsprechend gut kann man es auch als Sprach- und Gesangsmikrofon verwenden. Und wenn man sich diese beiden Einsatzbereiche anschaut, sollte man - auch als Tester - neugierig werden auf andere Einsatzbereiche, wie z.B. Bassgitarre, Tuba, Posaune, Leslie-Basstrommel, Es ist eben nicht nur ein Mikro für die tiefen Trommeln, wie der Tester schreibt. Das kann ich aus eigener Erfahrung durchaus bestätigen.

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