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Tech 21 Sansamp Character Blonde V2 Test

Bei manchen Herstellern wird neben dem liebevoll gestalteten Pedal auch noch die Verpackung standesgemäß designt. Bei Electro Harmonix kamen die Pedale eine Zeitlang in Holzkisten, zVex hat seine Treter in ein Tuch gehüllt und bei Tech 21 ist es ein kleines schwarzes Metallkästchen. Die einen benutzen sie als Keksdose und die anderen legen das kleine Ersatzwerkzeug rein, sobald das Pedal aufs Board geschraubt ist und sie nicht mehr benötigt wird. Da wir aber jetzt keinen Artikel über die Zweitnutzung von stylishen Verpackungen eröffnen wollen, kommen wir schnellstens zum wahren Kern der Sache, dem Inhalt dieser kleinen Black-Box.

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Hier kommt nämlich etwas Blondes raus, und zwar in Form eines Sansamp Verzerrerpedals. Der Name hat nur entfernt mit der entsprechenden Haarfarbe zu tun und soll eher auf die Klangcharakteristiken hinweisen, die in seinem Inneren stecken, und die den legendären Fender Amps nachempfunden sind. Hier wird laut Hersteller der Sound von den Tweed Amps bis zum Silverface in analoger Bauweise nachgestellt. Ob das tatsächlich der Fall ist, werdet ihr im folgenden Test erfahren.

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DETAILS

Gehäuse/Optik
Mann, ist der leicht! Da kann ja fast nichts drin sein … Mit gerade einmal 300 Gramm ist der Sansamp innerhalb des Gitarrenequipments mit Sicherheit nicht der Auslöser eines Bandscheibenvorfalls. Trotzdem macht das Teil einen sehr soliden Eindruck und sein beige lackiertes Stahlblechgehäuse soll mit seiner bedruckten Oberseite die Front eines Fender Amps imitieren. Vier Gummifüße auf der Unterseite sorgen für sicheren Halt auf glatten Oberflächen. Dort findet man auch das leicht zugängliche Batteriefach, in dem man die üblichen 9V-Batterien platzieren kann. Weil der Verzerrer mit lediglich 5 mA auskommt, also relativ sparsam ist, kann man auch mal ohne Netzteil arbeiten. Laut Hersteller beträgt die Lebensdauer einer guten Alkaline-Batterie ca. 100 Stunden. Selbstverständlich gibt es auch einen Netzteil-Anschluss für Standard 9V-Netzgeräte, der sich auf der linken Seite neben der Ausgangsbuchse (Output) befindet. Die Eingangsbuchse (Input) finden wir rechts, alle Bedien- und Regelmöglichkeiten auf der Oberseite. Ein kleiner Schalter, der den Speaker-Simulator aktiviert, sitzt genau wie die rote Status-LED rechts außen in der zweiten Reglerreihe. Sie leuchtet bei eingeschaltetem Zerrer.

Bedienung
Der Sansamp Charakter Blonde ist mit sechs Reglern recht üppig ausgestattet, denn neben Gain und Volume steht auch noch eine Dreiband-Klangregelung zur Verfügung. Hier sind die Funktionen im Einzelnen:  


Level    Regelt die Gesamtlautstärke des Klangs bei eingeschaltetem Pedal
Drive    Justiert den Verzerrungsgrad
Low      Bestimmt den Anteil des tiefen Frequenzbereichs
Mid      Bestimmt den Anteil des mittleren Frequenzbereichs
High     Bestimmt den Anteil des hohen Frequenzbereichs

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Einer fehlt noch, nämlich der Character-Regler. Er verändert den Klangcharakter stufenlos. Also vermutlich von Bassman bis Twin Reverb, aber Genaues wird vom Hersteller nicht verraten. Davon werden wir uns allerdings nicht abhalten lassen, den Effekt im Praxisteil genauestens unter die Lupe zu nehmen und unter anderem diesem Punkt unsere Aufmerksamkeit zu widmen.  
Das Pedal kann unterschiedlich eingesetzt werden. Zum einen im wahrscheinlich häufigsten Setup als „normales“ Verzerrerpedal direkt zwischen Gitarre und Verstärker. Durch die Klangregelung und den typischen Soundcharakter ist es aber auch möglich, den Sansamp als Preamp vor eine Endstufe zu schalten. Und last, but not least ergibt sich durch den integrierten Speaker-Simulator auch die Möglichkeit, es beim Recording einzusetzen. Der Kästchen kann direkt ans Pult oder das Audio-Interface geschaltet werden, um Gitarrensounds direkt aufzunehmen. So weit zur Theorie und den Möglichkeiten, die der Hersteller anpreist, aber wir werden das Ganze jetzt in der Praxis überprüfen.

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PRAXIS

Als Erstes habe ich das Pedal in gewohnter Situation direkt vor meinen clean eingestellten Amp geschaltet und alle Regler bis auf den Character am Sansamp in mittlere Position gebracht. Der Character steht zuerst auf 7 Uhr, wir werden uns gleich seiner Auswirkung auf den Klang widmen. So klingt die folgende Einstellung.

Audio Samples
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Flat, Strat
GitarreLevelMidCharacterDriveLowHigh
Strat12127121212

Das Ganze ist unverzerrt und erinnert mich an den Klang meines Fender Twins, vor allem gibt es hier dicke Bässe, wie man hören kann. Das ist in dieser Kombination aber kein Nachteil, sondern hängt tatsächlich auch von der Basswiedergabe des Amps ab. Der eine hat mehr, der andere weniger, und es ist alles eine Abstimmungssache. Man muss flexibel sein, und das ist man auch mit dem Pedal, denn die Bässe können etwas abgesenkt werden, und schon ist das Ganze im Bereich um 100 bis 150 Hz wesentlich aufgeräumter.

Audio Samples
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Low Cut, Strat
GitarreLevelMidCharacterDriveLowHigh
Strat12127121012

Character
Jetzt wird fliegend zwischen den unterschiedlichen Amps aus der Fender Manufaktur gewechselt, und man muss feststellen, dass Einiges an gut sortierter Vorauswahl dabei. Die Tendenz ist eindeutig: Je weiter der Character-Regler aufgedreht wird, desto dreckiger, also verzerrter wird der Sound. In der 7-Uhr-Position geht es noch völlig unverzerrt bei mittlerer Gain-Einstellung zu, um 9 Uhr werden leichte Übersteuerungen bei hartem Anschlag hörbar und um 11 Uhr ist ein guter Fender Crunch erreicht. Um ca. 13 Uhr meldet sich ein angezerrter Bassman zu Wort und später nimmt der Verzerrungsgrad und das Kompressionsverhalten stetig zu, es klingt dann zum Schluss eher wie ein voll aufgerissener 15 Watt Tweed Amp kurz vor dem Abnippeln. Man kann also eine große Vielfalt allein mit dem Character-Regler einstellen, der tatsächlich eine weite Bandbreite der beliebten Fender-Sounds erzeugt. Der Klang verändert sich auch bei kleinsten Reglerbewegungen, was von einem sehr guten Wirkungsgrad zeugt. Hier sind die verschiedenen Einstellungen des Character-Reglers in Zweierschritten von 7 Uhr über 9, 11, 13, 15 bis 17 Uhr.

Audio Samples
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Character 7 Character 9 Character 11 Character 13 Character 15 Character 17
GitarreLevelMidCharacterDriveLowHigh
Strat12137-9-11-13-15-1712913

Sounds
Fender Amps sind überwiegend für ihre glasklaren Cleansounds beliebt und deshalb ist es schon fast paradox, ein Verzerrerpedal mit dieser Charakteristik zu entwerfen. Aber auch im leicht angezerrten Bereich, für Blues, Rock und Country zum Beispiel, hat das blonde Pedal einiges in petto. Es ist klar, dass hier keine fetten Mittenbretter oder gar Metalsounds erreicht werden, dafür gibt es vom Hersteller Tech 21 andere spezialisierte Pedale. Hier erst einmal ein typischer knackiger Funksound, der schon ein klein wenig dirty klingt, weil Character auf 9 steht und daher vom glasklaren Twin etwas weg in Richtung Deluxe Reverb geht. Auf jeden Fall erhält man einen sehr drahtigen und durchsetzungsfähigen Funksound mit der Tele.

Audio Samples
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Funk, Tele
GitarreLevelMidCharacterDriveLowHigh
Tele1212814816

Als Nächstes folgt ein Stones-ähnlicher Crunchsound – Keith Richards benutzt ja überwiegend Fender Amps, um seinen typischen, leicht angezerrten Sound zu erzeugen. Das Ganze habe ich hier mit folgender Einstellung nachgebastelt.

Audio Samples
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Crunch, Tele
GitarreLevelMidCharacterDriveLowHigh
Tele1212814816

Jetzt habe ich den Twin-Charakter genommen und den Gain etwas weiter aufgedreht. Damit sollte man allerdings etwas sparsamer umgehen, denn bei höheren Einstellungen fängt der Sound an, matschig zu werden und auf den tiefen Saiten klingt das Ganze extrem „fuzzy“. Meines Erachtens ist es am sinnvollsten, den Grad der Verzerrung grob mit dem Character-Regler einzustellen und den Gain nur noch zur Feinjustierung zu benutzen.  
Mit einer Humbucker-Gitarre, hier eine Les Paul, lassen sich sehr schön angezerrte Blues-Sounds erzeugen. Dafür wird der Character-Regler weiter nach oben gedreht, damit der Klang schon eine Portion Grundverzerrung erhält, die dann mit der Klangregelung feinjustiert wird. Hier habe ich den Bass noch weiter zurückgenommen und dann abgedreht, weil die Gitarre schon ein gutes Basspfund hat.

Audio Samples
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Blues Lead, Les Paul
GitarreLevelMidCharacterDriveLowHigh
Les Paul12121112715

Es geht natürlich auch eine Ecke härter, was die Gain-Reserven anbetrifft. Hier ist ein typischer Classic Rock Sound mit weit aufgedrehten Mitten und höherem Verzerrungsgrad. Allerdings ist dieser Klang nicht unbedingt die Stärke des Pedals, der Sound kommt etwas matschig aus den Speakern und es klingt ein wenig, als hätte man ein Wah-Wah in fester Postion zwischengeschaltet. Natürlich entscheidet der eigene Geschmack, und mancher Gitarrist wird genau auf der Suche nach einem solchen Sound sein, der verdächtig an Meister Santana erinnert. Andere werden damit absolut nichts anfangen können. Aber immerhin ist eine ordentliche Säge aus der Kiste herauszuholen.

Audio Samples
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Classic Rock, SG
GitarreLevelMidCharacterDriveLowHigh
SG121616121114

Speaker Simulator
Jetzt kommt die nächste Einsatzmöglichkeit ins Spiel, der Sansamp wird direkt an das Audio-Interface angeschlossen und die Speaker-Simulation aktiviert. Diese arbeitet mit einem sogenannten High Roll Off, die hohen Frequenzen werden also ab ca. 5 kHz abgesenkt, je höher, desto stärker – das typische Speaker-Simulator-Verhalten. Beim Cleansound, der Einstellung des zweiten Hörbeispiels, macht der Sansamp eine recht gute Figur, der Klang kommt dem vom Amp abgenommenen Signal recht nahe. Es klingt einen Hauch frischer, der Bassbereich ist nicht so stark ausgeprägt.

Audio Samples
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Speaker-Simulator, Clean
GitarreLevelMidCharacterDriveLowHigh
Strat12127121012

Es geht weiter mit den Overdrive-Sounds, den eigentlich kritischen Fällen. Kritisch vor allem, was Spielgefühl und  Durchsetzungsvermögen im Mix anbelangt, und in dieser Disziplin muss unser Testkandidat leider ein paar Federn lassen. Der Klang ist recht dünn, die Ansprache auch nicht besonders – wer also verzerrte Sounds mit einem Sansamp Pedal direkt aufnehmen möchte, sollte sich doch eher nach den anderen Spezialisten aus der Serie umschauen.

Audio Samples
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Speaker-Simulator, Crunch
GitarreLevelMidCharacterDriveLowHigh
Les Paul121314121113
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FAZIT

Der Sansamp Character Blonde V2 hat eine ganze Palette typischer Fender Amp-Sounds unter der Haube, vom unverzerrten und glasklaren Twin Reverb über den angezerrten Ton des Bassman bis zum kleinen schreienden Tweed Amp mit nachgebildeter Endstufenzerre. Das Pedal verleiht einem relativ neutral klingenden Amp sofort diesen typischen Fender-Charakter, sogar mit der entsprechenden Dynamik und Ansprache. Mit dem Character-Regler können die entsprechenden Klangtypen sehr feinfühlig und mit hohem Wirkungsgrad eingestellt werden und mit der Dreiband-Klangregelung lässt sich das Ganze sehr gut an den eigenen Amp anpassen. Bei größerer Verzerrung wird der Klang etwas matschig und undifferenziert, vor allem auf den tiefen Saiten. Auch der integrierte Speaker-Simulator konnte bei verzerrten Sounds nicht ganz überzeugen, Sound und Spielgefühl sind hierbei etwas schlapp. Empfehlen kann man das Pedal dem Gitarristen, der im Live Setup mal eben auf einen typischen Fender Clean- oder Crunch-Sound zurückgreifen möchte. Das Preis-Leistungsverhältnis ist in Ordnung.

Unser Fazit:
3,5 / 5
Pro
  • Leicht, aber stabil gebaut
  • Wenig Stromverbrauch
  • Verschiedene typische Fender Sounds
  • Wirkungsgrad des Character-Reglers
Contra
  • Bei höherer Verzerrung undifferenzierter Sound im Bassbereich
  • Speaker Simulation bei höherer Verzerrung
Artikelbild
Tech 21 Sansamp Character Blonde V2 Test
Für 210,00€ bei
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SPECS
  • Hersteller: Tech 21
  • Modell: Sansamp Charakter Blonde V2
  • Typ: Verzerrerpedal mit Speaker-Simulation
  • Regler: Level, High, Mid, Low, Charakter, Drive
  • Anschlüsse: In, Out, 9V DC
  • Stromverbrauch: 5 mA
  • Spannung: 9V (Batterie oder Standard-Netzteil)
  • Maße: 103 x 118 x 50 mm (B x T x H)
  • Gewicht: 0,3 kg
  • Preis: 237,00 Euro UVP
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Superwaldi sagt:

#1 - 01.01.2014 um 20:55 Uhr

0

Toller Test. Danke.Ich finde die Soundbeispiele jedoch "merkwürdig". Ich besitze, die Version ohne Speakersim und es klingt aufgenommen viel besser. Das ist natürlich subjektiv und Geschmackszache, aber irgendwie meine ich in den hier vorliegenden Beispiele eine deutliche Frequenzlücke hören zu können....

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