Shure M44-7 Test

Als eifrige Battle- und Scratch-DJs vor über zehn Jahren begannen, ältere Shure-Tonabnehmer für ihre Zwecke zu verwenden, reagierte das Unternehmen zügig und brachte speziell für diese Zielgruppe den M44-7 auf den Markt. Für unverbindliche 71 Euro bekommt der Anwender einen Tonabnehmer mit einem recht hohen Ausgangssignal und großer Springfestigkeit.

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Ein weiterer Grund, warum sich dieses System zum Favoriten vieler Deejays aufschwingen konnte, ist die Tatsache, dass es sich um einen Headshell-Tonabnehmer handelt. Somit können Dinge wie Überhang und vertikaler Winkel frei konfiguriert und an die persönlichen Anforderungen angepasst werden. Doch die Mitbewerber schlafen nicht. Zu den Hauptkonkurrenten in Sachen Preis und Features gehören für mich Stantons 520 V3 für 66 Euro, Numarks Groovetool für 24 Euro und der Komplett-Tonabnehmer Stanton Discmaster V3 für 79 Euro. Wir haben den Shure M44-7 für euch an den Turntable geschraubt und ihn ein wenig mit den Muskeln spielen lassen.

DETAILS

 Zum Lieferumfang gehören der Tonabnehmer inklusive Nadel, eine Anleitung in Form eines Faltblattes und das sogenannte Tool-Set. Dieses beinhaltet einen Schraubenzieher, eine Nadel-Reinigungsbürste, einen Satz Anschlusskabel (vier Stück) sowie ein Zusatzgewicht aus Metall. Zur Montage an der Headshell hat der Kandidat zwei Bündel Schrauben samt Unterlegscheiben im Gepäck. Die ausführliche deutschsprachige Anleitung liefert alle wichtigen Informationen zum richtigen Zusammenbau, der Konfiguration und zu den technischen Daten. Insgesamt ist man damit für verschiedenste Headshells und Plattenspieler bestens gerüstet. Die Plexiglas-Röhre, in der das Shure M44-7 System ausgeliefert wird, misst 140 mm in der Länge und 55 mm im Durchmesser. Sie dient zudem als sicheres Transport-Case für zwei Einheiten. Prima, da schlägt das DJ-Herz direkt ein paar BPM höher!   

Sämtliche Anschlussstifte sind vergoldet und gleichmäßig gut verarbeitet. Kräftige farbige Markierungen erleichtern die korrekte Inbetriebnahme. Auch der relativ dicke Nadelträger hat eine auffällige Kennzeichnung, die sich leider aufgrund der Bauform des M44-7 nur von vorne sehen lässt. Ein präzises Absetzen der Nadel per Augenmaß ist daher etwas schwierig. Ebenfalls etwas unpraktisch ist der Transportschutz konstruiert, denn er ist fest am weißen Kunststoff der Nadel verbaut. Klappt man diesen nun wie vorgesehen nach vorne, so behindert er leider den ohnehin schon suboptimalen Blick auf die Nadelspitze. Andere Hersteller lösen dies zum Teil mit komplett abnehmbaren Nadelschutzkappen besser. Hier wird deutlich, dass der M44-7 ursprünglich für den HiFi-Bereich entwickelt wurde. 

PRAXIS

Den technischen Daten kann ich entnehmen, dass die Auflagekraft des M44-7 zwischen 1,5 und drei Gramm (nM) liegen sollte. Deshalb wollen wir schauen, wozu unser Kandidat bei diesem Mindestwert in der Lage ist. Zuerst erfolgt ein Test mit einer laut gepressten Maxisingle, die wesentlich höhere Amplituden beinhaltet als ein Album mit großer Spieldauer. Völlig souverän bahnt sich die Nadel ihren Weg durch die Rille, ohne dass es zu wahrnehmbaren Verzerrungen käme. Und das bei nur 1,5 Gramm (nM) Auflagekraft. Absolut top!   
Schnelle Basic-Scratches und normale Backspins können ebenfalls beim Minimalwert ausgeführt werden. Mit ein wenig Fingerspitzengefühl lassen sich sogar sehr schnelle Scratches (Skribble, Tear etc.) performen. Doch wer auf Nummer sicher gehen möchte, der sollte meiner Meinung nach auf zwei Gramm erhöhen.   
Für sehr schnelle Backspins liegt der einzustellende Wert bei 2,2 Gramm, mit dem die Nadel allerdings auch bombenfest in der Rille bleibt. Bezüglich Springfestigkeit spielt der M44-7 mit seinen Vinyl-schonend geringen Auflagekräften für mich in der Spitzenklasse. Top! Sein Nadelträger hat eine recht weiche Aufhängung, wodurch das System bei Scratches zu relativ großen Eigenschwingungen neigt. Die daraus resultierenden tieffrequenten Signalanteile liegen jedoch noch völlig im grünen Bereich. 

Nadelschutz

Klang
Eine große klangliche Stärke des M44-7 ist der Bassbereich. Dieser wirkt sehr präsent und mächtig. Relativ unscharf und leicht drucklos ist dagegen die Darstellung der mittleren Frequenzen. Der obere Teil des Spektrums erweist sich als detailreich, auch wenn die Höhen im Gesamtklangbild etwas unterrepräsentiert sind. Doch mit einem Standard-EQ lässt sich das recht gut ausgleichen. In Sachen Ausgangspegel steht unser Prüfling in den vorderen Reihen. Im Test war er nämlich nur circa ein Dezibel leiser als die beiden Spitzenreiter Ortofon Concorde S-120 und Numark CS-1. Wenngleich er manchen audiophilen Ansprüchen wohl nicht gerecht wird, lässt sich der Sound des Shure M44-7 insgesamt als sehr kraftvoll bezeichnen. Unterm Strich reicht sein Klangbild für einen gesicherten Platz im Mittelfeld.  

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Audio Samples
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Shure M44-7

ZWEITE MEINUNG

 (Daniel Wagner, Technics 1210 MKII, UREI 1603)
Mit Shures M44-7 liegt uns wohl einer der Klassiker schlechthin vor. Es handelt sich hierbei um einen Headshell-Tonabnehmer, der sich hinsichtlich Überhang und Montagewinkel allen Gegebenheiten und Wünschen individuell anpassen läßt. Aber es gehört schon ein wenig Routine und Fachwissen dazu, ihn korrekt zu montieren. Somit würde ich diesen den DJ-Einsteigern unter uns nicht unbedingt empfehlen wollen. Für den Anfänger eignen sich Komplettsysteme besser. Einfach dranstecken und fertig.   
Unser Kandidat macht einen robusten äußeren Eindruck und kommt mit allem nötigen Zubehör und einer ausführlichen Montageanleitung. Der solide Nadelträger verfügt über eine rote Markierung. Die verwendete Nadel ist sphärisch geschliffen, sollte sich also gut für den Scratch- und Mixbetrieb eignen. Der Nadelschutz erweist sich als praktisch und unpraktisch gleichermaßen. Er sitzt fest am System und wird zum Gebrauch einfach umgeklappt. So bleibt er einem auf ewig erhalten und verschwindet nicht einfach unauffindbar. Andererseits versperrt die kleine Plastikhaube die Sicht auf den Nadelträger, der ohnehin nur von vorne zu sehen ist, sodass händisches präzises Needle-Dropping eher zum Glücksspiel mutiert. Er ist in einer weißen handlichen Plastikschublade fixiert, so dass ein On-the-fly-Nadeltausch kein Problem darstellt.   
Der M44-7 ist ein wenig höher als z.B. Ortofons Concorde-Systeme, so dass die Tonarmhöhe bei einem Technics 1210 MKII um drei Millimeter nach unten korrigiert werden sollte. Empfohlen werden laut Shure Auflagekräfte zwischen 1,5 und 3 Gramm, weshalb ich meinen Test mit 1,5 Gramm beginne. Wie erwartet reicht diese Auflagekraft bereits für die reine Wiedergabe! Dabei spielt es keine Rolle, ob ich eine 12 Inch bei 45 RPM auflege oder einen Long Player. Der M44-7 sitzt fest in der Rille und läßt sich auch von welligen Vinyl-Exemplaren nicht aus der Ruhe bringen. Für einen guten Mix-Workflow reichen bereits 2 Gramm. Mehr braucht es nicht! Bei schnellen Backspins und Scratches benötigt mein Setup nur 2,5 Gramm. Damit ist unser Klassiker in dieser Disziplin nach wie vor ganz vorne mit dabei!   
Was den Sound angeht, kann Shures Proband nicht mit den aktuellen Spitzenkandidaten mithalten. Aber das muss er auch nicht, wenn man bedenkt, dass das System für 71 Euro zu haben ist. Der Bass klingt extrem knackig und vielleicht auch schon ein wenig zu dick aufgetragen. Bass-Liebhaber werden es mögen – ich mag es auch! Der Hochtonbereich hingegen ist nicht so präsent und nichts für audiophile Anwender. Ich würde die Höhen als solide bezeichnen wollen – nicht mehr, aber auch nicht weniger. Die oberen Mitten bei 2 – 4 kHz klingen ein wenig hart, sorgen aber für eine gute Durchsetzungsfähigkeit des Signals. Insgesamt würde ich das M44-7 klanglich ins Mittelfeld einordnen. Und „mittiger“ geht’s auch tatsächlich kaum. 

FAZIT

Der M44-7 von Shure ist nach wie vor einer der besten Tonabnehmer für Scratch-DJs und Turntablists. Hohe Springfestigkeit bei extremeren Mix- und Scratch-Aktionen, ein hoher Ausgangspegel und eine sehr gute Basswiedergabe sind schlagkräftige Argumente, die für den Einsatz dieses Klassikers sprechen. Außerdem bevorzugen viele Turntablists Headshell-Systeme, da bei ihnen Überhang und Winkel frei konfiguriert werden können. Im Preis-Leistungsverhältnis steht unser Kandidat gut da, denn für 71 Euro bekommt der Käufer ein umfangreiches Montageset und ein Transport-Case für zwei Systeme in die Hand, was ihn in Kombination mit den aufgezählten Stärken unter Umständen auch für Kundengruppen jenseits des Scratch-Einsatzes interessant machen könnte. Professionelle Club-DJs dürfen beim M44-7 ebenfalls einen Blick riskieren – als gute und günstige Zweit-Tonabnehmer eignen sie sich definitiv. Hi-Fi-Enthusiasten und Anwender, die z.B. ihre Vinyl-Sammlung digitalisieren möchten, sollten allerdings auf klanglich hochwertigere Systeme ausweichen.

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Features/ Technische Daten
  • Bauart Komplett-Tonabnehmer mit SME-Bajonett-Anschluss
  • Abnehmer-Typ MM
  • Ausgangs-Spannung 9,5 mV
  • Empfohlene Last 47 kΩ; 450 pF
  • Bereich Auflagekraft 1,5 – 3 g
  • Nadel-Typ sphärisch 18 µm
  • Übertragungsbereich 20 Hz – 17 kHz
  • Stereo-Balance 2 dB
  • Kanaltrennung (bei 1 kHz) 20 dB
  • Gewicht 6,7 g
  • Höhe 15,9 mm
  • Preis 71,00 Euro UVP
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