Modartt Pianoteq – Version 3 Test

Praxis

Beginnen den Praxisteil mit dem wichtigsten: Wie klingt Pianoteq eigentlich? Gar keine leichte Frage, denn im Gegensatz zu einem E-Piano mit ein paar Presets und eventuell einem Dreiband-Equalizer, kann man bei Pianoteq an ein paar Dutzend soundverändernden Parametern drehen. Außerdem: von welchem Klaviersound sprechen wir eigentlich? Jedes Klavier und jeder Flügel klingen anders. Aber reden wir nicht lange drum herum. Hier ist Pianoteq’s neuester und ganzer Stolz, das C3-Piano im “Solo Recording”-Modus.

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C3 Piano im “Solo Recording” Mode C3 Piano “Spielerposition”

In diesem Modus wird ein Flügel mit vier Mikrofonen aufgenommen, die, wie bei einer Aufnahme, vor dem geöffneten Flügeldeckel stehen. Um die Stärken des neuen “Acoustic Radiation” zu demonstrieren, hier die gleiche Aufnahme, wie sie der Spieler selber hört.

Für meine Ohren absolut überzeugend. Und damit meine ich nicht nur den Klaviersound, der im Solo-Recording gar nicht so sehr meinem Geschmack entspricht, sondern das klangliche Ergebnis des Perspektivwechsels. Das zeigt ganz neue Möglichkeiten auf. Auch Versuche, das Mikrofon zehn Meter vom Klavier in eine Ecke zu stellen, funktionieren. So haben wir jetzt beim Klaviersound endlich die gleichen Möglichkeiten, wie wir sie bei virtuellen Drums schon einige Zeit haben. Pianoteq hilft übrigens bei der Positionierung der Mikrofone, in dem es automatisch die Lage des Mikrofons optimiert. Sehr praktisch! Aber gehen wir wieder zurück zu den Instrumenten. Als Pianoteq Version 2 veröffentlicht wurde, waren viele Benutzer enttäuscht von dem sehr brillanten Klang der neuen Version. MODARTT hat deshalb bei Version 3 nichts anbrennen lassen und gleich alle Modelle von Version 1 und 2 mitgeliefert. Hier nochmals das Klangbeispiel, diesmal in der “seidigen” Version des C1.

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C1 Piano

Die nächsten drei Beispiele zeigen, in welche Tiefen des Klavierdesigns man eindringen kann. Man fühlt sich geradezu als Klavierbauer. Im ersten Beispiel wird das Hammergeräusch verändert: normal – sehr stark – kein Hammergeräusch.

Als nächstes testen wir die Resonanzübertragung der Saiten untereinander: der Ton c2 wird stumm gedrückt und die Schwinung seiner Saite(n) durch Anschlagen der drei tieferen und höheren C-Töne beeinflusst.

Wie beim Hammergeräusch kann die Resonanzübertragung auch völlig unterdrückt werden –  ebenso beim Geräusch, das die Dämpfer beim Niederdrücken des Sustain-Pedals machen.

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Hammer Resonanzen Daempfer Random

Nicht alles davon ist neu oder einmalig. Aber der Realismus, die Anzahl der Parameter und ihr Zusammenwirken machen es aus. Als Beispiel, wie sehr man den Klang der verschiedenen Instrumente verändern kann, hier zunächst der Originalklang und dann ähnliche Passagen mit dem gleichen Instrument, das aber durch Klick auf den Random-Button radikal verändert wurde.Bevor wir uns den historischen und den elektro-akustischen Instrumenten zuwenden, wollen wir uns die Handhabung von Pianoteq genauer anschauen. Das Design ist klar und sehr übersichtlich gehalten. Alles ist “aufgeräumt”, und die Schubladen “Tuning”, “Voicing” und “Design” können sogar geschlossen werden. Alle Einstellungen können mit zwei Mausklicks erreicht werden, und es ist völlig logisch, wo sie sich befinden. Dabei scheint es Absicht zu sein, dass in keinem Fenster mehr als sieben Regler sind. Auch andere praktische Helferlein gibt es: die oben erwähnte “Mikrofonpositions-Optimierung”, das hervorragend übersichtliche Optionen-Menü und so kleine Dinge wie das Anzeigen des zuletzt bewegten MIDI-Reglers im Auswahl-Menü der MIDI-Parameter. Das ist alles nicht neu, aber viel zu oft einfach nicht da! Bei Pianoteq scheint man höchsten Wert auf Usability zu legen.

Support
Nur eine Geschichte dazu: als sich um User-Forum jemand beschwerte, dass die Sustain-Zeiten der Basstöne zu kurz wären, gab es am nächsten Tag ein neues Modell zum Download. Fast zu gut, um wahr zu sein!

Alte Instrumente
Neben den Flügeln von 1896 bis heute gibt es auch eine Anzahl von Pianoforte-Instrumenten, die sich auf die Zeit um 1800 konzentrieren. Pianoteq hat sch auf die Fahnen geschrieben, die alten Instrumente virtuell wiederzubeleben und wird weitere Modelle in ihre Sammlung aufnehmen. Hier der Anfang einer Beethoven-Sonate auf zwei sehr unterschiedlichen Instrumenten:
ein Pianoforte von Johann Schantz, ca. 1790 und ein Instrument von Anton Walter aus dem gleichen Jahr.

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Schantz Walter Grimaldi Blanchet

Neben den Pianofortes gibt es auch zwei Harpsichords. Auf denen wird natürlich Bach gespielt, hier auf dem B-Register eines Instruments von Carlo Grimaldi aus dem Jahr 1697 und dasselbe nochmal auf einem französischen Instrument von F.E.Blanchet aus dem Jahr 1733

Schließlich gibt es noch die elektro-akustischen Instrumente des letzten Jahrhunderts. Ein Yamaha CP-80 wird mitgeliefert und mit “Wurly” und “Rhody” gibt es noch zwei E-Pianos, die man als Add-On dazukaufen kann. Pianoteqs Stärke liegt aber doch eher in der Simulation der Flügel, deshalb hier je ein Beispiel von Wurly und Rhodes, jeweils in den Geschmacksrichtungen Basic, Tremo und Distor.

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Rhodes Wurly

Wie sich Pianoteq live spielen lässt, hängt natürlich entscheidend vom Keyboard ab, auf dem es gespielt wird. Hier muss sich jeder seine Hardware selber zusammenstellen, und es wird vielleicht eine Weile dauern, bis man die optimale Verbindung gefunden hat. Das ist bei jedem Software-Instrument so, aber bei einem virtuellen Klavier kommt man vielleicht schnell auf die Idee, dass es gleich gut funktionieren muss, weil das Interface (Keyboardtastatur) genauso aussieht wie das Original. Aber das ist mitnichten so, und die Gründe können vielfältig sein. So sendet das Sustain-Pedal eines Korg SP-250 nur fünf verschiedene MIDI-Werte und nicht die versprochenen 127. Auch muss das Spiel auf der Tastatur gut “übertragen” werden: mit dem SP-250 fühlt es sich nicht ganz richtig an, mit einer GEM-Tastatur war es dagegen perfekt – wenn diese einem bloß nicht unter den Fingern zerbröseln würde. Wie gesagt: hier geht es gar nicht um die Qualität der Tastatur an sich, sondern ob Hardware und Software miteinander harmonieren.

modpiano_geschlossen
Pianotq 3: geschlossene Oberfläche
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