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Gretsch Legend Brass Snares Test

PRAXIS
Wenn ich mir diesen kleinen Scherz erlauben darf, müsste der Schlachtruf für meine heutigen Testkandidaten “That Gleat Gletsch Sound” heißen, denn die Legend Snaredrums werden in Taiwan gebaut. Haha, sehr witzig, Herr Schierenbeck. Aber nun zur Sache.
Tatsächlich war ja der Aufhänger aus dem Intro, zu überprüfen, ob meine Testobjekte trotz fernöstlicher Herkunft nach Gretsch klingen. Sowohl die Zutaten als auch die Konstruktionsart der Trommeln versprechen hier viel. Die Kessel der Legends zum Beispiel, basieren laut Hersteller auf denen der Klassiker aus den 30er Jahren. Sie sind wie Ihre Vorbilder mit der typischen Mittelwulst ausgestattet. Die Fellauflagen der Legends haben allerdings anders als die Oldtimer einen modernen Winkel von 45 Grad.

Während bei den meisten aktuellen Trommeln sehr viel Wert darauf gelegt wird, den direkten Kontakt zwischen Kessel und Kesselhardware durch Kunststoffunterlagen zu verhindern, setzt Gretsch getreu dem Konzept “nah am Klassiker” auf das Gegenteil und verzichtet bei den Legend-Snares auf Plastik unter den Böckchen. Das soll den Dynamikumfang der Trommel erhöhen. Ich freue mich als alter Vintage-Fan über diesen Purismus, denn die inzwischen legendären Trommeln vergangener Ären kamen schließlich alle ohne Kunststoffunterlagen unter der Kesselhardware aus. Die Abhebung und das Badge der Test-Snares sind dann aber doch auf kleinen Gummiunterlagen montiert – vielleicht damit niemand vergisst, dass wir uns im Jahre 2011 befinden. Na gut, ist genehmigt.

Apropos 2011: Die Kessel sind offensichtlich mit moderner Maschinerie und nach modernen Maßstäben hergestellt. Die eben schon erwähnten Fellauflagekanten sind tadellos und die Falz ragt 1 cm in Richtung Kesselinneres. Am Snarebed ist ebenfalls nichts auszusetzen. Es sitzt auf beiden Seiten mittig unter der Abhebung und bietet bei Bedarf auch Platz für breitere Snareteppiche. Im Gegensatz zu vielen Messingkesseln von einst besitzen die der Legends eine Nahtstelle. Diese ist von der Innenseite deutlich sichtbar, aber gut verarbeitet. Wichtig: In den Fellauflagen ist sie nicht zu spüren. Um den Snares, neben der klassisch angehauchten Konstruktionsweise, auch einen klassischen Look zu geben, haben die Böckchen der 14“ x 5,5″, 13“ x 6″ und 12″ x 6″-Modelle die Optik der „Streamline“-Lugs, allerdings mit einer Aussparung für die Mittelwulst des Kessels. Das 14 ” x 6,5″-Modell ist mit Single-Lugs ausgestattet – ebenfalls im typischen Gretsch Design. Auch die Abhebung hat ein wenig von der Streamline-Optik abbekommen, ist jedoch keinem Klassiker direkt nachempfunden. Sie ist auf beiden Seiten verstellbar, was ein sehr schönes Ausstattungsmerkmal der Neuzeit ist. Der Snareteppich wird ebenfalls zeitgemäß mittels Vierkantschrauben befestigt. Die Abhebung verdient auch zweifelsohne mein Lieblingsprädikat: tadellos!

Eine wichtige Zutat des „Great Gretsch Sound“ von einst sind die Gusspannreifen. Die Legends hingegen sind mit den verbreiteten dreifach geflanschten Spannreifen ausgestattet. Dem Einen oder Anderen mag das sogar besser gefallen, aber das bedeutet unbestritten eine Entfernung vom Traditionssound. Gutes Stichwort! Der Sound ist es ja, den ich erforschen wollte. 
Alle vier Modelle eint der selbe crispe und frische Grundsound mit ordentlich Attack und schönen Obertönen. Aber auch an Wärme fehlt es meinen Testkandidaten nicht. Man sagt ja Messingsnares neben den oben genannten Eigenschaften auch ein großes Klangvolumen nach. Das 12″-Modell bestätigt das voll und ganz. Ich finde, dass man in den Audios dieser Snare eine ausgewachsene Snaredrum vermutet. In mittleren Stimmungen und unbedämpft hat diese Snare ein sehr ausgewogenes Verhältnis zwischen Volumen, Attack und Obertönen. Hier vermisse ich weder Bass, noch möchte ich die schönen Fellobertöne dämpfen. Besonders bei Rimshots gewinnt sie deutlich an Durchsetzungskraft, ohne zu sehr zu singen. In mittlerer bis hoher Stimmung und bedämpft, erinnert sie sehr an “Money don´t matter” oder auch “Sexy MF” von Prince. Aber natürlich kann sie mit diesen Eigenschaften auch das bedienen, was man von ihr erwartet, nämlich in hohen Stimmungen richtig “knacken”. Dabei gefällt mir besonders gut, dass sie auch hier ihren Bass behält. Sehr erstaunlich finde ich sie in tiefen Stimmungen. Hier entwickelt sie große Kraft im Bassbereich. Der Teppich neigt bei tiefer Stimmung allerdings etwas dazu, sich zu überschlagen. Ansonsten ist die Teppichansprache sehr artikuliert und fein.

Audio Samples
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12×6 tief 12×6 mittel 12×6 mittel trocken 12×6 hoch 12×6 hoch 2 12×6 hoch Roll

Die 13er hat in Sachen Teppichansprache für meinen Geschmack sogar noch mehr zu bieten, denn sie ist die sensibelste Kandidatin im Rennen. Gleichzeitig klingt sie – anders als erwartet – etwas zurückhaltender als die kleine Schwester. Damit ist sie auch die “feinsinnigste” Snare in diesem Test. Allerdings hat sie bei gleichen Mikrofonpositionen und ebenfalls gleichen Mixverhältnissen weniger Durchsetzungskraft und klingt leiser. Trotzdem treffen alle Eigenschaften der 12er auch auf die 13-Zöllerin zu. Besonders in mittlerer Stimmung sind die Obertöne selbst ohne Dämpfung sehr ausgewogen und entgegen meiner Gewohnheit, habe ich nicht das Bedürfnis, sie zu dämpfen. Auch das Verhältnis zwischen Attack und Bass ist hervorragend. Hohe Stimmungen meistert sie für meinen Geschmack in diesem Zusammenhang nicht so hervorragend wie das 12″-Modell. Hier driftet das Verhältnis zu sehr in Richtung Obertöne ab. Dafür ist sie in tiefen Stimmungen noch charaktervoller als die kleine. Sie liefert Bass und tiefe Mitten wie eine “Große”, klingt aber durch das fehlende Zoll zum Standardmaß schön eigenwillig. Gleiches gilt für bedämpfte mittlere Stimmungen.

Audio Samples
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13×6 tief 13×6 mittel 13×6 mittel Roll 13×6 mittel trocken 13×6 hoch 13×6 hoch Roll

Die 14″ x 5,5″ passt durch ihr klassisches Maß natürlich sehr gut zu unseren Hörgewohnheiten. Das Verhältnis zwischen Obertönen und Bass/Tiefmitten ist absolut hervorragend. Auch die Teppichansprache ist sehr gut, wenn auch nicht mehr so gestochen scharf wie bei den beiden kleineren Modellen. Im Gegenzug wird der Teppichsound jedoch ein wenig weicher, was ja auch oft vorteilhaft sein kann. Ich mag den Charakter der 14″ x 5,5″ in hohen Stimmungen sehr gerne. Auch hier erscheint es nicht notwendig, die Obertöne zu verringern. So gestimmt klingt sie sehr lebendig und krachig, allerdings empfinde ich sie trotzdem nicht als geeignete Snare für härtere Musik. In mittleren Stimmungen gewinnt sie an Bauch und eignet sich sowohl offen oder bedämpft sehr gut für Pop – oder Rockmusik. Man kann mit Recht behaupten, dass der Stimmumfang der 14″ x 5,5″ ein enormes Spektrum umfasst. Sie hat keine auf den ersten Blick erkennbaren Schwächen in irgendeinem Stimmungsbereich. Selbst in tiefen Stimmungen und tiefsten Lagen mit faltigem Fell macht sie einen tollen Job, wenn auch der Teppich leicht zum Überschlagen neigt. 

Audio Samples
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14×55 tief 14×55 tief 2 14×55 mittel 14×55 mittel Roll 14×55 mittel trocken 14×55 hoch 14×55 hoch Roll

Bleibt also noch die 14″ x 6,5″. Vereinfacht gesprochen: Sie macht eigentlich alles das, was die 14″ x 5,5“ macht, nur mit mehr Wucht. In mittleren Stimmungen und ohne Dämpfung wirkt sie gegen die kleine Schwester fast etwas behäbig und die Teppichansprache neigt leicht zum Verschwimmen. Dafür klingt sie  aber absolut fantastisch in tiefen Stimmungen. Trotz fettem Bass ist sie sehr präzise und durchsetzungsstark. Auch in sehr hohen Stimmungen kann sie glänzen. Hier kann sie ihre Tiefe ausspielen und ordentlich Bass produzieren, auch die Teppichansprache ist konturierter.

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14×65 tief trocken 14×65 mittel 14×65 mittel Roll 14×65 mittel trocken 14×65 hoch 14×65 hoch Roll
Kommentieren
Profilbild von Ron Burgundy

Ron Burgundy sagt:

#1 - 08.07.2011 um 14:40 Uhr

0

Was für Drumset ist das, dass bei den Soundbeispielen ab und zu noch zu hören ist?

Profilbild von Soenke Reich

Soenke Reich sagt:

#2 - 11.07.2011 um 12:35 Uhr

0

Hallo Ron!
Das Drumset ist ein Yamaha Oak Custom in den Größen 22, 12, 14 und 14. Die Cymbals sind Anatolian Baris-Becken. Mfg, Sönke

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