SSL G Comp Bus Compressor Test

Der Solid State Logic G Comp Bus Compressor für das API-500-Rackformat is tbei uns im Review: Die Ära nach 1975 hat kaum legendäre Kompressoren hervorgebracht. Aus diesem „Mittelmaßmeer“ ragt der SSL-Buskompressor weit heraus, handelt es sich hier doch um einen wahren Mythos.

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Liefert typische VCA-Kompressor-Ergebnisse: SSL G Comp für APIs 500er-Rackformat


Dynamics in jedem Kanalzug waren ein Feature, das vor Beginn der 80er-Jahre nur einigen Mischpult-Exoten wie den EMI-TG-Desks vorbehalten war. Die Konsolen der G-Serie von SSL haben (Rock-)Musikgeschichte geschrieben und mit ihrem punchy Sound den Klang einer ganzen Dekade entscheidend mitgeprägt – nicht zuletzt wegen der Kompressoren. Aber nicht nur mitten im Signalweg waren die Dynamics bei SSL ein entscheidendes Feature, sondern auch ganz hinten: Die G-Konsolen verfügten über einen Buskompressor, dem sagenhafte Eigenschaften angedichtet werden. „Sounds like a record“ sagt man dem SSL-Buscomp nach – auf gut deutsch: „Schick deinen Mix durch diesen Kompressor, und die Produktion klingt nach fertiger Veröffentlichung…“.
Bis heute ist der Bus Comp fester Bestandteil einer jeden SSL-Konsole. Und auch im hauseigenen Modulstandard ist der G Comp schon länger verfügbar. Da war es wohl nur eine Frage der Zeit, das Modul auch für den ungleich weiter verbreiteten Standard von API anzubieten.

Details

Blueprint eines VCA-Kompressors
Der G Comp kann gewissermaßen als Synonym für einen VCA-Kompressor gelten. Es handelt sich um ein ungemein stromlinienförmiges Straighforward-Design, das alle Kernparameter eines VCA-Comps bietet, bei dem man aber auf alle neudeutsch „bells and whistles“ genannten Extras verzichten muss, die auch noch Teil eines solchen Konzeptes sein könnten. Mit einem klassischen Parametersatz mit fünf Bedienelementen ausgestattet, bietet der G Comp die Standards, die einen VCA-Comp definieren: Threshold (-20 dB bis +20 dB), Gain Make-Up (-5 bis +20 dB), Attack (0,1, 0,3, 1, 3, 10, 30 ms), Release (0,1, 0,2, 0,4, 0,8, 1,6 s sowie Auto) und Ratio (1,5:1, 2:1, 3:1, 4:1, 5:1 und 10:1). Damit handelt es sich hier um die Grundparameter, die viele andere Kompressordesigns mitbeeinflusst haben. Insbesondere die Zeitkonstanten sind sehr praxisnah gewählte Parameter, die ein großes Spektrum abdecken, und die sich quer über diverse Hersteller als Quasi-Standard etabliert haben. So bietet beispielsweise der API 2500, ein anderer legendärer VCA-Comp, exakt dieselben Attackwerte. Das macht auch Sinn, denn von fiesem Drumroom-Squeeze über Snare-Transientenshaping bis hin zu punchy Bassdrum-Impulsen auf der Summe sind dies genau die Werte, die man bei einem Buskompressor benötigt.

Fotostrecke: 3 Bilder Mit einem klassischen Parametersatz bietet der G Comp die Ausstattung, die bei VCA-Comps als Standard gelten kann.

Dazu verfügt der G Comp noch über einen Bypass-Schalter und ein einziges VU-Meter im bewährten Sifam-Look mit dem hellen Rahmen, dunklen Hintergrund und der angestrahlten Nadel – gewissermaßen ein „Negativ“ des sonst üblichen VU-Meter-Designs.Das Meter zeigt ausschließlich die Pegelreduktion an.

SSL-Kompressor in Reinform

Weitere Bedienelemente sucht man am G Comp ebenfalls vergebens. Damit ist das Gerät ein echter Stereokompressor, der, wie der Urei 1178 oder der schon erwähnte API 2500, keinen unabhängigen Dual-Mono-Betrieb erlaubt. Den Begriff „Bus Compressor“ in seinem Namen trägt das Teil also völlig zu Recht. Damit bleibt der G Comp auch seinem historischen Vorbild treu, kommt ohne funktionale Ergänzungen aus, die bei aktuellen Kompressordesigns praktisch quer durch den Garten als gesetzt gelten dürfen. Einen Sidechain-Lowcut gibt es hier folglich ebensowenig wie ein Wet/Dry-Mixpoti.

SMD-Bauteile

Unter der Haube des G Comps regiert SSLs bewährte „Superanalogue“-Technik in SMD-Bauweise. Der SSL-Comp arbeitet auf Basis von THAT-VCA-ICs des Typs 2181, welche in eine übertragerlos symmetrierte Analogschaltung eingebunden sind. Die Straightforward-Ausstattung an Bedienelementen findet also ihre Enstprechung in einer absolut schnörkellosen Umsetzung der Schaltkreise.

Fotostrecke: 3 Bilder Der SSL G Comp ist als Modul mit offener Bauform konzipiert.

Interessant und etwas ungewöhnlich ist die Art und Weise, wie die VCAs ver- beziehungsweise beschaltet werden. Es handelt sich beim G Comp zwar um einen Kompressor mit Peak Detection, aber nicht, wie man annehmen sollte, um ein Feed-Forward-Design. Vielmehr ist der G Comp ein Feedback-Kompressor, bei dem das Detektorsignal am Ausgang eines „Hilfs-VCAs“ abgegriffen wird, welchem der eigentliche, signalverarbeitende VCA „folgt“. Das Knee des Kompressors startet eher weich und wird mit höheren Ratios zunehmend härter – ein nicht untypisches Verhalten für ein Feedback-Design.

Im 500er-Standard geringerer Funktionsumfang als als X-Rack

Die Qualität der Hardware des G Comps markiert soliden Industriestandard. Das Modul sieht mit seinem geradlinigen Layout wirklich toll aus, und es macht einen stabilen und recht wertigen Eindruck. Mehr sollte man an dieser Stelle nicht verlangen, zumal auch die technische Umsetzung des Moduls makellos ist – hier zeigt sich SSLs jahrzehntelange Erfahrung in der Konzeption und Fertigung von Audio-Tools. Nicht unerwähnt blieben darf jedoch, dass das in etwa gleich teure G-Comp-Modul für SSLs eigenen X-Rack-Standard erheblich mehr Funktionen hat. So bietet es nicht nur einen schaltbaren Eingang für ein externes Sidechain-Signal (was um so wertvoller ist, da der Comp eben nicht über ein internes Filter verfügt), sondern auch die Total-Recall-Fähigkeit über den hauseigenen X-Rack-Frame.

Praxis

Mit seinem Straightforward-Konzept ist der SSL G Comp nicht nur völlig einfach zu bedienen, man könnte sogar sagen, dass es sich hier um ein nahezu perfektes Gerät handelt, um die Bedienung von Kompressoren zu erlernen. Kein Beiwerk verstellt den Blick auf die wesentlichen Parameter, alle Bedienelemente sind schlüssig angeordnet und sorgen genau für den Effekt, den man erwartet. Wer also mit Kompression als Konzept noch nicht so vertraut ist, der findet hier einen wirklich perfekten Begleiter um die Zusammenhänge der Dynamikbearbeitung besser zu verstehen. Dies trifft auch insofern zu, als dass die Parameterbereiche nun wirklich den Praxistest bestanden haben, sich seit mehr als 30 Jahren in den Regieräumen dieser Welt bewährt haben. Was man hier auch einstellt – es passiert richtig was!

Liefert typische VCA-Kompressor-Ergebnisse: SSL G Comp für APIs 500er-Rackformat
Liefert typische VCA-Kompressor-Ergebnisse: SSL G Comp für APIs 500er-Rackformat

Und das, was passiert, hat auch richtig Charakter, und zwar den SSL-typischen, wenngleich die aktuellen Superanalogue-Schaltungen von SSL auf Bauteilebene nicht mehr viel gemein haben mit den Layouts aus den Anfangstagen. Knackig, rauscharm, recht transparent: Das sind die Grundpfeiler, zwischen denen wir uns hier bewegen. Der Charakter der SSL-Kompression liegt also weniger in der Klangfärbung der Line-Stufen, sondern vielmehr in der Kompression selbst, die kräftig zupackt und mit sehr fester Hand den Weg weist. Man kann den Kompressor zwar auch recht unauffällig und dezent arbeiten lassen, Spaß machen aber besonders die heftigeren Einstellungen, bei denen sich, gerade bei längeren Attackwerten, dann auch der typische „VCA-Pop“ einstellt – eine knackige Betonung der Transienten mit ganz eigentümlich glasigem Charakter. Das ist ein Regelverhalten, das die gängigen VCA-Comps deutlich beispielsweise von FET-Kompressoren unterscheidet. Ganz gleich, was man hier macht: Der Klang bleibt immer stabil, Verzerrungen oder das crunchy Schnaufen von FET- oder Diodenlimitern sucht man hier vergebens.

Audio Samples
0:00
Mix Original Mix, Attack 10 ms, Release 0,1 s, Ratio 1.5:1 Mix, Attack 30 ms, Release 0,1 s, Ratio 1.5:1 Mix, Attack 30 ms, Release 0,1 s, Ratio 1.5:1 Drumroom Original Drumroom, Attack 0,1 ms, Release 0,1 s, Ratio 10:1 Drumroom, Attack 0,1 ms, Release 0,4 s, Ratio 10:1 Drumroom, Attack 3 ms, Release 0,4 s, Ratio 10:1 Drumbus Original Drumbus, Attack 30 ms, Release 0,1 s, Ratio 4:1 Drumbus, Attack 0,1 ms, Release 0,1 s, Ratio 10:1

Eine typische Eigenschaft von Kompression ist, dass die Tiefbässe etwas ins Hintertreffen geraten. Viele Kompressoren bieten die Möglichkeit, diesem Effekt mit einem Sidechainfilter entgegenzuwirken, welches die tiefen Bässe aus dem Detektorzweig herausnimmt. Leider bietet der G Comp diese Möglichkeit nicht, und das bedeutet, dass er dem Lowend-Punch sogar recht aktiv entgegenwirkt. Das kann man als Feature nutzen, wenn man auf den klassischen, etwas mittigen SSL-Sound steht oder einfach Signale etwas leichtfüßiger und präsenter machen möchte, oder man schaltet einen EQ hinter den Kompressor, der die Bassdrums wieder etwas mehr betont. Hier wird jedoch sehr deutlich, dass der heutige Klanggeschmack quer durch diverse Genres mit erheblich mehr Bass arbeitet als zu Beginn der 80er-Jahre – eine Tatsache, der SSL durch ein integriertes Sidechainfilter hätte Rechnung tragen sollen. Originaltreue hin oder her, das hätte den Praxiswert des G Comps doch erheblich gesteigert. Erst recht, da auch das kleine 500-Modul die typische SSL-Kompression in Reinkultur bietet, die sich prinzipiell sehr gut für bassbetonte Stilistiken eignet.

Fazit

Der SSL G Comp für den 500-Standard hinterlässt ein etwas zwiespältiges Bild: Auf der Habenseite stehen sein klassisches, stromlinienförmiges Layout mit absolut praxistauglichen Einstellmöglichkeiten und dem typischen punchy Charakter des Regelverhaltens, hier verpackt in ein ausgesprochen gut aussehendes und technisch hervorragend umgesetztes 500-Modul. Aber der 500-G-Comp bietet bei einem annähernd vergleichbaren Preis deutlich weniger Funktionen als das entsprechende X-Rack-Modul. Mit der fehlenden Möglichkeit, das Sidechain-Signal zu bearbeiten, hat das Teil eine Achillesferse, die das Gerät doch ein gutes Stück von der vollen Punktzahl wegrückt. Wenn man den speziellen, etwas bassflachen Charakter des G Comps mag: kein Problem! Aber bei diesem Preis hätte sich SSLmit der Integration eines Sidechain-Lowcut kein Bein ausgerissen, zumal auch der dazu erforderliche Platz auf der Frontplatte durchaus vorhanden gewesen wäre.

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • Klangeigenschaften
  • einfache Bedienung
  • Design
Contra
  • kein Sidechain-Filter
Artikelbild
SSL G Comp Bus Compressor Test
Für 2.149,00€ bei
SSL G Comp: Klassischer Buskompressor für das 500-Format
SSL G Comp: Klassischer Buskompressor für das 500-Format
Spezifikationen
  • klassischer VCA-Comp
  • Buskompressor von SSLs legendärer G-Serie
  • jeweils sechs Attack/Release-Werte (incl. Auto-Release)
  • Straightforward-Design
  • Preis: € 1999,- (UVP)
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