Beyerdynamic MC 910 und MC 930 Test

Beyerdynamic MC 910 und MC 930 im bonedo-Test – MC 910 und MC 930 sind Druck- und Druckgradientenempfänger von Beyerdynamic, die wir als Stereopärchen getestet haben. MC 910 sind die Druckempfänger-Kugeln, MC 930 ist die Bezeichnung der Nieren. Die Familie ist eigentlich noch etwas größer, denn Beyerdynamic bietet zudem noch die mit Superniere stärker richtenden MC 950 an. Allen genannten Mikrofonen ist gemein, dass sie sich bis aufs Haar, oder besser gesagt, bis auf die Schalleintrittsöffnung an der Kapsel gleichen und zu einem großen Teil mit den gleichen Bauteilen hergestellt werden.

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Unter Tontechnikern gelten die MC 900er, wie eigentlich alle Mikrofone des Herstellers aus dem Herzen von Heilbronn, als verlässliche und belastbare Arbeitstiere ohne aufdringliche Charaktereigenschaften. Und das ist ja nicht gerade negativ, denn die meisten User verlangen genau das von ihren Kleinmembranmikrofonen.

Details

Gleiche Schaltfunktionen bei MC 910 und MC 930

Nicht nur Gemeinsamkeiten haben die beiden Stäbchenmikrofone, es unterscheidet sie auch einiges – schließlich ist die Richtcharakteristik nicht ein einzelner Parameter, der festgelegt wird, sondern Resultat eines bestimmten Kapselprinzips. Dieses wiederum verändert quasi automatisch bestimmte Werte und Eigenschaften. Doch will ich hier nicht auf Mikrofongrundlagen eingehen, sondern auf die beiden Beyerdynamic-Mikros (vier, um genau zu sein). So verfügen beide über eine schaltbare Vordämpfung von 15 dB, die leicht im Metallgehäuse versenkt liegt, sowie eine mit dem benachbarten roten Schiebeschalter aktivierbare Tiefensperre. Letztere wird wahrscheinlich beim Gradientenempfänger mit der Nierencharakteristik häufiger zum Einsatz kommen, da diesem ja im Nahfeld eine Bassanhebung wiederfährt, im Gegensatz zum Druckempfänger, bei dem es aufgrund des Druckstaus zu einer Höhenanhebung kommt. Zwar liegt die Grenzfrequenz der Filter bei beiden Mikrofontypen mit 250 Hz verhältnismäßig hoch, doch geht es mit 6 dB Dämpfung innerhalb einer Frequenzhalbierung sehr sachte und somit möglichst “unwellig” zur Sache.

Sowohl das Kugel- als auch das Nierenmikrofon besitzen Hochpassfilter und Vordämpfung
Sowohl das Kugel- als auch das Nierenmikrofon besitzen Hochpassfilter und Vordämpfung

Allesfresser Die Echtkondensatormikros zeigen sich flexibel, was die Spannungsversorgung angeht: Mit 11-52 V ist der Arbeitsbereich angegeben, die Normen von 12 bis 48 Volt reichen also aus. Wie sich bei Spannungen von unter 48 V die Werte ändern, ist wie üblich nicht angegeben, für den “Normalbetrieb” hingegen schon: Die Druckempfänger-Kugel erreicht ihren Grenzschalldruckpegel ohne Pad bei 127 dB SPL, ihr Eigenrauschen liegt A- bewertet bei 18 dB. Bei der richtenden Variante MC 930 sind es jeweils zwei Dezibel weniger. Alleine die Unterschiede in der Richtcharakteristik sorgen bei ansonsten gleichen Mikrofonen dafür, dass die ausgegebene Spannung beim Anliegen eines bestimmten Schalldruckes abweicht. Beim MC 930 sind es 30, beim MC 910 hingegen nur 25 Millivolt, die pro Pascal ausgegeben werden.

Fotostrecke: 3 Bilder Der Korpus eines 930 ist mit dem eines 910 weitestgehend identisch.

Fernmikro?

Als echter Druckempfänger hat es das MC 910 deutlich leichter als das 930, auch tiefste Tiefen zu übertragen. Aus diesem Grund wird in den Daten dort als untere Grenze auch 20 Hz statt wie bei der Niere 30 Hz angegeben. Der Produktbeschreibung kann man ferner entnehmen, dass das Kugelmikrofon eine “leichte Höhenanhebung auf der Achse” besitzt. Nun, die konstruktive Alternative zur Höhenanhebung auf der Achse ist ein Höhenabfall, je weiter sich der Schalleinfall von der 0°-Achse entfernt. Dies ist beides weder banal gut oder schlecht, vielmehr wird dadurch festgelegt, bei welchen Entfernungen zur Schallquelle das Mikrofon neutral klingt. Hersteller wie Schoeps bauen für diese Zwecke sogar unterschiedliche Kapseln. Das Beyerdynamic MC 910 ist also eher für den Einsatz im Diffusfeld geeignet, also entfernt, doch zeigt sich, dass Hersteller lieber etwas zu höhenreiche Mikrofone bauen, um sich nicht den Vorwurf gefallen lassen zu müssen, dumpf zu klingen. Außerdem kann man ja noch den EQ verwenden. Und noch einen Vorteil gibt es: Eine Anhebung um die 10 kHz, wie sie hier auf über einer Oktave geschieht, vermag ein etwas schwächeres Luftband leicht zu kompensieren. Nun ja, dies ist beim 910 tatsächlich der Fall, denn der Frequenzgang schneidet die 20 kHz deutlich unterhalb des Wertes bei 1 kHz. Bis auf die beschriebenen Abweichungen in den Höhen ist der Frequenzgang eben wie ein Salzsee. Beyerdynamic ist so ehrlich und gibt für den grafischen Sollfrequenzgang auch die bei den individuellen Mikrofonen tolerierte Abweichung von +/-2 dB an.

Fotostrecke: 4 Bilder Statt Gitter werden kleine Metallkügelchen verwendet.

Nieren im Set

Das Beyerdynamic MC 930 hält seine Richtcharakteristik Niere nicht nur bei 1 kHz (der Standardfrequenz für allerhand Messungen, darunter auch die des Polar Patterns), sondern bleibt von unter 250 Hz bis über 4 kHz annähernd konstant. Im Bassbereich macht sich unter 100 Hz der Abfall des Frequenzgangs bemerkbar, in den Höhen findet man nach einer brettebenen Kurve eine leichte Überhöhung um die 10 kHz und einen deutlichen Abfall hin zu 20 kHz. Die beiden MC 930 haben wir uns im Stereoset kommen lassen. Dies zeigt sich alleine schon dadurch, dass es ein großer Hartplastik-Koffer ist, der die Mikrofone und ihr Beiwerk beinhaltet. Neben den Begleitpapieren sind es von allem die elastische Aufhängung und die Windschutze, die das Set erweitern.

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Profilbild von Klaus Joter

Klaus Joter sagt:

#1 - 27.10.2015 um 16:27 Uhr

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Es ermüdet, immer und immer wieder Gitarren als Probeinstrumente für Mikrofone, Vorverstärker und "wer weiß was sonst noch" hören zu müssen. Das ist an Ideenlosigkeit kaum noch zu überbieten. Wie wäre es denn mal mit einem Flügel?

    Profilbild von Nick (Redaktion Recording)

    Nick (Redaktion Recording) sagt:

    #1.1 - 28.10.2015 um 13:04 Uhr

    0

    Hallo Klaus,danke für den Beitrag. Du hast recht, ein Flügel ist ein aussagekräftiges Instrument, das viele relevante Parameter eines Kleinmembranmikros fordert. Allerdings orientieren wir uns an Instrumenten, die viele kennen (und daher einschätzen können) und die am häufigsten aufgenommen werden – und das sind nun mal Akustikgitarren (und bei vielen Mikros natürlich Stimmen). Im Sinne der Abwechslung wären tatsächlich sogar mal Exoten interessant.Beste Grüße,
    Nick Mavridis (Redaktion Recording)

    Antwort auf #1 von Klaus Joter

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