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Digitech Whammy4 Test

Man schrieb das Jahr 1993. Auf dem Effektsektor hatte sich in Puncto Innovationen seit den siebziger Jahren nicht wirklich Neues mehr getan. Die Effekte wurden zum Teil verbessert, digitalisiert, günstiger, in Multieffekte verpackt, aber so richtig neue Sounds wurden in den achtziger Jahren (für die E-Gitarre wohlgemerkt) nicht entwickelt. Doch dann griff eine Band ins Geschehen ein, die Rock und HipHop mischte und deren Gitarrist mit den abgedrehtesten Sounds für Furore sorgte: Rage Against The Machine mit Tom Morello an der Gitarre. Beim Solo von „Killing In The Name“ verschlug es mir seinerzeit glatt die Sprache. Was macht der denn da??? Wie geht das denn??? Sofort alle Leute fragen und die Fachzeitschriften wälzen. Internet-Suchmaschinen und YouTube  waren damals ja größtenteils noch Zukunftsmusik. Irgendjemand erzählte mir dann, dass Tom Morello ein Whammy Pedal benutzt. Whammy-was? Pedal? Wie soll das denn funktionieren? Ich war noch neugieriger geworden. Schließlich fand ich einige Zeit später im Musikgeschäft meines Vertrauens ein rotes Pedal, dass den Namen Digitech WH-1 trug. Kurz angetestet und das Ding war gekauft. Danach hatten die Mitmusiker ca. 2 Wochen lang nichts zu lachen, denn in jedem Gitarrensolo wurde der Effekt ordnungsgemäß eingesetzt…

Das Whammy Pedal erreichte in kürzester Zeit Kultstatus und neben Morello spielten auch Steve Vai, Jennifer Batten und diverse andere Gitarristen mit dem feuerroten Spielmobil. Später versorgte DigiTech die Szene dann mit  verschiedenen Nachfolgern des WH-1, die allerdings an die Qualität des Originals nicht mehr herankamen. Auf dem Gebrauchtmarkt ist das Ur-Whammy deshalb auch ein sehr gefragtes Gut, Es wurde also Zeit, dass alte Whammy wieder neu aufzulegen. Ein paar kleine Modifikationen im Vergleich zum Original sind zwar vorhanden. Aber prinzipiell haben sich die DigiTech Designer beim Whammy4 sehr stark am WH-1 orientiert.

Doch was genau macht das Pedal denn nun eigentlich? Das Whammy ist eine Art Pitch Shifter, bei dem man die Tonhöhe mit dem Pedal steuern kann (bis zu zwei Oktaven höher oder tiefer). Und genau das ist der Sound, den Tom Morello so gerne benutzt. Das Original Gitarrensignal ist hierbei nicht mehr zu hören, nur der Effektsound. In der vierten Ausbaustufe liefert das Whammy allerdings auch noch andere Effektpresets. Und auch diese werden wir im Test genauer vorstellen.

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Aufbau
Das Whammy4 kommt mit einem roten, stabilen Stahlgehäuse, auf dessen linker Seite das Pedal untergebracht wurde. Ein schwarzer Kunststoffbelag sorgt für einen rutschfreien Betrieb. Auf der rechten Seite findet oben das Bedienfeld (Auswahl der Effekt-Presets) und unten der Fußschalter  mit dem sich der Effekt aktivieren lässt, ein Plätzchen.

Fotostrecke: 2 Bilder Ein schwarzer Kunststoff-Belag auf dem Pedal sorgt für den nötigen Grip.

Die Anschlussbuchsen sind an den Flanken angebracht: Rechts der Input und eine Midi Buchse, links die beiden Output Buchsen (Dry Out, Wet Added Out). Der Dry Out gibt das unbearbeitete Gitarrensignal aus –  hier kann man zum Beispiel ein Stimmgerät anschließen. Der MIDI Anschluss ist neu, und ermöglicht das Steuern unterschiedlicher Effektparameter über MIDI. Für Gitarristen, die mit MIDI Fußleisten arbeiten, ist das sehr sinnvoll, denn man spart sich so einen Schaltvorgang beim Soundwechsel und somit den damit verbundenen Stepptanz.

Effekt-Presets
Das Whammy bietet 17 verschiedene Effekt-Voreinstellungen, die in drei Kategorien unterteilt sind: Whammy, Harmony und Detune.
Im Bereich Whammy ist nur die Tonhöhenverschiebung (Pitch Shift) zu hören. Das Originalsignal wird ausgeschaltet, bzw ist nur dann zu hören, wenn das Pedal zurück gedrückt ist, also „nach oben steht“. Hier sind folgende Effekt-Modi anwählbar, die dann mit dem Pedal geregelt werden können:

Whammy_2140KORR

-Eine Oktave nach oben
-Zwei Oktaven nach oben
-Eine Oktave nach unten
-Zwei Oktaven nach unten
-Dive Bomb – klingt wie ein total heruntergedrücktes Floyd Rose Tremolo
-Einen Ganzton nach unten

Im Harmony-Bereich sind Original und Pitch-Shift Signal zu hören. Die jeweils hinzugefügten Intervalle können mit dem Pedal verändert werden. Insgesamt stehen neun verschiedene Modi zur Auswahl:

Pedal Oben                Pedal Unten
Oktave tiefer               Oktave höher
Quinte tiefer                Quarte tiefer
Quarte tiefer               Gr. Terz tiefer
Quinte höher               Gr. Septim höher
Quinte höher               Gr. Sexte höher
Quarte höher               Quinte höher
Gr. Terz höher             Quarte höher
Kl. Terz höher              Gr. Terz höher
Gr.Sekunde höher        Gr. Terz höher

 Abgerundet wird das Angebot durch zwei Effekt-Voreinstellungen im Detune Bereich, Deep und Shallow. Hier wird dem Originalsignal eine leichte Tonhöhenverschiebung hinzugefügt. Dadurch entsteht ein Chorus-ähnlicher Effekt, dessen Intensität über das Pedal gesteuert werden kann. Bei „Deep“ ist die Verstimmung entsprechend größer.
MIDI Wie eben schon erwähnt lässt sich das Whammy4 auch über MIDI steuern. Zum einen können so die verschiedenen Effekt-Presets angewählt, zum anderen die Effekt über MIDI ein/ausgeschaltet werden. Und auch die Funktionen des Pedals lassen sich mit Hilfe eine MIDI-fähigen Expression Pedal kontrollieren. Für Gitarristen, die mit Multi-Effekten mit MIDI-Funktionen arbeiten, ist dieser Aspekt sicherlich interessant, denn so lässt sich das Whammy homogen in ein bestehendes Effektsetup einbinden und man spart sich das lästige Bücken beim Anwählen der Effekt-Presets. Außerdem ist das Whammy beim Patchwechsel über das Multi-Effekt sofort eingeschaltet. Nachteil beim Whammy4 ist allerdings, dass man einen MIDI Out/Thru hier vergebens sucht. Möchte man zum Beispiel mit dem Multi-Effektgerät über MIDI nicht nur das Whammy, sonder gleich auch noch den Amp (oder weitere Effekte) umschalten,  wäre eine zusätzliche MIDI-Thru Box ein „Muss“. Da wurde der grundsätzlich sinnvolle Gedanke der „MIDI-Funktionalität“ in der Praxis leider nicht bis zu Ende gedacht.

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Praxis
Ich bin doch sehr gespannt, ob das Whammy4 bei mir für die gleiche Euphorie sorgen kann, wie der legendäre Ahne es in den 90ern tat. In seinem roten Stahlblechgehäuse macht das Whammy4 schon mal einen sehr robusten Eindruck. Es ist etwas größer als das Ur-Whammy, was vor allen Dingen bei der Länge des angebotenen Pedalweg positiv zu Buche schlägt. Man kann den Pitch-Bend Effekt sehr gut im sitzen und stehen mit dem Fuß steuern und auch die rutschfeste Oberfläche am Pedal trägt zum Spielkomfort bei.

Was macht das Teil, wie klingt es und wie ist es um die Qualität der Pitch-Bend Sounds bestellt??? Es juckt in den Fingern und im Fuß. Diesen Teil des Tests muss das Pedal gleich zu Beginn über sich ergehen lassen.

Audio Samples
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8Up Clean

Ich habe es an einen Clean eingestellten Amp angeschlossen, den Mode „8 Up“ angewählt und werde zuerst den Ton A auf der tiefen E-Saite (5. Bund) und dann den Ton A auf der hohen E-Saite (auch 5. Bund) anschlagen und das Pedal langsam vor und wieder zurück bewegen. Wichtig dabei ist, dass die Töne sauber klingen und beim Pedal Bend keine Störgeräusche zu hören sind. Der Ton muss stufenlos eine Oktave nach oben bewegt werden können.

Alle Achtung! Das kann sich hören lassen. Die Klangqualität ist sehr gut. Dann wird jetzt noch der verzerrte Sound gecheckt.

Audio Samples
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8Up Distortion

Auch hier ist die Übertragung und Klangqualität erstklassig. Es fällt zwar auf, dass die Nebengeräusche (Rauschen) bei der durchgetretenen Pedalposition stärker sind, aber das ist verschwindend gering und fällt im Bandkontext überhaupt nicht auf. Das als Mangel zu bezeichnen wäre Erbsenzählerei. Außerdem ist das Rauschen im Vergleich zum alten Whammy wesentlich geringer. geworden

Wo wir gerade beim Erbsenzählen sind: Wie sieht es denn mit den Klangverlust bei eingeschaltetem Pedal aus?! Wir hören jetzt zwei spielerisch identische Beispiel -zuerst mit ausgeschaltetem Whammy Pedal, dann mit aktiviertem Effekt und Pedal noch ganz zu* (also zurück gedrückt). Urteilt bitte selbst, wie stark man den Klangunterschied hört!

* In diesem Zustand ist ein gewählter Modus zwar aktiv, es ist allerdings noch kein Effekt zu hören. Erst die Betätigung des Pedals führt zu einer Beeinflussung der Tonhöhe.

Audio Samples
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Whammy Ein/Aus

Auch dieser Erbsenzähltest wurde vom Pedal mit der Note „sehr gut“ bestanden.

Kommen wir zur nächsten Disziplin: Dem permanenten Downtuning (klingt gut!). In der Whammy Kategorie des Pedals gibt es eine Einstellung, die die komplette Stimmung der Gitarre um einen Ganzton nach unten verschieben kann. Das ist wunderbar praktisch, denn so muss man die Gitarre nicht mehr herunterstimmen, wenn man mal eben ein tiefes D auf der tiefen E- Saite benötigt.

Audio Samples
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One Lower

Bei dieser Aktion muss das Gerät natürlich einen Haufen Rechenarbeit leisten, vor allem wenn man Akkorde spielt und der Sound gleich auch noch verzerrt gut klingen soll. Und auch die Latenz, die Verzögerung des Signals durch Rechenoperationen des angeschlossenen Geräts, sind einem natürlichen Spielgefühl nicht unbedingt zuträglich.

Keine weiteren Fragen…. Sehr gut! Und auch in Sachen Latenz steht die Ampel beim Whammy4 auf grün.

Widmen wir uns nun -zur Entspannung- dem Detune-Bereich. Da dem Originalsound ein leicht verstimmtes Signal hinzugefügt wird, sind hier auch Chorus-Sounds möglich. Die Intensität des Effektes ist mit dem Pedal regelbar.

Audio Samples
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Shallow Deep

Zuerst ein Hörbeispiel mit dem „Shallow“ Modus. Danach der zweite Modus: „Deep“. Hier ist die Verstimmung extremer, der Sound „eiert“ schon recht ordentlich, ist aber immer noch klar und deutlich und klingt auf keinen Fall verwaschen.

Jetzt kommen wir zum Harmony-Bereich. Hier wird dem Originalsignal ein zweiter Ton hinzugefügt. Der Abstand des addierten Tons lässt sich mit dem Pedal verändern. Hier muss man allerdings schon konzentriert zu Werke gehen, denn die Akkordwechsel werden komplett mit dem Fuß erledigt. Allerdings passieren hierbei oft sehr geniale „akustische Unfälle“, es lohnt sich also auf jeden Fall mit Sounds aus diesem Bereich herum zu experimentieren.

Audio Samples
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Riff 5-6

Als erstes hören wir eine Stones-ähnliche Passage, die auf einer einzelnen Saite gespielt wurde. Den zweiten Ton und die Akkordwechsel erledigt das Whammy. Wenn das Pedal zurück gedrückt steht, wird eine Quinte hinzugefügt (Powerchord), wird es durchgetreten, kommt die große Sexte dazu.

Jetzt wird es noch mal tief und böse. Der Mode „-5, -4“ ist angewählt und zum Original werden wahlweise eine Quarte oder eine Quinte tiefer hinzugefügt. Damit deutlich wird, was jetzt tatsächlich vom Pedal kommt, habe ich das Riff einmal ohne und dann mit dem Effekt aufgenommen.

Audio Samples
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Riff Dry Riff 5-4

Auch in dieser Soundkategorie kann man dem Whammy4 eine ausgezeichnete Klangqualität bescheinigen. Besonders im tiefen Frequenzbereich kommt das Ganze sehr klar, druckvoll und ohne Störgeräusche rüber.
 

Zum Schluss hören wir das Whammy noch einmal zusammen mit der Band. Der typische Sound, der den Whammy Effekt bekannt gemacht hat und auch mich damals in seinen Bann zog. 

Audio Samples
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Whammy Lead

Durchsetzungsvermögen und Klangqualität sind auch im Bandzusammenhang erstklassig, es macht richtig Laune mit dem Pedal zu spielen…

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Fazit

Hier wurde ganze Arbeit geleistet. Das Whammy4 kann mit ruhigem Gewissen in einem Atemzug mit dem legendären WH-1 genannt werden. Die Klangqualität ist ausgezeichnet und die Ausstattung ebenfalls. Hinzu kommen noch ein verlängerter Pedalweg und ein robusteres Gehäuse. Die optionale MIDI Funktion ist auch ein Pluspunkt, obwohl die Ausführung ein bisschen besser hätte sein können. Ein MIDI Out/Thru wäre für die praktische Nutzung auf der Bühne schon erforderlich. Schön ist, dass das Pedal weitaus mehr kann, als nur den typischen Whammy-Effekt, den man von Tom Morello kennt. Sehr gute Chorus-Sounds, die mit dem Pedal geregelt werden können, sind ebenso an Bord, wie coole Harmony Effekte. Hierbei sind Pedal-Steel ähnliche Sounds realisierbar und harte Powerchord Riffs können auf einer Saite gespielt werden, da der zweite Ton vom Whammy erzeugt wird. Wenn man ein zweistimmiges Solo spielen möchte, dann muss nur das richtige Intervall eingestellt werden und das Whammy erledigt den Rest. Wer auf solche Art Sounds steht, der ist mit dem Whammy4 bestens bedient. Das Preis/Leistungsverhältnis ist sehr gut.

Whammy_2090KORR
Unser Fazit:
5 / 5
Pro
  • Soundqualität
  • Verarbeitung
  • Ausstattung
Contra
  • kein MIDI-Thru
Artikelbild
Digitech Whammy4 Test
Für 149,00€ bei
Technische Daten
  • Typ: Effektgerät mit Pitch-Shift Effekten, die über das Pedal gesteuert werden
  • Gehäuse: Stahlblech
  • Eingang: max. +8,8 dBu
  • Ausgang: max. +8,8 dBu
  • Frequenzgang: Effekt: 20 Hz bis 12 kHz, Original: 20 Hz bis 20 kHz
  • Anschlüsse: Input, MIDI In, Dry Output, Wet Added Output
  • Regler: Preset-Select, Pedal
  • Schalter: Bypass
  • Maße: 16 x 6,4 x 20,3 (B x H x T) cm
  • Preis: 189,- Euro
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Domm sagt:

#1 - 13.02.2023 um 19:43 Uhr

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