Grace Design m501 Test

Die Mikrofonvorverstärker von Grace Design gelten seit vielen Jahren als Klassiker für alle Anwendungen, bei denen es besonders auf Sauberkeit und Klangtreue ankommt. Davon können dank des m501 Preamps nun auch Besitzer eines 500-Frames profitieren. Schon seit den frühen 90er-Jahren baut Firmengründer Michael Grace Mikrofonvorverstärker, die sich unter Eingeweihten schnell größter Beliebtheit erfreuten. Dies führte 1994 zur Gründung von Grace Design, um der steigenden Nachfrage ein entsprechendes Angebot entgegensetzen zu können. Mittlerweile hat sich die Produktpalette des Herstellers deutlich erweitert, unter anderem um Signalprozessoren und Monitorcontroller. Doch das Herzstück des Portfolios bleibt weiterhin der Preamp, der sowohl in zwei- und achtkanaliger 19“-Version (z.B. in diesem bonedo-Testmarathon verwendet) als auch als einkanaliger stand-alone sowie in der vorliegenden Ausführung für das API-500-Format angeboten wird.

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Mit seiner Designphilosophie schneidet Michael Grace eine ganze Reihe wohlgepflegter Vintagezöpfe ab. Diskrete Schaltungen und Class-A-Technik boten aus seiner Sicht in der Frühzeit der Transistortechnik Vorteile, doch bei Produkten von Grace Designs setzt er voll und ganz auf integrierte Audioschaltkreise. Grace begründet dies unter anderem mit der besseren thermischen Stabilität und den kürzeren Signalwegen, die auf diese Weise erreicht werden können.
Weiterhin setzt Grace bei seinen Verstärkerstufen auf sogenannte Transimpedanzschaltungen, also Operationsverstärker, die nicht spannungs- sondern stromgesteuert arbeiten. Der für Michael Grace wohl wichtigste Aspekt einer solchen Schaltung ist, dass sich damit über einen weiten Verstärkungsbereich eine nahezu konstante Bandbreite realisieren lässt, zudem sieht der Designer ein günstiges Dynamikverhalten speziell auch bei der Verstärkung komplexer Eingangssignale.

Details

Das Output-Poti liefert zusätliche 10 dB

Insgesamt bietet der m501 eine Verstärkung von satten 75 dB, aufgeteilt auf den 11-stufigen Input-Drehschalter mit einem Verstärkungsbereich von 10-65 dB und auf das Output-Poti, das noch einmal 0-10 dB liefert. Hier geht es, anders als beispielsweise bei Neve- und Chandler-Preamps nicht um unterschiedliche Klangfarben, die abgerufen werden können, wenn man den Input heiß fährt, sondern vielmehr eben um ein möglichst konstantes Klangverhalten über den gesamten Verstärkungsbereich. Deswegen kann man mit dem Output-Poti den Pegel auch nur anheben und nicht absenken. Es dient ausschließlich zum Feintuning der 5-dB-Schritte des Input-Drehschalters.

Fotostrecke: 3 Bilder Viel Pegel: Mit 75 dB Gesamtverstärkung eignet sich der Grace-Vorverstärker prinzipiell für alle Anwendungen

Spezialität: Ribbon Mode

Der m501 verfügt außerdem über Schalter für Phantomspeisung und ein Trittschallfilter, das bei 75 Hz mit 12 dB Flankensteilheit greift. Ein zusätzlicher Schalter aktiviert den sogenannten Ribbon-Modus, der den Signalweg des Preamps für den Betrieb mit Bändchenmikrofonen optimiert. Hier passieren drei Dinge: Die Eingangsimpedanz wird von 8.1 kOhm auf 20 kOhm heraufgesetzt, die Phantomspeisung wird deaktiviert und die Kondensatoren, die normalerweise die Phantomspeisung vom eigentlichen Preamp fernhalten, werden durch ein Relais aus dem Signalweg genommen. Die Betriebszustände sämtlicher Schalter werden durch LEDs angezeigt, und auch für den Pegel ist eine einzige – mehrfarbige – LED reserviert. Dazu bietet die Frontplatte noch einen hochohmigen Klinkeneingang für Instrumente, und das war’s dann auch schon.

Ordentliche Bauteile

Wie viele andere 500-Module ist auch der Grace M501 offen gebaut, der Preamp kommt ohne eigenes, vollständig geschlossenes Gehäuse aus. Beim Innenleben setzt Michael Grace durchgehend auf Qualität. Der Drehschalter stammt von Grayhill und ist mit 0.5%-Metallfilmwiderständen bestückt, der mechanische Aufbau der Karte ist mustergültig, es kommen ausschließlich gekapselte Goldkontakt-Relais und ein Leitplastik-Output-Poti zum Einsatz. Und der Signalweg ist wirklich sehr puristisch aufgebaut: So kommt der DC-gekoppelte Preamp beispielsweise – abgesehen von jenen, welche die Phantomspeisung abblocken – vollständig ohne Kondensatoren im Signalweg aus. Und bei denjenigen, die verbaut wurden, handelt es sich um hochwertige Metallfilm-Typen von Wima.

Fotostrecke: 2 Bilder Der DC-gekoppelte Signalweg kommt praktisch ohne Kondensatoren aus

Unterm Strich bedeutet dies, dass der übertragerfreie Signalweg tatsächlich für größtmögliche Klangtreue optimiert wurde – und die Fertigungsqualität trägt diesem hohen Anspruch Rechnung. Der Drehschalter arbeitet mit einem satten „Klick“, die Bedienelemente fühlen sich gut an, und die Frontplatte ist aus so massiv gefrästem Aluminium, dass der Hersteller passende Inbusschrauben zur Befestigung mitliefert, weil die meisten handelsüblichen Schrauben zu kurz sein dürften.
In die gleiche Kerbe schlagen auch die technischen Daten, die der Hersteller angibt. Frequenzgang von 3,8 Hz – 288 kHz (-3 dB) und Klirrwerte im Promillebereich bedeuten, dass Vintage-Färbungen hier auf gar keinen Fall erwartet werden können. Und das ist auch gut so, denn der Grace Design m501 will exakt das Gegenteil davon.

Praxis

Mit diesen Eigenschaften gibt sich der Grace-Preamp so straightforward wie nur eben möglich. Hier gibt es – anders als beispielsweise bei den Chandler-Preamps – keine großen Soundwelten, in die man abtauchen kann und die es erst einmal auszumessen gilt, vielmehr bietet der M501 einen Grundsound. Aber dieser hat es in sich. Doch bevor wir uns genauer damit befassen noch einmal ein paar Worte zum Workflow.

Nicht Michael Graces erster Preamp

Es zeigt sich an vielen Ecken und Enden, dass dies eben nicht der erste Preamp ist, den Michael Grace in seinem Leben konstruiert hat. Zum einen kann man dies an buchstäblich oberflächlichen Kriterien wie den haptischen Qualitäten der Hardware erkennen: Man fasst den m501 ganz einfach gerne an, und das Teil meldet einem das gute Gefühl zurück, in langlebige Qualität investiert zu haben. Dies zeigt sich aber auch bei einer Reihe Details, die wirklich praktisch sind, und die eben auch belegen, wie gründlich hier bei der Entwicklung nachgedacht wurde. So geht die Phantom-Power-LED nicht einfach aus, wenn man die Versorgungsspannung mit dem entsprechenden Schalter abschaltelt, sondern sie erlischt langsam und zeigt dabei an, wie sich die 48 Volt langsam abbauen. Auf diese Weise ist gewährleistet, dass man das Kabel am Mikro erst dann zieht, wenn wirklich keine Phantomspeisung mehr anliegt – das hilft, etwaige Beschädigungen zu vermeiden. Es sind einfach diese smarten, unaufgeregten Detail-Lösungen, die aus einem guten Stück Equipment ein hervorragendes machen können.

Viele kleine Kniffe machen den Grace m501 so gut
Viele kleine Kniffe machen den Grace m501 so gut

Gnadenlos akkurat

Klanglich bringt der Grace ein kleines Kunststück fertig. Viele Preamps, die auf „Schnelligkeit“, Sauberkeit und Klarheit hin optmiert wurden, neigen nämlich zu einer gewissen Härte, die in den meisten Situationen unangenehm und unangebracht ist. Der m501 hingegen schafft es, auch allerfeinste Details in einer dreidimensional wirkenden Qualität am Wandler abzuliefern, und das eben ohne eine harte oder gar harsche Tendenz. Man glaubt, der Preamp macht sich selbst unsichtbar, so deutlich wird der Charakter des Vokalisten und auch des Mikrofones herausgestellt. Das Signal wirkt dabei unglaublich plastisch und direkt, bleibt dabei aber sehr glaubwürdig und natürlich. Und trotzdem, bei all dieser Exaktheit, bleibt das Signal jedoch in den meisten Fällen fein und seidig. Zumindest, solange diese Härten nicht bereits im Ausgangsmaterial vorhanden sind, denn der m501 ist auf gar keinen Fall ein Schönfärber: Hier wird jede Nuance – und sei sie auch noch so hässlich – mit unaufgeregter Akkuratesse weitergereicht. Dies ist vergleichbar mit einer sehr guten Gitarre: Je besser das Instrument, desto deutlicher stellt es auch die spielerischen Schwächen des Gitarristen heraus. Oder, im besseren, umgekehrten Falle, erlaubt es eine sehr variantenreiche, feine und subtile Ansprache, die nur eben beherrscht sein will.

Audio Samples
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Neumann KM 184 Neumann CMV563/M7

Dies zeigt auch unser Klangbeispiel: Während das Neumann KM 184 am Grace-Preamp beinahe schon übertrieben sachlich und nüchtern klingt, entfaltet eine Aufnahme mit einem alten Neumann CMV563 ihren ganz eigenen Charme. Der „Larger-than-life“-Charakter der M7-Kapsel und der feine, tiefmittige Schmelz der EC92-Triode können sich hier in aller Feinheit entfalten. An anderen Preamps klingt dieses Mikrofon manchmal etwas dumpf, aber am Grace kann es sich in all seiner klassisch-jazzigen Schönheit entfalten.

Fazit

Es verwundert also nicht, dass vor allem die Klassiker und Jazzer seit langer Zeit ihr Augenmerk auf den Grace-Preamp gelegt haben. Dieser Vorverstärker überzeugt immer dann, wenn ein unverfälschter, offener, direkter Klang gefragt ist, und das ist in diesen Genres häufig der Fall. Auch für Sprachaufnahmen eignet sich der M501 somit hervorragend. Und falls noch eine Referenz vonnöten sein sollte: Ich habe einmal gesehen, wie in der ehrwürdigen Fox Scoring Stage in Los Angeles bei einer Soundtrackaufnahme die Mikrofonsignale des Decca Trees mit einem Grace-Preamp verstärkt wurden. Man kann dem Grace also bedenkenlos die allerwichtigsten Signale anvertrauen – er wird gewissenhaft damit umgehen. Gemessen an diesen Qualitäten und auch an der Konkurrenz im 500-Feld kann man den Preis des m501 somit nicht nur als fair, sondern tendenziell sogar als günstig einstufen. Kritikpunkte habe ich jedenfalls keine gefunden!

Unser Fazit:
5 / 5
Pro
  • Klangeigenschaften
  • sehr sauberer, offener Klang
  • hochwertige Fertigung
Contra
Artikelbild
Grace Design m501 Test
Für 814,00€ bei
Der Grace-Preamp wurde konsequent nach modernen Kriterien konzipiert
Der Grace-Preamp wurde konsequent nach modernen Kriterien konzipiert
Technische Spezifikationen
  • 75 dB Gain
  • Trittschaltfilter
  • Ribbon-Modus
  • Instrumenteneingang
  • übertragerlose Schaltung
  • Preis: € 711,62 (UVP
Hot or Not
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Viel Pegel: Mit 75 dB Gesamtverstärkung eignet sich der Grace-Vorverstärker prinzipiell für alle Anwendungen

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