MBHO MBC 660 Matched Pair Test

Das MBHO MBC 660 im bonedo-Test – Der Mikrofonhersteller MBHO hat mit zwei MBC 660 L ein Nieren-Stereoset zu unserem Testmarathon beigesteuert. Nun wäre MBHO in einer empirischen Untersuchung bestimmt nicht auf den vorderen Rängen der bekanntesten deutschen Mikrofonhersteller vertreten. Schillernder sind Schoeps, Neumann, Microtech Gefell, Sennheiser, Beyerdynamic, Brauner. Doch hier sind einige Namen gefallen, bei denen es nicht nur Berührungspunkte, sondern ganze Berührungsflächen in den Unternehmensgeschichten gibt.

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Das Unternehmen von Herbert Haun hat seine eigenen Produkte nie mit großem Aufwand vermarktet, sich aber umfangreich als Zulieferer verdingt. Zu den illustren Namen zählen viele Elektronikfirmen, die keine Unbekannten sein dürften: ITT, Dual, Telefunken, Grundig und Strässer, aber auch Audix, US-Clearcom und Brauner. Wer beispielsweise Dirk Brauners Unternehmen und seine Mikrofone kennt, der wird wissen, dass es wohl ganz bestimmt nicht die Elektronik sein wird, deren Fertigung oder sogar Entwicklung er ausgelagert hat. Eine gewisse konzeptionelle Ähnlichkeit der MB-Mikrofone mit Schoeps (v.a. der Colette-Serie) mag daher rühren, dass eine wichtige Person des Unternehmens laut Webseite “involved for a long time with the famous Dr. Schoeps” war.

Details

Frequenzgang-Gipfelkreuz bei 10 kHz

Die beiden in separaten kleinen Klappköfferchen gelieferten Kondenser geben sich unprätentiös: Es sind schlichte schwarze Stäbchen, die lediglich am Fußende einen kleineren Durchmesser besitzen. Die bei den MBC660 nicht tauschbare Kapsel weist Schalleintrittsöffnungen auf, die innen mit feiner Gaze ausgekleidet sind. Auf der Oberseite ist die Bespannung ein schwarzes Geflecht, darunter versteckt sich die Nierenkapselkonstruktion. Das Datenblatt bescheinigt den beiden Mikrofonen des Sets eine auf 1000 Hz optimierte Nierencharakteristik (alles andere wäre auch verwunderlich). Aus 110° kommend, büßt ein 1kHz-Signal im Vergleich zu frontaler Besprechung 10 dB Pegel ein. Bei einem Meter Abstand gemessen, zeigen die Mikros einen sanften Roll-Off der Tiefen. Allerdings ist natürlich bei geringer werdendem Abstand zur Schallquelle der Bass auch zunehmend – schließlich ist es ein Druckgradientenempfänger, der in den Haun-Mikrofonen seinen Dienst verrichtet. Eine Einflussnahme auf die Wiedergabe des Basses durch ein Hochpassfilter direkt am Mikro gibt es jedoch genauso wenig wie ein Pad, wodurch der maximale Schalldruckpegel für 1 kHz bei 126 dB SPL bleibt. Oberhalb von 10 kHz steht das Gipfelkreuz des Frequenzgang-Gebirges, ins Tal geht es auf der rechten Bergflanke in Richtung 20 kHz zwar etwas flotter als auf der anderen Seite, doch der für Luftigkeit so wichtige Frequenzbereich nahe der oberen menschlichen Hörschwelle scheint noch ausreichend repräsentiert.

Unauffällige Gesellen: MC660-Mikros
Unauffällige Gesellen: MC660-Mikros

Geringer Übertragungsfaktor

Mit nur 9 mV/Pa ist der Übertragungsfaktor des Kondensatormikrofons verhältnismäßig gering. Im Zusammenspiel mit einem Eigenrauschen von 15 dB(A) erscheinen die Werte zunächst fast schon erschreckend, doch ist der maximale Schalldruckpegel von 126 dB SPL bei 0,5% THD angegeben, was den Schrecken etwas mildern sollte. Manche Hersteller wählen 1%, um eine höhere Zahl für den Wert zu erhalten und das Mikrofon pegelfester erscheinen zu lassen. Die Impedanzwandlung des Kleinmembran-Mikrofons verrichtet auch mit weniger als 48 Volt ihre Dienste, dann allerdings mit deutlich schlechteren Daten. Die Symmetrierung des Ausgangssignals arbeitet mit ein wenig Metall, das keine zusätzliche Spannungsversorgung benötigt: einem Übertrager. Mustergültig ist die Ausgangsimpedanz mit 200 Ohm.

Klappköfferchen, Zettel, fertig: Viel wird nicht geliefert mit den Mikrofonen.
Klappköfferchen, Zettel, fertig: Viel wird nicht geliefert mit den Mikrofonen.

Kein Zubehör im Lieferumfang

Für den sehr geringen Setpreis muss man an manchen Stellen bluten, so befindet sich nicht nur keine Stereoschiene, sondern nicht einmal eine einfache Mikrofonklammer im Lieferumfang des Sets. Übrigens ist das MBC 660 L – anders als die MBNM- und die MBP-Serie des Herstellers – nur über das Musikhaus Thomann erhältlich.

Praxis

Ihr geradezu demütiges Äußeres macht die MBHO MBC 660 zu angenehmen Werkzeugen, besonders, wenn Unauffälligkeit gefragt ist, also etwa im Livebetrieb oder überall dort, wo ein Bildaufzeichnung erfolgt. Vor einem Liveeinsatz sollte man keine große Scheu haben, denn die Nierenmikrofone mit dem Metallkorpus zeigen sich recht robust (wenngleich ich ein stabiles Gitter vor der Kapsel immer beruhigend finde, aber das hat wohl auch viel mit Psychologie zu tun). Im Betrieb zeigen sich die Probanden im Bass tatsächlich etwas luschig, allerdings ist das eine Abstimmung, die so gewollt zu sein scheint. Was bei der Aufzeichnung von Sprache, Gesang oder manchen Instrumenten der höheren Lagen sogar vorteilhaft sein kann, ist bei manchen Anwendungen eben eher nachteilig. Die im Test für die Audiofiles verwendete Akustikgitarre etwa lässt solo gehört etwas Bauch und Größe vermissen.

Audio Samples
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MBHO MBC660 L Referenz Schoeps CMC-64

Wie abzusehen war, ist das Air-Band ausreichend vertreten, doch erscheint der leichte Boost in den Höhen ein wenig tiefer zu liegen, als es die Frequenzgangkurve vermuten lässt. Das Signal hat einen etwas “dengelnden” Charakter, der die Präsenzen etwas überzeichnet und fast schon ein wenig “schmiert”. Die sonst sehr ordentliche Dynamik leidet in diesem Bereich und kann mit der Agilität und Natürlichkeit der höchsten Höhen nicht mithalten. Im Audioplayer kann man sich davon überzeugen, wie diese Eigenschaften das Signal färben, wenn man das Vergleichsfile dagegenhört. Die klangliche Abweichung der beiden Mikrofone geht in Ordnung, eines der beiden erscheint geringfügig spitzer als das andere. Das Matching des “Matched Pair” besteht offenbar darin, dass zwei aufeinanderfolgende Seriennummern ein Set bilden. Vielleicht haben die Kondenser auch nur nach dem Matching ihre S/N erhalten, doch das wäre ein sehr unüblicher Vorgang. Generell vertragen sich die beiden Mikrofone recht gut und zeichnen ein Stereobild mit scharfer Ortung.

Fotostrecke: 2 Bilder Die Haun-Mikros waren mit der Aufgabe, die Akustikgitarre abzubilden, nicht überfordert.

Zwar sind die Haun-Mikrofone preiswert, doch mit einem drittklassigen Preamp tut man sich keinen Gefallen: Es bedarf eines beherzten Griffs zum Gainregler, um das Mikrofonsignal in Gefilde des Line-Levels emporzuheben. Es wäre dumm, wenn das dann zu sehr rauschen würde. geht man bei sehr hochpegeligen Signalen wie Hi-Hats näher an das Geschehen heran, ist die sehr moderate Bassabstimmung wiederum vorteilhaft – nur der Grenzschalldruckpegel dürfte gerne etwas höher sein.

Fazit

Das Stereoset MBC 660 von MBHO ist ein Kleinmembran-Mikrofonpärchen, das zwar ordentlich seine Arbeit verrichtet, aber auch nicht bis zur letzten Instanz zu begeistern vermag. In den Hochmitten klingt es leicht resonierend-blechern und verhindert dadurch die Ausgewogenheit, die die Höhen eigentlich zulassen würden. Der Bass ist verhältnismäßig schlank, was situationsabhängig auch von Vorteil sein kann. Sicher angenehm ist der geringe Preis für ein Paar in Deutschland hergestellter Kondensatormikrofone. Da der Ladenpreis des Stereosets mittlerweile bei 359 Euro und damit unter der 400 Euro-Marke liegt, müsste es bei dementsprechender und aktueller Einteilung eigentlich sogar zur Budget-Klasse gerechnet werden – und dafür schlagen sich die Mikrofone sogar absolut ordentlich!

Pro
  • Höhen
  • preiswert
Contra
  • Klang der Hochmitten
Ordentliches Preis-Leistungsverhältnis für Mikros "Made In Germany".
Ordentliches Preis-Leistungsverhältnis für Mikros “Made In Germany”.
Spezifikationen
  • Empfängerprinzip: Druckgradientenempfänger
  • Richtcharakteristik: Niere
  • Wandlerprinzip: Kondensator
  • Betriebsspannung: 22-48 V Phantomspeisung
  • Frequenzgang: 40 Hz – 20 kHz
  • Übertragungsfaktor: 9 mV/Pa
  • THD+N: 15 dB(A-bewertet)
  • maximaler Schalldruckpegel: 126 dB SPL (0,5% THD+N)
  • Preis (Paar): 359,- € (UVP)
Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • Höhen
  • preiswert
Contra
  • Klang der Hochmitten
Artikelbild
MBHO MBC 660 Matched Pair Test
Für 498,00€ bei
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Ordentliches Preis-Leistungsverhältnis für Mikros "Made In Germany".

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Profilbild von Chris

Chris sagt:

#1 - 13.01.2016 um 13:36 Uhr

0

Hey Nick,ist das kleine MBC 660 als professionelle Percussion-Stütze sowie für Xylophon denkbar?? oder ist das eher abzuraten??Danke dir!!LGChris

    Profilbild von Nick (Redaktion Recording)

    Nick (Redaktion Recording) sagt:

    #1.1 - 13.01.2016 um 15:56 Uhr

    0

    Hallo Chris,"denkbar" ist es mit Sicherheit – aber ich möchte hier weder in die eine noch in die andere richtung eine Aussage zu einem konkreten Einsatz treffen, den ich nicht kenne. Ich persönlich würde jedoch nicht wirklich Bauchschmerzen bekommen. Eine Stütze wird schließlich zugemischt, ich kann mir nicht vorstellen, dass die klanglichen Eigenschaften des Haun sich wirklich negativ bemerkbar machen bei Verwendung am Xylophon. Je nach Schlägeln, Spielweise und Mikrofonierungsabstand hat man auch beim Xylophon ordentliche Pegel, also auf jeden Fall auf die Peaks achten!Beste Grüße,Nick

    +1
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