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Test Numark Electrowave

Details

Die Schallerzeugung übernehmen im Electrowave zwei 50-Millimeter-Breitbandlautsprecher, die gegen den Kopfhörerverstärker mit einer Impedanz von 24 Ohm antreten. Die Stromobergrenze, die auf das Kabel gegeben werden kann, beträgt satte 3000 Milliwatt. Der Frequenzgang wird herstellerseitig mit 10 – 22.000 Hertz angegeben und umfasst somit den kompletten Hörbereich des menschlichen Ohrs – zumindest auf dem Papier. Die eingangs bereits erwähnte auffällige Optik wird durch Ohrpolster aus hellgrauem Plüsch geheckspoilert, die sowohl einen hohen Tragekomfort als auch eine effektive Abschirmung gegen Außengeräusche zu liefern versprechen. Numark positionieren den Electrowave als DJ-Kopfhörer, was seine Entsprechung in Features wie dem auswechsel- und verriegelbaren Anschlusskabel sowie der Möglichkeit des transportfreundlichen Zusammenklappens findet.

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Numark Electrowave: Optisch ein eher unkonventioneller Kopfhörer
Numark Electrowave

Auspacken

Der Electrowave reist in einem handlichen Henkelkarton, dem ich folgenden Inhalt entnehme: den Kopfhörer selbst, ein gerades 3-Meter-Anschlusskabel, ein Spiralkabel von einem 1,2 Meter Länge, einen Mini-auf-Klinke-Adapter und eine Kunststoff-Tragetasche. Das ist standesgemäß und lässt zunächst keine Wünsche offen. Allerdings sucht man weitergehende Packungsbeilagen, zum Beispiel Frequenzgang-Messungen, leider vergeblich.

Der Packungsinhalt – zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie bitte wie gewohnt den weiteren Testbericht
Der Packungsinhalt – zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie bitte wie gewohnt den weiteren Testbericht

Äußerlichkeiten

Der erste Gedanke nach dem Auspacken ist fraglos „Mann, sind die fett“. Denn trotz seiner luftig-hellen Optik ist der Electrowave sowohl in Bezug auf sein Gewicht von gut 300 Gramm und die Abmessungen ein ziemlich voluminöser Bursche. Besonders ins Auge fallen hier die seitlichen Kunststoffbügel, die sich am unteren Ende mit einer sanft geschwungenen Linie nach hinten verbreitern und bei mir aus irgendeinem Grund die Assoziation mit Schlaghosen wecken.

Fotostrecke: 2 Bilder Der seitliche Bügel – hier im halb eingeklappten Zustand

Aber auch die Lautsprechergondeln wirken mit ihrer Tiefe von 45 Millimetern und einem Durchmesser von 95 Millimetern alles andere als filigran. Wo wir schon bei den beiden Auslegern sind: Sie lassen sich auf jeder Seite in acht gerasterten Stufen um drei Zentimeter verschieben und so der Kopfgröße anpassen. Kontakt mit dem Haupt des Trägers hat der Electrowave dann entsprechend an drei Punkten: Ganz oben, über den mit Kunstleder überzogenen, sehr weich gepolsterten Kopfbügel und über die beiden mit ohrschmeichelndem Plüsch bezogenen Kopfpolster.

Fotostrecke: 2 Bilder Die Polsterung des Kopfbügels ist ebenso nachgiebig …

Darüber hinaus wird der Tragekomfort noch dadurch gesteigert, dass beide Lautsprechergondeln in der Vertikalachse um ungefähr zehn Grad nach vorne und hinten kippbar sind. Leider aber auch nur das: Auf ein vollständiges Drehen der Gondeln in der Achse, wie man es in vielen „Ein-Ohr-Vorhör-Positionen“ gerne verwendet, wurde verzichtet.

Hier gut zu erkennen: die Kipp-Achse der Ohrhörer
Hier gut zu erkennen: die Kipp-Achse der Ohrhörer

Flexibel zeigt sich der Electrowave dagegen in Bezug auf die Kabelzuführung: Je nach persönlichem Bewegungsbedarf steckt man eines der beiden mitgelieferten Kabel (gerade für die etwas statischer agierenden Musikdienstleister, spiralförmig für tanzfreudige Deejays) in die Buchse des linken Ohrhörers und arretiert sie mit einer Viertel-Umdrehung. Da das Verriegelungssystem allerdings eine Eigenentwicklung von Numark ist und zum Zeitpunkt dieses Tests noch keine Ersatzkabel gelistet waren (übrigens auch noch keine Austausch-Ohrpolster), vergebe ich an dieser Stelle einen halben Minuspunkt, denn nichts ist ärgerlicher, als seinen ansonsten tadellos funktionierenden Hörer zu Hause lassen zu müssen, nur weil das Anschlusskabel einen Wackelkontakt hat. Eine Standardbuchse mit Drehgewinde hätte mir folglich besser gefallen.

Fotostrecke: 3 Bilder Das Mini-Klinkenkabel mit Bajonett-Verschluss …
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Praxis

Genug der Außenbetrachtung! Höchste Zeit, den Electrowave da zu platzieren, wo er hingehört, nämlich auf den Kopf des erwartungsfrohen Testers. Direkt nach dem Aufsetzen überkommt einen ein Gefühl, das sich am ehesten mit dem Hineinfallenlassen in ein kuscheliges Velours-Sofa vergleichen lässt. Dank kräftig gepolstertem Kopfbügel, anschmiegsamen Ohrmuscheln und guter Außengeräuschabschirmung fühlt man sich hier angenehm „loungig“ umschmeichelt.

Die Ohrpolster aus Velours sind angenehm weich und bieten eine gute Außengeräusch-Abschirmung
Die Ohrpolster aus Velours sind angenehm weich und bieten eine gute Außengeräusch-Abschirmung

Im Bereich des „beatgoutierenden“ Kopfnickens liegt auch der angemessene Bewegungsrahmen, um den Kopfhörer souverän auf dem Schädel zu tragen. Headbanging dagegen verursachte bei mir zwar kein Abrutschen, aufgrund des hohen Gewichts und der nicht allzu stramm anliegen Hörmuscheln tendiert der Kopfhörer dabei aber zu nervigem Wackeln. Ein kurzer Blick in den Spiegel sagt mir, dass ich persönlich (kleine Kopfform) diesen Kopfhörer bei DJ-Sets wohl nicht tragen würde, da er proportional schlicht zu groß wirkt. DJs, deren Schädelvolumen größer ist, dürfte der Electrowave dagegen gut zu Gesicht stehen. Das ist allerdings höchst subjektiv und immer auch eine Geschmacksfrage – wer beispielsweise sein gesamtes Setup (Mixer, Vinyl, Notebook) in balearisch hellem Weiß gestaltet hat, kann mit dem Numark natürlich einen weiteren stylischen Akzent setzen.

Fotostrecke: 2 Bilder In dieser guten Gesellschaft musste sich der Electrowave beweisen:

Nun aber Strom aufs Kabel! Den verwertet der Electrowave in Anbetracht von 22 Ohm Impedanz übrigens recht effizient. Drehe ich den Kopfhörerausgang meines iPads auf Vollleistung, lässt er sich auch am Mobilrechner mit zufriedenstellender Lautstärke-Ausbeute betreiben. Wohlgemerkt ist mein erstes Hörstück auch der Dirtyloud-Remix von Felguks „Whatever Clever“ – ein Track, der bis zum Anschlag komprimiert und maximiert ist und entsprechend subjektiv sehr „laut“ klingt. Der erste Eindruck beim Hören ist grundsätzlich positiv: Der Electrowave liefert einen erstaunlichen Bassschub und erzeugt in Verbindung mit der guten Dämpfung von Außengeräuschen und dem plüschigen Tragegefühl eine überzeugende „Kleiner-Club-im-Kopf“-Inszenierung. Dieser Eindruck wird dann aber beim direkten Vergleich mit meinem persönlichen, eine Preisklasse höher angesiedelten Favoriten Beyerdynamic DT 770 Pro etwas zurechtgestutzt. Denn in Bezug auf den wahrgenommenen „Punch“, also die Knackigkeit, mit der Transienten auf das Trommelfell treffen, gibt sich der Numark dann leider doch einen Ticken zu zahm.
Als Nächstes wandert Suzanne Vegas 1992-er Album „99.9F°“ auf den Plattenteller. Ein Longplayer, den ich während der stillen Weihnachtstage mit großer Begeisterung wiederentdecken durfte. Der trockene, aufgeräumte, leicht artifiziell „elektronisierte“ Akustik-Sound, den Mitchell Froom hier produziert hat, wirkt auch heute (zwanzig Jahre später) immer noch erstaunlich frisch und zeitgemäß. Und macht das Album zu einem meiner persönlichen All-Time-Classics im Bereich der anspruchsvollen Pop-Musik. Direkt im namensgebenden Titelsong öffnet sich in der Bridge ein weiter, ätherischer Hallraum, der die Stimme Suzanne Vegas wie aus unwirklichen Entfernung an das Ohr wehen lässt, nur um dann im Vers wieder durch einen gänzlich „trockenen“ Vocal-Sound kontrastiert zu werden. Ich höre zuerst einen meiner persönlichen Favoriten in Bezug auf Ausgewogenheit und Neutralität – zugegeben ein Kopfhörer, der sich eher für das Studio und weniger für die DJ-Booth empfiehlt: den Audio Technica ATH-Pro500 MK2, dann den Numark Electrowave. Im direkten Vergleich arbeitet der Audio Technica den Kontrast zwischen verhalltem und trockenem Signal weitaus deutlicher und prägnanter heraus. Überhaupt scheint die gesamte Stereobasis beim Numark etwas enger zu sein, als beim Vergleichskopfhörer. Wo der Electrowave allerdings punktet, ist in Bezug auf den frequenztechnischen „Hörspaß“. Während sich der Audio Technica sachlich und nüchtern mit der Klangreproduktion beschäftigt (besonders in den Mitten), hat der Numark hörbar die Zielsetzung, dem ihm zugeführten Material zu schmeicheln. Das, was er an Schlagkraft und Transienten-Abbildung in den Mitten vermissen lässt, erzeugt in der Summe eine entsprechend höhere Gewichtung der Höhen und Bässe – mit dem bekannten, für das Ohr wohlklingenden Ergebnis.
Nach so viel Pop-Behaglichkeit verlangt mein Ohr nach Abwechslung, die ich ihm gerne in Form von Feed Me’s, mit einem extrem bösen, trocken-knarzigem Bassmonster ausgestattetem „Trichitillomania“ liefere. Das auch, um den Numark langsam an seine Zerrgrenze heranzuführen. Es zeigt sich, dass der Electrowave eine ganze Menge Strom wegstecken kann, bevor die Membran sich überfordert fühlt. Tatsächlich verkehrt sich bei hohen Lautstärken der Nachteil des Numark, nämlich die etwas träge Transienten-Abbildung in einen Vorteil: Wo der Audio Technica mit seinen Tiefmitten bereits anfängt, im Ohr wehzutun, verteilt der Numark die ankommende Energie in die Höhen und Bässe – die Bereiche also, in denen das Ohr weitaus weniger lautheitsempfindlich ist (Stichwort für den Fachmann: Fletcher-Munson-Kurven).
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Numark Electrowave weniger dem Bereich „Neutrales Arbeitsgerät“, sondern mehr der Kategorie „Klangschmeichler“ zuzurechnen ist. Besonders Bass-Freunde sollten dem Kopfhörer durchaus einen Hörtest gönnen. Gerade in Verbindung mit den „plüschig-fetten“ Trageeigenschaften macht der Electrowave – entgegen seinem Namensbestandteil „Electro“ – nämlich besonders beim Hören von Hip-Hop-Beats recht viel Spaß. Als Defizit muss man dagegen die leichte Trägheit im Punch und der Transienten-Abbildung und die enge, wenig differenzierte Stereo-Auflösung werten, was ihn nicht unbedingt zur Idealbesetzung im Recording-Bereich macht. Dort wirkt er aber ohnehin aufgrund seines auffälligen Designs eher deplatziert, obgleich er dank seiner guten Dämmeigenschaften nach außen wie nach innen, das Zeug zu einem guten Monitor-Kopfhörer hätte.

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Fazit

Seiner Zielsetzung, nämlich ein auffälliger, Design-Akzente setzender DJ-Kopfhörer zu sein, wird der Numark Electrowave gerecht, auch wenn die in der Vertikalachse nicht drehbaren Lautsprechergondeln mögliche Hörpositionen etwas einschränken. Den Tragekomfort kann man insgesamt als gut bezeichnen, wozu nicht zuletzt die weichen Velours-Ohrpolster beitragen. Die Tatsache, dass diese – wie auch die Bajonett-Anschlusskabel – zum Zeitpunkt des Tests nicht als Ersatzteile verfügbar waren, wirft allerdings ein negatives Licht auf die Investitionssicherheit.  Soweit man dies allerdings bei einem Kopfhörer, dessen Straßenpreis bei hundert Euro liegt, als Kriterium werten möchte. Klanglich zeigt sich ein mehrschichtiges Bild: Grundsätzlich schmeichelt der Electrowave dem ihm zugeführten Material durch eine Fokussierung auf Höhen und Bässe. Das geht aber offenbar zulasten des Punchs und der Schlagkraft in den Mitten, was den Kopfhörer bei geringeren bis mittleren Hörlautstärken etwas schwammig und indifferent wirken lässt. Bei höheren Abhörlautstärken, wie sie in der DJ-Booth in der Regel vorherrschen, macht sich das erstaunlicherweise positiv bemerkbar, denn hier kann man den Kopfhörer wirklich sehr laut ausfahren, bis es anfängt, in den Ohren zu „scheppern“.

pro
  • Guter Tragekomfort
  • Kabel auswechselbar
  • Mitgeliefertes Zubehör (zwei Kabel, Adapter, Tasche)
  • Gute Außengeräusch-Isolation
  • Gute Basswiedergabe
contra
  • Eindimensionales Klangbild
  • Etwas träge Abbildung der Transienten
  • Schmutz-/Schweißanfällige Ohrpolster
  • Lautsprechergondeln nicht drehbar
  • Derzeit keine Ersatzohrpolster/-kabel verfügbar
Numark Electrowave
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