ANZEIGE

Scarbee Classic EP-88S Test

Praxis

Die „Home“-Seite bietet viele Parameter in einer hübschen GUI. Neben der Einstellung für ein Vibrato findet man hier ebenso die Möglichkeit, dem Piano ein „Stretch Tuning“ zu verleihen, welches die untersten Töne etwas tiefer und die obersten Töne etwas höher klingen lässt. Immer wieder liest man in Foren über dieses Tuning und einige Leute sind begeistert davon. Ab Werk wurden die Instrumente aber wohl immer temperiert gestimmt.

Die "Home"-Seite bietet schon viele Einstellmöglichkeiten.
Die “Home”-Seite bietet schon viele Einstellmöglichkeiten.

Über den „Timbre“-Regler lässt sich der Klangcharakter eines 1974er Rhodes in den Sound mischen. Leider konnte ich keine Information darüber finden aus welchem Baujahr das Rhodes stammt, welches grundlegend für das Recording zur Verfügung stand. 

Audio Samples
0:00
Timbre 0% Timbre 100%

Diese beiden Audiobeispiele zeige vorbildlich wie unterschiedliche Rhodes-Pianos klingen können. Der Sound wird mit zugemischtem 1974er Rhodes merklich kompakter, voller und weniger glockig.
Hervorzuheben ist hier auch noch der Regler “Pre Attack Control”. Mit „Latency“ beschriftet wird er dem einen oder anderen Keyboarder wohl erstmal einen Schreck einjagen. Tatsächlich bin auch ich darauf hereingefallen, als ich die Latenz zwischen EP-88S und Spectrasonics Keyscape verglich. Keyscape sprach ca. 5ms schneller an. Das lag allerdings nur an diesem Knopf. Auf Null gedreht ist Scarbee genauso schnell. Der Sinn dahinter ist, dass ein Rhodes nach dem Herunterdrücken der Taste noch vor dem eigentlichen Attack bzw. Peak leichte Geräusche erzeugt. Mit Aufdrehen dieses Reglers werden diese Geräusche „hinzugemischt“ und führen somit zu einem realistischeren Klang. Es handelt sich dabei also um eine Art „natürliche Latenz“ eines Rhodes, auch wenn ich persönlich diese nie wahr genommen habe. 

Audio Samples
0:00
Pre Attack 0% Pre Attack 100%
Unter "Calibrate" findet man eine Vielzahl von Velocitykurven.
Unter “Calibrate” findet man eine Vielzahl von Velocitykurven.

Ein Klick auf „Calibrate“ öffnet ein Menü, welches verschiedene Velocity-Kurven bereit hält. Von verschiedensten Soft- und Hard-Kurven findet man hier sogar fertige Kurven für bestimmte Produkte wie z.B. das Studiologic Acuna oder das Native Instruments Kontrol Keyboard. Blaue Balken zeigen an, ob das Keyboard, welches man vor sich hat, wirklich alle Velocity-Zonen ansteuern kann. Ein schönes Feature! 

Die Effektauswahl ist umfangreich.
Die Effektauswahl ist umfangreich.

Kommen wir zu den Effekten und damit zu einem weiteren Herzstück der Library. Hier tummeln sich 117 FX-Presets, die allesamt außerordentlich gut klingen. Neben einer Ampsimulation und klassischen Rhodes-Effekten wie Chorus, Phaser, Reverb und Delay gibt es einen Effekt, der besondere Erwähnung finden soll: Der Zone EQ.
Dieser erlaubt es, bestimmten Keyboardzonen völlig unterschiedliche EQ-Einstellungen zuzuweisen. Bis zu drei solcher Zonen lassen sich einrichten. Dieser Gedanke geht zurück auf eine Idee von George Duke, der seinerzeit sein Rhodes in drei Bereiche aufteilen ließ, was ihm eben diese Möglichkeit gab. Auch lässt sich auf diese Weise ein Stereo-Effekt erzielen, den ein Rhodes normalerweise nicht hat.
In den folgenden beiden Audiobeispielen hört ihr das Preset „Early 70s Solo“. Hier arbeitet der Zonen-EQ nur in den untersten Oktaven bis G1 (C3 ist Schlüssel-C). Man matscht also nicht den Bassbereich zu und hat dennoch einen richtig schönen Ton. Hört selbst:

Audio Samples
0:00
Zone EQ aus Zone EQ an
Die Einstellmöglichkeiten sind vielfältig.
Die Einstellmöglichkeiten sind vielfältig.

Auf der letzten Seite findet man dann noch ein paar Detaileinstellungen. An jedem Punkt merkt man, dass sich Herr Skarbye wirklich Gedanken gemacht hat. Jeder Rhodes-Spieler hat damit zu kämpfen, dass ihm die Bass-Töne bei langen Tönen aus der Stimmung fliegen. Dies lässt sich hier jedoch einstellen. Bleibt der „Bass Key Pitch Drift“-Regler auf „normal“ verhält es sich wie bei einem echten Rhodes. Bei „Little“ dauert es sehr viel länger, bis die Verstimmung einsetzt.
Außerdem lässt sich hier sogar ein Note-Off Delay einstellen, das es beim Rhodes tatsächlich gibt. Es vergeht ein Moment, bis der Dämpfer das schwingende Tine gestoppt hat.
Ich finde es sehr erfrischend, dass diese Library mal nicht vollgestopft ist mit mechanischen Nebengeräuschen, die man bei einer Aufnahme eines echten Rhodes sowieso nicht hören würde. Da ist es recht egal, ob die Tastatur noch so laut klappert. Die Tonabnehmer nehmen nur den unmittelbaren Bereich vor ihnen auf, sodass vielleicht noch die Nachbartöne zu hören sind, mehr aber auch nicht. Stattdessen bietet das Classic EP-88S Einstellmöglichkeiten für einige andere, Rhodes-typische Eigenheiten, die man in dieser Form bislang in keiner anderen Library findet.
Zum Abschluss möchte ich noch durch ein paar Presets gehen, damit ihr einen tieferen Eindruck der Sounds bekommt. Besonders bei den Beispielen 1 und 5 kann man wunderbar hören, wie dynamisch sich diese Library spielen lässt. Viel Spaß!

Audio Samples
0:00
Early 70s Solo Bahian Love Affair Soft Soul Wah of the Worlds Written Hour
Kommentieren
Schreibe den ersten Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.