Audix SCX-one Test

Audix’ SCX-one (oder auch SCX1 geschrieben, da ist sich offenbar sogar der Hersteller selbst uneinig) ist ein Kleinmembran-Kondensatormikro aus der oberen Preisklasse des amerikanischen Unternehmens. Bedenkt man, dass das f9 aus der Budgetklasse eine wirklich gute Figur gemacht hat, stimmt das sehr zuversichtlich, dass das SCX-one ein wirklich gutes Mikrofon ist. 

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Für das Review im Rahmen des Testmarathons hatten wir auch zwei SCX1C bezeichnete Stäbchen mit Druckgradientenempfänger-Nierenkapsel. Ebenfalls erhältlich sind Kapseln mit Hypernieren- (SCX1HC) und Kugelcharakteristik (SCX1O), letztgenannte natürlich als echter Druckempfänger, wie es bei Kleinmembranmikros üblich ist.

Details

Alles andere als ein Paradiesvogel 

Wie man es von Audix kennt, ist das SCX-one ohne gestalterische Extravaganzen aufgebaut. Dadurch erfüllt es diesbezüglich die an ein Mikrofon dieser Bauart gestellten Erwartungen sehr gut, denn meist wünscht sich der Nutzer Unauffälligkeit und leichte Positionierbarkeit. Mit nur gut zehn Zentimetern Länge ist es sehr kurz, nicht so kurz allerdings, dass es fast im Mikrofonhalter zu verschwinden vermag wie die Sennheiser 80xx-Serie.

Linear gibt´s woanders

Eine Besonderheit des SCX ist, dass die Richtcharakteristik so ausladend ist, dass sie ein wenig Richtung breite oder offene Niere tendiert. Gut ist, dass es außer in den Randbereichen eine hohe Gleichmäßigkeit der Richtcharakteristik gibt. Das kann man vom Pegel-Frequenzgang nicht behaupten, denn dieser sieht ein wenig wie das Höhenprofil einer Radtour im Mittelgebirge aus. Klar ist, dass Audix gar nicht vorhaben, das SCX bretteben zu gestalten (Und sie verdienen Lob dafür, den Frequenzgang nicht so lächerlich zu glätten, wie es sonst oft zu sehen ist…). So kann man einen dicken Buckel von etwa 3 dB Differenz zum 1kHz/0dB-Punkt ausmachen, welcher seinen Scheitelpunkt etwas unterhalb von 10 kHz hat. Bis 20 kHz hat die Übertragungskurve allerdings schon wieder deutlich Boden verloren und schneidet diesen Wert mit etwa 5 dB Verlust. Etwas erhöht ist es um den Bereich leicht unterhalb der 2 kHz, etwas gedämpft um die 4 kHz. Möglicherweise ist hier ohne viel EQ-Geschraube genau die richtige Kurve für den Mix mit Snare und Vocals vorhanden, wenn man beispielsweise bedenkt, dass Kleinmembran-Nieren gerne für Akustikgitarren eingesetzt werden. Ein typischer EQ-Absenkbereich vieler Instrumente ist ebenfalls eher schwach ausgeprägt, nämlich jener zwischen 0,2 und 0,5 kHz. Auch ohne Proximity-Effekt werden die Bässe und Tiefbässe hingegen mit ordentlich Pegel übertragen. 

Fotostrecke: 4 Bilder SCX-one mit der aufgeschraubten Nierenkapsel

21mm-Kondensatorkapsel

Nach Filterung mit der Gehör-angepassten A-Kurve liegt das gemessene Rauschen bei 14 Dezibel, die 0,5%THD-Zerrgrenze ist mit 130 dB angegeben, ein Pad gibt es ebenso wie ein Filter nicht am SCX-one. Das 200Ohm-Mikrofon zeigt sich mit 26 mV/Pa ordentlich empfindlich. 

Details SCX-one
Details SCX-one

Born in the USA

Das SCX ist “designed, machined, assembled and tested” in den Vereinigten Staaten, allem Anschein nach hat man bei wesentlichen Teilen nicht gespart. So ist das Gehäuse aus Messing geschnitten, an den Stegen der Kapsel erkennt man, dass gutes Werkzeug benutzt wurde und eine penible Entgratung stattgefunden hat. Blickt man auf die Front der Mikrofonkapseln, fällt aber auf, dass das Gehäuse nicht einteilig wie etwa bei Schoeps ist. Sehr hochwertig wirkt hingegen die Lackierung, die keinerlei Beulen, Bläschen, Schlieren oder sonstige Ungereimtheiten finden lässt.

Das Audix-Kleinmembranmikro kommt in einer Holzbox
Das Audix-Kleinmembranmikro kommt in einer Holzbox

Das SCX-one kommt im schönen Köfferchen

Zwar ist mit dem SCX1MP auch ein Matched Pair der Kondenser erhältlich, doch wir hatten im großen Testmarathon zwei Einzelpackungen zur Verfügung – im Hochpreissegment und bei sorgsamer Qualitätskontrolle sollten Toleranzen keine zu große Rolle spielen. Jedes der beiden Mikrofone kommt in einer schönen Holzkiste mit Formausschnitten für das Mikrofon samt beiliegendem Windschutz und die ebenfalls hochwertig wirkende Klammer. Nun gut, etwas unpraktisch ist es schon, das Mikro immer mit Windschutz in seinen Sarg prokeln zu müssen, aber eigentlich ist das kaum der Rede wert. Der Rede wert ist hingegen bestimmt, darauf hinzuweisen, dass es sich beim SCX um ein Modularsystem handelt. Anstatt die oben angesprochenen Mikrofone mit anderen Charakteristiken komplett zu erwerben, kann man auch CPSSCXHC und CPSSCXO erwerben – das sind die Codes für die Hypernieren- und die Omni-Kapsel. Zu den weiteren erwerbbaren Acessoires zählen eine elastische Aufhängung, Poppschutz und sogar eine separate, stabile Spannungsversorgung.

Praxis

Wie alle Mikrofone im großen bonedo-Testmarathon mussten auch die beiden Audix SCX-one den Weg vor das Sound-Gericht antreten. Allerdings mussten sie nichts Schlimmes befürchten. Und tatsächlich: In Einzelmikrofonierung wie auch im XY-Stereo sind sie bei Weitem nicht so unausgewogen, wie man nach dem vielleicht erschrockenen Blick auf den Frequengang erwarten könnte. Wenn man sich diesen vor Augen hält und die Audiofiles hört, ist dies fast schon ein Lehrstück darüber, wie wenig man manchmal von Frequenzgangangaben auf den letztlichen Klangeindruck schließen kann. So ist auch der Phasengang nicht unerheblich am Klangeindruck eines Mikrofons beteiligt. Es zeigt sich, dass die befürchteten Probleme im Höhenbereich schlichtweg nicht vorhanden sind, das SCX1 hat klanglich nichts von den eher blechern und reibend klingenden Vertretern der unteren Preiskategorien. Nun ja, dass man das kann, zeigt ja schon die preiswerte Variante f9, die sich im Vergleich mit den vielen anderen eine sehr gute Position erkämpfen konnte. Das Audiobeispiel lässt allerdings – das muss man in diesem Preissegment schon kritisieren dürfen – ein wirklich luftig-offenes Höhenband vermissen, vor allem der zweistellige Kilohertzbereich ist deutlich unterrepräsentiert. Hier entspricht die grafische Darstellung in den Unterlagen dem Höreindruck genau. Wohl dadurch entsteht beim Hören der klangliche Eindruck von Härte. Das Mikrofon ist zwar angenehm schnell und zählt zu den durchsetzungsfähigsten, doch wird man damit eher Akustikgitarren-, Hi-Hat- und Single-Cymbal-Signalen in Pop- und Rock-Mischungen gerecht als etwa sanftmütigen Klarinetten oder säuselnden Violinen. Ich möchte sogar sagen: Die Audix SCX-one klingen etwas nach “Achtziger”. Sie sind kräftig, prägnant, aber eben deswegen vielleicht etwas zu wenig feinfühlig für manche Anwendungen.

Audio Samples
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Audix SCX-one

Im Vergleich mit dem Schoeps klingt das Signal der Akustikgitarre etwas weniger natürlich und weniger “komplett”, lässt sich aber vielleicht dadurch recht gut im Mix unterbringen, wenn ein sehr konturierter Klang gewünscht ist. Wer sich in Bildbearbeitung ein wenig auskennt: Das Signal wirkt wie etwas zu stark mit dem Scharfzeichner bearbeitet. Die Kontur gilt auch für das Stereobild, denn hier erscheint alles gut greifbar und klar sortiert, wenn auch nicht mit größtmöglicher Detailzeichnung.

Beide SCX-one von Audix im XY-Verbund
Beide SCX-one von Audix im XY-Verbund

Nicht nur, was Natürlichkeit angeht, auch bezüglich der Dynamik und dem ganz allgemeinen “Wohlklang” muss sich das Audix etwas hinter den ganz großen Namen einreihen. Das Letzte, was man aus einem Dorf entfernen sollte, ist bekanntlich die Kirche. Was ich sagen will: Zwei der getesteten Audix kosten so viel wie ein Schoeps aus der Colette-Serie. Insofern ist alles in Ordnung. Im direkten Vergleich etwa mit Neumanns KM 184, besonders aber den Audio-Technicas ist das Preis-Leistundsverhältnis vollkommen in Ordnung, entfesselt aber auch keine Begeisterungsstürme. 

Fazit

Wer ein Kleinmembran-Kondensatormikrofon mit einer tendenziell eher kräftigen Klangsprache sein Eigen nennen möchte und gut 1000 Euro ausgeben will, der sollte sich die Audix SCX-one durchaus einmal anhören. Der hart umrissene Klang kann für manche Quellen etwas zu aufdringlich sein, hat aber den Vorteil, klar definiert und gut formbar zu sein. Als Counterpart zu sehr feingeistigen, luftigen und sehr exakt darstellenden Kleinmembranern kann das recht selbstbewusste, aber tendenziell grobschlächtigere SCX eine Mikrofonsammlung durchaus bereichern. Ich sehe die primäre Anwendung bei Stahlsaitengitarren und Hi-Hats – den Einsatz am Drumkit besonders aufgrund der genannten Klangeigenschaften übrigens auch im Livebetrieb.

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • kräftiger, prägnanter Klang
  • interessante Ergänzung zu sehr feinen Kleinmembranern
Contra
  • etwas grobschlächtiger Klang
Artikelbild
Audix SCX-one Test
Keine Feingeister, erzeugen aber ein prägnantes Signal: SCX-one von Audix
Keine Feingeister, erzeugen aber ein prägnantes Signal: SCX-one von Audix
Spezifikationen
  • Empfängerprinzip: Druckgradientenempfänger
  • Richtcharakteristik: Niere
  • Wandlerprinzip: Kondensator
  • Betriebsspannung: 48 V Phantomspeisung
  • Frequenzgang: 20 Hz – 20 kHz
  • Übertragungsfaktor: 26 mV/Pa
  • THD+N: 14 dB(A-bewertet)
  • maximaler Schalldruckpegel: 130 dB SPL (0,5% THD+N)
  • Preis (Paar): 636,- € (UVP)
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