Audio-Technica Artist Elite AE3000 Test

Das Audio-Technica AE3000 aus der Artist Elite Serie ist anders als viele andere für Drum-Mikrofonierung verwendete kein dynamisches, sondern ein Kondensatormikrofon. Dynamische Mikrofone haben sich in der Geschichte der Schlagzeugaufnahme einen festen Platz gesichert. Solide und kompakt gebaut sowie mit einem auf das Wesentliche fokussierten Übertragungsbereich ausgestattet, tun sie täglich brav ihren Dienst an zigtausenden von Drumsets.

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Besonders als Close-Mics verwendet, gelten sie für viele Tonleute als alternativlos. Großmembranige Kondensator-Mikrofone kommen hingegen eher als Overhead- und Raum-Mikrofone zum Einsatz, denn ihre deutlich wuchtigere Bauform in Verbindung mit ihrer meist seitlichen Einsprechrichtung schränkt das Handling zwischen Toms und Snaredrums stark ein. Einige Modelle dieser Art übersteuern an lauten Quellen wie Drumsets auch schnell mal und benötigen ein Dämpfungsglied (Pad). Klanglich liefern sie allerdings ein größeres Spektrum und höhere Detailtreue als ihre dynamischen Kollegen, weshalb nicht wenige Drummer und Tonleute die Nachteile in Kauf nehmen und die großen Apparate an den Trommeln verwenden. Ob ihr nun zu diesem Personenkreis gehört oder nicht: Ihr solltet jetzt auf jeden Fall weiterlesen, denn das Audio-Technica AE3000 ist zwar ein solcher Großmembraner, Gewicht und Gehäuseabmessungen orientieren sich aber eher an kompakten Modellen und ein integriertes Pad soll für entspannte Pegel auch an geprügelten Snaredrums sorgen.
AE steht bei Audio-Technica für die Serie „Artist Elite“, neben dem Testmodell bietet Audio-Technica innerhalb dieser Reihe auch verschiedene Handheld-Vocal-Mikrofone sowie Spezialitäten wie das mit zwei Kapseln ausgerüstete AE2500 an. Gegenüber den günstigeren PRO- und der preislich in der Mittelklasse positionierten ATM-Serie sollen die etwas teuereren AE-Modelle einen natürlicheren Sound mit einem nach oben hin erweiterten Übertragungsspektrum bieten. Gleichzeitig sollen sie mit robuster Bauweise auch den Widrigkeiten des Tour-Alltags trotzen. Wir haben unser Testexemplar in verschiedenen Anwendungen rund ums Schlagzeug gecheckt. 

Details

Auffallend kompakte Bauform trifft auf komplette Ausstattung

Klein sollte es sein, stand in der Beschreibung. Dass ich es beim Öffnen der Pappschachtel zunächst mit der Halterung verwechseln würde, hätte ich allerdings nicht erwartet. Wo andere Großmembraner schwer in der Hand liegen, kann das nur 170 Gramm leichte AE3000 mühelos mit spitzen Fingern gehalten werden. Rein optisch wirkt es zunächst, als würde es ausschließlich aus Mikrofonkorb bestehen – sieht man mal vom kurzen Sockel ab, welcher die XLR-Buchse beinhaltet. Eine Halterung mit integriertem Shockabsorber und Reduziergewinde für EU-Stative sowie eine gepolsterte Tasche komplettieren die Ausstattung. Dreht man das Mikrofon und betrachtet es von der Seite, fällt auf, dass das schützende Drahtgeflecht im oberen Bereich nochmals schmaler gestaltet ist, was dem AE3000 ein sehr flaches seitliches Profil beschert. Auf der Rückseite entdecke ich zwei kleine Schalter, wovon der linke einen bei 80 Hertz eingreifenden Low Cut aktiviert, auf der rechten Seite kann ein Pad geschaltet werden, welches den Ausgangspegel um zehn dB verringert. Auch ohne dieses Pad besitzt das AE3000 eine im Verhältnis zu konventionellen Kondensatormikrofonen künstlich reduzierte Empfindlichkeit, schließlich ist es nicht für flüsternde Stimmen, sondern für krachende Drums konzipiert. 7 mV/Pa wären in der Tat auch ein schlechter Wert für einen Allround-Großmembraner. Mit aktiviertem Pad darf das Testexemplar wahnwitzigen 158 db SPL ausgesetzt werden, womit Sorgen, dass das niedliche Ding womöglich Schaden am Schlagzeug nehmen könnte, ausgeräumt sein dürften.

Fotostrecke: 3 Bilder Sorgen für Flexibilität: Low Cut und Pegelabsenkung

Das AE3000 arbeitet mit einer Backplate-Elektret-Kapsel

Im Gegensatz zu einem Echtkondensator arbeitet im AE3000 eine sogenannte Back Electret Membran, bei der eine permanente Vorspannung aufgebracht ist. Dieses Design kann auf bestimmte Bauteile verzichten, was einerseits Platz und andererseits Produktionskosten spart. Der Nachteil einer solchen Bauart ist die begrenzte Haltbarkeit aufgrund nachlassender Spannung, welcher man bei Audio-Technica mit einer Art Voralterung zu begegnen versucht. Aktuelle Elektretmikrofone halten ihre Spannung allerdings Jahrzehnte lang.
Auf einen Transformator verzichteten die Ingenieure von Audio-Technica beim AE3000. Trafos stehen im Ruf, den Klang anzudicken und gehaltvoller zu machen, gerade am Drumset können trafolose Mikrofone allerdings für eine schnellere Transientenwiedergabe sorgen. 20 – 20000 Hertz gibt man bei Audio-Technica als Übertragungsbereich an, im Bereich von etwa 6000 Hertz (also dort, wo Stöcke den Anschlagsklang erzeugen) zeigt das Frequenzdiagramm eine leichte Anhebung.

Fotostrecke: 3 Bilder Die Schalter sind ohne Hilfsmittel bedienbar.

Praxis

Die kompakte Bauform sorgt für ein gutes Handling

Als Schallquelle kommt ein Yamaha Recording Schlagzeug mit 13×9 und 18×16 Zoll großen Toms sowie einer 24×14 Zoll großen Bassdrum zum Einsatz, eine Wahan Stainless Steel Snaredrum in den Dimensionen 14×4 Zoll komplettiert das Kit. Alle Trommeln sind offen und im mittleren Bereich gestimmt. Wie erwartet, gestaltet sich die Arbeit mit dem AE3000 sehr einfach, das niedliche Teil hat nichts von der manchmal nervenaufreibenden Sperrigkeit vieler anderer Großmembraner. Auch die gefederte Halterung ist praxisgerecht konstruiert und selbst schwachbrüstige Mikrofonstative halten das gute Stück mühelos auch an weiter ausgefahrenen Galgenarmen. All das wäre allerdings nicht viel wert, wenn der Sound nicht stimmen würde. Daher geht es direkt zur ersten Schallquelle. 

Fotostrecke: 4 Bilder Das Artist Elite an einer Hängetom

An der Snare klingt das AE3000 offen und natürlich

Obwohl Snaredrums meistens mit dynamischen Mikrofonen abgenommen werden, sieht man nicht selten auch Kondensator-Versionen in dieser Anwendung. Beispielsweise dann, wenn ein detailreicherer, offenerer Ton das Ziel der Aufnahme ist. Nicht alle Typen sind allerdings gleichermaßen geeignet, sei es, weil sie einen zu hohen Output liefern, zu klobig sind oder weil man sein 2000-Euro Gesangsmikrofon ungern dem Risiko aussetzen möchte, von einem verirrten Stocktreffer zerstört zu werden. Vor letzterem ist auch das AE3000 nicht ganz gefeit, in den anderen Punkten heimst es allerdings gleich Pluspunkte ein. Die Positionierung geht zügig vonstatten, wobei die Bauform bestimmte Positionen erschwert. Wer etwa den Nahbesprechnungseffekt nutzen möchte, indem er die Kapsel weit über den Spannreifenrand Richtung Fellmitte ausrichtet, wird beim AE3000 Probleme bekommen. Hier sind Front-Adress-Modelle bauartbedingt im Vorteil. Als klangliche Referenz kommt mein Telefunken M80 zum Einsatz, das ich aufgrund seiner erweiterten Höhenwiedergabe ausgewählt habe und selbst als bevorzugtes Snaredrum-Mic benutze. Weit und offen klingt das AE3000, es besitzt weder den „Midrange-Honk“ eines SM57 noch die betonten Höhen des M80. Im Kit klingt es etwas weicher, seine Anhebung im Attack-Bereich sorgt trotzdem für gute Durchsetzungskraft. Wer maximalen Schub in lauten Stilen sucht, wird hier vielleicht nicht unbedingt fündig, stattdessen bildet das AE3000 das gesamte Spektrum der Trommel natürlich ab und liefert damit Details in musikalischen Kontexten, die Raum zur Entfaltung bieten. 

Audio Samples
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AT AE3000 Snare, solo AT AE3000 Snare, Low-Cut, solo AT AE3000 Snare, im Kit Telefunken M80, Snare, solo Telefunken M80, Snare, im Kit

Auch an den Toms ist das AE3000 kein „Attack-Generator“

An den beiden Toms muss sich unser Testkandidat dem Vergleich mit einem Klassiker in dieser Anwendung stellen, einem Sennheiser MD421, dessen Bass-Schalter befindet sich auf Mittelstellung. Interessanterweise liefert auch dieses Referenz-Mikrofon deutlich mehr Präsenz in den Höhen, die meisten Blindtester hätten das AE3000 im Vergleich vermutlich als das dynamische Modell identifiziert. Bei näherem Hinhören zeigt sich allerdings, dass dem Audio-Technica nichts fehlt, die Toms selbst und auch die Übersprechungen klingen ausgewogen, ohne bestimmte Frequenzen übermässig zu betonen. Trotzdem gefällt mir das MD421 ungemixt hier etwas besser, es wirkt präsenter und frischer. Es kostet allerdings auch gute hundert Euro mehr.

Audio Samples
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AT AE3000 Tom, solo AT AE3000 Tom, im Kit Sennheiser MD421 Tom, solo Sennheiser MD421 Tom, im Kit AT AE3000 Floortom, solo AT AE3000 Floortom, im Kit Sennheiser MD421 Floortom, solo Sennheiser MD421 Floortom, im Kit

Erstaunlich vielseitig ist das Mikrofon auch an der Bassdrum

In Anbetracht der Konstruktion spricht eigentlich nichts dagegen, den Testkandidaten auch an der Bassdrum auszuprobieren. Mit aktiviertem Pad liefert das Mikrofon im Schallloch positioniert einen unproblematischen Pegel, klanglich hebt es sich wohltuend von typischen Bassdrum-Mikrofonen ab. Die typische Mittenabsenkung gibt es hier nicht, stattdessen liefert das AE3000 einen „kompletten“ Bassdrumsound, der auch die Kesselresonanz überträgt. Das zum Vergleich heran gezogene Sontronics DM1-B – als Großmembran-Kondensatormikrofon ein Exot unter den spezialisierten Bassdrum-Mikrofonen – liefert etwas mehr Druck untenrum, im Kontext mit einem Subkick-Mikrofon vor dem Resonanzfell gerät der Gesamtklang mit dem AE3000 ohne EQ-Eingriff sogar etwas griffiger. Auch hier gilt wieder: Wer den natürlichen Ton der Bassdrum einfangen möchte, bekommt mit dem Testkandidaten einen gut für die Aufgabe geeigneten Schallwandler. Stichwort zusätzliches Mikrofon vor dem Resonanzfell: Auch hier habe ich das AE3000 ausprobiert, bin vom Ergebnis auch durchaus angetan. Gegen das Solomon Subkick-Mikrofon kann es allerdings nicht wirklich bestehen, sofern der Zweck sein soll, dem Signal ordentlich Subbass zu verleihen. Stattdessen werden hier eher die Tiefmitten des Resonanzfells eingefangen. An einer kleineren Bassdrum kann ich mir das Audio-Technica aber sehr gut vorstellen, sowohl alleine als auch als zweite Mix-Option. 

Audio Samples
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AT AE3000 Bassdrum innen, solo AT AE3000 Bassdrum innen, im Kit Sontronics DM1-B Bassdrum innen, solo Sontronics DM1-B Bassdrum innen, im Kit AT AE3000 Bassdrum außen, solo AT AE3000 Bassdrum außen, im Kit Solomon Subkick Bassdrum außen, solo Solomon Subkick Bassdrum außen, im Kit

Last but not least: FOK („Front of Kit“)

Hier steht es zwar am Ende des Praxisteils, tatsächlich habe ich die folgende Disziplin ganz am Anfang der Hörtests ausgenommen, um vorab zu checken, wie das gute Stück das gesamte Schlagzeug abbildet. Obwohl nicht als solches konzipiert, wollte ich außerdem wissen, wie sich der Kandidat als Distanzmikrofon schlägt. Die Konkurrenz ist hart, denn als Vergleich kommt mein Mojave MA201fet zum Einsatz, ein Allrounder, der mir seit einigen Jahren tolle Dienste nicht nur am Drumset leistet. Wie erwartet, kann das weniger als halb so teure AE3000 dem Mojave nicht das Wasser reichen, denn dieses klingt einfach eine ganze Ecke aufregender. Aber auch hier erzählen die Solofiles nicht die ganze Wahrheit, im Kontext mit den anderen Mikrofonen ergibt sich nämlich auch beim AE3000 eine dimensionale Abbildung des Kits, die Höhen wirken eine Spur natürlicher, gleichzeitig klingt das Gesamtsignal mit dem Mojave etwas transparenter und fokussierter. Wie die beiden Mikros mit Kompression mit schnellen Attack-Zeiten klingen, hört ihr in den letzten beiden Files. 

Audio Samples
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AT AE3000 Front of Kit, solo AT AE3000 Front of Kit, im Kit Mojave MA-201FET Front of Kit, solo Mojave MA-201FET Front of Kit, im Kit AT AE3000 Front of Kit, im Kit, mit Kompressor Mojave MA-201FET Front of Kit, im Kit, mit Kompressor

Fazit

Das Konzept, Freunden natürlicher Kondensator-Sounds ein einfach positionierbares Mikrofon anzubieten, welches auch für den Live-Alltag robust genug gebaut ist, geht auf. Dabei gibt sich das AT AE3000 aus der Artist Elite Serie im Test als typisches Audio-Technica-Mikrofon. Es liefert an allen Schallquellen ein tendenziell offen und unaufgeregt klingendes Signal, verkneift sich Effekt-heischende Überbetonungen und ist mit seinem Low Cut -Schalter und seinem Pad außergewöhnlich vielseitig einsetzbar. Schwächen leistet es sich keine und auch der Preis kann für ein in Japan hergestelltes Mikrofon mit den genannten Qualitäten als günstig gelten. Ein persönlicher Check wird hiermit wärmstens empfohlen! 

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • überdurchschnittlich vielseitig verwendbar
  • natürliche Wiedergabe des gesamten Frequenzspektrums am Drumset
  • sehr gute Verarbeitung
  • gute Positionierbarkeit am Drumset (für ein Side-Adress-Mikrofon)
  • gute Ausstattung
Contra
  • keins
Artikelbild
Audio-Technica Artist Elite AE3000 Test
Für 279,00€ bei
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Features und Spezifikationen
  • Hersteller: Audio-Technica
  • Bezeichnung: AE3000
  • Wandlerprinzip: Großmembran Elektret-Kondensator Mikrofon
  • Richtcharakteristik: Niere
  • Impedanz: 100 Ohm
  • Frequenzgang: 20-20000 Hz
  • Finish: matt schwarz
  • Ausgang: XLR
  • Abmessungen: 11,6 x 4,8 Zentimeter
  • Gewicht: 170 Gramm
  • Zubehör: Kunstleder-Etui, AT8471 Halterung mit EU Reduziergewinde, Anleitung
  • Herkunftsland: Japan
  • Preis: € 319,– (UVP)
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