Shortcut: Bessere Gesangsaufnahmen

SO KOMMT IHR SCHNELL ZU BESSEREN RESULTATEN!

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Viele Musiker sind der Meinung, dass der Weg zur perfekten Aufnahme allein über teures Equipment geht. Berücksichtigt man einige einfache Tipps, lassen sich jedoch mit fast jedem Equipment deutlich bessere Resultate erzielen! Dabei spielt „kalte Technik“ definitiv nicht die erste Geige. Es sind die „weichen Themen“, die punkten. Natürlich kann man zu jedem der folgenden Punkte Bücher füllen, Ziel war es jedoch, euch hier einen knappen Überblick für den Einstieg zu geben. Los geht’s …

1. Aufnahmesituation
Eine gute Gesangsaufnahme hängt entscheidend vom „Feeling“ des/der  Sängers/Sängerin ab. Demzufolge wirkt sich eine angenehme Aufnahmesituation drastisch auf die abgelieferte Performance aus. Arbeitet man mit einem Produzenten, sollte dieser natürlich ein entsprechendes Einfühlungsvermögen mitbringen – arbeitet man ohne, spürt man ja eh, wann man sich am wohlsten fühlt. Ein Raum, der nicht über eine perfekte Akustik verfügt, kann dabei durchaus besser sein, als ein „kalter“ Aufnahmeraum. Wenn der Sänger im Studio also lieber in der Regie singen möchte – lasst ihn! Und wenn ein Kerzchen die Stimmung des Vocaleros hebt, stellt ruhig den Kronleuchter auf. Ebenso können unnötige Besucher stören. Besonders wenn man noch nicht so viel Routine hat, zählt vor allem das Wohlbefinden. Übrigens kann auch der Zeitpunkt der Aufnahme großen Einfluss haben: so sollte man beispielsweise einen Nachtschwärmer nicht unbedingt morgens um 08:00 Uhr zur Aufnahme bitten!

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2. Mikrofon
Man sollte sich im Vorfeld die Zeit nehmen, das richtige Mikrofon zu finden. Teurer ist dabei nicht gleich besser – und auch besonders gute technische Werte sind hier nicht zwingend das Maß aller Dinge. Nur der Sound zählt! So ist es mir mal passiert, dass beim Durchtesten verschiedenerer Mikros mit einer Sängerin, plötzlich klanglich die Sonne aufging und sie sagte, sie könne mit diesem Mikro „leichter“ singen. Klang super – und es war mit Abstand das billigste. Also warum zwanghaft ein „Big Label“ Mic einsetzen, wenn es in dem Fall sogar spitzer klang … fürs Gewissen? Das Mikro sieht man später nicht. Dynamische Live-Mikrofone, wie z.B. das klassische Shure SM-58, können im Studio übrigens auch hervorragende Resultate liefern (z.B. Björk!). Sie kommen aufgrund der niedrigeren Empfindlichkeit besonders dynamisch singenden Künstlern entgegen –ein Kondensatormikro muss nicht immer das Optimale sein. Egal, was es ist – es muss eben klingen!

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3. Kopfhörer
Wenn man ein extremes Fremdkörpergefühl auf den Ohren hat, wird man kaum eine optimale Performance abliefern – und wenn man sich mit geschlossenen Kopfhörern nicht wohlfühlt, sollte man im Interesse der Performance besser ein offenes Modell nehmen. Lieber mit mehr Übersprechern leben, als mit einem Grummeln im Bauch. Besonders für Anfänger, die noch nicht so oft (oder vielleicht zum ersten Mal) die „Studio-Recording-Situation“ erlebt haben, ist das Einsingen über Kopfhörer zuerst sowieso sehr befremdlich, denn so nah und differenziert haben sie sich selbst noch nie gehört. Einige Sänger müssen sich über ihr „inneres Ohr“ direkt hören, um sauber zu intonieren –die Kopfhörermuschel auf einem Ohr zur Seite zu schieben, kann hier Wunder wirken. Einfach mal ausprobieren.

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4. Monitoring
Man muss das Playback und seinen Gesang optimal hören! Das fängt beim angenehmen Gesamtpegel und Mischungsverhältnis an – und hört beim verzögerungsfreien Monitoring des Gesangs über die Kopfhörer auf. Die auch „Latenzen“ genannten Verzögerungen, entstehen durch die Digitalwandlung und die Leitung des Signals durch die Software eures Rechners. Tests haben ergeben, dass schon kleine Verzögerungen zwischen „Live-im-Kopf“ und Monitorsignal psychoakustische Effekte auslösen können, die dazu führen, dass man unwillkürlich die Stimme verstellt. Selbst minimale Latenzen, die man zuerst gar nicht bewusst wahrnimmt, führen dazu, dass der Sänger zwar sauber intoniert, dies aber nicht lange durchhält, weil er seine Stimme unterbewusst förmlich auf die richtigen Töne „prügelt“. Die Folge ist dann z.B. Heiserkeit nach kürzester Zeit, überanstrengte Stimmbänder, etc. Die meisten aktuellen Audio-Interfaces vermeiden das Latenz-Problem durch „Direct Monitoring“, wo das Eingangssignal ohne Umschweife gleich wieder auf den Ausgang gegeben wird. Bitte bedenken: ein Effekt-PlugIn als Insert auf dem aufzunehmenden Kanal führt auch unweigerlich zu Latenzen! Also möglichst den Klangfeinschliff und PlugIns im Signalweg auf später verschieben.

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5. Akustik
Man sollte Badezimmer, Treppenhäuser, große leere Räume und laute Umgebungen meiden – es sei denn, man sucht diesen speziellen „topfigen“ Sound. Auch extrem niedrige Decken im Keller o.ä. sind aufgrund der speziellen Reflexionen nicht wirklich empfehlenswert. Grundsätzlich lässt sich ein Raum auch ohne viel Geld optimieren. Bei der Aufstellung fängt es an – so sollte man z.B. nicht ausgerechnet direkt vor einer Glas- oder Spiegelwand einsingen. Achtung: auch große Bilderrahmen haben nervige Glasscheiben. Am besten geht man von den Wänden weg (aber möglichst nicht genau in die Raummitte). Ein hohes volles Bücherregal hinter dem Mikro wirkt gut gegen Reflexionen – und auch die gute alte Bettdecke funktioniert hervorragend, wenn man sie auf einen quer gestellten Mikroständer packt oder anderweitig befestigt. In entsprechender Höhe hinter dem Sänger postiert, lässt sich damit schon mal ein Teil des Raums ausblenden. Bei glatten Laminatböden am besten Teppich auslegen – zur Not tut es auch eine Wolldecke. Kleine Aufsätze für Mikrostative wie der Reflection-Filter (auch Mic-Screen genannt) sind ebenfalls hilfreich. Beachtet in diesem Zusammenhang bitte auch die Richtcharakteristik eures Mikrofons: Ausgewiesene Gesangsmikrofone für Solisten haben in der Regel die Nieren-, Supernieren- oder Hypernierencharakteristik. Gerade bei schlechten akustischen Bedingungen seien hier nochmals die dynamischen Mikrofone genannt: aufgrund der niedrigeren Empfindlichkeit kommen Raum und Nebengeräusche nicht so zum Tragen … das macht es einfacher!

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6. Aufwärmen
Genau wie ein Automotor im Winter erstmal „warm“ werden muss, bevor er rund läuft, sollte man auch der Stimme eine Chance geben, „in Fahrt“ zu kommen. Erst dann kann sie auf Knopfdruck Höchstleistung bringen. Unser Vocal-Workshop mit Schirin bietet euch jede Menge Übungen und Tipps genau HIER.

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7. Gesangstechnik
Speziell zu diesem Punkt werden wir demnächst eine eigene „Shortcut-Ausgabe“ für euch produzieren! Denn die Haltung vorm Mikro, der Abstand und die richtige Technik beim Einsingen machen viel aus. Nehmt euch die Zeit, das Stativ optimal einzustellen. Testet außerdem, in welcher Stellung und in welchem Abstand ihr mit dem Mikro die besten Ergebnisse erzielt. Etwa 15 – 20 cm sollten euch vom Mikro trennen. Um das gefürchtete „Poppen“ bei harten Konsonanten zu unterdrücken, ist besonders für die empfindlicheren Kondensatormikros ein Poppschutzfilter hilfreich. Bei sehr dynamischen und lauten Vocal-Performances empfiehlt sich ein größerer Abstand zum Mikro – auch eine Mikrofonkapsel selbst kann unter Umständen „clippen“. Und wenn der Sound zu „spitz“ klingt, kann ein Schritt weg vom Mikro oder seitliches „Vorbeisingen“ viel ausmachen. Probiert es einfach aus!

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8. Pegel
Richtiges Pegeln ist natürlich wichtig – macht einen Test, indem ihr die lautesten und leisesten Passagen eurer Performance ansingt, und stellt den Pegel entsprechend ein. Es sollte genug Headroom bleiben – nehmt im Zweifelsfall lieber etwas zu leise als zu laut auf! In Zeiten von 24Bit-Aufnahmen muss man nicht mehr so dicht an den maximalen Pegel von 0 dB heran – digitale Clippings klingen sehr hässlich und sind auch in der Nachbearbeitung nicht mehr zu eliminieren. Bedenkt auch, dass ihr im Laufe der Aufnahmesession eventuell lauter werdet. Also ruhig immer mal nachkontrollieren!

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9. Gib mir Hall!
Viele Vokalisten möchten während der Aufnahme Hall auf der Stimme hören – aus besagten Latenzgründen ist es jedoch nicht so einfach, sich den über die Software aus dem Rechner zu holen. Es gibt aber eine Reihe Audio-Interfaces, die inzwischen Monitoringhall an Bord haben – so z.B. Interfaces von TC Electronic, Focusrite, ZOOM und vielen anderen. Trotzdem Vorsicht: Zuviel und zu langer Hall auf der Stimme „schmiert“ etwaige Ungenauigkeiten zu, man hört sich nicht mehr sauber – Hallzeiten bis etwa 1 Sekunde sollten solche Probleme vermeiden helfen.

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10. Aufnahme
Einige nehmen einen Song in einem Rutsch auf – andere gehen Stück-für-Stück vor. Hilfreich ist es auf jeden Fall, zu Beginn einen sogenannten „Guidetrack“ zu machen, den man ohne Unterbrechung auf einmal durchsingt. Dank der modernen Technik ist das nachträgliche Ersetzen kleiner Fehler kein Problem. Eine durchgesungene Performance hat einfach eine andere Dynamik als „Patchwork“-Stückelwerk – aber auch hier gilt: was das gewünschte Resultat liefert, ist gut! Der erste Take könnte der beste sein – Fehler in der Technik sollten das also nicht ruinieren. Klar, wenn man erfahrener Studiosänger ist, klappt das immer wieder – aber durch zu häufige Wiederholung kann eine Performance an Eindringlichkeit und Druck verlieren. Viele große Produktionen von Motown bis zu Kurt Cobain leben von der Eindringlichkeit der ersten Takes.

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