In Zeiten großer Onlineshops und gewinnoptimierter Großkonzerne sind kleine, charmante Läden eine echte Seltenheit geworden. Im Laufe der Jahre musste so mancher Tante-Emma-Laden oder die gemütliche kleine Buchhandlung den Filialen der Marktriesen weichen. Und selbstverständlich macht diese Entwicklung auch vor dem Musikmarkt nicht halt. Dass es trotzdem auch anders geht, zeigen die immer noch vorhandenen kleinen Traditions-Geschäfte wie der Professional Drum Shop im Herzen von Hollywood, der seit über 50 Jahren quasi als gallisches Dorf den amerikanischen Musikgiganten gegenüber steht.
Eröffnet wurde der Laden 1959 von Bob Yeager, und er sieht noch heute ziemlich genau so aus wie damals. Yeager, seines Zeichens Jazzdrummer in unterschiedlichen Bands, kam 1953 nach Los Angeles, nachdem er seine New Yorker Band verlassen hatte. „Wenn man schon als Musiker verhungert, dann wenigstens bei gutem Wetter“, sagte er einst und verließ die Ostküste. Zunächst arbeitete er in Remo Bellis Laden „Drum City“, der jedoch mit dem wachsendem Erfolg der Remo-Felle geschlossen wurde, da sich Belli voll auf die Entwicklung und Produktion der Felle konzentrieren wollte. Bob Yeager fand eine Immobilie auf der Vine Street, genau gegenüber der Musicians Union gelegen, die ideal für einen Drumshop war. Zur Eröffnung Ende der Fünfzigerjahre hatte der Laden lediglich ein paar Drumsets, Sticks und Becken im Sortiment, wurde aber schnell zu einem Treffpunkt für Profimusiker, die Woche für Woche Freitags ihre Schecks für Aufnahme-Sessions bei der Musicians Union abholten und schließlich auf der anderen Straßenseite auf einen Drink im Professional Drum Shop einkehrten. Nach kurzer Zeit wurde der Laden zu einer regelrechten Jobbörse, da Produzenten und Komponisten wussten, dass sie dort die Top-Drummer LA’s treffen und engagieren konnten.
Neben seiner Tätigkeit als Geschäftsführer spielte Bob Yeager weiterhin in verschiedenen Bands und auch auf verschiedenen Film-Soundtracks der damaligen Zeit. So ist er unter anderem auf den Hollywood-Klassikern „Doktor Schiwago“ und „Die glorreichen Sieben“ zu hören. Yeager galt als offener, lustiger Charakter, der jedoch im Umgang mit den großen Firmen aggressiv versuchte, günstige Preise auszuhandeln, um Profis und Amateuren den besten Deal anbieten zu können. Als die Beatles 1964 die „British Invasion“ in der amerikanischen Musikkultur lostraten, boomte das Geschäft, und der Professional Drum Shop bescherte Ludwig Drums den bis dahin größten Auftrag der Firmengeschichte. Innerhalb eines Jahres sollten 365 Drumsets nach LA geliefert werden. Während dieser Zeit wurden teilweise 20 Schlagzeuge pro Woche verkauft, was hin und wieder dazu führte, dass der Shop wie geplündert aussah.
Besonders beliebt war der Laden jedoch nicht nur wegen seiner gemütlichen Atmosphäre, sondern auch wegen der Werkstatt, die sich nicht nur auf Reparaturen beschränkte, sondern auch Konzepte und Ideen der Session-Drummer realisierte. Das wohl bekannteste Projekt aus der Zeit der Sechziger war Hal Blaines „Octaplus“-Drumset. Anfangs noch mit Timbales bestückt, waren es Bob Yeager und seine beiden Stiefsöhne, die Hal Blaine ein rollbares Concert-Tom Set aus sieben Fiberglass-Kesseln mit Ludwig Hardware bauten, das eindrucksvolle Tom Fills auf Songs wie „Indian Reservation“ von Paul Revere & The Raiders möglich machte. Doch nicht nur neue Instrumente wurden in der hauseigenen Werkstatt umgesetzt, selbst die Schlagwerker der LA Philharmonics vertrauten auf Yeagers Handwerkskunst beim Herstellen von Naturfellen für Pauken und Reparieren von Percussion-Instrumenten, und auch heutzutage bestellen Studiodrummer wie Victor Indrizzo dort Ziegenfelle, die auf Drumsets einen sehr speziellen Sound produzieren. Sound-affine Drummer wie Jay Bellerose oder Jim Keltner geben im Professional Drum Shop regelmäßig Percussion-Einzelanfertigungen oder spezielle Besen in Auftrag, um ihre Soundpalette zu erweitern.
Die heutigen Besitzer, Stan und Jerry Keyawa, arbeiteten zum ersten Mal im Sommer 1967 im Laden ihres Stiefvaters und erinnern sich gerne an die Zeit, als Buddy Rich oder Gene Krupa regelmäßig neue Instrumente im Shop ausprobierten oder Legenden wie Max Roach, Louis Bellson oder Papa Jo Jones Drum Clinics veranstalteten. „Wir haben irgendwann unserem altmodischen Vater beigebracht, dass Kreditkarten die neue Art der Zahlung sind. Irgendwann war mal die Karte eines Kunden nicht gedeckt, und er machte uns die Hölle heiß. Wir mussten daraufhin immer bei den Kreditunternehmen anrufen und nachfragen, ob die Karten in Ordnung waren. Ein paar Tage später kam Jim Keltner mit George Harrison vorbei, der Ringo Starr ein Geburtstagsgeschenk kaufen wollte. An der Kasse zückte er eine Kreditkarte. Mein Vater guckte uns grimmig an, und seitdem mussten wir nie wieder Kontrollanrufe tätigen“, sagt Stan Keyawa mit einem Lächeln. 1986 erkrankte Bob Yeager an Krebs und verstarb ein Jahr später. Seitdem führen seine beiden Stiefsöhne den Laden.
Ganz im Gegenteil zur Eröffnung mit spärlichen Inventar, ist der Laden heute bis unter die Decke mit Schlagzeugen und Percussion gefüllt und mittlerweile eine Mischung aus Museum und Drumshop. Neben alten Vintage Drums, verschiedensten Snares, handgefertigter Percussion und einigen neuen Schlagzeugen thront ein originales Drumset von Buddy Rich sowie das erste jemals im Shop verkaufte Schlagzeug. Überall hängen alte bedruckte Bassdrum-Felle der Stars mit Widmungen, Danksagungen und Autogrammen. Der Professional Drum Shop ist einen Besuch wert, und mit etwas Glück trifft man dort auch die eine oder andere Drumming-Ikone.
Weblink: www.prodrumshop.com