Softube Drawmer 1973 Test

Vor nicht allzu langer Zeit haben wir den Softube Drawmer S73 getestet, ein Mastering-Plug-In mit minimalen Regelmöglichkeiten. Nur weil es dort relativ wenige Einstellmöglichkeiten gab, bedeutete dies im Umkehrschluss aber nicht, dass das im Hintergrund stattfindende Processing ebenfalls simpel war. 

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Im Gegenteil, denn auch bereits dieses Plug-In basierte auf speziellen Einstellungen des Hardware Dreiband-FET-Stereokompressors Drawmer 1973. Unser heutiger Testkandidat – welch Überraschung – bietet die vollständige Emulation und trägt sogar den offiziellen Namen.
Zeit den Softube Drawmer 1973 unter die Lupe zu nehmen und zu schauen, wie einfach sich das Thema Multi-Band-Kompression mit ihm umsetzten lässt!

Details

Kompatibilität und Verfügbarkeit

Der Softube Drawmer 1973 ist ein Plug-in für die Betriebssysteme Microsoft Windows und Mac OSX. Es unterstützt die Schnittstellen VST/VST3/AU/AAX/RTAS, für Windows liegt das Modul als 32- und 64-Bit-Variante vor.

Das Vorbild und die drei Bänder

Das Softube Plug-in emuliert den Drawmer 1973 Multi-Band FET Stereo Compressor, hält sich optisch aber nicht zu 100% an dessen Layout. Beim Original handelt es sich um drei unabhängige FET-Kompressoren, die durch zwei Frequenzweichen mit 6 dB Flankensteilheit getrennt werden. Der Regelbereich lässt eine Aufteilung zwischen 50 Hz bis 1,3 kHz sowie zwischen 1 kHz bis 14 kHz zu.

Fotostrecke: 2 Bilder Softube Drawmer 1973: Drei Bänder, getrennt von zwei Frequenzweichen und mit den üblichen Kompressor-Settings versehen …

Jedes Band verfügt über eine Mute-, sowie On- und Bypass-Funktion. Das bietet gerade Einsteigern einen schnelleren Zugang, da sich die drei Bänder so auch komfortabel solo einstellen lassen. Hört man sich nämlich den Gesamtmix an, kann es durchaus anstrengend werden, feine Attack und Release Änderungen nachzuvollziehen.
Die Parameter der drei Bänder sind prinzipiell identisch: Threshold (-30 bis +20 dB), Gain (-5 bis +20 dB) sowie Attack (0,2 bis 50 ms) und Release (80 ms bis 1 s) mit jeweils sechs fixen Positionen. Diese Zeiten sollte man nicht auf die Goldwaage legen, denn die Attack-Zeit ist zum Beispiel vom Release abhängig. Release bietet ferner drei zusätzliche Stellungen mit programmadaptiven Zeitkonstanten. Pro Band gibt es außerdem eine LED-Kette mit acht Segmenten, um die Gain-Reduktion anzuzeigen.

„Big“ Bottom und „Air“ Top

Im Bass steht zusätzlich ein Sidechain-Lowcut zur Verfügung, der mit „Big“ betitelt ist. Lässt man den Bass etwas aus dem Steuersignal weg, pumpt der Bassbereich weniger, da die Kompression nun mehr von den Mitteninformationen bestimmt wird. Die „Air“-Option im Höhenband soll helfen, Höhen zu betonen, die bei heftiger Kompression gerne verloren gehen.

Abweichungen vom Original

Das Plug-in unterscheidet sich durch unwesentliche Änderungen der Anordnung einiger Parameter sowie des Output-Level-Meters vom Original. Das ist sinnvoll, denn Computer-Bildschirme sind eher weniger für den breiten Look klassischer 19-Zoll-Geräte geeignet. Einen Power-Schalter und einen globalen Bypass finden wir in der Emulation nicht, was zumindest den Bypass betreffend schade ist, da man so unter Umständen einen recht weiten Weg bis zum DAW-Bypass mit der Maus zurücklegen muss. 

Fotostrecke: 3 Bilder Die M/S-Funktion ist eine echt praktische Erweiterung des Funktionsumfangs. Hier im Bild die Mid-GUI …

Den Input-Regler der Software-Variante gibt es wiederum am Original nicht, er wird also dankend begrüßt. Die Softube-Jungs haben sich aber noch mehr einfallen lassen: Es gibt einen externen Sidechain für Ducking-Effekte und wir können den 1973 auch im Mid/Side-Mode nutzen. Wählt man entsprechend MID mit dem Mode-Schalter aus, werden folgerichtig die Controls für das Mittensignal angezeigt, wechselt man wiederum in SIDE zeigt das GUI die Parameter für das Seitensignal an. Wie das klingt, hören wir uns im Praxisteil an.
Ein Dry/Wet-Regler für Parallelkompression und ein Output-Regler – wie beim Original –komplettieren die Bedienelemente.

Praxis

Allgemeines

Die Installation von Softubes Drawmer 1973 ist gewohnt unkompliziert. Wie alle Softube Plug-ins ist auch der Drawmer 1973 per iLok geschützt. Ein Dongle ist nicht zwangsweise nötig, alternativ lässt sich das Plug-in auch lokal auf dem Computer autorisieren. Wer bereits mit Multiband-Kompressoren gearbeitet hat, wird sich schnell mit der sehr übersichtlichen GUI des Drawmers anfreunden. Dank der relativ großen Regelbereiche kann man ein breites Spektrum an Verdichtungen vornehmen, die von dezent-chirurgischen Eingriffen bis zu drastischer Kompression reichen.
Hier ein kleines, exemplarisches Video, welches den Drawmer in Action zeigt:

Plätten mit FET-Charakter

Der FET-Sound der Hardware ist im Plug-in nachvollziehbar, wenn auch wegen der leichten Softknee-Abstimmung eher dezent. Mit drastisch kurzen Regelzeiten können durchaus aggressive Sounds geschaffen werden, längere Attacks wiederum bringen ordentlich Knack und Punch auf das Signal. Dank Parallelkompression sind der Kreativität ohnehin kaum Grenzen setzt. Für richtig brutale Sounds gibt es meiner Meinung nach aber dennoch bessere Kompressoren, genau wie für das DeEssing.

Fotostrecke: 7 Bilder Drums – Knack 1
Audio Samples
0:00
Drums – Dry Drums – Knack 1 Drums – Knack 2 Drums – Slammed Bass – Dry Bass – Mid Compression Bass – Big On Bass – Big und Air On Vox – Dry Vox – Light de-essing

M/S-Flexibilität

Die Stärke dieses Kompressors liegt eher in der dezenten, unauffälligen Verdichtung. Er eignet sich daher vor allem fürs Mastering und den Einsatz auf Gruppen. Die Mitte/Seite-Fähigkeit der Software unterstreicht diese Ausrichtung. So lassen sich beispielsweise die Mitten für mehr Durchsetzungsfähigkeit stärker verdichten, während man die Seiten-Signale für mehr Luftigkeit unangetastet belassen kann. 

Fotostrecke: 2 Bilder Hier meine Einstellungen für das Song Beispiel, wobei ich noch etwas SSL EQ nach den beiden 1973 Instanzen genutzt habe. Hier seht ihr die Einstellungen für das Mittenband der wichtigsten 1973 Instanz …
Audio Samples
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Song – unbearbeitet Song – 1173 M/S, 1173 Stereo, SSL X-EQ

Auch die Big- und Air-Funktionen liefern klangliche Abstufungen, wobei mir letztere zu stark zu Werke geht. Auch wirken die Höhen nicht ganz so edel, wie ich es beispielsweise von meinem Tube-Tech SMC2B kenne. Der ist aber auch Hardware und hat Röhren im Signalweg – insofern ist das kein fairer Vergleich. Ich ziehe ihn trotzdem, da ich keinen Hardwarevergleich zum 1973 habe. Dennoch: Eine zusätzliche Möglichkeit der Regelung des Air-Parameters hätte dem Plug-in gut gestanden.
Für die Big-Funktion hätte ich mir mehr Flexibilität im Sidechain gewünscht – und zwar direkt vom Plug-In aus – sprich ein zusätzliches, eingebautes und vor allem stufenloses Filter für den Sidechain. Sicherlich, mit etwas Routing-Wahnsinn von der DAW aus kann man das umgehen – aber warum kompliziert, wenn es auch einfach gehen könnte?!

Fazit

Der Softube Drawmer 1973 ist ein umfangreicher Multiband-Prozessor, der trotz der vielen Regler immer noch einfach zu bedienen ist. Das hat schon dem Hardware-Original zu guten Verkaufszahlen verholfen. Das Plug-in geht dank Sidechain und M/S-Mode sogar ein ganzes Stück weiter als das physische Pendant und bietet damit einen deutlichen Mehrwert. Im Gegensatz zum vergleichsweise stark eingeschränkten S73 kann unser Testkandidat durchaus als „Must-have“ bezeichnet werden.

Pro
  • Einfache Bedienbarkeit
  • Vielseitiger Klang
  • Dry/Wet-Regler
  • M/S-Mode
  • external Sidechain
Contra
  • Air-Funktion nicht regelbar
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Features
  • in enger Kooperation mit Drawmer entwickelt
  • Klangqualität des analogen Klassikers exakt nachmodelliert
  • Drei unabhängig bedienbare Frequenzbänder (Low / Mid / High)
  • präzise Dynamik-Kontrolle der einzelnen Frequenzbänder
  • zusätzlicher Mid/Side Modus
  • zusätzliche Sidechain-Funktion
  • Parallel Kompression
  • kein iLok USB-Key erforderlich
  • Software: English
  • Manual: English
  • Formate: VST/VST3/AU/AAX Nativ, Mac min. Voraussetzung Mac: Intel Core Duo, AMD 64 X2, 4 GB RAM, Mac OS X 10.7, 32/64 Bit, PC min. Voraussetzung Win: Intel Core Duo AMD 64 X2, 4 GB RAM, Windows 7 (32/64 Bit), 32/64 Bit
Preis
  • EUR 211,- (UVP)
Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • Einfache Bedienbarkeit
  • Vielseitiger Klang
  • Dry/Wet-Regler
  • M/S-Mode
  • external Sidechain
Contra
  • Air-Funktion nicht regelbar
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Softube Drawmer 1973 Test
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Profilbild von Felix Klostermann

Felix Klostermann sagt:

#1 - 31.03.2016 um 12:23 Uhr

0

Kleiner Nachtrag: Es gibt doch eine Solo-Funktion für die Bänder. Wenn ihr auf das Wort "Status" mit gehaltener Shift-Taste clickt, werden die anderen beiden Bänder gemutet. Den entsprechenden Kritik-Punkt habe ich deshalb entfernt. Beste Grüße,
Felix

Profilbild von Spankous

Spankous sagt:

#2 - 05.01.2019 um 12:03 Uhr

0

Hmm. Eine lösung (wenn auch nicht die eleganteste ) zwecks "Air Funktion" dosierung fällt mir da ein. Da Softube vorschlägt mehrere instanzen vom s73 seriel einzusetzen, könnte man ja auch den 1973er so einsetzen. Also eine instanz nur für die "Air" funktion nehmen und diese via Wet-Dry regeln. Ja ist nicht die beste lösung aber machbar. Das ist die wunderwelt der Plugins :-)

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