VGS RT-10 Root Natural Satin Test

Die VGS RT-10 im bonedo-Test – Die VGS RT-10, die sich zum aktuellen Test eingefunden hat, ist ein Instrument aus dem Line-Up von VGS, einer zum deutschen Musikalien-Großhändler GEWA gehörenden Marke. Unter besagtem Label versammeln sich insgesamt sechs Serien mit unterschiedlich ausstaffierten Akustikgitarren, unter anderem Dreadnoughts, Jumbos und Grand Auditorien, in zum Teil relativ weiten Preisbereichen. Besonders geschätzt wird unter Akustikgitarristen die formschöne Dreadnought, die inzwischen von nahezu jedem Hersteller produziert wird. 


Auch deshalb setzt sich unsere Kandidatin einem besonders großen Konkurrenzdruck aus. Die Dreadnought VGS RT-10 aus der Root Serie ist eine vergleichsweise preiswerte Vollakustikgitarre ohne Elektronik, die eigentlich für den fortgeschrittenen Einsteiger konzipiert wurde – erstaunlich ist bei diesem Preis noch, dass das Instrument in Europa gefertigt wurde. Was sie wirklich kann, wird unser Test zeigen.

Details

Das Original von Martin mit seiner unverkennbaren Form, den eckigen Schultern und der breiten Taille hat schon längst einen Ehrenplatz auf dem Akustikgitarren-Olymp erobert. Auch die Abmessungen unserer Kandidatin bleiben im grünen Bereich der Martin-Norm. Geringfügige Abweichungen am Unterbug (ca. 0,6 cm breiter) und am Oberbug (ca. 0,6 cm weniger „Oberweite“) fallen da kaum ins Gewicht. Auch an der Taille hat sich unsere Flachschulter vergleichsweise nur wenig (ca. 0,4 cm) verbreitert. Einen Cutaway hat man ihr nicht spendiert, weshalb sich in erster Linie Picker und Strummer angesprochen fühlen dürften.

Fotostrecke: 3 Bilder Bekannte Form: Martin hat’s vorgemacht.

Ins Auge fällt unweigerlich die seidenmatt polierte massive (europäische) Fichtendecke, die hell goldgelb erstrahlt. Die beiden Deckenplatten vermitteln ein vollkommenes Gleichgewicht mit dunklen symmetrischen Maserungen, den Verlauf der Nahtstelle in der Mitte kann man nicht einmal erkennen. Mit einem selbstklebenden Schlagschutz, der im Lieferumfang enthalten ist, sollte man diese schöne Decke unbedingt nachrüsten. Eine einfache Kunststoff-Schalllochverzierung umrundet das Schallloch, das mit ca. 10,2 cm Durchmesser vergleichsweise etwas größer ausfällt. Drei konzentrische Ringe bilden dabei eine schlichte Verzierung und korrespondieren optisch mit einem schwarz-weißen Streifen, der rundum dezent den Deckenrand verziert. Mehr Schmuckwerk, z.B. Einlagen aus buntem Abalone oder Perlmutt, braucht unsere Blondine aber nicht.

Fotostrecke: 5 Bilder Fichtendecke und Palisanderbru00fccke der VGS

Die aufgeleimte VGS Avalanche-Bridge, ein konturierter Saitenhalter aus dunkelbraunem Palisander mit einem „Zapfen“ am Unterbauch, hat ein originelles, sehr schönes Design erhalten. In der Fräsung ruht ein einteiliger, längenkompensierter Steg aus Bonoid, einem Werkstoff, der in seiner Konsistenz Ähnlichkeit mit Tusq hat, einem Material, das von der amerikanischen Firma Graph Tech entwickelt wurde. Ein hoher Glasanteil soll einen positiven Einfluss auf die Übertragung von Obertönen ausüben. Eine höhen- oder längenverstellbare Brücke gehört deshalb hier nicht hin, zumal die Intonation auf ganzer Länge stimmt. Auch die B-Saite bleibt „in tune“, weil die Stegeinlage an dieser Stelle der B-Saite mit einer „Nase“ ausgestattet wurde. 
Das sind die Merkmale, die unsere Kandidatin zu bieten hat. Ansonsten präsentiert die Gitarre ein traditionsbewusstes Erscheinungsbild, das sich eben am Outfit der klassischen Martin-Dreadnought orientiert. Selbstverständlich werden auch die Saiten „klassisch“ mit den Ball-Ends und schneeweißen Pins am Saitenhalter arretiert. 

Der Boden aus Mahagoni ist aus zwei Teilen zusammengefügt.  Die Maserungen mit Farbnuancen zwischen dunklen und hellen Partien vermitteln auch hier ein symmetrisches Erscheinungsbild. Einen rückseitigen Zierspan benötigt die Konstruktion nicht, denn die Nahtstelle wurde gekonnt kaschiert. Das cremefarbene Binding verbindet rundum die Boden- und Deckenhälften mit den beiden Zargen aus Mahagoni.
Bei seitlicher Betrachtung sind die Zargen im Bereich der Gurthalterung (12 cm) etwas tiefer als im Bereich des Halsfußes (10 cm). Daraus ergibt sich eine leichte Profilverjüngung von zwei Zentimetern, die das Handling und die Bespielbarkeit bei großen Gitarren spürbar erleichtern kann. Im Allgemeinen sind die Höhenunterschiede aber beim Original von Martin geringfügig größer – 2,6 cm beispielsweise bei der D-28. Dieser massige Resonanzkörper sollte einen satten Sound an die frische Luft setzen. Ob dieser Ton mit dem typischen „Sound“ der echten Dreadnought verwandt ist, werden wir noch hören.

Fotostrecke: 3 Bilder Die Zargenhu00f6he der RT10 nimmt zum Hals hin ab.

Wir werfen einen Blick durch das große Schallloch. Schnell wird klar, dass der Hersteller die Dreadnought nicht neu erfunden hat. Die Rezeptur sollte auch hier Wirkung zeigen. Ein relativ wuchtiger Halsblock aus Mahagoni ist stabil mit den Zargen, dem Boden und der Decke verleimt. Auch der spitze Halsfuß wurde (von außen) mit dem Halsblock verzapft und verleimt. Mit der bewährten Schwalbenschwanzkonstruktion kann der Hals auch noch nach Jahren der Zugkraft der Stahlsaiten widerstehen. Die dünne Fichtendecke ist mit einem bewährten X-Bracing unterbaut, wobei die beiden gekreuzten Leisten die Decke wirksam vor Verformungen durch den Saitenzug schützen. Weil die Spannung im Bereich des Saitenhalters am größten ist, tangieren die Ausläufer direkt die Enden und wirken dort stabilisierend. Vier dünne Querbalken am Boden sorgen dafür, dass sich die Bodenhälften nicht voneinander ablösen. Einen zusätzlichen Bodenmittelstreifen braucht es an dieser Stelle nicht, da es sich nicht um einen massiven Boden handelt und die Leimnaht innerlich durch das Querfurnier des Bodens gehalten wird. Ein dünner Holzstreifen verbindet Boden und Decke mit den Zargen, eine Konstruktion, die sich im Gitarrenbau im unteren Preissegment immer mehr durchsetzt. Auf die obligatorischen Reifchen, die in der Regel (und bei der echten Dreadnought) am Boden- und Deckenrand einen Ring aus keilförmig gesägtem Holz bilden, wird mehr und mehr verzichtet. 

Das Palisandergriffbrett muss – bis auf den 12. Bund – ohne Bundmarkierungen auskommen.

Das Griffbrett aus Palisander ist ohne Ecken und Kanten auf dem dünnen Hals aus Mahagoni verleimt. Palisander, wesentlich preiswerter als Ebenholz, ist ziemlich verwindungssteif, doch es nutzt schneller ab als das teure Ebenholz. Der Einsteiger, der oft nur wenige Jahre mit dem ersten Instrument verbringt, sollte deshalb zuerst einmal den Preisvorteil mitnehmen. Das Griffbrett ist nicht eingebunden und nicht lackiert, aber auch die teuren Originale von Martin kommen ohne Lackierung und (nicht selten) ohne Binding bestens klar. Eine sanfte Griffbrettwölbung schützt die Gelenke der Finger vor Überstreckungen vor allem bei großen Barrégriffen. 20 Bünde mit schmalen Kronen sind sauber abgerichtet und poliert. Ein Vibrato verursacht deshalb nirgends Kratzgeräusche. Bundmarkierer gibt es auf dem Griffbrett nicht, lediglich die Oktave wird von einem originell gestylten Inlay hervorgehoben. Der Musiker, der hauptsächlich im Sattelbereich unterwegs ist, wird diese Orientierungshilfen deshalb auch kaum vermissen. Trotzdem kann man in den oberen Lagen sicher auf dem Griffbrett navigieren, denn auf der Griffbrettkante befinden sich gut sichtbare kleine, weiße Punkte. Auch bei harten Anschlägen ruhen die Saiten tief und sicher in den Sattelkerben, die in den sauber eingesetzten Bonoid-Sattel geschnitten sind. Dessen Standardbreite von 4,3 cm findet er in der Regel auch auf seiner E-Gitarre vor. Der Neck Joint befindet sich hier wie bei Westerngitarren üblich am 14. Bund. Den dünnen Hals mit einem Umfang von nur elf Zentimeter am Sattel und 13 cm im zehnten Bund kann auch eine kleinere Hand komfortabel greifen, wobei ein eingelegter Stahlstab diesem „Dünnbrett“ die nötige Stabilität verleiht. Der eingelegte Truss Rod ist natürlich auch für das Einstellen der Halskrümmung zuständig, die entsprechende Mutter befindet sich im Schallloch. Allerdings besteht bei unserer Kandidatin (noch) kein Handlungsbedarf, da die Gitarre werkseitig korrekt eingestellt wurde.  Drückt man die dicke E-Saite im ersten und zwanzigsten Bund gleichzeitig hinunter, bleibt gerade noch ein kleiner Luftraum zwischen der Bundkrone und der E-Saite, der im 7. Bund bzw. 8. Bund am größten ist. So soll es sein. Auch der Halswinkel stimmt bei diesem Modell. Bei einer Westerngitarre wird der Hals in einem sehr flachen Winkel von 0,5 bis 0,75 Grad vom Korpus weggeführt. Daraus ergibt sich hier ein Höhenabstand von 0,3 cm (im ersten Bund) und 0,6 cm (im zehnten Bund). 

Fotostrecke: 3 Bilder Kommt bestens eingestellt: Hals der VGS.

Die Kopfplatte setzt sich mit einem originellen Design optisch vom Original ab. Sie wurde leicht angewinkelt am Hals angesetzt, um die Saitenspannung und den Anteil der Obertöne zu erhöhen. Über den Sattel laufen die Saiten weiter zu den sechs verchromten geschlossenen Mechaniken, die beidseitig an der Kopfplatte befestigt sind. Ein schwarzes Kopfplattenfurnier wertet das Instrument weiter auf. Hals, Halsfuß und Kopfplatte – alles separate, miteinander verleimte Komponenten – bestehen aus Mahagoni und sind seidenmatt lackiert.

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