TC Helicon VoiceLive Rack Test

Das VoiceLive Rack ist ein Multieffektgerät von TC Helicon, der kanadischen Schwesterfirma von TC Electronic aus Dänemark. Seit geraumer Zeit versorgt TC Helicon die Welt mit allerlei Helferlein rund um die menschliche Stimme. Im Mittelpunkt stehen bei den verfügbaren Geräten im Regelfall Tonhöhen-Korrektur und Chorstimmen-Generierung. Zwar gilt “Autotune” von Antares als das erste (und lange Zeit auch beste) System dieser Art, doch hat auch TC Helicon heute einen sehr guten Ruf und eine hohe Verbreitung. Und wie so häufig bei jungen Technologien, haben auch die Kanadier im Laufe der Zeit eine gewisse Auffächerung in der Produktpalette vorgenommen.

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Die kleinen und preiswerten Bodentreter-Bausteine VoiceTone haben wir schon eingehend untersucht. Ein jüngerer Spross der Stimmenspezialisten ist das VoiceLive Rack, welches sich trotz “Live” im Namen auch als Komplettpaket für den Studio-Einsatz versteht. Man findet in diesem Gerät neben Preamp und Pitching-Algorithmen auch alle weiteren notwendigen Effekte in einem 19”/2HE-Gerät.

DETAILS

TC-Geräte haben immer ein kühles Design, welches gerne als zeitlos, unauffällig und spartanisch bezeichnet wird. So ganz kann ich nicht in allen Punkten zustimmen, vor allem, wenn ich das Rack vor mir betrachte: Klare Zitate an die auslaufenden 1970er und frühen 80er Jahre sind hier zu finden, das Stichwort lautet “Disco”. Nun, Geschmackssache. Schön ist, dass durch die eindeutige Farbgebung und die einfache Konturierung eine klar zu verstehende Bedienoberfläche entsteht. Die Schaltflächen, die man backbord und steuerbord neben dem großen Display erkennt, sind eigentlich keine: Es sind Berührungsflächen. Links befinden sich Input-Einstellungen, der Einstieg ins Setup-Menü und Speicherfunktionen. Unter diesen gibt es den “Wizard”, dessen Hexenkunst aber eigentlich recht profan ist, denn dahinter verbirgt sich eine Art Suche mittels Tags. Nicht, dass ich mich hier zu sehr darüber lustig machen will – das ist ganz schön praktisch!

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Rechts erhält man die Möglichkeit, verschiede Bearbeitungsbereiche des VoiceLive Rack zu aktivieren oder deaktivieren sowie – durch einen langen Druck auf die Fläche – an die zugehörigen Einstellungen zu gelangen. Neben Pitch-Correction und Harmony-Funktionen sind das auch übliche Effekte wie Delay, Reverb, EQ und Dynamics. Dass die Effektsektion nicht nur Beiwerk ist, zeigt nicht zuletzt die prominente Tap-Taste für das Delay.

Der mittige, große Endlosdrehgeber ist flankiert von zwei Navigationstasten-Pärchen, mit denen im großen, blau beleuchteten LC-Display in der X- und Y-Achse navigiert werden kann. Vier weitere kleine Rotary-Encoder unterhalb der Anzeige stellen die über ihnen angezeigten Parameter ein.

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Im Bereich Connectivity schöpft das Helicon-Gerät aus dem Vollen, alleine eingangsseitig ist die Liste lang: Neben Line-Signalen über eine symmetrische Klinke können Gitarren- und Mikrofonsignale in das Gerät gespeist werden, zudem gibt es einen elektrischen S/PDIF-I/O (leider kein AES/EBU) und einen 3,5mm-Stereo-Aux-Eingang. Während letztgenannter Input kein wesentliches Processing erfährt, laufen Line- und Mikrofonsignal durch das Herz des Geräts. Dass hier zwischen Line und Mic gewählt werden kann, ist sinnvoll, denn auf die Preamp-Auswahl möchte man kaum verzichten, außerdem wird das VoiceLive Rack im Studiobetrieb sicher oft im Off-Tape-Einsatz verwendet werden. Die 48V-Speisespannung ermöglicht übrigens den Anschluss von Kondensatormikros. Das Gitarrensignal dient der Vorgabe des Harmoniegerüsts, an dem sich die Tonhöhenkorrektur und die Chorstimmen ausrichten. Über den Thru flutscht das Signal wieder aus dem TC hinaus. Je zwei XLR- und Klinken-Ausgänge tragen entweder Mono- oder Stereosignale oder bei Bedarf Dry und Wet getrennt. Ups, uh, ah, fast vergessen: Vorne findet man noch einen Kopfhöreranschluss! “Finden” ist hier kein falsch gewähltes Verb, denn es setzt entweder zufälliges Entdecken oder eine Suche voraus. Suchen muss man diese Buchse bisweilen deshalb, weil sie als Miniklinkenbuchse eben mini ist. Warum bei professionellen Geräten nicht immer vernünftige, haltbare 6,3mm-Buchsen verbaut werden, hat sich mir noch nie erschlossen und wird es auch nicht.

Immer praktisch, ausreichend preiswert und einfach zu konfigurieren ist es, wenn Parameter auf ein Pedal gelegt werden. Dessen Anschluss-Buchse hat es sich ebenfalls auf der Rückseite bequem gemacht. Gut, dass es nicht ausstirbt: Eine umfangreiche Integration ermöglicht die Steuerung vieler Funktionen und Parameter über MIDI. Diese Datenschnittstelle ist in ordentlicher Ausführung an Bord, nämlich mit In-, Thru- und Out-Buchse. Was bei vielen Geräten beim zweiten Hinsehen für Enttäuschung sorgt, ist hier glücklicherweise vernünftig gelöst und vollständig integriert, denn über die USB-Schnittstelle können nicht nur Systemverwaltungen, Updates und dergleichen getätigt, sondern auch Audiodaten in beide Richtungen übertragen werden. Anschlussmäßig gehen also beide Daumen nach oben. Die absolute Höhenluft dürfen die Daumen aber nicht schnuppern, denn ein externes Steckernetzteil schmälert die Professionalität doch etwas. Es gibt aber deutlich Schlimmeres auf dieser Welt.  

Wer das Paket mit dem VoiceLive Rack öffnet, dem fällt auch eine zylindrische Tasche in die Hände, deren Reißverschluss ein dynamisches Mikrofon namens MP-75 freigibt. Wirklich außergewöhnlich ist an dem Nierenmikrofon eigentlich nur, dass ein kleiner blauer Taster eingebaut ist, mit dem Funktionen des Rackgeräts an- oder abgeschaltet werden können. Das ist mehr als reine Spielerei, denn je nach Preset kann man an bestimmten Stellen im Song Begleitstimmen hinzufügen, im Refrain das Reverb oder im A-Capella-Teil die Tonhöhenkorrektur ausschalten oder am Phrasenende der langkettigen Delay-Spielerei freien Lauf lassen. Schaut man sich diese Möglichkeiten sowie die Tatsache an, dass ein Bühnenmikrofon zum Lieferumfang gehört, muss ich erneut nachfragen, wieso TC Helicon das VoiceLive auf der Homepage als Studio-Gerät klassifizieren. Wegen des USB-Anschlusses? Nun ja, Namen sind nur Schall und Rauch. Dann will ich im Praxisteil mal überprüfen, ob sich schallmäßig meine hohen Erwartungen an diesen Apparat nicht in Rauch auflösen…

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ZeroXdrifting sagt:

#1 - 21.10.2012 um 20:43 Uhr

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Danke für den Kommentar. Da ich Fan bin von Micky Mouse und Hamster/Chipmunks-Stimmen, bin ich sehr an diesem Gerät interessiert. Auch Echos und Delay interessieren mich. Der Preis allerdings ist nicht ganz billig. Ich denke es wird mit „Studio“ betitelt, weil es für den Studiobedarf entwickelt wurde. Braucht ja auch eine gewisse Qualität um es z.B. auf Cubase zu bearbeiten. Der Pitching-Modus sollte von sehr hoch bis sehr tief möglich sein, damit man eben diese Stimmen bekommt. Und natürlich sollte damit auch gut aufgenommen werden können. Leider versperrt mir eine Werbung die volle Übersicht meiner Rechtschreibung. Aber für noch mehr Userinfos bin ich sehr dankbar.
Grüsse

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Tom sagt:

#2 - 08.02.2013 um 13:17 Uhr

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Mir gefällt der Modus im Bypass am besten! Wer so eine geile Stimme hat kann (im Natur-Modus)damit auch Live mit ein wenig Hall begeistern! Wer schon mal diverse Alleinunterhalter einen ganzen Abend mit Gesang und der sterilen Erzeugung von Mehrstimmigkeit ertragen musste, versteht mich ! Es wäre für mich lediglich ein Spielzeug, dass ich ggf. mal in einer kleinen Phrase eines Pop-Songs einsetzen würde aber lieber würde ich das Geld anderweitig investieren. Diese Art-Modulation- Effekte gibt es auch als VST-Plug-In.

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AndersonMusicProduction sagt:

#3 - 17.08.2014 um 06:46 Uhr

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@Tom
Als VST Plugin? JA gibt es, ABER, nicht in so einer Qualität.
Da gibt es zwar Auto Tune, aber ist eher etwas für Roboter Stimmen oder Hard Tuning. UND, man muss erst mal fummeln.
Melodyne gibt es auch, auch hier, heisst es ARBEITEN, dass erspart man sich mit dem Voice Live Rack. Bei Melodyne liegt man dann auch bei 399. NA dann lieber schnellen zugriff ohne viel fummeln

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