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Gibson Les Paul Junior 1958 SVSB Test

Man kann die Les Paul Junior getrost als Gibsons Antwort auf die Fender Telecaster betrachten, die bekanntlich die erste industriell gefertigte E-Gitarre war. Nur mit dem Nötigsten ausgestattet, kostete die Junior bei ihrer Einführung um die 120 US$. Trotz alledem, oder vielleicht sogar genau deswegen, erfreut sie sich seit ihrer Einführung im Jahre 1954 großer Beliebtheit. Und daran hat sich bis heute nichts geändert.

Im Gegensatz zu ihrer “großen“ Schwester, der Les Paul, fehlen hier die Ahorndecke und die Humbucker, es gibt keine Bindings und die Decke ist nicht gewölbt. Wir haben es also im wahrsten Sinne mit einer “Brettgitarre“ zu tun.

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KONSTRUKTION

Die Junior besteht aus einem Stück Mahagoni, einem eingeleimten Mahagonihals und einem hauseigenen P90 “Dogear“ Singlecoil-Pickup in der Stegposition. Der Pickup wird von oben mithilfe zweier Schrauben auf dem Korpus befestigt.
Den P90 gibt es bereits seit 1946, allerdings fand er nicht die Verbreitung wie die klassischen Single-Coils oder Humbucker.

Wegen seiner Größe wird er oft für einen Humbucker gehalten – ein Irrtum, denn im Grunde handelt es sich bei ihm um einen waschechten Single-Coil, allerdings mit wesentlich mehr Output. 1957 wurde der P90 dann durch den allseits bekannten Gibson PAF-Humbucker ersetzt. Trotz alledem findet man den Tonabnehmer nach wie vor auf vielen Gitarren, da er einen Mittelweg zwischen Fenders Single-Coils und Gibsons Humbucker darstellt und gerade deshalb bei einer ganzen Reihe von Gitarristen sehr beliebt ist. Er ist nicht ganz so höhenlastig wie ein normaler Einspuler, hat aber die Mitten des Humbuckers. Einziges konstruktionsbedingtes Problem: Er brummt bei 50-60 Hz und ist störanfällig – so wie jeder normale Single Coil auch. So viel zum Thema P90.

Aber kommen wir zurück zu unserem Testobjekt.
Mit einem Gewicht von 3,1 kg hängt sie angenehm am Gurt. Unsere Kandidatin ist mit Nitrolack sehr dünn in “Satin Vintage Sunburst“ lackiert, sodass sich die Holzmaserung noch gut ertasten lässt. Erhältlich ist die Junior aber auch in “Satin Cherry“ und “Satin White“. Zum Vergleich: Auch in den 50er Jahren wurde die Gitarre nur in drei Farben angeboten. Damals waren es “Vintage Sunburst“, “Cherry Red“ und “TV Yellow“. Nitrolack wird mittlerweile wieder sehr gerne verwendet, da man ihm bessere Schwingungseigenschaften nachsagt. Diese Erfahrung habe ich im Übrigen auch gemacht und ich freue mich, dass er auch im günstigeren Preissegment wieder angewendet wird.

Auf dem Korpus finden sich weiterhin ein Volumen sowie ein Tone-Poti und zuguterletzt eine “Wraparound“-Brücke. Die Saiten werden also hinter dem Pickup in die Brücke eingeführt, um dann von oben wieder in Richtung Stimmmechaniken zu laufen. Dadurch schwingt die Brücke noch intensiver mit und überträgt die Schwingungen besser auf den Korpus. Diese lässt sich nur komplett justieren, einzeln kann man die Lage der Saiten nicht zur Einstellung der Oktavreinheit verändern. Das ist nicht weiter tragisch, denn bis auf die Saitenlage, die für meinen Geschmack etwas zu hoch geraten ist, wird die Gitarre nahezu perfekt eingestellt ausgeliefert. In Verbindung mit dem satten D-Profil des Halses – Gibson bezeichnet es als “traditionell“ – und dem aufgezogenen 10er Satz Saiten finde ich das Spielen allerdings nicht besonders komfortabel. Das lässt sich jedoch recht problemlos ändern, indem man einfach dünnere Saiten aufzieht oder den Abstand zum Griffbrett anpasst.

DER HALS
Der eingeleimte Mahagonihals ist ebenfalls mattschwarz lackiert, auch er auffallend dünn. Als Griffbrettmaterial dient Palisander, das schlicht und ergreifend mit weißen Punkteinlagen aus Acryl verziert ist. Die verwendeten Jumbobünde sind sauber eingesetzt und sehr vorbildlich an den Seiten abgerichtet. Die Verarbeitung ist generell hervorragend. Wie jede normale Les Paul kommt auch unsere Junior mit einer Gibson-typischen Standardmensur von 628 mm. Zum Vergleich: Bei Fender misst der hauseigene Standard 648 Millimeter.

Ebenfalls typisch für die Marke liegt der Zugang zum Halsstab auf der matt-schwarz lackierten Kopfplatte. Er wird durch ein Plastikstück in Form einer Glocke verdeckt, auf der in weißer Schrift „Junior“ eingraviert ist. In Sachen Mechaniken setzt Gibson bei der Gitarre auf geschlossene Gibson Deluxe Tuner, die ihren Dienst anstandslos verrichten und sich butterweich bedienen lassen.

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BESPIELBARKEIT UND SOUND

Die Gitarre ist gut ausbalanciert, im Sitzen wie auch im Stehen lassen sich alle Positionen am Hals problemlos erreichen. Wer auf schlanke Rennhälse steht, ist hier definitiv an der falschen Adresse. Satt füllt das D-Profil die Greifhand und man hat das Gefühl, eine wesentlich teurere Gitarre in den Händen zu halten. Trocken angespielt schwingt die Junior wunderbar, und der angeleimte Hals sowie die dünne Nitrolackierung tragen dazu nicht unerheblich bei. Insgesamt klingt die Paula sehr erdig, ist dabei aber auch schnell in der Ansprache. Im Gegensatz zur Fender Telecaster beispielsweise wirkt ihr Ton mittiger und kompakter – Mahagonihals und -korpus lassen grüßen. Ich bin sehr gespannt, was mich erwartet, wenn ich sie an den Verstärker hänge.

Zuerst einmal ein paar cleane Arpeggios.

Audio Samples
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Clean Arp.

Schön mittig und mit ordentlichem Output macht sich die Junior bemerkbar.
Hier lassen sich sehr charakteristische Cleansounds realisieren. Es kann so einfach sein, “Stones“-Klassiker nah am Original zu intonieren. Genau richtig für grundehrliche Retrosounds.

Auch im nächsten Beispiel tönt es mittenbetont aus den Speakern. Trotz ihrer schnellen Ansprache wirkt der Sound aber etwas verhalten, was durchaus seinen Reiz hat, nur eben nicht für authentische Countrybands.

Audio Samples
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Country Lick

Zeit, uns um die Zerrsounds zu kümmern. Los geht´s mit einem coolen Crunch:

Audio Samples
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Crunch Rhythm

Na also, das nenn’ ich mal ein amtliches Rockbrett! Die Kombination mit dem P90 Tonabnehmer erzeugt die klassischen Crunch-Riff-Sounds! Rotzig geht die Paula zur Sache, fast schon ungestüm macht sie sich den Weg frei und lädt zum jammen ein.Und genau das ist ja auch der Reiz am Rock´n´Roll: Es soll gerade nicht so poliert klingen, sondern ruhig Ecken und Kanten haben. Man merkt sofort, hier fühlt sich die Gitarre zuhause, das ist ihre Welt.

Und noch ein Beispiel im Crunch-Mode Ich habe die gleiche Einstellung am Verstärker verwendet wie im vorherigen Audio, jetzt aber das Plektrum zur Seite gelegt und mit den Fingern gespielt.

Audio Samples
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Crunch Achtel

Sehr schön, wie sich die Gitarre auf verschiedene Spielweisen einzustellen weiß. Schnell reagiert sie auf den Anschlag, Bässe sind zwar da, aber nicht überpräsent. Durch diese Spielweise kommen auf einmal ganz andere Höhenfrequenzen auf. Es scheint fast so, als hätte man der Junior eine zusätzliche Ahorndecke spendiert.

So überrascht es kaum, dass sich die Paula auch im härteren Zerrbereich pudelwohl fühlt.

Audio Samples
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Heavy Rhythm

Der P90 macht wie ein Single-Coil Platz für den Anschlag. Anschließend verdichtet er die Töne dann – ganz im Stile eines Humbuckers. Man hat das Gefühl, ein Kompressor wäre mit im Spiel, so sehr wird das Klangbild zusammengeschweißt.

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FAZIT
Kein Wunder, dass sich gerade heute wieder viele Gitarristen aus dem Rock- und Punkbereich für die Les Paul Junior entscheiden. Wie zum Beispiel Billie Joe Armstrong von Green Day, der sich sogar ein eigenes Modell auf den Leib hat schneidern lassen. Die Les Paul jr. liefert wirklich alles, was man von einer amtlichen Rockgitarre erwartet. Für jeden, der nur einen Pickup und keine Schnörkel braucht, ist diese Gitarre absolut zu empfehlen. Super Verarbeitung, tolle Sounds und ein unschlagbares Preisleistungsverhältnis.

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • Verarbeitung
  • Preis
  • Sound
  • Flexibilität
Contra
Artikelbild
Gibson Les Paul Junior 1958 SVSB Test
Für 598,00€ bei
Technische Daten Gibson Les Paul Jr. 1958
  • Korpus: Solidbody Mahagoni
  • Hals: Mahagoni mit D-Profil
  • Griffbrett: Palisander mit 22 Jumbobünden / Acryl-Punkteinlagen
  • Tonabnehmer: P-90 Steg
  • Elektronik: 1 x Volumen- und 1 x Tonregler
  • Brücke: Chrom Wraparound-Bridge, Tailpiece
  • Mechaniken: Vintage White Button
  • Gewicht: etwa 3,1 kg
  • Preis: 698,00
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