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Meinl String Cajon Test

Die Popularität der Cajons in der Pop/Rock-Welt ist für uns Schlagzeuger Segen und Fluch zugleich: Einerseits darf man bei Unplugged-Gigs endlich auch mitspielen, andererseits wird man seitdem aber auch bei jeder Gelegenheit, bei der nur der leiseste Verdacht besteht, man könnte eventuell bei einem Konzert Ärger mit den Nachbarn bekommen, dazu verdammt, sein Set zu Hause zu lassen und nur “…auf dieser Holzkiste …wie heißt die noch gleich?” – genau: Cajon zu spielen. Diese Wunderkiste wurde ursprünglich in Kuba und Peru “entwickelt”, wo sie sich von einer rudimentären Transportkistezu einem vollwertigen Begleitinstrument mauserte. Aus der Transportkiste wurde im Laufe der Jahre also ein recht ausgeklügeltes Percussion-Instrument, das zunächst auch nur als solches fungierte, etwa im Flamenco. Durch den snaredrum-ähnlichen Sound, der am oberen Rand der Holzschlagfläche entsteht, und den tiefen Bassklang der sich in der Mitte entfaltet, eroberte sich die Vollholz-Sitztrommel in jüngster Zeit, den Posten als Schlagzeugersatz in der Rock Pop Musik. Mit dieser kleinen Kiste kann man ideal Bassdrum und Snaredrum imitieren und somit set-orientierte Grooves spielen.

Wenn man vor einigen Jahren noch recht exotisch wirkte, brachte man zu einem Gig die rechteckige Tasche mit, gehört eine Cajon heute schon beinahe zur Grundausstattung eines Drummers. Aus diesem Grund sind auch viele Hersteller auf den Zug aufgesprungen und entwickelten Cajons in allen erdenklichen Ausführungen. Abgesehen von den Standard-Cajons wurden Bass-Cajons, Snare-Cajons und weitere, teils recht spezielle Cajons populär. Auch wurde mit verschiedenen Materialien und Farben experimentiert. Um auf den Ursprung des Instruments hinzuweisen, gibt es Designs, die es wieder aussehen lassen wie eine Transportkiste, dann gibt es extra gepolsterte Sitzflächen und auch Cajons, die eine Art Snareabhebung integriert haben, um sie dem Drumset noch ähnlicher zu machen.

Eine Firma wie Meinl, die seit 25 Jahren an einem möglichst vielfältigen und hochwertigen Percussionsortiment arbeitet, darf da als Anbieter für Cajons aller Art natürlich nicht fehlen – tut sie auch nicht. Es gibt wirklich ein beachtliches Sortiment an Cajons in verschiedenen Formen, aus verschiedenen Materialien und in diversen Designs im Katalog von Meinl Percussion. Mein Testinstrument entstammt der String-Cajon Serie und ist eine solide Standard-Cajon im Natur-Design mit einigen nützlichen Zusatzfeatures.

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Details

Das Format der Standard-Sitz-Cajons scheint kaum zu variieren. Inklusive der vier Gummifüße ist die String-Cajon 50 cm hoch, 30 cm breit und 30 cm tief: eine bequeme Sitzhöhe. Die Schlagfläche des Testkandidaten ist aus “Makah Burl”-Holz. Ein sehr schönes Detail ist, dass die Schlagfläche einige Nuancen dunkler ist als die restlichen Holzteile und man die grobe Maserung des Holzes herausgearbeitet hat.

Der Gummibaum-Korpus, der sich im Cajonbau schon lange und gut bewährt hat, ist auch in dieser Kiste akkurat verbaut. Die Sitzfläche ist mit einer dünnen Schaumstoff-Schicht gepolstert, was – das Auge sitzt mit – nicht sonderlich gemütlich-flauschig aussieht. Beim Testsitzen stellt sich aber heraus, dass diese dünne Schicht doch überraschend wirkungsvoll dämpft. Spätestens nach einem Abend auf einer ungepolsterten Cajon wird man die kleine Polsterung zu schätzen wissen. Hinten befindet sich wie bei jeder Cajon ein Schallloch, durch das nicht bloß ein Teil des Klanges entweicht, sondern durch das man das Innenleben des Instrumentes genau betrachten kann. In der senkrechten Säule ist ein kleines Loch in dem der Inbusschlüssel steckt, mit dem man die beiden Schrauben an der Unterseite der Cajon verstellen und somit die Spannung der vier Schnarrdrähte beeinflussen kann. Ein besonderes Feature der “String Cajon”-Serie ist das eingebaute „String Mute System“. An allen Enden der Drähte befinden sich kleine Dämpfer, die für einen kontrollierten Schnarreffekt sorgen und einen trockenen Sound verursachen sollen. Die Frontplatte ist mit 15 Schrauben am Korpus angebracht, von denen sich fünf am oberen Rand befinden. Durch Anziehen und Lösen gerade der oberen fünf Schrauben kann man den Sound und vor allem den „Crash-Effekt“ maßgeblich beeinflussen. Sowohl außen als auch innen scheint bei der String alles sehr sauber verarbeitet zu sein. Ein solide wirkendes Instrument, das einen edlen Eindruck macht.

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Praxis

Ohne großartig an den Justierschrauben zu drehen, versuche ich mal, wie das Baby – frisch ausgepackt – so klingt. Die Drähte sind erwartungsgemäß mittelstark gespannt, sodass der Snare-Effekt bei Spielen deutlich, aber nicht unkontrolliert zu hören ist. Alle Sounds, sowohl der Bass in der Mitte der Schlagfläche als auch die Snaresounds entwickeln sich sehr gut im Raum. Die Bässe klingen voll und satt, mit den Snaresounds kann man sehr variabel umgehen. Vom lauten Slap, mit dem man wohl einen Rimshot imitieren würde bis zum nach Rim-Click klingenden, leisen Fingertip. Wenn man die oberen Schrauben so justiert, dass ein etwas größerer Abstand zwischen Schlagfläche und Gehäuse entsteht, wird das „Click“ auch noch deutlicher. Mal sehen (bzw. hören), wie sie aufgenommen klingt.

Um alle Klang-Nuancen einzufangen, platziere ich drei Mikrofone. Ein dynamisches GroßmembranMikrofon am Schallloch, ein dynamisches Snare-Mikrofon am oberen Rand der Schlagfläche und ein Kondensator-Mikrofon in etwa zwei Metern direkt über der Cajon mir. Auf dem ersten Take nervt ein ziemlich dominantes Sirren. Ich nehme an, dass die Drähte ungleichmäßig gespannt sind und ziehe sie mit dem Inbusschlüssel ein wenig fester. Das Sirren ist weg. Zusätzlich klingt die Cajon jetzt aber auch erwartungsgemäß trockener. Dies ist der gleiche Effekt, wie wenn man bei einer Snaredrum den Teppich etwas fester spannt. Trotzdem, oder gerade wegen des neuen Sounds, klingt der erste Take sehr artikuliert und transparent.

Audio Samples
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Wenig Snaresound Mittelviel Snaresound Viel Snaresound Mit Besen gespielt Trocken

Die Sounds lassen sich deutlich voneinander unterscheiden. Ganz klar: Was man da hört, sind Bassdrum und Snaredrum. Man hört auch deutlich die Mischsounds, die sich ergeben, wenn man die Schlagfläche weder ganz am Rand, noch mit der flachen Hand in der Mitte trifft, sondern die Fläche dazwischen bespielt. Anschließend probiere ich verschiedene „Stimmungen” aus. Warum eigentlich die Anführungszeichen? Es wirkt zwar merkwürdig von „Stimmen“ zu sprechen, wenn die Schlagfläche aus Holz ist. Faktisch passiert aber genau das, wenn man an den so unscheinbaren Schräubchen herumdreht. Man kann zwar keinen Einfluss auf die Spannung der Holzplatte nehmen, sehr wohl aber auf die der Drähte, wodurch sich der Sound zwar nicht in der Tonhöhe verändert, aber maßgeblich im Sound. Als nächstes drehe ich die Spannschrauben also ein wenig lockerer, sodass man mehr Schnarren hören wird. Und siehe da: die Cajon klingt jetzt ein wenig weicher. Die Sounds bleiben ein wenig länger stehen und man hat das Gefühl, es passiert einfach ein wenig mehr. Ich möchte es auf die Spitze treiben und lasse sie durch nochmaliges Lockern der Drähte noch mehr schnarren. Interessanter Weise spielt man ganz anders, wenn die Cajon so klingt. Es dominieren die Scharrsounds so sehr, wie wenn man in einem Proberaum Schlagzeug spielt und von Snaredrums umgeben ist, die alle mitschnarren. Tatsächlich stelle ich mir mit dieser Stimmung die Begleitung zu einem unplugged gespielten Rocksong vor. Um die Verwirrung nun komplett zu machen, möchte ich die String Cajon jetzt noch mit Besen bearbeiten. Ein wirklich schöner Effekt! Wenn es die Lautstärkenverhältnisse auf einem Konzert zulassen, sollte man diese Klangfarbe einer Cajon im Kopf behalten. Die Holzfläche ist ideal, sowohl für Wischtechniken als auch für Schlagtechniken mit dem Besen. Besonders gut gefällt mir, wie sich der Bassanteil in einen Schlag hinzumischen lässt. Je weiter man in der Mitte spielt, desto bassiger wird der Klang.
Ich sprach im ersten Teil davon, dass man die Spannung der Holzschlagfläche nicht mit den Schrauben beeinflussen kann. Beim Spielen aber ist das durch die Ausübung von Druck auf die dünne Platte natürlich schon möglich. Entweder tut man dies mit einer Hand, die gerade nicht mit Spielen beschäftigt ist, oder aber man bedient sich einer anderen Technik. Mit einem entweder leicht- oder gar nicht beschuhten Fuß kann man sehr gut auch innerhalb von schnellen Wirbeln die Tönhöhe fließend verändern. Den letzten Take, für den ich die Cajon wieder sehr trocken stimme, widme ich meinem persönlichen Amüsement und vielleicht kann man ja an der einen oder anderen Stelle die eben beschriebene Technik raushören.

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Die im Meinl-Sortiment neuen String Cajons machen einen sehr guten Eindruck. Gute Verarbeitung  gepaart mit Features, die zeigen, dass die Entwicklung eines Instruments hauptsächlich durch praktische Spielerfahrung fortschreiten kann. So wurde bei den String Cajons nicht etwa die neueste Abhebung eingebaut oder zusätzliche Spielflächen erfunden oder sonstiger technischer „Schnickschnack“ beigefügt, der mehr oder weniger Sinn macht. Es wurde bloß altbewährtes so modifiziert, dass  die Soundqualität verbessert, das Klangspektrum vergrößert und zu guter Letzt auch die Spielfreude des Musikschaffenden gesteigert wird. Die gepolsterte Sitzfläche trägt ihren Teil dazu bei, genauso wie auch das neue Mute-System, das die sonst gern unbändigen Schnarrdrähte im Zaum hält. Die String Cajon lässt sich gut stimmen, das heisst der Schnarr-Anteil lässt sich gut regulieren. Sehr trocken gestimmt, kommen die Sounds sehr knackig und klar rüber und man kann sehr präzise und dynamisch vielseitig interpretieren. Mit mehr Schnarren im Klang wirkt der Sound lebendiger, mit sehr viel Schnarren geradezu verzerrt. Man kann also auch gut mal einen etwas crunchigen Song nur mit einer Cajon begleiten. Auf der anderen Seite des Einsatzgebietes, nämlich da, wo die ruhigen, jazzigen Nummern darauf warten, begleitet zu werden, besteht die neue String Cajon ebenfalls. Unter der Verwendung von Jazzbesen lassen sich sehr stilechte Sounds erzeugen, ganz ohne Felle. Die neuen String Cajons sind eine gute Ergänzung zum Meinl Cajon Sortiment und zeigen, dass man auch mit einem etwas schlankeren Portemonaie ein solides Instrument bekommen kann. Es kommt zwar ohne große technische Raffinesse aus, trotzdem muss man auf die wichtigsten und auch einige innovative Features nicht verzichten. Danke Meinl!

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • gute Verarbeitung
  • gute „Stimmbarkeit“
  • geringer Preis
  • edles Äusseres
  • transparenter Sound
  • weites Klangspektrum
Contra
  • keine einfach zu bedienende Abhebung
Artikelbild
Meinl String Cajon Test
Für 159,00€ bei
TECHNISCHE DATEN
  • Cajon mit verstellbarem Sizzle-Effekt
  • eingebautes “String Mute”-System
  • justierbare Frontplatte
  • gepolsterte Sitzfläche
  • Schlagfläche: Makah-Burl
  • Korpus: Gummibaum
  • Abmessungen: 30 x 30 x 50 cm (B x T x H)

  • Preis: 165,- Euro UVP



Wer meinen Testkanditaden gern einmal in Einsatz sehen und hören möchte, kann sich gern unter www.youtube.com/montagtv das unplugged Weihnachtskonzert meiner Band MONTAG anschauen und hören. Viel Spaß dabei!

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Profilbild von Kai Frido Rummelfigge

Kai Frido Rummelfigge sagt:

#1 - 17.06.2017 um 22:31 Uhr

0

Was ist mit dem Kritikpunkt 'keine einfach zu bedienende Abhebung' genau gemeint? Was ist eine Abhebung?

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