Oft schon wünschten sich Gitarristen den klassischen Les Paul Look und Sound und ihre leichte Bespielbarkeit, in Kombination mit den Vorzügen eines Floyd Rose Systems. Und einige Hardware-Hersteller reagierten auf diesen Wunsch. So entwarf z.B. Kahler bereits vor etlichen Jahren Floyd-Rose-Tremolos zum Nachrüsten, die ganz ohne Fräsungen auskamen und so schnell und ohne „Folgeschäden“ montiert werden konnten.
Leider hat sich die Konstruktion nicht durchsetzen können. Und auch Komplettangebote waren von jeher eher rar, und so gab es, außer auf einigen Custom-Instrumenten, nie wirklich die Möglichkeit, eine Paula von der Stange mit Vibratosystem zu erwerben. Das Warten hat jetzt ein Ende, denn die Gibson-Tochter Epiphone bietet ab sofort ein entsprechend ausgestattetes Modell an. Klar, dass wir da sofort hellhörig wurden und uns ein Exemplar zum Testen besorgt haben.
Details:
Was soll man noch Neues über eine Les Paul schreiben? Sie hat die klassische Form, die seit 1952 unverändert „geschnitzt“ wird. Der Korpus besteht aus Mahagoni, die Decke aus einem ca. 1mm dicken, ansprechend gemaserten und mit einem wunderschönen Heritage Sunburst lackierten Stück Tiger Stripe Ahorn. Der aus Mahagoni gefertigte Hals wurde selbstverständlich eingeleimt. Das Griffbrett besteht aus Palisander, kommt in Les aul-typischer Mensur (628mm) und beherbergt die klassischen Block-Inlays aus Abalone. Die Bünde der Gitarre wurden hochglanzpoliert und gewissenhaft abgerichtet, sodass keine scharfen Grate die Hand ihres Herrn verletzen. Das Shaping des Necks wird als „1960´s Slimtaper“ beschrieben und liegt angenehm in der Hand. Jeder, der schon einmal eine etwas betagtere Les Paul in der Hand hatte, weiß, warum genau diese Halsform so beliebt ist – denn hier hat man nicht das Gefühl, einen durchgesägten Baum in der Hand zu halten. Aber das ist – einmal mehr – Geschmacks-, aber auch Gewöhnungssache.
Die gesamte Gitarre kommt mit Les Paul-typisch, cremeweißen Bindings, die das ohnehin edle Äußere noch weiter nach vorne bringen.
Soweit so bekannt – kommen wir zur Hardware. Sie ist komplett vernickelt und passt hervorragend zu der Lackierung. Außerdem hat Epiphone der Gitarre Strap-Locks zur Gurthalterung spendiert – sehr gut! So hängt das Instrument selbst bei der härtesten Bühnenshow bombensicher. Die Mechaniken kommen aus dem Hause Grover und verrichten ihren Dienst tadellos.
In Sachen Schallwandlung hat Epiphone zwei Alnico Classic PRO Pickups aus eigenem Hause verbaut. Der obligatorische Dreiwegschalter befindet sich da, wo er auf einer Les Paul nun mal hingehört. Die Sound-Kontrolle übernehmen je ein Volume- und Tone-Regler für jedes der beiden Triebwerke. Die vier Potis verrichten ihren Dienst zuverlässig und lassen sich sehr angenehm regeln. Als Schmankerl wurde der Volumen-Poti mit einer Push/Pull-Funktion versehen, die es ermöglicht, die Pickups zu splitten. Damit erweitert sich das Klangangebot um drei zusätzliche Optionen.
Die augenscheinlichste Neuerung jedoch ist natürlich das Floyd Rose System, bestehend aus der Vibrato-Einheit und der Klemmvorrichtung am Sattel. Zur Befestigung wurden zwei Löcher durch das Griffbrett gebohrt und auf der Rückseite mit zwei Sechskant-Schrauben befestigt. Da ein Floyd Rose System Werkzeuge in Form von zwei Inbus-Schlüsseln benötigt, hat Epiphone diese an der Kopfplattenrückseite mit Hilfe einer Halterung befestigt. Auf diese Weise bleiben sie immer am Instrument und verschwinden nicht auf Nimmerwiedersehen im Werkzeugkasten oder unter dem Sofakissen. Top!
Auf der Rückseite des Korpus erwartet den interessierten Tester die Ausfräsung für die Tremolofedern, die mit einer Plastik-Kappe verschlossen wurde.
Insgesamt ist die Verarbeitung der Gitarre gut und gibt keinen Grund zur Beanstandung. Da hat Epiphone glücklicherweise nachgebessert, das war leider nicht immer so.
Praxis:
Die Gitarre hängt komfortabel am Gurt, sodass längere Gigs keinen Gang zum Orthopäden nach sich ziehen. Trocken angespielt entfaltet sich ein durchschnittlich lauter, recht perkussiver Ton, was nicht untypisch für ein Instrument dieser Gattung ist. Mahagoni ist nun mal ein schweres Holz und will erst mal in Schwingungen versetzt werden.
Ich weiß, dass viele Kollegen jetzt sagen werden, kein Wunder, so ein Vibrato System schluckt ja auch einiges an Sound, Sustain, etc. Das sehe ich nicht so. Ich habe durchaus schon Gitarren mit einem solchen System besessen (und besitze einige immer noch), die so mancher Les Paul OHNE Tremolo in Sachen Ansprache und Ausdauer durchaus das Wasser reichen können. Eddie van Halen, nur um ein prominentes Beispiel zu nennen, spielt sehr dünne Plektren, dünne Saiten und ein Floyd Rose. Mit “dünn“ würde ich seinen Sound aber nicht unbedingt bezeichnen… Bedauernswerterweise findet bei manchen Zeitgenossen Sound offensichtlich mit den Augen statt – schade eigentlich. Soviel zu meinem persönlichen Befinden in dieser Angelegenheit.
Zurück zur Paula. Leider gibt es nicht nur Positives zu berichten. Die Bespielbarkeit ist eine Katastrophe, da die Saitenlage jenseits von Gut und Böse ist. So blieb mir leider nichts anderes übrig, als zu den mitgelieferten Schlüsseln zu greifen und nachzujustieren. Leider lies sich die tiefe E-Saite aber nicht in den Griff bekommen. Obwohl ich einen frischen Satz Saiten aufgespannt habe, war es mir nicht möglich, die Bundreinheit vernünftig einzustellen. Davon mal abgesehen, funktioniert das Tremolosystem wie erwartet komplett verstimmungsfrei und auch die Feinstimmer sind gut zugänglich und lassen sich ohne Kraftaufwand drehen.
Beginnen möchte ich, wie immer, mit einer cleanen Einstellung am Amp.
Der trockene Eindruck bestätigt sich auch am Amp. Die Gitarre gibt einen insgesamt leicht komprimierten, mittigen Sound von sich – nicht untypisch für eine Les Paul, jedoch für meinen Geschmack etwas zu viel des Guten. Natürlich haben die Pickups in der jeweiligen Position ihren charakteristischen Eigenklang, der sich auch hier heraushören lässt, aber so richtig überzeugt mich das nicht.
Ich betätige die Split-Funktion und höre mir die drei Einstellungen noch einmal clean an.
Ich muss sagen, diese Sounds gefallen mir ausgesprochen gut! Die Klangcharakteristik geht ganz stark in Richtung Strat und klingt in meinen Ohren um einiges besser, als die Beispiele im Humbucker-Modus.
Der Hals-PU lädt zum Funky-Spiel ein, bietet eine Menge Bass und bleibt trotz alledem schön knackig. Mulm sucht man hier vergebens. Die Mittelstellung eignet sich sehr gut für Arpeggios oder Akkordspiel. Anschläge werden klar definiert wiedergegeben, und das gesamte Klangbild macht einen sehr aufgeräumten Eindruck.
In der Steg-Position bietet die Les Paul eine interessante Alternative zwischen Single-Coil und Humbucker. Der Sound hat die Klarheit eines Einspulers, gepaart mit den typischen Mitten eines Humbuckers. Perfekt, um Vintage Licks authentisch zu Gehör zu bringen.
Ich wechsele jetzt in die Crunch-Abteillung und deaktiviere den Split-Mode.
Der Crunch-Sound klingt sehr erdig, und der mittige Grundklang sorgt dafür, dass dieser klassische Rock-Sound wunderbar in Szene gesetzt wird. Das gefällt mir außerordentlich gut. Ich schalte in die Hals-Position. In diesem Beispiel zeigt sich, wie sensibel die Gitarre mit Anschlägen umgeht. Der Amp läuft immer noch in der gleichen Einstellung wie im Beispiel zuvor. Das Dynamikverhalten kann sich durchaus hören lassen.
Jetzt erhöhe ich den Zerrgrad ein wenig und spiele einige Leads. Im ersten Beispiel hören wir die Hals-, im zweiten die Steg-Position.
Jetzt zeigt sich eindeutig, was ich schon im Trockentest, also ohne Verstärker, andeutete: Der Grundklang der Gitarre hört sich an, als hätte man ein Wah-Pedal vorgeschaltet, welches in einer bestimmten Position gehalten wird. Diesen Effekt kennt man ja auch von Musikern, wie z.B. Michael Schenker.
Jetzt bin ich gespannt, wie sich die Epiphone im High-Gain-Metal-Bereich schlägt.
In diesem Genre wird der Bassbereich groß geschrieben und genau den lässt die Paula leider vermissen. Durch den sehr eigenen Klang ist es notwendig, am Verstärker radikale Einstellungen vorzunehmen, um an den gewünschten Klang zu gelangen. In diesem Fall habe ich die Mitten meines TSL 100 Marshalls komplett raus gedreht, was in der Regel NIE nötig ist.
Abschließend noch ein kleines Instrumental-Stück in einer Stilistik, von der ich denke, dass die Gitarre hier ihre Stärken ausspielen kann – dem Blues.
Fazit:
Sie macht es mir nicht leicht, die Epiphone Les Paul. Auf der einen Seite bin ich begeistert vom Konzept, eine Les Paul mit einem Floyd Rose zu verbinden – auch die Split-Sounds sind eine echte Bereicherung. Auf der anderen Seite ist die Werkseinstellung der Gitarre eine ziemliche Katastrophe. Okay, das lässt sich, bis auf die tiefe E-Saite, durch entsprechendes Einstellen weitestgehend aus der Welt schaffen (siehe Test). Ein Einsteiger müsste aber professionelle Hilfe in Anspruch nehmen. Dazu kommt ihr sehr eigener Sound, der, anders als andere Les Pauls, keine ausgeprägten Allround-Eigenschaften aufweist, in speziellen Anwendungsbereichen aber dennoch zu überzeugen weiß. Ob das am verbauten Floyd-RoseTremolo und den damit verbundenen baulichen Veränderungen liegt, bleibt Spekulation. Ich gehe aber eher davon aus, dass ich da eine Gitarre erwischt habe, bei der die Kombination der Hölzer mit den Pickups eben diesen Sound erzeugt und das dies eher die Ausnahme ist – das kann passieren. Aber die Mängel in der Einstellung und die damit verbundene Bespielbarkeit sind nicht akzeptabel – auch und vor allem nicht in dieser Preisklasse. Gitarrespielen zu lernen, wird mit einem solchen Instrument schnell zur Tortur und endet mit ziemlicher Sicherheit mit der Aufgabe. Ich kann jedem, der vorhat, sich dieses Instrument zu kaufen, nur raten, mehrere Exemplare anzuchecken. Das Konzept der Gitarre und ihre Verarbeitung sind zumindest äußert interessant. Daher leider nur 3,5 von 5 Sternen.

- Verarbeitung
- Konzept
- Sehr authentischer Classic Rock Sound
- Split-Sounds
- Soundvielfalt eingeschränkt
- Werkseinstellung / Bespielbarkeit

tukk sagt:
#1 - 03.09.2012 um 15:59 Uhr
Tja, epi epi...i liebe es, auch wenn es nicht prefekt ist. Blues song ist ech klasse !!!
aaaa sagt:
#2 - 15.09.2012 um 14:43 Uhr
Rechts komische Bewertung, widerspricht sich irgendwie. Splitbare Tonabnehmer und gutes Konzept.... und dann Soundvielfalt eingeschränkt... schon lange nicht blöderes gehört...wahrscheinlich ist diese Bewertung auch noch von dem Pro dadrüber... gj...voll seriös und so...
BonedoMalte sagt:
#3 - 17.09.2012 um 14:31 Uhr
Hey aaaa, danke für deine Kritik. Es wäre aber nett wenn du freundlich bleiben würdest und den Artikel vollständig lesen würdest. In der Seitenleiste hast du natürlich immer eine verkürzte, zusammengefasste Sicht ohne Erklärungen!
ciccio sagt:
#4 - 28.03.2022 um 18:25 Uhr
top gitarre!