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Walden B-1E Baritone Test

Die Walden B-1E Baritone im bonedo-Test  –  Man kennt sie schon aus dem Metal: Die elektrische Baritongitarre, die mit ultratiefen verzerrten Tönen inzwischen das Soundbild dieser Musikrichtung prägt. Seit geraumer Zeit bekommt aber auch der Akustikgitarrist die Möglichkeit, in den Ozean der tiefen Töne einzutauchen. Aber welche Musikrichtung passt eigentlich zu einer tiefer gestimmten Akustikgitarre, die sich mit verzerrten Metalriffs nicht wirklich anfreunden will? Und wie soll so ein „Ding“ eigentlich klingen? Obwohl bereits Koryphäen wie z.B. Pat Metheny mit Ergebnissen aufhorchen lassen, steckt noch viel brachliegendes Potential in diesem doch relativ neuen Instrument. Aber auch der Titel seiner CD „What‘s It All About“ lässt mit einer Fragestellung schon erahnen, dass unerforschtes Terrain erst entdeckt werden möchte.

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Ist die akustische Baritongitarre also ein Instrument nur für Kreative? Und wird sie sich unter solchen Voraussetzungen überhaupt durchsetzen können? Der Hersteller Walden gibt sich zuversichtlich und stellte jetzt mit der Baritone B-1 (ohne Elektronik) bzw. mit der Baritone B-1E (mit Elektronik) zwei neue, erschwingliche Modelle vor. Noch gibt es wenig Konkurrenz, und wenn, dann ist sie meist vergleichsweise teuer.

Details

Mit der Baritongitarre B-1E hat Walden ein originelles und optisch durchaus ansprechendes Design entwickelt. Die Abmessungen der B-1E basieren auf dem Vorbild einer Grand Auditorium, wobei die vergleichsweise „langgestreckte“ Form durchaus zweckdienlich ist. Ihr Korpus bringt mit einer maximalen Breite von 39,5 cm am Unterbug, 29 cm am Oberbug sowie einer Länge von 50,5 cm und einem Durchmesser von 24 cm an der Taille weniger Luftvolumen mit als eine bauchige „klassische“ Grand Auditorium. Das vor allem auch, weil die Zargen ziemlich schmal sind, nämlich 11,7 cm am Knopf bzw. 9 cm am Hals. Ob diese sehr handlich konzipierte Baritongitarre einen ansprechenden Naturton mit den fulminanten Bässen generieren kann, die man von dieser Spezies erwartet?
Die honiggelbe Decke macht einen optisch ansprechenden Eindruck, denn die beiden symmetrisch gemaserten Deckenhälften wurden mit klarem Mattlack (Nitro) hauchdünn versiegelt, sodass feine Strukturen einer Sitkafichte durchschimmern. Ein doppelter schwarzer Herringbone-Streifen verziert diskret rundherum den Deckenrand.
Auffällig ist, dass das Schallloch sich nicht in der zentralen Position befindet, in der man es vermutet, sondern im Oberbug bei der tiefen B-Saite. Obwohl sich das Auge erst an das ungewöhnliche Erscheinungsbild gewöhnen muss, sollte man diese Konstruktion weniger als Design- sondern mehr als Stabilisierungsmaßnahme verstehen, denn eine kleinere „Öffnung“ im Oberbug kann eine unter Spannung stehende dünne Decke weit weniger destabilisieren als eine größere in zentraler Position. Und Stabilität braucht eine Baritongitarre mit dicken Saiten und langer Mensur dringend.
Das Schallloch der B-1E ist außerdem mit einem Durchmesser von 8 cm ziemlich klein geraten. Zwar ist der Raum im Oberbug naturgemäß begrenzt, andererseits kann ein kleineres Schallloch auch dazu beitragen, den Anteil der tiefen Frequenzen im Soundbild zu verstärken. Eine Baritongitarre soll nämlich nicht nur in die „Tiefe“ gehen, sondern gleichzeitig „dort“ auch die Bassanteile erhöhen. Allerdings befindet sich an der gleichen Seite noch ein zweites kleineres Schallloch (D = 4 cm) in der Zarge direkt neben dem Halsansatz. Die Gesamtfläche (62,8 cm2) dieser beiden Schalllöcher ist damit aber immer noch kleiner als ein „normales“ Schallloch mit einem Durchmesser von 10 cm (78,5 cm2). Das zweite kleine Schallloch in der Zarge übernimmt hier die Funktion einer Bassreflex-Öffnung und soll – im Team mit dem Hauptschallloch – die wieder gegebenen Bassfrequenzen (laut Hersteller) von 95 auf zirka 88 Hz tiefer legen.
Aber auch die Konkurrenz baut Baritongitarren mit großen Schalllöchern, und zwar in zentraler Position (und ohne Monitorschallloch), sodass diese besondere Konstruktion nicht zwangsläufig ein typisches Erkennungsmerkmal einer Baritongitarre ist, sondern eher mit der Erfahrung der Gitarrenbauer bei Walden in Verbindung steht.
Eine bunt schillernde Schalllochverzierung aus Abalone, eingerahmt von zwei weiteren Zierringen aus Palisander an der Innen- und Außenseite des großen Schalllochs, gibt der honiggelben Decke auch optisch einen Farbtupfer. Ein Schlagschutz (Pickguard) hat man der Decke nicht spendiert, aber ein Manko ist das nicht, denn unsere Walden Baritone möchte damit diskret zum Ausdruck bringen, dass sie nicht geschlagen, sondern gezupft werden möchte.

Fotostrecke: 6 Bilder Die Abmessungen der B-1E basieren auf dem Vorbild einer Grand Auditorium

Der robuste Bauch-Saitenhalter aus braunem Palisander ist stabil auf der dünnen Decke verleimt und trägt einen längenkompensierten Steg, der passgenau in der Fräsung ruht. Mit einer „Nase“ für die Fis-Saite bietet das Instrument dann eine relativ saubere Intonation. Die Saiten werden mit den Ball-Ends und schwarzen Pins am Saitenhalter befestigt. Die B-1E wird mit zwei blanken und vier umwickelten Saiten (wie eine normale Steel-String) bespannt. Jedoch erklingen alle Saiten (offen) eine reine Quarte tiefer als bei einer Steel-String in „Normalstimmung“. Daraus ergibt sich dann das folgende Tuning: B (6)- E (5) – A (4) – D (3) – F# (2) – B (1).
Klar braucht man in dieser Tonlage viel dickere Saiten. Unsere Baritongitarre wurde werkseitig mit einem 0.16er Satz auf 0.70 bespannt (D’Addario EXP23 Coated Phosphor Bronze). Die tiefe B-Saite hat damit Pi mal Daumen einen ähnlichen Durchmesser wie die D-Saite einer echten Bassgitarre und produziert die tiefen Töne mit deutlich mehr Druck als eine tiefer gestimmte 0.52er-Saite einer „herkömmlichen“ Steel-String.
Man hüte sich aber davor, eine herkömmliche Steel-String mit einem Satz Baritonsaiten zu bespannen, denn das könnte der Deckenkonstruktion einen Knacks versetzen. Selbstverständlich ist die Baritongitarre auch für andere Stimmungen (Tunings) offen.
Ein leicht gewölbter zweiteiliger Boden ist aus attraktiv gemasertem Palisander zusammengefügt. Die beiden Hälften ergeben ein vollkommen symmetrisches Erscheinungsbild, wobei man die Nahtstelle nur mit einer Lupe ausfindig machen kann. Ein Zierspann wird deshalb auch nicht vermisst. Die beiden Zargen sind aus dem gleichen Holz (Palisander) „geschnitzt“ und eine schlichte Palisanderumrandung bildet die Verbindung mit der Decke. Boden und Zargen sind mit einem klaren Mattlack hauchdünn versiegelt, und laut Hersteller soll Mattlack den Klang der B-1E noch weicher machen als Hochganzlack. Die Stoßkanten am Decken- und am Bodenrand sind rundherum von einer schlichten Holzeinfassung geschützt. Palisander hat ein höheres spezifisches Gewicht bei gleicher Feuchtigkeit (z.B. 15 %) als Mahagoni oder Ahorn. Die B-1E mit langer Mensur bringt aber „nur“ 2080 Gramm einschließlich Elektronik auf die Waage und ist damit vergleichsweise moderat, was ihre Masse anbelangt.

Fotostrecke: 10 Bilder Saitenhalter aus braunem Palisander…

Das Korpusinnere macht einen aufgeräumten und sauberen Eindruck. Ein massiver Halsblock aus Mahagoni hält Decke, Halsfuß und die beiden Zargen zusammen, wobei der Halsfuß mit zwei Schrauben stabil am Halsblock befestigt ist. Am Boden erkennt man, blickt man durch das Seitenschallloch, vier recht robuste Querbalken. Eine Mittelleiste zur Stabilisierung der beiden dünnen Bodenteile ist nicht angebracht und über die Struktur der Deckenleisten, die vom Hersteller als „Baritone Soundboard Bracing“ bezeichnet wird, lassen sich aufgrund der Lage der Schalllöcher keine sicheren Angaben machen. Man kann aber ein unterbautes X-Bracing mit flachen, breiten (aber nicht konvex oder konkav geformten) Leisten ausmachen. Vier querverstrebte und ungewöhnlich dicke und breite Leisten sollen die dünne Decke stabilisieren. In der Regel verliert eine dünne Fichtendecke dadurch ihre Flexibilität, andererseits muss sie bei einer Baritongitarre aber auch die Zugkraft der vergleichsweise dickeren Stahlsaiten aushalten, damit sie sich nicht im Laufe der Zeit aufwölbt. Jedenfalls findet man hier eine nicht alltägliche Konstruktion vor. Der Lack wird in der Regel nur auf der Oberfläche der Außenseite aufgetragen, die Innenseite wird im Allgemeinen nicht behandelt.
Das Griffbrett aus Palisander ist stabil und ohne „Ecken und Kanten“ auf dem schlanken Hals aus Mahagoni verleimt. Die Baritongitarre braucht mit 68 cm eine lange Mensur, wodurch auch die Bünde breiter werden. 22 Bundkronen zeigen eine hochglänzende Politur und sind sauber abgerichtet, sodass sich daraus optimale Voraussetzungen für den Lagenwechsel ergeben. Bundmakierer auf dem Griffbrett wurden dem Instrument vorenthalten, sollten aber bei 22 Bünden und einer langen Mensur eigentlich nicht fehlen. Allerdings sorgen kleine weiße Dots auf der Palisander-Einbindung für eine gewisse Sicherheit auf einer mäßig beleuchteten Bühne und der 12. Bund ist mit einem Doppeldot hervorgehoben. Eine leichte Griffbrettwölbung (ein neutrales C-Shaping) soll das Spiel mit großen Barrégriffen erleichtern. Griffbretter aus Palisander werden in der Regel nicht lackiert oder eingefärbt. Einen Cutaway hat man dem Body nicht verpasst. Die oberen Bünde kann man deshalb auch nicht erreichen und überlässt – wenn überhaupt – dem Kollegen an der E-Gitarre den Ausflug in diese Regionen. Es stellt sich nur die Frage, warum es dann überhaupt 22 Bünde sein müssen.
Der schmale Hals aus Mahagoni kann mit einem 2-Wege Truss Rod komfortabel justiert werden, falls es in der Zukunft irgendwo schnarren sollte, weil man vielleicht dünnere Saiten aufgezogen hat. Die Stellschraube befindet sich am Halsblockvorsprung und lässt sich eigentlich nur ertasten, den Zugang zu ihr verschafft man sich mit einem Inbus über das kleine Deckenschallloch, ohne dass die Saiten entfernt werden müssen. Einen echten Einblick erhält man aber nicht. Einfacher wäre es, wenn die Position der Stellschraube am Head-Joint wäre. Jedoch prophezeit ihr Hersteller der Gitarre unter diesen Umständen kein langes Leben, weil die strukturelle Schwachstelle am Hals-Kopf-Übergang durch die Zugkräfte der dicken Saiten, den dünnen Hals und die lange Mensur mit einer Fräsung nicht auch noch ausgehöhlt werden sollte. Jedenfalls verließ die Gitarre die Werkstatt in China richtig eingestellt, sodass ein Justieren vorerst nicht erforderlich ist.
Der dünne Hals mit einem Umfang von 12 cm am Sattel und 13,5 cm im 10. Bund ist mit Karbon-Graphit-Fasern verstärkt, sodass die hohe Saitenspannung kompensiert werden kann. Der Halsansatz (Neck Joint) befindet sich am 14. Bund, die hohen Lagen könnte man aber noch besser erreichen, wenn der Übergang am 16. Bund wäre. Auch die Entwicklung der Baritongitarre scheint noch nicht abgeschlossen. Der Knochensattel am Hals-Kopf-Übergang ist mit 4,6 cm etwas breiter als bei einer „normalen“ Konstruktion mit 4,3 cm. Eine leicht abgewinkelte Kopflatte, die am Hals angesetzt ist, trägt zur Erhöhung der Saitenspannung bei, die den Ton noch klarer machen und für mehr Obertonreichtum sorgen soll. Auf dem matt lackierten Kopfplattenfurnier ist das Logo der Firma Walden mit einer echten Perlmutteinlage eingefasst, die drei geschlossenen goldenen Mechaniken auf jeder Seite verrichten einen makellosen Job und die schwarzen Stimmflügel aus Kunststoff lassen sich leichtgängig bedienen.

Fotostrecke: 5 Bilder Fishman Prefix Pro

Unter der Stegeinlage befindet sich ein Transducer, der das Signal an einen Fishman Prefix Pro weiterleitet, einen in der oberen Zarge geparkten Pre-Amp. Die 9V-Blockbatterie, die man durch das kleine Deckenschallloch sieht, signalisiert ihre schwächer werdende Leistung durch eine kleine, rot flackernde LED. Muss sie ausgetauscht werden,  wird mit einem Knopfdruck das Panel gelöst und hochgeklappt. Dieses Prinzip hat sich in der Vergangenheit bei allen Gitarren der Firma Walden bewährt.
Das Panel des Fishman Prefix Pro ist mit einem Vierband-EQ (Bass, Mid, Treble, Brilliance) bestückt. Bass und Treble arbeiten mit Kuhschwanzcharakteristik (+12 dB bis – 12 dB), während der Mid-Slider semiparametrisch (wide-range) in die Klanggestaltung eingreift. Mit Brilliance kann die Struktur des Obertonspektrums konfiguriert werden. Dieser Slider konkurriert deshalb nicht mit dem Treble Regler, der die Höhen anhebt oder absenkt. Die vier Schieberegler lassen sich leichtgängig bedienen, in der linearen (mittigen) Position rasten sie ein. Darüber hinaus gibt es ein Lautstärkepoti (Volume) und ein Poti für den integrierten Notch-Filter. Letzterer ist ein spezieller EQ,, mit dem man einen extrem dünnen und tiefen Schnitt in einem vorher definierten Frequenzverlauf vornehmen kann, um Störungen wie Brummschleifen oder Rückkopplungen beseitigen. Mit dem Phasenumkehrschalter gewinnt man bei Bedarf noch mehr Kontrolle. Der Klinkeneingang befindet sich im Knopf in der Zarge.

Fotostrecke: 5 Bilder Der Halsfuß
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Profilbild von jola

jola sagt:

#1 - 20.12.2014 um 17:01 Uhr

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Von wem ist das Test-Stück „Slow Jam“? Gibt es dazu irgendwo Noten oder Tabs?

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