Dynaudio Professional DBM50 Test

PRAXIS

Meine Vermutung, dass intern komplett digital gearbeitet wird, bestätigte mir Dynaudio auf Nachfrage hin und liefert prompt ein paar weitere Details: Der interne DSP arbeitet auf einer Sampling-Rate von 48 kHz und ist für das komplette Filtering zuständig. Mit Hinblick auf die hochpreisige AIR-Serie von Dynaudio überrascht das aber auch irgendwie gar nicht.
Entgegen meiner sonstigen Praxis beim Testen von Nahfeldmonitoren kommen diese Speaker erst mal NICHT auf meine Stative, sondern direkt auf meinen Arbeitstisch. Alle Filter stehen auf Null. Bei meinem Tisch handelt es sich übrigens um ein Bühnenelement der Marke „Millenium Stage Platform 2,0 x 1,0m“ mit 22mm MDF Tischlerplatte, also die eher etwas rustikale, massivere Variante. Ich höre demnach wieder im rund 1m großen Stereo-Dreieck, sprich Nahfeld, ab.
Ich beginne mit meinen üblichen Mainstream-Verdächtigen: 50 Cent – „In da club“ (Get rich or die tryin’), 50 Cent – „Candy Shop“ (The Massacre), 50 Cent – „Just a lil bit“(The Massacre). Alle drei Tracks sind nicht nur super Bass-Referenzen mit unterschiedlichster Gestaltung hinsichtlich Kick/Punch- und Bassline/Subbass-Verhältnis, sondern haben auch sehr gut produzierte Vocals und ein paar echte, wenn auch meist gesampelte Instrumente mit an Bord. Transparenz und Räumlichkeit sind bei diesen Nummern auf sehr hohem, amerikanischem Niveau. Im Club funktionieren diese Nummern entsprechend sehr gut.
Mir fällt sofort auf, wie günstig die Abschrägung der Front ist und wie somit die oberen Mitten und Höhen weitestgehend von den üblichen Reflexionen einer Tischplatte verschont bleiben. Eventuelle Flatter-Echos zur Rückwand werden durch eine eventuelle, vorher erfolgte Deckenreflexion sicherlich auch etwas diffuser, was gut ist. Mit ersten Reflexionen von der Decke hatte ich auf der kurzen Hörentfernung allerdings keine nennenswerten Probleme.
Die Phantom-Mitte sitzt demnach bombenfest, 50 Cent´s Nuschel-Rap thront wie festgenagelt in der Mitte, so soll das sein. Auch die Stereo-Bühne ist schön bemessen, die Disco-Stabs wirken plastisch, groß und weit. Räumliche Tiefe ist auch wahrnehmbar, allerdings – wie bei fast allen Nahfeldmonitoren – nicht besonders spektakulär.
Tiefgang ist selbstverständlich vorhanden, aber es wurde nicht übertrieben, was auch ein relativ präzises Abschätzen des „Rumpel-Kellers“ zulässt. Der Übertragungsverlauf an sich ist weiterhin frei von Ausreißern und demnach sehr ausgewogen abgestimmt, nüchtern/ linear, ohne den gewissen „Nerv-Faktor“, wenn ihr wisst, was ich meine.
Ich probiere natürlich auch Gitarren-Musik aus. Auch hier fällt der gutmütige Gesamtklang auf, die britischen Gitarren bei The Libertines – „The man who would be king“ (The Libertines) und The Libertines – „ Music when the lights go out“ (The Libertines) nerven kein bisschen und es kommt sofort Pub-Stimmung auf. „Another beer please!“
Aber auch härtere, deutsche Kost, wie Rammstein – „B********“ (Liebe ist für alle da) und Rammstein – „Rein Raus“ (Mutter) funktioniert sehr gut, selbst bei höheren Lautstärken, ohne dass es in den Ohren klingelt oder der Basstreiber pumpt. Bei allem Optimismus darf man aber nicht verschweigen, dass die Gehäusegröße nun mal auch nur ein bedingtes Maß an „Gitarren-Wand“ ermöglicht, es demnach ein klein wenig „Box-ig und boomy“ klingt. Dennoch, insgesamt sehr gut gemacht, vor allem in Anbetracht des immer noch sehr moderaten Paar-Preises.
Tendenziell rutschen mir – nur durch die Tisch-Platzierung – die unteren Mitten und Bässe zu weit nach vorn, wodurch u.a. die Gitarren bei Rammstein etwas zu bassig und undifferenziert rüberkommen. Das liegt aber in der Natur der Sache, woraufhin ich gleich mal die Filter ausprobieren werde.
Das Mitten-Filter mit -4 dB brachte eine kleine Verbesserung im Bereich zwischen 300 Hz und 500 Hz, war für mein „Tisch-Problem“ aber dennoch etwas zu schmalbandig. Das Low-Shelf-Filter mit -2 dB wiederum entschärfte noch etwas im Bassbereich, setzte mit seinen rund 100 Hz wiederum zu tief an, sodass hörpsychologisch der Beugungseffekt zwischen 100 Hz und 300 Hz deutlicher hervortrat. Das Mitten-Filter habe ich deshalb wieder deaktiviert. Daraufhin habe ich das Ganze auch nochmal gemessen. Folgende Messdiagramme sind exemplarisch zu verstehen und stellen KEIN Freifeldübertragungsverlauf dar, allein weil mein Messmikro die Höhen beschneidet.  Die Auswirkungen der unterschiedlichen Filter sind dennoch sehr gut zu erkennen.

Fotostrecke: 5 Bilder Das hier ist kein Übertragungsverlauf, sondern nur “mein” Schreibtisch-Szenario. Das Messprogramm heißt FuzzMeasure und funktioniert auch im kostenlosen und zeitlich-unbegrenzten “Demo-Modus” sehr gut.

Im Handbuch waren übrigens keine Frequenz-Angaben zu den Filtern zu finden. Immerhin empfiehlt das Handbuch, das Mitten-Filter nur bei der Platzierung auf einer Konsole/Meterbridge zu benutzten. Diese Einsatzmöglichkeit scheint der Verwendung auf dem Schreibtisch ähnlich, ist ihr aber dennoch nicht ganz identisch, da die Laufzeitdifferenz durch die Reflexion auf einem Mischpult eine etwas andere ist. Was bleibt, ist ein Fragezeichen: Warum sollte ich einen Lautsprecher mit abgeschrägter Front auf eine zumeist hohe Meterbridge stellen wollen?
An anderer Stelle im Handbuch wurde ich dann fündig… AHA! Man sollte die Speaker in diesem Fall auf die Seite legen. Indizienbeweis! Es gibt also keine offensichtlichen Unterschiede in vertikaler und horizontaler Bündelung. Habe ich aber auch so wahrgenommen, ich habe es nur der Dramaturgie wegen anders herum aufgezogen. In diesem Fall sollte der Hochtöner dann innen sein, weil er sonst von dem Tief/Mittentöner maskiert wird, und das wollen wir nicht.
Mir geht ein Licht auf! Selbst liegend positioniert macht das Design wirklich Sinn, wenn nicht sogar den meisten, wie wir noch sehen werden. So ist die Front zuerst mal „automatisch eingedreht“, was ich intuitiv mit jeder Box im Stereo-Dreieck tue. Im Falle der auf der Seite liegenden DBM50 finde ich das sogar optisch sexy, wenn nicht sogar etwas avantgardistisch – vom nun hochkant stehenden Logo einmal abgesehen

Dynaudio-DBM50_11_Side
Praktisch sind diese beiden Aufstellungsvarianten ja wirklich, nur leider musste ich mir die ganzen physikalischen Zusammenhänge selber zusammenreimen, da die „only english“ Dokumentation leider gänzlich bezüglich folgender Fragen schweigt „Brauche ich überhaupt noch Stative, wenn ich die Boxen direkt auf den Schreibtisch stellen kann? Und wenn ich sie doch auf die Seite legen kann, wo ist dann innen bzw. außen? Und warum mach das Sinn?“.
Also merken: Der Hochtöner kommt erst mal immer nach innen, da er sonst vom Tieftöner „über-schallt“ wird. Nur wenn der Bass wirklich komisch dröhnt, sollte man es auch mal andersherum probieren. Natürlich sollten die Speaker dann gleich auf vernünftige Stative gehievt werden, weil so das Reflexionsproblem in tiefere Frequenzregionen rutscht, dort weniger deutlich ausgeprägt ist und somit weniger stört.
Auch mit günstigen Mikrofonen und Shareware kommt man schon recht weit. Shareware-Software PC: ARTA, MAC: FuzzMeasure.
Auch mit günstigen Mikrofonen und Shareware kommt man schon recht weit. Shareware-Software PC: ARTA, MAC: FuzzMeasure.
Auf einen Schreibtisch gestellt, gibt es leider noch ein weiteres akustisches Problem: Zuzüglich zu den Reflexionen gibt es auch noch das Problem, das die Tischplatte stark mitvibriert und es so zu Resonanzen kommt. Da helfen auch die kleinen, mitgelieferten Gummifüße zum darunter kleben herzlich wenig, zumal diese auch blöd aussehen, wenn man die Speaker dann doch mal auf die Seite dreht. Das ist ein weiterer Grund, für die oben angesprochenen Verfärbungen der unteren Mitten und die etwas unpräzisen Bässe im ersten Hörexperiment, weil der Sound eben etwas dröhnt.
Deshalb stelle ich die Speaker jetzt doch mal auf meine Stative, natürlich auf der Seite liegend, um nicht über meinen Kopf hinweg zu strahlen, und mit dem Hochtöner nach innen gerichtet. Und Simsalabim, der Basskeller ist sofort aufgeräumter und präziser. Die Mitten-Überzeichnung ist auch weg. Das Dröhnen ist also kein hausgemachtes Problem von Gehäuseresonanzen, sondern ein alleiniger Umstand der ungünstigen Positionierung auf meinem Schreibtisch. Dass Stative eine der sinnvollsten Investitionen sind, um den Raumklang zu verbessern, predige ich ja auch nicht erst seit gestern.
Allerdings weiß ich auch, dass der entsprechende Platz und die nicht unerheblichen Finanzmittel, die ordentliche Stative einfordern, nicht bei jedem im Übermaß vorhanden sind. Von daher ist das schräge Design eine echte Innovation, wenn auch nicht der Weisheit letzter Schluss, gerade was Bass-intensives Programmmaterial anbelangt. Wer also die Speaker unbedingt auf den Schreibtisch stellen MUSS, für den sind die DBM50 wirklich überaus praktisch, auch wenn man ihr ruhig noch ein paar mehr spezielle Desktop-Filter hätte verpassen können, zumal ja alle Filter digital arbeiten.
Auch eine Waschmaschinen-Matte, direkt unter die Boxen gelegt, bringt eine zusätzliche Verbesserung bzgl. der „Drööööhhhn“-Problematik. Das sollte man eigentlich auch bei Dynaudio wissen, deshalb finde ich es etwas schade, dass so etwas nicht Bestandteil des Lieferumfangs ist. Eine gewöhnliche Waschmaschinen-Matte aus dem Baummarkt reicht zerschnitten für zwei Speaker und kostet ca. EUR 10,-. Nur irgendwie sehe ich schon jetzt die Speaker vor meinem inneren Auge in „gewissen“ Studios „auf Bücherstapeln“ thronen…
Das Erbsen-zählen geht weiter: Die Höhen klingen für mich zwar überwiegend sehr angenehm, dennoch auch ein klein wenig matt bzw. zu gutmütig. Zum reinen Musikhören ist das natürlich gut, beim Mixen kompensiert man unter Umständen etwas zu stark, wodurch im Endprodukt die Höhen wieder zu scharf werden. Ich würde deshalb im Mixing-Kontext das +1 dB HF-Filter immer aktiviert lassen. Das –1dB-Filter bräuchte ich indes niemals, denn, wenn ein Raum so stark hallt, dass eine Absenkung der Höhen angenehm klingt, hat man ganz sicher andere akustische Probleme, als „zischelige“ Höhen.
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SoerGL sagt:

#1 - 25.04.2013 um 16:20 Uhr

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Hallo,schöner Test. Ich habe mir daraufhin die Boxen geholt :o)Allerdings fällt mir noch das passende Monitorstativ. Gibt es dazu Empfehlungen? Die Stative die ich kenne, haben lediglich eine 200 x 250 mm Grundfläche. Ich kann mir kaum vorstellen, dass dies ausreichend ist, da die Boxen (liegend) eine Fläche von 348 x 335 mm haben.
Oder ist es akustisch nicht wahrnehmbar bzw zu vernachlässigen? Danke für die Antwort :)

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Felix Klostermann sagt:

#2 - 25.04.2013 um 18:04 Uhr

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Moin SoerGl, solange die Boxen sicher auf den Stativen stehen, muss deren Ablagefläche nicht zwangsweise größer sein, als die Grundfläche der Box. Um genau zu sein, ist diese praktisch sogar fast immer kleiner.

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Ash sagt:

#3 - 24.01.2014 um 10:11 Uhr

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How does DBM50 compare with BM5A mkII ?

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A.W. sagt:

#4 - 02.05.2014 um 12:45 Uhr

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Ein Vergleich zwischen DBM50 und BM5A MKII hätte mich auch interessiert. Laut Ankündigungen seitens Dynaudio bei der Markteinführung sollten die DBM50s gegenüber den BM5As "verbessert" worden sein und z. B. einen besseren Woofer haben.
Wenn ich mir hier den Frequenzverlauf ansehe, passiert bereits unterhalb 100 Hz nicht mehr so viel bei den DBM50s. Die BM5As scheinen dort mehr bieten zu können, trotz geringfügig kleinerem Woofer.
Den gesamten Frequenzbereich betrachtet, sehe ich ebenfalls die BM5A MKII vorne und sogar die Eris 8 etwas im Vorteil oder liege ich damit falsch?

Profilbild von A.W.

A.W. sagt:

#5 - 02.05.2014 um 18:03 Uhr

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Ein Vergleich zwischen DBM50 und BM5A MKII hätte mich auch interessiert. Laut Ankündigungen seitens Dynaudio bei der Markteinführung sollten die DBM50s gegenüber den BM5As "verbessert" worden sein und z. B. einen besseren Woofer haben.
Wenn ich mir hier den Frequenzverlauf ansehe, passiert bereits unterhalb 100 Hz nicht mehr so viel bei den DBM50s. Die BM5As scheinen dort mehr bieten zu können, trotz geringfügig kleinerem Woofer.
Den gesamten Frequenzbereich betrachtet, sehe ich ebenfalls die BM5A MKII vorne und sogar die Eris 8 etwas im Vorteil oder liege ich damit falsch?

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