Von der amerikanischen Westküste kommt mit dem Pittsburgh Modular Taiga ein paraphoner Desktop-Synthesizer, der durch seine Eurorack-Kompatibilität eine interessante Brücke zur Modular-Welt schlägt – hier bei uns im Test.

Wie bereits bei Pittsburghs bemerkenswertem Microvolt 3900 treffen auch beim Taiga altbekannte Synthesizer-Elemente wie Oszillatoren, Filter und Hüllkurven auf unkonventionelle West Coast-Features wie etwa Wavefolding oder ein Low Pass Gate. Der Taiga ist bereits intern verschaltet, lässt sich aber dank der großzügigen Patchbay vielseitig kombinieren und erweitern. Ein besonderes Gesamtpaket, welches einen eigenständigen, vielseitigen Klang verspricht. Inwieweit dieses Versprechen eingelöst wird, untersuchen wir hier im Detail.
Details
Pittsburgh Modular Taiga – Das Wichtigste in Kürze
- Paraphoner, voll-analoger Desktop-Synthesizer
- Eurorack-Format und Patchbay zur Einbindung in Eurorack-Umgebung
- 3 Oszillatoren mit Waveshaping/Wavefolding
- Multimode-Filter und LFO
- Analog-Delay
- Arpeggiator und Sequenzer
- West Coast-Synthese Features wie etwa Wavefolding oder Low Pass Gate
Pittsburgh Modular Taiga Test – der erste Eindruck
Wenn viele Funktionen in einem kompakten Gehäuse untergebracht sind, besteht oft die Gefahr, dass
dass die Bedienung durch kurze Abstände und geringe Poti-Widerstände erschwert wird. Hier gelingt dem im Test befindlichen Pittsburgh Modular Taiga ein erstaunlicher Spagat. Denn obwohl die Gehäuseabmessungen der Eurorack-Norm entsprechen, wird es selten eng zwischen den Reglern, die zudem einen sehr wertigen Eindruck machen. Etwas anders sieht das Ganze beispielsweise beim ähnlich großen Behringer Model D aus. Erfrischend sind auch die pastellfarbenen Potiknöpfe, die mich an Vintage-Synthesizer zum Beispiel von Vermona erinnern.
Aufbau und Bedienoberfläche des Pittsburgh Modular Taiga
Nicht nur die Patchbay des Pittsburgh Modular Taiga zeigt die Nähe zur Eurorack-Welt. Die gesamte Bedienoberfläche ist sichtbar in verschiedene Module unterteilt, die alle in einem Gehäuse untergebracht sind. Unter den jeweiligen Reglern ist zudem in grüner Schrift die voreingestellte interne Verschaltung vermerkt. Wird nun ein Kabel in einen der Patchbay-Anschlüsse gesteckt, löst sich die jeweilige interne Verbindung auf und kann durch Patchen neu definiert werden. So ist der Taiga letztlich offen für ausgiebige Klangexperimente mit externen Geräten. Er kann aber auch problemlos als vollwertiger Standalone-Synthesizer betrieben werden. Hier bietet er einige Features, die ihn sogar von herkömmlichen subtraktiven Analogsynthesizern unterscheiden dürften.

Oszillatoren und Wavefolding
Da sind zum einen die drei Oszillator-Einheiten des Pittsburgh Modular Taiga, die in Aufbau und Funktion an die West Coast Synthese angelehnt sind. Dabei werden alle verfügbaren Wellenformen aus einer Sägezahnwellenform – dem „Oscillator Core“ – erzeugt. In verschiedenen internen Waveshaping-Schritten entstehen aus dieser Sägezahnwelle dann Sinus, Dreieck und auch Rechteck sowie eine Combo aus Sinus und Rechteck. Da die Wellenformen wiederum alle mit dem einflussreichen Shape-Regler manipuliert werden können, nennt Pittsburgh Modular sie „Seed Waves“. Von ihnen aus beginnt die Reise zu den unterschiedlichsten klanglichen Variationen. Eine solche Vielfalt an Wellenformen ist man sonst eher von digitalen Wavetable-Synthesizern gewohnt. Am Pitch-Regler findet man zudem für jeden Oszillator unterschiedliche Kalibrierungen. So ist beim OSC 1 nur ein Feintuning möglich, während der entsprechende Regler beim OSC 3 Veränderungen von bis zu +/-2 Oktaven zulässt. Die Oszillatoren können auch paraphon betrieben werden, was man über das Control Panel einstellt.

Pittsburgh Modular Taiga Test – Control Panel und Arpeggiator
Links von den Oszillatoren befindet sich mit dem Control Panel die Schaltzentrale des Pittburg Taiga. Hier kann man globale Settings wie etwa Clock Source, Transpose oder Oktavierung (+/-3 Oktaven) vornehmen. Die LEDs der Oszillatoren dienen dabei als Orientierung und Informationsanzeige. Zur Übersicht kommt man hier kaum um die Bedienungsanleitung herum, aber auf dem Gerät wird im Gegenzug auch Platz gespart. Neben einem globalen Glide-Regler ist noch ein Arpeggiator mit an Bord. Dieser liefert zusätzlich zu den klassischen Modi auch eine Random-Funktion. Außerdem lassen sich im laufenden Arpeggiator Pausen programmieren, wodurch er sich an der Grenze zum Sequenzer bewegt. Spannend ist zudem die Option „Random Clock“ als Clock Source, wodurch arhythmische, überraschende Arpeggiator-Texturen entstehen.
Der Mixer des Pittsburgh Taiga
Die drei Oszillatoren des Pittsburgh Modular Taiga wandern in dessen Mixer, wo als vierter Kanal noch ein Noise Generator hinzukommt. Als fünftes Element komplettiert der Preamp die Ausstattung, der normalerweise am Mixer-Output sitzt und den Oszillatoren etwas Biss und Sättigung verpasst. Die Voreinstellungen des Mixers kann man mittels Patchbay auflösen, wobei jedem Kanal ein beliebiger Input zugewiesen werden kann. Dadurch lässt sich der Mixer in Sub-Gruppen splitten. Da der Mixer nicht nur Audio-, sondern auch CV-Signale als Input erkennt und mischt, ist dieses Dual Mixer Setup eine willkommene Zusatzoption.

Pittsburgh Modular Taiga – Filter und Hüllkurven
Mit Stolz präsentiert Pittsburgh Modular im Taiga ihr spezielles 12 dB/Oktave Multimode Filter PGH, das zudem „keine Dead Spots“ hat und auch bei hoher Resonanz nicht in Selbstoszillation gerät. Die möglichen Modi sind hier Hipass, Bandpass, Lowpass und Notch. Die genaue Kalibrierung des PGH-Filters bringt zudem mehr Kontrolle und Detail beim Sounddesign. Gleichzeitig erschwert sie aber auch das „Spielen“ des Filters sowie druckvolle Kick Drum/Tom-Sounds. Schon allein deshalb, weil kein Key-Follow-Regler an Bord ist. Nicht nur die beiden erstaunlich schnellen ADSR-Hüllkurven eignen sich hervorragend für perkussive Sounds, denn auf der VCA-Ebene gesellt sich ein weiteres Relikt der Westcoast-Synthese hinzu: das Low-Pass-Gate.

Von der West Coast in die Taiga: Das Low Pass Gate
Wahlweise kann man beim Pittsburgh Modular Taiga vom herkömmlichen VCA-Betrieb in den Low Pass Gate-Modus wechseln. Im Gegensatz zum VCA funktioniert das LPG ähnlich wie ein Audio-Gate. Je weiter es geöffnet ist, desto mehr Klang kommt durch und desto lauter und länger ist der Sound. Parameter wie Decay und Release vermischen hier also zu einem globalen Parameter. Während der normale VCA ausschließlich mit Loudness arbeitet, verändert sich beim LPG zusätzlich noch der Oberton-Charakter des Sounds. Wie stark dieser Effekt ausgeprägt ist, kann man mittels der Regler für Response, Dynamics und Low Pass Gate Resonance detailreich einstellen. Und für perkussive Sounds eignet sich besonders der Pluck-Modus, der ein extra scharfes, zackiges Gate verwendet.
Pittsburgh Modular Taiga Test: Modulation und Effekte
Der Pittsburgh Modular Taiga kommt mit voreingestellten Modulationsmöglichkeiten, die über die Patchbay erweitert werden. Als zentrale Modulationsquelle dient ein LFO mit Dreieck und Rechteck, dessen Range über das Control Panel umgeschaltet wird. Der LFO ist schließlich intern auf Oszillator Pitch, Oszillator Shapes/PWM und Filterfrequenz geroutet; seine Intensität regelt ein separater Attenuator. Natürlich kann man ihn aber auch über die Patchbay auf verschiedene Ziele routen. Obwohl die CV-Daten des LFOs durch den Mixer geschickt werden können, fehlt ein dedizierter Attenuator wie beim Moog Grandmother. Dafür kann eine Modulationsquelle gesplittet und gleichzeitig auf mehrere Ziele geschickt werden, was besonders bei nur einem LFO hilfreich ist. Der LFO selbst ist bedauerlicherweise nicht modulierbar. Er kann aber auf die Delay Time der analogen BBD-Echos geroutet werden, was interessante Effekte erzeugt. Im Test erwies sich auch die Sample & Hold Einheit des Pittsburgh Taiga als hervorragende Modulationsquelle, deren Rate sich an der Clock orientiert.

Patchbay und Anschlüsse des Taiga
Dank der simplen Farbgebung (Input: grün, Output: weiß) erweist sich die Patchbay des Pittsburgh Modular Taiga im Test trotz ihrer Kompaktheit als sehr übersichtlich und zudem recht vielseitig. Natürlich wären ein paar mehr Patchpunkte schön gewesen, um die klangliche Vielfalt des Taiga bis ins Extrem ausreizen zu können. Insgesamt sind die vorhandenen Anschlüsse aber ein guter Kompromiss, um im Eurorack-Format zu bleiben. Denn gerade in Kombination mit externen Modulen und Geräten erwacht der Taiga noch einmal anders zum Leben. Der Main Audio Ausgang befindet sich in Form einer 3,5 mm Klinkenbuchse ebenfalls auf der Patchbay, hier wäre allerdings eine separate große Klinkenbuchse wie beim Behringer Model D schön gewesen. MIDI ist via Adapter problemlos möglich, ein USB/MIDI-Anschluss ist aber leider nicht mit von der Partie. Auch hier zeigt sich, dass der Fokus des Synthesizers vor allem auf einer puristischen, analogen Arbeitsweise liegt.