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Epiphone Masterbilt Century Zenith VN Test

Die Epiphone Masterbilt Century Zenith gehört zu den aktuellen Gitarren, die laut Hersteller in Bauweise, Klang und Anmutung den inzwischen raren und vor allem unbezahlbaren Originalen entsprechen. Tatsache ist, dass Letztere kaum noch auf dem freien Markt verfügbar sind. Zum einen sind die stolzen Besitzer in den meisten Fällen nicht am Verkauf eines historischen Unikats interessiert, zum anderen sorgt der Zahn der Zeit Jahr für Jahr für das Verschwinden zahlreicher alter Instrumente. Und wer sich nicht gerade als Sammler betätigt und seine Gitarre auch spielen möchte, der wird sich die Frage stellen, ob es sich überhaupt lohnt, sein sauer verdientes Geld in ein altes, möglicherweise schadhaftes Instrument zu investieren.

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Aber wie unsere Testkandidatin zeigt, gibt es für genau diese Klientel auch positive Nachrichten zu vermelden und immer weniger Gründe, den Vintage-Originalen nachzujagen. Viele Hersteller beantworten die steigende Nachfrage mit der Produktion von Modellen, die den Klang und das Feeling der Originale versprechen. Und in diesem Bereich verdient Epiphone besondere Aufmerksamkeit, denn der amerikanische Hersteller schreibt seit den späten 20er Jahren des letzten Jahrhunderts kontinuierlich an der Entwicklungsgeschichte der Gitarre mit.

Geschichte

Schon 1928 begann Epiphone mit der Herstellung von Archtop-Akustikgitarren. Die Wölbung der Decke (arched top) sollte den Klang und die Lautstärke der Instrumente verbessern. 1931 verließen unter dem Label Masterbilt nicht weniger als neun (!) unterschiedlich dimensionierte und ausgestattete Archtop-Modelle die Werkstätten in New York, und die meisten davon gingen auch prompt in die Serie. Vollakustische Archtop-Gitarren, die sich zunehmend bei führenden Swingmusikern im Lande großer Beliebtheit erfreuten, wurden bis in die späten 50er Jahre größtenteils nicht mit Tonabnehmern bestückt. Die Gitarristen bevorzugten daher vor allem Instrumente mit großem Resonanzkörper, die sich im Ensemble und z.T. auch gegen die Kollegen von der Bläsersektion durchsetzen mussten. Als dann der magnetische Tonabnehmer (ES-150 ab 1936) seinen Siegeszug antrat, starben die vollakustischen Archtops nach und nach praktisch aus. Inzwischen hat Epiphone viele Modelle der historischen Masterbilt-Serie neu aufgelegt, die nun in Indonesien produziert werden. Im Line-up der damaligen Masterbilt-Serie befand sich auch das Vorbild unserer Probandin, die Zenith.

DETAILS

Resonanzkörper

Die massive Fichtendecke besteht aus zwei Teilen, die sich zu einem symmetrischen Faserbild mit feinen Strukturen zusammenfügen, die Nahtstelle in der Mitte ist noch gut zu erkennen. Das mattglänzende “Aged Gloss” wurde dünn aufgetragen, um die Decke nicht in ihrem Schwingungsverhalten zu behindern. Die Wölbung, die man vor allem im Unterbugbereich verortet, hat man früher aus dem massiven Holz herausgeschnitzt. Heute stehen dem Gitarrenbauer für diese Arbeiten computergesteuerte (CNC) Fräsmaschinen zur Seite. Die Wölbung ist vergleichsweise stärker ausgeprägt als die “Aufwölbung” der Decke bei einer herkömmlichen Flattop-Westerngitarre.

Fotostrecke: 5 Bilder Die Epiphone Masterbilt Century Zenith orientiert sich in Bauweise und Klang an den unbezahlbaren Originalen der 30er Jahre.

Das Original kam im Jahr 1931 eigentlich mit zwei F-Löchern zur Welt, die unser Remake gegen ein rundes Schallloch eingetauscht hat. Einen Stilbruch kann man dem Hersteller trotzdem nicht unterstellen, denn Archtop-Gitarren wurden früher auch mit runden Schalllöchern produziert. So hatten die ersten Modelle dieser Art von Gibson aus der L-Serie in der Regel ebenfalls ein rundes oder oval-geformtes. Aber Puristen dürfen ohnehin aufatmen, denn Epiphone bietet die baugleiche Gitarre optional mit den klassischen F-Löchern unter der Bezeichnung “Epiphone Century Zenith Classic VS” an. Wir werden noch Gelegenheit haben, die beiden Modelle miteinander zu vergleichen. Den Testbericht der Zenith Classic findet sich hier.

Mit einer Spannweite von 40,5 cm (29,5 cm) am Unterbug (Oberbug) und einer Korpuslänge von 50,6 cm spielt unser Remake in Sachen Größenverhältnisse in der gleichen Liga wie eine Dreadnought oder Grand Auditorium. Allerdings sind die Zargen unserer Probandin mit durchgängig 9,1 cm nicht ganz so tief ausgeschnitten wie die der vorgenannten Flattop-Gitarren. Eine ausgeprägte Profilverjüngung, die man bei der Flattop in der Regel vorfindet, kennt die Archtop nicht und auch sonstige Vergleiche sind nicht zielführend, weil die Archtop funktional eine andere Rolle spielt als eine Westerngitarre. Dazu später mehr.VV

Das Schlagbrett ist im Lieferumfang enthalten und soll bei Bedarf mit zwei Schrauben mit einer Griffbretthalterung “schwebend” montiert werden. Die eine Schraube sollte direkt am Deckenrand zum Einsatz kommen, eine zweite in der unteren Zarge. Die Löcher für die Schrauben wurden aber nicht vorgebohrt. Das Schlagbrett mit Randverzierung besteht aus Kunststoff, das dem echten Schildpatt verblüffend ähnlich sieht.

Im Lieferumfang enthalten ist ein Schlagbrett, dass bei Bedarf mit zwei Schrauben montiert werden kann.
Im Lieferumfang enthalten ist ein Schlagbrett, dass bei Bedarf mit zwei Schrauben montiert werden kann.

Die Saiten werden mit den Ball-Ends an einem historischen Trapez-Saitenhalter aus Nickel eingehängt und dann über einen separaten Steg mit höhenverstellbarem Aufbau aus Ebonoid geführt. Um das Schwingungsverhalten der Decke nicht zu beeinträchtigen, ist der Saitenhalter “schwebend” und nur mit einer Schraube, die gleichzeitig auch als Gurtpin dient, an der Zarge befestigt. Durch die hohe Saitenspannung wird der mobile Steg direkt auf die Decke gedrückt und behauptet dort seine Position; zwei Rändelschrauben lassen ein Einstellen der Saitenhöhe zu. Eine längenkompensierte Stegeinlage aus Kunststoff (artificial bone) ahmt die Rundung des Griffbretts perfekt nach. Im Bereich zwischen Stegeinlage und Saitenaufhängung werden keine störenden Resonanzen produziert und auch vom Trapez-Saitenhalter kommen keine “metallischen” Eigengeräusche.
Mit dem mobilen Steg kann aber auch die Mensur korrigiert werden. Die Konstruktion hält die Stimmung perfekt aufrecht, wenn die Länge erst einmal stimmt und die Saiten, die den Steg in seiner Position halten, aufgespannt sind. Deshalb sollte man nach Möglichkeit auch beim Wechseln die Saiten sukzessive austauschen und nicht alle auf einmal.

Fotostrecke: 6 Bilder Ein historischer Trapez-Saitenhalter aus Nickel ist mit zwei kleinen und der Gurtpinschraube an der Zarge befestigt.

Das Remake kommt wie das Original weitgehend ohne Intarsien aus, abgesehen von der reich verzierten Kopflatte. Der Deckenrand ist rundum mit einer schlicht-dekorativen, elfenbeinfarbenen Einlage verziert. Eine Rosette, die auch die Randkanten mit einschließt, umrundet das Schallloch. Die Arbeiten geben allesamt keinen Grund zur Beanstandung. Boden und Zargen bestehen aus laminiertem Ahorn. Die Wölbung des Bodens ist ähnlich stark ausgeprägt wie die der Decke. Die Oberfläche des Korpus ist seidenmatt versiegelt und ein elfenbeinfarbenes Binding schützt die Kanten.

Interieur

Wir werfen einen Blick durch das Schallloch. Ein kräftiger Halsblock bildet das Herzstück, mit dem Zargen, Boden und Decke stabil verleimt sind. Der Halsfuß ist per Schwalbenschwanzkonstruktion mit dem Halsblock verzapft und verleimt. Auch die Reifchen an den Rändern sind, so weit das Auge reicht, absolut sauber und gleichmäßig eingesetzt.
Ein X-Bracing findet man hier nicht. Unter der Decke kann man zwei Leisten ertasten, die längs zum Korpus mit einem fächerförmigen Verlauf aufgeleimt wurden und dafür sorgen, dass die Decke nicht einfällt und der fragile Bereich rund um das Schallloch gestärkt wird. Aber ganz so dünn ist das Deckenholz mit knapp 0,5 cm dann auch nicht.
Am Boden befinden sich keine Balken. Auch einen Bodenmittelstreifen hat man unserem Remake nicht geschenkt. Die dicken Bodenhälften aus laminiertem Ahorn machen aber einen robusten Eindruck und tragen wohl auch erheblich zum Gewicht der Gitarre bei, die mit 2500 Gramm vergleichsweise schwer ist.

Ein Blick durch das Schallloch zeigt das auf den Boden aufgeklebte Label mit Modellbezeichnung und Seriennummer.
Ein Blick durch das Schallloch zeigt das auf den Boden aufgeklebte Label mit Modellbezeichnung und Seriennummer.

Hals mit Griffbrett

Das leicht gewölbte Griffbrett besteht aus dichtem, verwindungssteifem Ebenholz und trägt 20 sauber an den Kanten befeilte und abgerichtete Medium-Bünde. In den 30er Jahren wurden die Griffbretter vor allem mit phantasiereichen Bundmarkierern geschmückt. Geometrische Figuren wurden eine zeitlang seltener verarbeitet, zwischen 1930 und 1950 griff man eher auf Naturmotive wie Blumen oder Wolken zurück. Das Griffbrett der neuen Zenith wird mit fallenden Schneeflocken aus Pearloid strukturiert. Eine sinnvolle Ergänzung bilden auch entsprechende schwarze Punkteinlagen auf der elfenbeinfarbenen Griffbretteinbindung. Die Saiten laufen über einen sauber bearbeiteten Knochensattel mit einer Breite von 4,3 cm, wo sie sicher in den Kerben liegen. Das Griffbrett wurde passgenau auf den fünfteiligen Hals aus Mahagoni und Ahorn geleimt und abschließend – wie Zargen und Boden – seidenmatt lackiert. Ein Dual-Action-Halsstab verleiht dem Hals zusätzlich Stabilität, dient bei Bedarf aber auch der Veränderungen der Halskrümmung. Die entsprechende Stellschraube befindet sich unter der schwarzen Abdeckung an der Kopfplatte. Der Hals mit einem “rounded C Shaping” ist bei einem Halsumfang von 12 cm am Sattel relativ schmal – vermutlich waren die Hälse in den 30er Jahren dicker. Der abgerundete Halsfuß ist zwar angesetzt, aber die Verleimstellen kann man wegen der dunklen Einfärbung nicht erkennen. Der Hals-Korpusübergang befindet sich standardgerecht am 14. Bund.

Fotostrecke: 5 Bilder Der Hals ist an den Korpus angesetzt und verleimt.

Kopfplatte

Epiphone präsentierte seine Archtops schon in den frühen 30er Jahren mit großen, rund-geschwungenen Kopfplatten. Die bekannte patentierte Ausführung nahm erst im Zeitraum von 1935 bis 1939 ihre heutige symmetrische Gestalt an. Schon früh wurden sie mit originellen Motiven aufgehübscht. Aber auch das hier eingearbeitete schlichte, gelbe Weinrebenmuster war schon in den frühen 30er Jahren erste Wahl. Drei große Pearloid Einlagen verweisen zusätzlich auf den Hersteller (Epiphone), das Modell (Zenith) und die Reihe (Masterbilt). Die drei Banner gab es auch schon auf den Gitarren (z.B. der Broadway) der 30er Jahre, durchaus in ähnlicher Anordnung.
Die verbauten “Marboloid Crown”-Stimmflügel aus Kunststoff findet man bei den älteren, teuren Epiphone-Gitarren wieder. Geschlossen Mechaniken kamen im übrigen erst in den 30er Jahren auf den Markt, die hier verarbeiteten geschlossenen und vernickelten “Epiphone Reissue” in 3 : 3 Anordnung halten die Stimmung jedenfalls perfekt aufrecht. Die gesamte Kopfplatte ist mattschwarz lackiert und die Verarbeitung erfolgte ohne Fehl und Tadel.

Fotostrecke: 3 Bilder Die geschwungene Kopfplatte ist schwarz lackiert und mit originellen Motiven aufgehübscht.

Elektronik

Die alte Zenith musste sich auch ohne Tonabnehmer im Ensemble durchsetzen. Unser Remake dagegen ist mit einem Preamp (eSonic Preamp System) und einem Untersatteltonabnehmer (NanoFlex) der Firma Shadow ausgerüstet und erhält damit die Gelegenheit, sich weiterhin als Akustikgitarre zu fühlen. Der Sound wird lediglich mit einem Lautstärke- und einem Tonregler eingestellt, die sich diskret im Schallloch versteckt halten und dadurch das historische Erscheinungsbild nicht beeinträchtigen.
Das Batteriefach für den 9-Volt-Block befindet sich in der unteren Zarge beim Gurtknopf, der auch die Klinkenbuchse beherbergt. Eine LED, die den Betriebszustand der Batterie anzeigt, wurde der Zenith nicht geschenkt.

Fotostrecke: 4 Bilder Bei der Elektronik vertraut Epiphone auf ein eSonic Preamp System mit Shadow NanoFlex Tonabnehmer.
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