Elysia Xpressor 500 Test

Elysia XPressor 500 für APIs Lunchbox-Format im bonedo-Test – Elysia hat sich im Highend-Sektor einen Namen gemacht mit den Dynamiktools „Alpha Compressor“ und „Mpressor“. Dem 500-Modul Xpressor gelingt es, einen Großteil der Qualitäten der 19“-Boliden auf das deutlich handlichere Kassettenformat zu übertragen.

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In bester deutscher Ingenieurstradition zählt der Hersteller Elysia zu den hiesigen Pro-Audio-Anbietern, die es sich auf die Fahne geschrieben haben, bestehende Grenzen bei der Gerätekonzeption nicht zu akzeptieren, sondern nach Möglichkeit zu erweitern. Elysias Topmodelle zählen damit zu einem illustren Kreis an Dynamiktools – wie etwa auch der Vertigo VSC-2 oder der Rockruepel Comp.One – welche mit einem „Mehr-geht-nicht“-Approach konzipiert wurden, der auch im internationalen Vergleich Maßstäbe setzt.
Zwar lässt sich dieser Tage das Audio-Rad nicht mehr vollends neu erfinden, aber es gibt doch an vielen Ecken und Enden noch Stellschrauben, die sich weiter drehen lassen – und von diesen Möglichkeiten macht Elysia immer wieder ausgiebigst Gebrauch. Das verwundert auch nicht weiter, wenn man sich daran erinnert, dass Elysias Chefkonstrukteur Ruben Tilgner früher bei SPL den Lötkolben geschwungen hat, wo er mit seiner Eigenentwicklung „Transient Designer“ praktisch im Alleingang eine neue Gerätegattung begründet hat.
Ein hundertprozentiger Highend-Anspruch lässt sich im 500-Format nicht durchhalten, zumindest dann nicht, wenn man Elysias Flaggschiffe als – zugegeben sehr hohe – Referenz heranzieht. Die Beschränkungen in punkto Platz und Stromversorgung setzen hier einfach gewisse Grenzen. Dennoch ist Elysias 500-Angebot so hochwertig konzipiert, wie es im Rahmen dieser Vorgaben eben möglich ist. Man sollte es vielleicht anders herum sehen: Alpha Compressor und Mpressor setzen im Vergleich zu den 500er-Modulen eben noch einen drauf…

Details

Typisch Elysia: Mehr als nur ein einfacher Kompressor

Im Vergleich mit diesen beiden 19“-Leckerbissen muss man beim Xpressor einige Einschränkungen hinnehmen, aber das soll nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Xpressor 500 mehr ist als nur ein gewöhnliches Dynamikwerkzeug. Im Unterschied zu den beiden genannten Geräten setzt Elysia beim Regelelement nicht auf die selbst entwickelten (und bespielsweise aufwendig temperaturstabilisierten) Baugruppen PCA beziehungsweise TCA, sondern auf einen handelsüblichen VCA-Baustein von THAT. Platz- und Kostenüberlegungen dürften hier eine Rolle gespielt haben. Dennoch ist dieser VCA so trickreich beschaltet bzw. eingebunden, dass der Funktionsumfang des Xpressor 500 über denjenigen eines handelsüblichen VCA-Kompressors weit hinausreicht. Der typische Elysia-Ansatz, Bestehendes noch einmal neu zu durchdenken, scheint auch im 500-Format an vielen Stellen durch, wobei die Basis ein Parametersatz bleibt, den man von den meisten VCA-Dynamics kennt.

Der zweikanalige Kompressor umfasst Standardfunktionen und besondere Features, wie man sie beispielsweise von den Highend-19“-Geräten des Herstellers kennt.
Der zweikanalige Kompressor umfasst Standardfunktionen und besondere Features, wie man sie beispielsweise von den Highend-19“-Geräten des Herstellers kennt.

Chamäleon-Eigenschaften

Fünf der acht Raster-Potis sind für die angesprochenen Standard-Parameter reserviert. Attack und Release lassen sich in ausgesprochen weiten Bereichen justieren: Attack kann von 0,01 bis 120 ms, Release vom 5 ms bis zu 1,3 s eingestellt werden. Mittels Threshold (-42 – 22 dB) sowie Gain (0 – 21 dB) lässt sich das Gainstaging ebenfalls flexibel beeinflussen. Schon diese Parameter zeigen den Grundansatz des Xpressor 500: Einerseits deckt er die „Standardsituationen“ ab, andererseits kann man ihn an allen Ecken und Enden in Extremsituationen bringen, die so mit anderen Geräten nicht unbedingt möglich sind. Dadurch kann das Gerät zu einem dynamischen Sounddesign-Chamäleon werden. Einen weiteren Hinweis hierauf bietet auch der Ratio-Parameter. Hier lassen sich nicht nur konventionelle Werte zwischen 1.2:1 und ∞:1 einstellen, sondern dazu auch sogenannte „negative Ratios“ in einem Bereich von -0.4:1 bis -1.6:1. Dahinter verbirgt sich eine drastische Kennlinie, die oberhalb der Ansprechschwelle wieder nach unten abknickt. In anderen Worten: Je lauter das Eingangssignal, desto leiser der Output. Diese Invertierung der Dynamik sorgt für extreme Kompressionseffekte.

Fotostrecke: 3 Bilder Üppige Kontrollmöglichkeiten: Acht Potis und vier Schalter erlauben beim Xpressor 500 den Zugriff auf zahlreiche Funktionen.

Limiter (!) im Sidechain

Zudem kann das Sidechain-Signal in zweierlei Hinsicht manipuliert werden. Ein Hochpassfilter (31 – 1000 Hz) darf zu den Standardparametern gezählt werden, auch wenn der Einstellbereich hier wieder extraweit abgestimmt wurde. Wirklich speziell ist allerdings die Tatsache, dass die Sidechain nicht nur in der Frequenzdomäne geformt werden kann – mittels des sogenannten „Gain Reduction Limiters“. Dieser sitzt nicht etwa im Audioweg, sondern er dient dazu, das Detektorsignal an einem einstellbaren Punkt zu deckeln. Damit lässt sich also die maximale Pegelreduktion einstellen, die der Xpressor 500 zu keinem Zeitpunkt überschreiten darf. Mit diesem Kniff lassen sich verschiedene Ziele erreichen. Zum einen kann beispielsweise das extreme Regelverhalten des Gerätes in den Grenzbereichen gezähmt werden. Ein konventionellerer Ansatz wäre, die Kompression so einzugrenzen, dass beispielsweise besonders intensive Gesangspassagen nicht gänzlich plattgemacht werden, wenn der Kompressor so eingestellt wurde, dass er bei den leiseren Stellen bereits anspricht. Heute fast ein Standard ist das Vorhandensein eines Dry/Wet-Reglers zur einfachen Ermöglichung einer Parallelkompression.

Auto-Fast

Der Xpressor 500 bietet noch ein paar Schaltfunktionen, mit denen sich das Regel- und auch Klangverhalten weiter verfeinern lässt. Ein Hardwire-Bypass zählt hier noch zu den kleineren Spezialitäten. Mit dem Auto-Fast-Modus verfügt der Elysia-Comp über eine programmadaptive Einschwingphase. Der Kompressor reagiert dann auf schnelle, besonders laute Peaks mit einer kürzeren Attackphase als derjenigen, die manuell am Poti eingestellt wurde. Im Ergebnis kann man generell langsamere, punchigere Attack-Einstellungen nutzen, ohne darauf verzichten zu müssen, dass der Kompressor extreme Peaks trotzdem zuverlässig hält. Auch die Release-Phase kann beeinflusst werden: Der Xpressor 500 bietet alternativ einen logarithmischen sowie einen linearen Charakter der Rückstellzeit. Das bedeutet: In ersterem Fall schnellt der Kompressor nach lauten Peaks erst einmal recht schnell zurück, bis sich die Kurve dann im weiteren Verlauf etwas abflacht – und in letzterem Fall verläuft die Release-Phase signal- und pegelunabhängig stets vollkommen gleichmäßig. Eine logarithmische Release eignet sich besser für perkussives Material, und sie klingt auch generell weicher, unauffälliger. Bei linearer Release hingegen ist die Kompression grundsätzlich mehr als solche wahrnehmbar. Unauffälliges Verdichten gelingt dann weniger, aber für effektives Sounddesign lässt sich dieser Modus umgekehrt besonders gut nutzen.

Wärme hilft gegen Kälte

Die letzte Option, der Warm-Modus, betrifft nicht das Regelverhalten, sondern den Klang der Ausgangsstufe. Grundsätzlich klingen Elysias Prozessoren stets sehr weit, offen und knackig. Diesem transparenten Anspruch wird damit eine Alternative zur Seite gestellt: Im Warm-Modus wird die Anstiegsgeschwindigkeit der Ausgangsstufe reduziert. Das bedeutet, das feinste Peaks etwas verrundet werden, da die Verstärkerstufe gemütlicher reagiert, was ebenso den Frequenzgang beeinflusst. Kurzum: Im Warm-Modus reagiert der Xpressor 500 weicher und etwas samtiger.

Fotostrecke: 4 Bilder Eine LED-Kette mit satten 14 Segmenten zeigt die Pegelreduktion an.

Viele LEDs

All diese Funktionen wurden mit einem ziemlich modernen Schaltungskonzept umgesetzt. Der Xpressor 500 ist mit einem vollkommen diskreten Class-A-Signalweg aufgebaut, der aber im Gegensatz zu den meisten Vintage-Designs ohne Audio-Übertrager auskommt, und der auch vor einer Fertigung mit modernen SMD-Bauteilen nicht Halt macht. Dabei kommen Qualitätskomponenten wie beispielsweise Potis des Herstellers Alpha zum Einsatz, und auch der mechanische Aufbau des in offener Bauform konzipierten Moduls ist vom Allerfeinsten. Dies zeigt sich nicht zuletzt in der optischen Kontrolle, die der Xpressor 500 bietet. Die Pegelreduktion wird mit 14 LEDs mit schön „analoger“ Ballistik angezeigt, eine weitere LED signalsiert das Ansprechen des Gain Reduction Limiters. Auch alle Schaltfunktionen werden mit LEDs unterstützt.

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Spankous sagt:

#1 - 10.05.2018 um 13:50 Uhr

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Zwei sachen frage ich mich
1) Ist der 500er klanglich dem 19 zoll Xpressor ebenbürdig
2) wie umständlich-möglich ist es so ein modul in eine "standalone kiste" mit stereo In-Out zu wandeln? Gibt es Gehäuse für diesen zweck?

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