Ableton Live 10 Suite Test

Fünf Jahre hat es gedauert, im Februar erschien dann die heiß ersehnte Version 10 von Abletons DAW Live. Waren es in den letzten Upgrades noch teilweise sehr grundlegende und grobe Neuerungen wurde jetzt noch viel feinjustiert. An einigen Ecken wurde auf Wünsche der Community eingegangen, andere lang ersehnte Features blieben jedoch weiterhin auf der Strecke. Wir haben Live für euch ganz genau unter die Lupe genommen, die neuen Devices ausprobiert und die Verbesserungen im Workflow angetestet.

Ableton_Live_10_01_Aufmacher


Wie bei allen gestandenen DAWs waren die Erwartungen der Fangemeinde an das, was verbessert werden MUSS und das, was nicht verändert werden DARF, auch bei den Anhängern von Ableton Live unerreichbar hochgesteckt. Im offiziellen Forum gab es seitenweise Beiträge über gewünschte Features, Workflow-Diskussionen und traditionell bei jedem neuen Release, die, die laut verkünden, dass sie nun, da Feature X immer noch nicht dabei sei, zu [Lieblings-DAW] überwechseln würden, da dort das ja schon seit Jahren mit an Bord sei. So weit, so vorhersehbar.

Details

Installation und Versionen

Drei verschiedene Versionen gibt es von Ableton Live 10, Intro, Standard und Suite. Alle drei sind auf der Ableton Webseite (https://www.ableton.com/de/shop/live/) als Download und als Box-Version (mit USB-Stick) verfügbar. In der Intro-Version ist keiner der Synthesizer-Instrumente dabei, dafür zwei der Sound-Packs und die meisten rudimentären Effekte. Größte Beschränkung: Nach sechzehn Spuren oder acht Szenen in der Session-View ist Schluss.

Die drei Ausbaustufen von Live: Intro, Standard und Suite.
Die drei Ausbaustufen von Live: Intro, Standard und Suite.

Die Standard-Version lässt hier schon beliebig viele Spuren zu und bringt mit den Complex-Warp-Modi und den Audio-zu-MIDI-Algorithmen zwei durchaus wichtige Werkzeuge mehr mit. Die Integration von Max4Life und Synthesizer-Instrumente fehlen. Das alles und noch viel mehr gibt es in der 599 Euro teuren Suite-Version, die mit 15 Instrumenten und 24 Sample-Packs auf fast 80 Gigabyte Speicherplatzbedarf kommt. Das sehr empfehlenswerte Handbuch kommt in allen Versionen als PDF mit. Eine 30-Tage-Demoversion kann hier runtergeladen werden.

Was ist neu?

Auffälligste Änderung beim ersten Start ist ein leicht helleres Standard-Farbschema und ein Bereich oben in der Library, der sich „Sammlungen“ nennt. Insgesamt gibt es 7 Kategorien mit jeweils eigener Farbe, denen man ein Preset oder ein Plugin aus der Library zuweisen kann. So könnt ihr euch eine Reihe von Schnellzugriffsordnern zu verschiedenen Effekten oder Sounds erstellen, die ihr oft benutzt.

Fotostrecke: 3 Bilder Hellere Farben und eine leicht angepasste Schriftart in der ansonsten gewohnten Ansicht.

Bei den Packs gibt es jetzt die Möglichkeit, neue Sounds von Ableton.com direkt zu laden, ohne die DAW verlassen zu müssen. Insgesamt 10 neue Packs mit neuen Drums, Loops, Effekt-Racks und MIDI-Beats in verschiedenen Genres spendiert Ableton. Drei gibt es in allen Versionen, sieben weitere sind Besitzern der Suite-Version vorbehalten. Einen kleinen Vorgeschmack gibt es hier.

Audio Samples
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01. Live-Pack – Build and Drop 
02. Live Pack – Chop and Swing 
03. Live Pack – Drive and Glow
 04. Live Pack – Glitch and Wash 05. Live Pack – Punch and Tilt
 06. Live Pack – Skitter and Step

Capture the Flag: Nie wieder Ideen verlieren

Ein weiteres neues Feature ist Capture. Es ähnelt der Logic-Pro-X-Funktion „Aufnahme behalten“. Habt ihr zum Beispiel ein Drumkit geladen und jammt ganz frei und ohne Metronom, um einen Beat zu finden, reicht danach ein Klick auf Capture, um das, was ihr gespielt habt, in einem MIDI-Clip abzuspeichern. Nicht nur die gespielten MIDI-Noten tauchen alle im Clip auf, auch stellt Ableton automatisch das Tempo ein, in dem ihr gespielt habt.

Fotostrecke: 3 Bilder Wie beim EQ8 kann man Wavetable aufklappen und die Oszillatoren und Hüllkurven so genauer bearbeiten.

Als neues Instrument ist (nur in der Suite-Version) Wavetable hinzugekommen, ein Synthesizer, der wie seine Arbeitsweise heißt – Minimalismus auch in der Namensgebung. Angelehnt an SoftSynth-Platzhirsche wie Massive von Native Instrument oder Serum von Xfer Records, bringt das Instrument insgesamt einen warmen, sehr analogen Sound mit. Zwei Wavetable-Oszillatoren mit fast 200 Wavetables, dazu ein extra zuschaltbarer Sinus-Oszillator für Subbässe, zwei Filter, die sich seriell, parallel und pro Oszillator schalten lassen und eine Modulationsmatrix, mit der man routen kann, was das Zeug hält. Klingt für Kenner von Massive und Serum jetzt erst mal nicht sonderlich spektakulär, hat aber im Ableton-Look und den teilweise sehr analogen Sounds sein ganz eigenes Flair.

Audio Samples
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07. Black Paint 
08. Orchid Organ 09. Tech Chord

Analog Heaven: drei neue Effekte

Drei neue Audioeffekte sind dabei, die ähnlich zu Wavetable den analogen Klangcharakter von Live unterstreichen. Drum Buss gibt es in der Standard- und der Suite-Version, kommt mit verhältnismäßig wenigen Funktionen daher, ist aber, was die Wirkung auf Beats und Drumloops betrifft, ein tiefgreifender Effekt. So kann man durch die drei Verzerrungsstufen Drive, Crunch und Boom jedem Beat mehr Wucht und Präsenz verleihen – dünne Drums adé. Auch ist ein auf einen Regler reduzierter Transienten-Designer mit dabei, der entweder den Attack- oder den Sustain-Bereich verstärkt. 
Dazu ist in der Suite-Version Echo gekommen, der mittlerweile fünfte (sechste, wenn man Beat Repeat dazu zählt) Delay-Effekt Abletons, dessen Sound durch eine große Modulationstiefe Assoziationen zu Hallgeräten der 70er wie den Space Echo von Roland weckt. Über die Tabs Modulation und Charakter lassen sich die Echos eines Signals sehr stark verfremden.

Fotostrecke: 3 Bilder Drive zerrt die Mitten, Crunch die Höhen und Boom die Tiefen.

Dritter neuer Effekt ist Pedal (Auch nur in der Suite), in dem verschiedene Verzerrer, die ebenfalls in den 70ern ihren Ursprung haben, kombiniert werden. Fuzz, Distort und Overdrive (OD) werden den meisten Gitarristen ein Begriff sein. Angelehnt an die Funktionsweise von Gitarrenverstärkern könnt ihr ihr hier noch bestimmen, wie stark jeweils Tiefen, Mitten und Höhen verzerrt werden.

Audio Samples
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10. Drum Buss – Bypass 
11. Drum Buss – Sustain and Boom
 13. Echo – Back Door Preset 13. Echo – Long Tape Preset

Sehr nützlich: Kaskadierende Gruppen. Also Gruppen in Gruppen in Gruppen. Hier wird es sicher spannend sein, was sich die Community an neuen Racks und Instrumenten einfallen lässt. Außerdem ist es jetzt möglich, jede Spur per Rechtsklick auf den Pan-Regler im Split-Stereo-Modus zu kontrollieren. Die Lautstärken von rechts und links lassen sich separat einstellen. Die Lautstärken von rechts und links lassen sich separat einstellen. Und das Utility-Device hat zwei hilfreiche Funktionen bekommen: Nur der Bassbereich einer Spur oder eines Mixes lässt sich auf Mono stellen und der „Width“-Parameter ist per Rechtsklick auf einen Mitte/Seite-Modus umstellbar.

Fotostrecke: 2 Bilder Mit dieser Funktion könnt ihr Stereo-Aufnahmen, die akustisch ein Ungleichgewicht zwischen links und rechts aufweisen, angleichen.

Zusätzlich hatte Ableton kurz nach dem Release noch das Pack „Creative Extensions“ zum kostenlosen Download veröffentlicht, das acht neue Max4Live-Device beinhaltete. Der MIDI-Effekt Melodic Steps ist ein aufgebohrter Step Sequencer, die Instrumente Bass und Poli bringen Sounds mit, die stark an Synthesizer wie den Minimoog oder den Juno erinnern. Die fünf neuen Audioefekte Pitch Hack, Gated Delay, Color Limiter, Re-Enveloper und Spectral Blur gehen alle insgesamt in die experimentelle Richtung und eröffnen neue Welten für Sounddesigner.

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