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Yamaha DTX-Multi 12 Test

Praxis

Anschließen, “Kit” drücken, mit den großen Plus- und Minustasten eins auswählen, und …spielen. Dafür braucht man kein Handbuch, das klappt auch ohne ganz gut. Allerdings habe ich mich als intensiver Nutzer der alten 19”-Klangerzeuger immer wieder dabei erwischt, Werte mit dem “Volume”-Rad auswählen zu wollen, was natürlich nicht funktioniert. Es wirkt aber verflixt noch mal wie eines dieser Jog-Räder, zumal es sich direkt neben dem Display befindet. Nun ja, die Phantomschmerzen werden abnehmen.

Ein erstes Streifen durch die Kits macht klar, dass sich Yamaha nicht auf Shaker und irgendwelche einfachen Effekte beschränken, sondern ein richtig weites Feld abdecken wollen. Etwas überraschend ist allerdings, dass sehr häufig auch komplette Loops abgefeuert werden. Da das jeweilige Pad sich dazu im “Alternate”-Modus befindet, läuft das Loop so lange im Kreis, bis man das Pad erneut anschlägt – oder eben bis zum Sanktnimmerleinstag.

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Ist eine höhere Schlagflächen-Empfindlichkeit ausgewählt, wird dies durch ein kleines Handsymbol im Display angezeigt. Ich lege also die Sticks weg, um feinste Spielereien mit den Congasounds zu veranstalten, werde aber enttäuscht. Man muss recht fest auf die Flächen tippen, damit sie überhaupt ansprechen. So manch ein schlaksiger Percussionist würde sich wahrscheinlich die Knochen an diesem Gerät brechen! Nun, ganz so schlimm ist es natürlich nicht, aber dennoch ist die Empfindlichkeit für das Spiel mit der Hand – zumindest aber für das mit den Fingern– nicht ausreichend! Mit Sticks gespielt sind die Pads jedoch eine Wonne: Die Schlagflächen sind ausreichend dimensioniert, reagieren sehr feinfühlig und sind wirklich schlau angeordnet. Die sechs Wülste lassen sich wie Rims einer akustischen Trommel mit dem Schaft spielen, die unteren wie ein Shot auch gleichzeitig mit dem darüberliegenden Pad.

Was die Soundauswahl angeht, kann man zufrieden sein. Mit Software kann und mag sich Hardware diesbezüglich kaum noch messen, die Möglichkeit zum Import eigener Samples wird aber sicher von vielen Usern dankend angenommen. Manche ROM-Sounds wirken nun einmal sehr schnell altbacken. Aber an und für sich ist für alle etwas dabei, auch in ordentlicher Qualität. Sämtliche Sounds sind zumindest für die Live-Anwendung brauchbar, der Großteil kann als Standard auch für Studio-Produktionen durchaus herhalten. Oftmals wünscht man sich eine größere Anzahl an Velocity-Stufen, um sich noch feinfühliger ausdrücken oder im Sequencer editieren zu können.

Audio Samples
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Oak Custom Indian Bells Conga Beat Box Kalimba

Ich habe zwei Negativbeispiele für euch eingesammelt: A) Das “Here we go!” im Soundbeispiel “Beat Box” kann wohl kaum jemand anhören, ohne sich gründlich fremdzuschämen. B) Dass eine echte Kalimba ein lautes Anschlaggeräusch produziert, ist logisch. Daher sollte es auch nicht fehlen. Nur müsste es zumindest als einzelnes Layer vorliegen (das geht mit dem DTX!) und in Pitch, Velocity und eventuell Filter und Hüllkurve durch einen Random-LFO leicht verändert werden. Hört selbst: Es ist statisch und klingt eher wie ein mitraschelnder Snareteppich.

Einige Preset-Kits sind zu sehr für den “Keyboardverkäufer-Vorführmodus” programmiert (z.B. “Ragga”) und können einem durch ihre Überladenheit auf den Keks gehen – “songdienlich” ist das bestimmt nicht, eine Alleinunterhalter-Kiste ist das DTX auch nicht.

Will man Sets konfigurieren, fallen direkt die Abkürzungen vor den Programmnummern ins Auge. So steht vor einer Speicherplatz-Zahl beispielsweise “SN”. Klar: Dies ist offensichtlich die Snare-Bank. Einerseits ist es schlau, dass dann nicht Shaker, befellte Percussion etc. folgen, sondern “CU”, “BR”, “IN”, “JP” für “Cuba”, “Brasil”, “India”, “Japan” und so weiter. “Soundauswahl nach Kulturkreis” könnte man das nennen, die Musikethnologen werden sich sicher freuen. Allerdings würde ich diese Sortierung gerne aufheben können, wenn ich einfach nur auf der Suche nach einem geeigneten Shaker bin. So schön das Feature manchmal ist, es kann nerven.

Audio Samples
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Ragga Leftfield Fillmaker

Wählt man die entsprechende Einstellung nicht explizit ab, werden durch die internen und die möglicherweise zusätzlich angeschlossenen Pads MIDI-Daten über MIDI Out oder (MIDI-to-)USB ausgegeben, damit sie mit einem Sequencer aufgezeichnet werden können (oder andere Klangerzeuger ansteuern). Für diesbezüglich noch unbedarfte oder einfach schlecht ausgestattete Schlagzeuger liegt dem Paket eine Light-Version von Cubase bei. Hervorragend ist, dass Rolls (wie in “Leftfield” oder “Fillmaker” zu hören) auch tatsächlich als einzelne Note-Events ausgegeben werden. Der Screenshot aus Apple Logic verdeutlicht die sich dadurch ergebenden Editiermöglichkeiten. Leider gilt das nicht für die Loop-Samples, die (außer durch umständliches Pitching) stur in ihrem Tempo durchlaufen und auch nur eine Note ausgeben. Clocking mit der MIDI-Clock ändert daran selbstverständlich auch nichts. Loops wie in “Ragga” fallen daher schnell in die Kategorie “Spielerei”, denn für tatsächlich genutzte Loops würde man eher den eingebauten oder einen externen Sequencer bemühen.

Leftfield

Dieser Sequencer hat eine der Größe des Geräts (und des Displays) angemessene Funktionalität. Sicher wird kaum jemand komplette Songs damit programmieren wollen, doch als MC-Slave, als Percussion-Sequencer, musikalischer Notitzblock oder dergleichen eignet er sich hervorragend. Die Editierbarkeit hat einen ausreichenden Umfang, bei Bedarf kann man den Sequencer veranlassen, alle gelesenen Events auch per MIDI (respektive USB) an den Host-Rechner zu übermitteln, wo sie dann elegant weiterverarbeitet oder in eine bestehende Session eingeflochten werden können. Wer hier MIDI-File-Export vermisst, da man damit unter anderem getrennte Tracks erhält, der sei daran erinnert, dass die vernünftigen Sequencerprogramme über eine Funktion verfügen, die automatisch eine Region anhand der bis zu 16 MIDI-Kanalnummern auf verschiedene Tracks aufbricht. Selbstverständlich kann das Yamaha-Gerät SMF-Dateien (Standard-Midi-Files) lesen, allerdings nur im für diese Geräteklasse üblichen Format 0. Ein Blick in die den Sequencer-Part des DTX darstellende Implementationstabelle des wirklich gut geschriebenen Handbuchs zeigt, dass die System-Common-Message “Song Select” zwar verstanden und umgesetzt werden kann, aber nicht vom DTX ausgegeben wird. Schade, denn so könnte man auch in anderen Systemen –etwa weiteren Drumcomputer, Sequencern in Samplern – bequem einen neuen Song auswählen. Schön ist dennoch, dass in der Tabelle für MC (MIDI-Clock) samt der System-Realtime-Commands “Start”, “Continue” und “Stop” sowohl “Recognized” als auch “Transmitted” eingetragen sind. Der “Song Position Pointer” wird leider nicht unterstützt, was vor allem in Probesituationen und beim Komponieren unglaublich nerven kann. Wer hat schon Lust, einen Song immer von vorne hören zu müssen? Das macht das Zusammenleben verschiedener Wiedergabesysteme nur eingeschränkt möglich. MC erlaubt aber vor allem die Temposynchronisation zeitabhängiger Effekte (z.B. Delayzeit) und Soundparameter (z.B. LFOs). Das Sahnehäubchen samt kandierter Kirsche darauf vermisse ich aber: Mit MMC (MIDI Machine-Control) liessen sich selbst aufwändigste Systeme steuern. Bei diesem Sys-Ex-Unterprotokoll können beispielsweise IDs für verschiedene Geräte vergeben werden, viele HD-Recorder, Videosysteme und andere professionelle Geräte fangen alleine aus logischen Gründen mit der einfacheren MIDI-Clock-Synchronisation nicht viel an.

EventList

Die Pads lassen sich mit einer Vielzahl unterschiedlicher MIDI-Events belegen. So ist es beispielsweise möglich, Program- und Control-Changes zu verschicken, um angeschlossene Geräte in fast jeglicher Hinsicht zu steuern. Eine genaue Soundauswahl muss bei vielen Systemen jedoch mit einer Kombination aus Program Change und dem leider nicht voll genormten Bank Select erfolgen. Die Aufgabe, mit den beiden dafür vorgesehenen Controller-Nummern 0 (MSB) und 32 (LSB) herumzuexperimentieren, hat schon so manchen auch sehr versierten Nutzer zur Weißglut und in die gefährliche Nähe psychisch bedingter, gewalttätiger Eruptionen gebracht. Es geht zwar, macht aber wirklich keinen Spaß. Wo wir gerade bei den fiesen Tiefen des MIDI-Protokolls sind: Mit System-Exclusive-Messages sind außer den Standards (wie Dumps) genauso wenig Spielereien möglich wie mit NRPNs. Das allerdings ist auch nicht wirklich schlimm.

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