VSL Vienna Ensemble Pro Test

Praxis

Netzwerkbetrieb
In fast jedem Studio dürfte mittlerweile so mancher alte Computer herumstehen, der als Audiorechner ausgedient hat, aber noch zu schade zum Wegwerfen ist. Wollte man diesen zum Beispiel als Sample-Player für große Libraries nutzen, um den DAW-Rechner von dieser speicherintensiven Aufgabe zu entlasten, musste man bisher in der Regel in zusätzliche Audio- und MIDI-Interfaces investieren. Dazu kam das Problem, die Signale zur weiteren Verarbeitung und Mischung in Echtzeit und möglichst mehrkanalig in die DAW einzuspeisen, was nicht selten die Anschaffung von neuer Audio-Hardware auch für den DAW-Rechner erfordert haben dürfte. Die umfangreichen Investitionen und auch die vielfältigen Fehlerquellen in einem so komplizierten Setup haben so manchen Studiobesitzer sicherlich bisher davor zurückschrecken lassen.

Vienna Ensemble Pro verspricht eine umfassende Lösung dieses Problems. Mit der Software lassen sich externe Computer einfach per Netzwerkverbindung in das Produktions-Setup einbinden. Die MIDI- und Audio-Verkabelung entfällt genauso wie die Anschaffung von teurer Hardware. Wenn das so reibungslos funktioniert wie versprochen, wäre die Nutzung von ansonsten ungenutzten Computern als Sample-Player so einfach wie nie zuvor.

Soviel vorweg: Es funktioniert hervorragend. Die Einbindung externer Instanzen von Vienna Ensemble Pro verlief innerhalb unseres Test-Setups ausgesprochen problemlos und stabil. Fügt man das Vienna-Ensemble-Pro-PlugIn in der DAW hinzu, sieht man auf einen Blick alle im Netzwerk verfügbaren Instanzen der VE-Pro-Software und kann sie mit einem Klick einbinden. Die Verbindung war sogar über ein drahtloses Airport-Express-Netzwerk stabil, zuverlässig und mehrkanalig nutzbar, obwohl diese Möglichkeit im Handbuch nicht explizit erwähnt wird. Sind die Rechner über Netzwerkkabel verbunden, muss man sich darüber natürlich erst Recht keinen Kopf machen.

Einzig die korrekte Versorgung von multitimbralen Instrumenten wie z.B. NI Kontakt mit dem jeweils gefragten MIDI-Kanal stiftete anfangs etwas Verwirrung. Das war jedoch schnell gelöst und steht in keinem Verhältnis zu den vielfältigen Problemen, die man bei der Ansprache von externen Libraries über Hardware-MIDI- und Audio-Interfaces und -Kabel einkalkulieren muss. Im folgenden Video seht ihr, wie einfach sich eine im Netzwerk laufende Instanz von VE Pro zum Beispiel in Logic einbinden lässt. Die Verbindung erfolgte hier zudem über ein drahtloses Netzwerk und läuft, wie man sieht, ohne Aussetzer und spürbare Latenz auch im Mehrkanalbetrieb.

VSL hat mit Vienna Ensemble Pro eine Netzwerklösung geschaffen, die unkompliziert einzurichten und zu bedienen ist und zuverlässig funktioniert. So mancher eigentlich ausgemusterte Rechner lässt sich damit noch sinnvoll nutzen, ohne dass man ihn mit zusätzlicher Hardware ausstatten muss. Die Einrichtung eines Setups aus DAW und einem oder mehreren externen Sample-Player-Computern wird mit Vienna Ensemble Pro enorm vereinfacht und dürfte so auch für viele kleinere Studios zu einer realistischen Option werden.
Speicherserver
Ein großer Vorteil der Verwendung eines externen PlugIn-Hosts wie Vienna Ensemble Pro liegt darin, dass die PlugIns unabhängig von der Speicherverwaltung der DAW werden. Vor allem auf 32-Bit-Systemen, die es in der Audiowelt allen Unkenrufen zum Trotz immer noch massenhaft gibt, stößt man mit den großen, aktuellen Libraries schnell an die Grenze von 4GB Arbeitsspeicher, die der DAW-Anwendung maximal zur Verfügung stehen. So wich die Freude über neue Sounds oft schnell der Ernüchterung, wenn die DAW nach dem Laden den Dienst verweigerte. Einige PlugIn-Hersteller haben dieses Problem schon mit eigenen, externen Speicherservern zu lösen versucht, die im Hintergrund laufen und in die die jeweiligen PlugIns ihren Speicherbedarf auslagern. Vienna Ensemble Pro bietet nun eine universelle Lösung. Wer – aus welchem Grund auch immer – noch auf eine 32-Bit-DAW angewiesen ist, wird das Programm nicht missen wollen.
Dabei benötigt man zur Nutzung dieses Vorteils gar nicht unbedingt weitere Computer. Auch wer nur einen Rechner betreibt, kann speicherintensive PlugIns in eine oder mehrere lokale Instanzen von Vienna Ensemble Pro auslagern. Dadurch kann die DAW wieder frei atmen und wird nicht durch den Speicherbedarf von Sample-Libraries erdrückt. Der Arbeitsspeicher des Rechners, der heutzutage ja regelmäßig deutlich mehr als 4GB umfasst, kann so endlich voll ausgenutzt werden. Bindet man weitere Rechner ein, ergeben sich noch vielfältigere Möglichkeiten. So kann man zum Beispiel auf einem externen Computer eine oder mehrere 64-Bit-Instanzen von VE Pro einrichten, auch wenn der DAW-Rechner noch in 32 Bit laufen muss. Damit gehören Speichersorgen praktisch der Vergangenheit an. 
Die 32-Bit- und 64-Bit-Versionen von VE Pro können simultan betrieben werden und bieten sich daher als universelles Tool zur Beseitigung von Speichersorgen an. Das ist natürlich nicht nur für die Vienna Instruments interessant, sondern auch für alle anderen RAM-hungrigen PlugIns, deren Verwendung in einer 32-Bit-DAW bisher für viel Frust sorgte.

Preserve Session
Ein sehr sinnvolles Feature von Vienna Ensemble Pro verbirgt sich hinter dem „Preserve“-Knopf. Wer gerne mit Templates arbeitet, wird diese Funktion schnell zu schätzen wissen. Wenn man zum Beispiel Filmmusik macht und dabei eine festgelegte Instrumentierung zur Verfügung hat, empfiehlt sich die Einrichtung eines Templates, in dem alle Instrumente bereits vorhanden sind. Bisher mussten jedoch in der Regel beim Wechsel zwischen verschiedenen Songs auch alle Sounds neu geladen werden, was bisweilen nervtötende, minutenlange Wartezeiten nach sich zog. Mit dem „Preserve-Session“-Button lässt sich Vienna Ensemble Pro so konfigurieren, dass das gerade geladene Setup bestehen bleibt, auch wenn der Song in der DAW geschlossen wird. Öffnet man nun einen anderen Song, verbindet dieser sich automatisch mit Vienna Ensemble, und es kann ohne längere Wartezeit sofort weiter gehen. Wer häufig zwischen Arrangements wechseln muss und dabei immer wieder auf die gleichen Sounds zurückgreift, kann hier viel Zeit und Nerven sparen.

Andersherum ist es aber auch möglich, beim Laden eines Songs in der DAW die benötigten Instanzen von Vienna Ensemble Pro direkt mit zu öffnen. Man muss also die Einstellungen in VE Pro nicht unbedingt gesondert abspeichern. Die Erstellung von immer wieder benötigten Sound-Templates wird durch die „Preserve“-Funktion aber stark vereinfacht und vor allem unabhängig von der DAW.

Epic Orchestra
Im Lieferumfang von Vienna Ensemble Pro befindet sich als Zugabe exklusiv die rund 6GB große Soundsammlung „Epic Orchestra“. Diese umfasst eine Auswahl von Sounds aus dem mittlerweile riesigen Angebot der Vienna Symphonic Library. Darunter sind einige Artikulationen der vor allem für Filmscores interessanten „Appassionata Strings“ sowie einige Blas- und Schlaginstrumente. Die Appassionata Strings liegen leider nur als Ensemble-Klang vor – es gibt also keine einzelnen Violinen, Violen, usw., sondern nur komplette Ensemble-Klänge, die sich vom Kontrabass bis hin zur Violine erstrecken. Allerdings sind einige wichtige Spielweisen wie staccato und tremolo enthalten.

Des Weiteren gibt es ein Holzbläser-Ensemble. Auch dieses vereint verschiedene Instrumente der Holzbläserfamilie in einem Sound. Das ist für Layoutzwecke sicherlich nützlich. Für ein richtiges Arrangement kommt man aber kaum ohne die Einzelsounds aus. Eine Oboe d’amore und ein Kornett (für diese beiden sind immerhin Legato-Samples enthalten) sowie ein Trompeten- und ein Hörner-Ensemble runden das Angebot an Blasinstrumenten ab. Außerdem gibt es noch Pauken und weitere Percussion-Instrumente.

Die Klänge sind sicherlich eine willkommene Beigabe. Aufgrund der doch sehr begrenzten Auswahl an Sounds und Artikulationen ersetzen sie jedoch keine vollständige Orchester-Library. Als Ergänzung z.B. zur Vienna Instruments Special Edition eignen sie sich aber sehr gut.

Einige Klänge des Epic Orchestras hört ihr im folgenden Klangbeispiel. Die Sounds sind bis auf den Hall unbearbeitet.

Audio Samples
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Epic Orchestra
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Martin sagt:

#1 - 09.09.2011 um 13:52 Uhr

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Hallo, mit interesse habe ich den testbericht geleseb und kann alle Erfahrungen auch so bestätigen. Was ich jedoch bis heute nicht geschafft habe ist die virtuellen Midikanäle von Ableton Live anzusprechen. Ich habe zZt x Instanzen geöffnet, was total nervt. Wie kann ich die virtuellen Midikanäle von Ableton Live aus ansprechen? Gruss Martin

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