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Vox AC30 VR Test

Details

Konzept und Aufbau
Vom Bespannstoff bis zur Lautsprecherbestückung glaubt man zunächst, einem klassischen Vox AC 30 Combo gegenüberzustehen. Nur ein kleiner Schriftzug, der sich in der unteren linken Ecke der Frontbespannung befindet, macht den Unterschied. Das hier platzierte Kürzel “VR” steht für Valve Reactor und bezieht sich auf die spezielle Endstufenschaltung des AC 30 VR mit ECC83 Röhre. Dazu später aber noch mehr. Die Elektronik befindet sich in einem Metallchassis, das Vox-typisch von oben in das aus Multiplex gefertigte offene Gehäuse eingehängt ist. Die Bedienoberfläche, mit den typischen Chickenhead-Potiknöpfen, ist leicht versenkt angebracht und von oben sehr gut einsehbar. Auf der Rückseite finden sich, ähnlich wie beim Klassiker, außer dem Lautsprecheranschluss und einer Buchse für den Fußschalter keine weiteren Anschlussmöglichkeiten. Einen Effektweg sucht man daher ebenso vergeblich wie die Möglichkeit, den Amp per MIDI zu steuern. Hier hat man es schließlich nicht mit einem Digitalamp à la Line6 zu tun, der ja im Prinzip ein auf Gitarrensounds spezialisierter PC ist. Der AC 30 VR ist, ähnlich wie ein Röhrenverstärker, ein analoger Gitarrenamp, der überwiegend mit Transistortechnologie ausgestattet ist und ganz schlicht auf digitalen Schnickschnack verzichtet.

Der Vorverstärker
Die Vorstufe des AC 30 VR arbeitet komplett ohne Röhren und ist ausschließlich mit Transistoren ausgestattet. Sie bietet zwei Kanäle, einen davon für cleane Sounds, der andere bedient die Overdriveabteilung. Letzterem kann mittels eines kleinen Schalters eine zusätzliche Bratstufe spendiert werden, wodurch sich der AC 30 VR bei Bedarf in ein echtes Metal-Monster verwandelt, denn die Gainreserven sind hier wirklich enorm, wie wir noch erfahren werden. Beide Kanäle haben eine eigenständige Klangregelung, wobei der Overdrivekanal neben Treble und Bass zusätzlich einen Mittenregler besitzt, der wirklich eine Schlüsselrolle einnimmt. Dieser für den Gitarrensound so wichtige Bereich kann damit perfekt bearbeitet werden und ermöglicht eine Vielzahl klassischer und moderner Rocksounds. Mit dem AC 30 VR lassen sich vom glasklaren und leicht angerauten Cleansound bis hin zum bösesten Metallbrett alle Facetten gut abdecken. Wem die Gainreserven hier nicht ausreichen, der ist selber schuld. Jeder Kanal hat einen Volumenregler, mit dem sich die Ausgangslautstärke regeln lässt, sodass zum Beispiel auch der cleane Kanal ohne Weiteres einen rauchigen Brian Setzer Sound erzeugen kann. Der Lautstärkeregler bringt den jeweiligen Kanal auch ohne Endstufensättigung in einen gesättigten Bereich und ermöglicht auch im Wohnzimmer anständige Gitarrensounds, und das, ohne dass die Nachbarschaft die GSG9 bestellt. Der Overdrive-Kanal bietet im Grund genommen zwei Sounds, die leider keine getrennten Volumenregler haben. Der OD1 Sound ist dynamischer und daher auch etwas lauter als der des OD2 mit zusätzlicher Gainstufe. Je mehr Zerre, desto mehr wird der Ton komprimiert und verlangt nach mehr Lautstärke, um sich durchzusetzen. Das ist leider ein Manko des AC 30 VR und man muss sich vorab entscheiden, welchen der beiden Overdrivesounds man live einsetzt, denn per Fußschalter kann nicht zwischen OD1 und OD2 geschaltet werden. Mit dem optional erhältlichen VOX VFS2 Dual Footswitch lässt sich außer der reinen Kanalumschaltung zwischen dem Clean und Overdrive nur noch der integrierten Hall aktivieren.

Die Endstufe
Die Valve Reactor Endstufe ist ebenso wie die Vorstufe 100% analog aufgebaut. Sie besteht aus zwei Teilbereichen. Der erste ist im Grunde genommen eine miniaturisierte Röhrenendstufe, die wie bei den Originalen eine ECC 83 Röhre aufweisen kann, allerdings mit einer sehr geringen Ausgangsleistung. Statt das Signal direkt an die Lautsprecher weiterzuleiten, wird es zum zweiten Bereich der Endstufe weitergereicht, der für die gewünschte Lautstärke sorgt. Da diese Leistungsschaltung völlig neutral arbeitet und den Klang in keiner Weise beeinflusst, bleibt der in Sektion 1 generierte Röhrensound voll erhalten.

Ein dynamisches Interagieren von Lautsprecher und Endstufe wird dadurch gewährleistet, dass die Impedanzkurve der Speaker ständig überwacht wird. Die Ergebnisse werden zum Ausgangstrafo gesendet und sorgen dafür, dass sich das Verhalten der Endstufe dem der Lautsprecher anpasst. Diese Schaltung arbeitet übrigens sehr effektiv und lässt den Amp bei hohen Lautstärken endstufenmäßig schön „klingeln“. Dabei werden die harmonischen Obertöne weich betont und ermöglichen einen Cleansound, der im Grunde genommen bereits leicht angezerrt ist und deshalb einen fetten, warmen Ton liefert. Wie beim klassischen AC 30 kann der Obertonbereich hier mit einem Cut-Regler beschnitten werden. Je weiter man den Regler aufdreht, desto mehr Höhen werden gedämpft. Diese Schaltung macht vor allem bei stark verzerrten Klängen Sinn, denn so bekommt man auch mit schwachen Singlecoils einen cremigen Leadsound hin, der in den Höhen nicht brüchig wird. In die Mastersektion integriert findet sich übrigens auch der wirklich sehr gut klingende Digitalhall, der dem typischen Federhall sehr nahe kommt.

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