Toontrack Beatstation Test

Praxis:

Eckig und Rund – Erste Orientierung auf der Benutzeroberfläche
Im Zentrum der Benutzeroberfläche stehen die bis zu 24 Drumpads, die sich entweder in einem rundlichen Blubberblasen-Stil oder im althergebrachten eckigen Layout einer MPC-Groovebox anzeigen lassen. Je nach Bedarf kann man, wie in den Screenshots zu sehen, auch die Anzahl der sichtbaren Pads reduzieren, um die ganze Angelegenheit etwas übersichtlicher zu gestalten. Die beiden Mini-Keyboards links und rechts unter den Pads sitzen dagegen immer an ihrem festen Platz. Wie die deutliche Beschriftung zeigt, handelt es sich dabei um die Sound-Slots für Bass- und Lead-Instrumente, wobei letztere Instrumentengruppe beispielsweise für Synth-Leads (wie der Name schon sagt) aber auch Gitarren, E-Pianos und generell alle Sounds jenseits der Rhythmusgruppe steht – im Gegensatz zu Bass und Drums also „richtige“ Instrumente, wie manch böse Zunge behaupten könnte.

Der Browser
Die Pads und Mini-Keyboards können über den Browser auf der linken Seite der Benutzeroberfläche mit Sounds belegt werden. Hier lädt man einzelne Samples, ganze Instrumente (bzw. Drumkits) oder globale Presets mit bereits vorgefertigten Zusammenstellungen und Effekten. Einzelne Samples lassen sich dabei ganz einfach über Drag and Drop auf eines der Pads oder Mini-Keyboards ziehen, und erfreulicherweise geht das auch mit eigenen Audio-Files: Einfach eine Datei aus dem Sequencer oder aus einem Ordner auf der Festplatte mit der Maus auf einem Slot ablegen, und schon ist der Sound ohne komplizierte Import-Vorgänge abspielbereit. Der Core-Library eine persönliche Note zu verleihen, ist also ein Kinderspiel. Wer experimentierfreudig ist und Samples stacken will, kann jeweils bis zu fünf verschiedene Layer in einen Slot packen und diese miteinander mischen, um eigene Klang-Texturen zu schaffen.

TT_BS09_Browser

Der Browser bietet aber nicht nur eine Übersicht über die verschiedenen Instrumente – auch die enthaltenen MIDI-Grooves können hier geladen oder ebenfalls über Drag and Drop in einer MIDI-Spur des Host-Sequencers abgelegt werden. Dort sind einer weiteren Bearbeitung natürlich keine Grenzen gesetzt, wobei anzumerken ist, dass alle Sounds der Beatstation immer über einen gemeinsamen MIDI-Channel angesteuert werden. Drums, Bass und Lead sind also über den gesamten Bereich eines Masterkeyboards verteilt und passen so in eine einzelne Datei. Zum MIDI-Content lässt sich sagen, dass die Grooves von vornherein sehr komplex ausfallen und in den meisten Fällen mehrere (wenn nicht alle) Elemente der Beatstation ansprechen. Eine Unterteilung in verschiedene Drum-, Bass- und Lead-Loops wäre eine feine Sache, denn so ließen sich die Bestandteile freier kombinieren. Mehr Kombinationsmöglichkeiten bedeuten immer noch mehr Kreativität und eigenständigere Ergebnisse.
Richtig klasse ist der Umgang mit bereits in einzelne Schnipsel zerstückelten REX-Loops gelöst. Eine solche Datei kann in den REX-Player unterhalb des Browsers geladen werden. Wenn man nun beispielsweise einen einzelnen Snaredrum-Schlag aus einem Loop laden möchte, fasst man mit der Maus einfach den entsprechenden Slice an und zieht ihn auf ein Pad – fertig. Natürlich lassen sich auch komplette REX-Loops auf ein Pad legen. Die Synchronisation mit dem Host-Tempo passiert in diesem Fall automatisch, wodurch ein unrhythmisches Rumpeln in verschiedenen Tempi verhindert wird. Einfacher könnte es nun wirklich nicht sein. Wer bereits den EZ-Drummer oder Superior Drummer von Toontrack sein Eigen nennt, der kann übrigens auch Sounds aus diesen Libraries in die Beatstation laden, wobei die komplexeren Samples der großen Brüder automatisch an das einfachere System der Beatstation angepasst werden.

Lowbit, Organic und Synthetix – Die Library
Die Core-Library der Beatstation ist in drei Kategorien unterteilt, die mit bezeichnenden Namen belegt sind. Lowbit steht für „schmutzigen“ Lo-Fi-Charakter, Organic konzentriert sich auf natürlichere Sounds, unter denen auch Samples echter Instrumente zu finden sind, Synthetix bietet dagegen einen tendenziell härteren Electro-Klang. Man muss allerdings sagen, dass die drei Bereiche nicht strikt voneinander getrennt sind, sondern fließend ineinander übergehen.

Audio Samples
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Lowbit Organic Synthetix

Der Klangcharakter der Beatstation bleibt generell auch bei der Verwendung von Gitarren oder E-Pianos im offensichtlich elektronisch-synthetischen Bereich, und natürlich geht es einem solchen Plug-In nicht darum, realitätsnahe Reproduktionen echter Instrumente anzubieten. Auch ohne viele Effekte sind die einzelnen Sounds schon so vorbearbeitet, dass sie sich problemlos und ohne viel Aufwand in einen Track einfügen. Einen kleinen Vorgeschmack auf die Core-Library bekommt ihr in den Audios, die ausschließlich globale Presets in Kombination mit mitgelieferten Grooves verwenden. Die drei Mini-Tracks habe ich in einer Zeit von jeweils maximal zehn Minuten erstellt.

Weitere Bearbeitung und FX
Bewegen wir uns weiter in die Eingeweide der Beatstation. Mit einem Rechtsklick bzw. Control-Klick auf ein Pad öffnet sich ein Kontextmenü mit der Titelzeile „Pad Properties“, das Zugriff auf grundlegende Parameter bietet. Hier gibt es, wie schon angedeutet, eine Übersicht zu den bis zu fünf gleichzeitig verwendbaren Samples in einem Slot, die jeweils in ihrer Lautstärke, Tonhöhe und der Position im Stereo-Panorama bearbeitet werden können. Für jeden Klang gibt es eine Hüllkurve, die den dynamischen Verlauf steuert und mit der man beispielsweise einen Bass dazu bringen kann, weicher einzusetzen oder länger auszuklingen. Weiterhin lassen sich Samples rückwärts abspielen oder in ihrem Startpunkt bearbeiten.

TT_BS10_PadProperties
Audio Samples
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Dry Hard Compression Tape Bitcrush Delay Medium Dark Reverb Small Reverb Chorus Bitcrush

Die beiden Send-Busse, die in der Hauptansicht mit je einem Effekt bestückt werden können, kann man anteilig mit dem Signal des ausgewählten Pads beschicken, und es gibt für jeden Sound-Slot einen zusätzlichen eigenen Insert-Effekt. Wer es ganz genau wissen will, der kann hier sogar einen Sidechain-Eingang für ein Gate oder einen Kompressor aktivieren. Für eine so günstige Software, die sich eigentlich an Einsteiger wendet, sind die Möglichkeiten also schon recht umfangreich. Eine deutliche Einschränkung bemerkt man bei den Effekten, die jeweils nur einen Slider zur Bearbeitung eines einzelnen Parameters bieten, der je nach Art des Effektes variiert. Nicht unbedingt ein Minuspunkt! So wird man als Einsteiger von der komplexen Struktur mancher Plug-Ins verschont und erspart sich das Umherirren im Parameter-Dschungel. Als letzte Bastion vor dem (einzelnen) Stereo-Ausgang bietet der Master-Channel einen weiteren Slot für einen Effekt auf der Summe. In den Audios hört ihr FX-Presets auf einem Drum-Loop. Das angenehm einfach strukturierte MIDI-File, das den Beispielen zugrunde liegt, habe ich aus einer anderen Toontrack-Library geliehen, und natürlich lassen sich Grooves im Host-Sequencer auch selbst programmieren.

Eines ist klar: Mit der Beatstation erhält man keine High-End Effekte – die Qualität der Algorithmen geht aber gemessen am Preis und als Teil des Komplettpakets absolut in Ordnung. Die grundlegenden Anwendungsbereiche für Effekte werden komplett abgedeckt. Schön wäre eventuell noch eine Möglichkeit zur Host-Automatisierung, was es dem Sequencer erlauben würde, Veränderungen an den Reglern aufzuzeichnen. Auch wenn die Anwendungsmöglichkeiten speziell bei der Beatstation dafür recht gering sind, würde dieses zusätzliche Feature zumindest nichts komplizierter machen. Die Beatstation spielt sich tatsächlich so einfach wie ein Spiel auf der Playstation, und fast wünsche ich mir einen Game-Controller dazu, mit dem man die Software über ein Steuerkreuz und zwei Feuerknöpfe bedienen kann. Mehr dazu im folgenden Video.

Skins – It´s what you want it to be
Zum Schluss noch das Sahnehäubchen! Wer sagt eigentlich, dass ein Plug-In nicht aus seiner Haut kann? Die Beatstation beweist uns das Gegenteil, denn sie kommt mit 11 unterschiedlich gestalteten Skins, mit denen sich die grafische Benutzeroberfläche an den eigenen Geschmack anpassen lässt – das Spektrum reicht vom rosa Mädchenzimmer-Stil über ein Camouflage-Design in Tarnfarben bis zur grabesdüsteren Knochen-Optik. Aber es kommt noch besser! Den Slogan „it´s what you want it to be“ darf man nämlich, auch was die Oberflächengestaltung angeht, wörtlich nehmen. Als registrierter Benutzer erhält man Zugriff auf das Skin-Tool, eine Web-Browser-Applikation, mit der man der Beatstation frei nach Belieben neue Kleider schneidern kann. Diese können direkt nach Fertigstellung heruntergeladen und/oder auf der Website veröffentlicht werden. Es ist also abzusehen, dass das Angebot an Custom-Skins aus der Fangemeinde in nächster Zeit deutlich zulegen wird. Ich habe in kürzester Zeit ein bonedo-Skin erstellt, das in den folgenden Screenshots neben einer Auswahl aus weiteren vorinstallierten Skins zu sehen ist.

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